Nachhaltige Entwicklung am Beispiel der

Werbung
Nachhaltige Entwicklung am Beispiel der Metropolen Seoul und Berlin
Von Professor Dr.-Ing. habil. Yeong Heui Lee
Koreanisch-Deutsches Zentrum Berlin (Hrsg.), Berlin 2001, XV, 136 Seiten.
Abstract
1. Einleitung
Mit der vom Koreanisch-Deutschen Zentrum und der Enquete-Kommission "Lokale
Agenda 21/Zukunftsfähiges Berlin" des Abgeordnetenhauses von Berlin organisierten Kooperationsveranstaltung "Nachhaltige Entwicklung am Beispiel der Metropolen Seoul und Berlin" soll die seit der Weltkonferenz von Rio de Janeiro verfolgte
Umsetzung des Konzepts der "nachhaltigen Entwicklung" im Wege wechselseitigen
Informationsaustauschs zwischen Exponenten der Städte Berlin und Seoul über den
Agenda-Prozess insgesamt sowie über ausgesuchte politische und wirtschaftliche
Einzelthemen der Nachhaltigkeit behandelt und darauf ein Dialog zwischen den
Städten aufgebaut werden. Zugleich soll mit dieser Veranstaltung eine Plattform geschaffen werden, um die bisherigen Aktivitäten des Berliner Abgeordnetenhauses
bei der Erarbeitung einer Agenda für Berlin öffentlich zu machen und zur Diskussion zu stellen.
2. Allgemeines zur Nachhaltigkeit
Das Leitbild der Nachhaltigkeit und die Probleme seiner Verwirklichung sind seit
der UN-Konferenz "Umwelt und Entwicklung" in Rio de Janeiro im Juni 1992 in das
globalpolitische und nationalstaatliche Interesse gerückt. Seitdem wird das Leitbild
von Wirtschaft und Gesellschaft erörtert und von den OECD Staaten auf nationaler
und regionaler Ebene - insbesondere auch für die Entwicklung der Metropolen - angestrebt.
Da bei der Erörterung des Nachhaltigkeitsbegriffs Unsicherheiten bestehen, sind einige Erläuterungen zur Bedeutung des Nachhaltigkeitsprinzips angezeigt. Die gängige und meistakzeptierte Versinnbildlichung des Nachhaltigkeitsprinzips ist das so
genannte Zieldreieck der Nachhaltigkeit oder das "Drei-Säulen-Modell". Damit soll
symbolisiert werden, dass bei der Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit
gleichrangig ökonomische, ökologische und soziale Belange zu verwirklichen sind.
Der Begriff "nachhaltige Entwicklung" wurde durch die von der International Union
for the Conservation of Nature im Jahre 1980 veröffentlichten "World Conservation
Strategie" und danach durch den 1987 erschienenen sog. Brundtland-Bericht der
World Commission on Environment and Development geprägt, dessen Definition als
Standard betrachtet werden kann: "Sustainable development is development that
meets the needs of present generations without compromising the ability of future
generations to meet their own needs". Kernbestandteile dieses Nachhaltigkeitsverständnisses sind die intergenerative Gleichheit, die intergenerative Gerechtigkeit und
die internationale Gerechtigkeit.
Die Entwicklung der Städte und insbesondere der Metropolen - bildet für die Umsetzung des Leitbilds der nachhaltigen Entwicklung einen wichtigen und notwendigen,
nach verbreiteter Auffassung sogar essentiellen, Handlungsrahmen. Uneinigkeit besteht in der Diskussion über die nachhaltige Stadtentwicklung über die prioritären
Handlungsfelder. Häufig wird als das wesentliche Thema die Problematik der StadtUmland-Beziehungen bezeichnet. Als weitere wichtige Probleme der Nachhaltigkeit
im Rahmen der urbanen Entwicklung werden die Beendigung der anhaltenden Zersiedlung des Stadtraumes, die Beherrschung des Wachstums des Verkehrs sowie der
Umweltbelastung betrachtet.
3. Das Leitbild der Nachhaltigkeit als Bestandteil der Rechtsordnung
Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist nicht nur Gegenstand politischer Aktivitäten,
sondern auch Bestandteil der Rechtsordnungen Koreas und Deutschlands. In beiden
Staaten ist das Leitbild verfassungsrechtlich verankert und vor allem in das Umweltund Planungsrecht transformiert worden.
In Deutschland wird verbreitet die Meinung vertreten, dass wesentliche Bestandteile
des Leitbilds der Nachhaltigkeit verfassungsrechtlich durch Art. 20a GG abgesichert
sind, während die ökonomische und soziale Dimensionen der Nachhaltigkeit als Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips betrachtet werden. Was das deutschen Umweltrecht anbelangt, findet sich das Nachhaltigkeitsprinzip im Bundes-Bodenschutzgesetz. Weitere Rechtsgebiete, in denen das Leitbild Erwähnung findet, sind das
Waldrecht, das Naturschutzrecht und das Abfallrecht. Die Verankerung im Planungsrecht ist durch die BauROG-Novelle erfolgt, mit der das Nachhaltigkeitsprinzip zum Leitprinzip der räumlichen Planung erhoben worden ist.
Auch für die Verankerung des Nachhaltigkeitsgebots im koreanischen Recht ist die
Grundrechtsverbürgung des Umweltschutzes in Art. 35 der koreanischen Verfassung
wesentlich. Die Verfassungsnorm wird dahin interpretiert, dass der Staat durch diese
in die Pflicht genommen sei, eine intakte Umwelt zu erhalten und ggf. wiederherzu2
stellen. Eine umfassende Integration aller Maßnahmen zum Schutz des Menschen
vor Umweltbelastungen soll gewährleistet sein. Art. 35 Abs. 1 der Verfassung hat
ferner die Bedeutung, dass die Gesamtbevölkerung durch Änderung ihres Verhaltens die natürliche Umwelt schützen soll. Der Verfassungsnorm wird in der Literatur
der Sinn unterlegt, dass die Umweltschutzverbürgung nicht nur die gegenwärtig
lebende Generation betrifft, sondern auch einen Verfassungsschutz für die künftigen
Generationen impliziert.
Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist in der Republik Korea auch in das Umweltrecht
aufgenommen worden, beispielsweise in das Grundlagengesetzes für die Umweltpolitik (GUP) vom 1990, insbesondere durch die 1999er Novellierung des Gesetzes. So
enthält § 2 GUP den Grundgedanken: "Die Schaffung einer lebenswerten Umwelt
durch qualitative Verbesserung und Erhaltung der Umwelt und damit Erhaltung der
Harmonisierung und Ausgleich von Mensch und Umwelt sind notwendige Elemente
für die Gesundheit der Bevölkerung und den Genuss des kulturellen Lebens, ferner
für die Erhaltung des Landes und die dauerhafte Entwicklung des Staates. Unter Berücksichtigung dessen haben Staat und kommunale Selbstverwaltung, Unternehmen
und Bevölkerung sich darum zu bemühen, die Umwelt in einem intakten Zustand zu
erhalten und sie zu entwickeln und bei jeglicher Nutzung der Umwelt die Belange
des Umweltschutzes vorrangig zu berücksichtigen sowie gemeinsame Bemühungen
zur Vorsorge gegenüber den globalen Umweltgefährdungen zu unternehmen. Dadurch soll der Grundgedanke des Gesetzes verwirklicht werden, dass der heutigen
Bevölkerung die Gunst der Umwelt zugute kommt und dies gleichzeitig auch den
künftigen Generationen möglich bleibt." Die Grundsatzbestimmung reflektiert den
Geist der Agenda 21: Ecologically sound and sustainable development sowie die
Prinzipien der intergenerationellen Gerechtigkeit (principle of intergenerational
equity).
Von Bedeutung für die Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots ist in Korea vor allem
das Planungsrecht. Das grundlegende Gesetz für die räumliche Planung ist das "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des Staatsgebiets". Nach § 1
dieses Gesetzes sind die natürlichen Gegebenheiten des Landes umfassend zu nutzen, zu entwickeln und zu bewahren, um einen ausgewogenen Ausgleich zwischen
der industriellen Entwicklung und der Entwicklung der sozialen Umwelt zu erreichen. Ein wichtiges Gesetzesvorhaben zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots ist
der Entwurf eines "Grundlagengesetzes für die Entwicklung und die Bewahrung des
Staatsgebiets" (GEBS). Das GEBS regelt zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung des Landes detailliert die konkrete Ausgestaltung einer entsprechenden umfassenden Planung für die Entwicklung und Bewahrung des Staatsgebiets und ihre
Verwirklichung. Die Grundgedanken des Managements des Landes legt § 2 GEBS
3
fest: Das Land ist die Grundlage des Lebens der gesamten Bevölkerung und Allgemeingut des Volks, das den kommenden Generation weitergegeben werden muss.
Infolgedessen müssen Planung und Politik für das Land zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklung des Landes aufgestellt und durchgeführt werden, damit die
Grundlagen der Harmonisierung von Entwicklung und Umweltschutz gleichgewichtig entwickelt, die Konkurrenzfähigkeit des Staates erhöht und die Lebensqualität
der Bevölkerung verbessert wird. Das geltende "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des Staatsgebiets" wird durch das neue "Grundlagengesetzes für die Entwicklung und die Bewahrung des Staatsgebiets" ersetzt.
Das Nachhaltigkeitsgebot ist weiterhin Bestandteil einer Reihe koreanischer Einzelgesetze. Zu diesen gehört das Gesetz über die Kostentragung zur Verbesserung der
Umwelt, das Gesetz zum Schutz der natürlichen Umwelt und das Naturparkgesetz.
Auch ist das Nachhaltigkeitsgebot durch eine Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Jahre 1999 (um eine gesunde und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten) Zweckbestimmung des Gesetzes geworden. Auch ist das
Nachhaltigkeitsgebot in das Stadtplanungsgesetz aufgenommen worden.
4. Politisch-planerische Umsetzung der Nachhaltigkeit auf der staatlichen Ebene
in der Republik Korea
Während eine rechtliche Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots für die planerische
Entwicklung in Deutschland nur durch das Raumordnungsgesetz möglich ist, begünstigt das koreanische Planungssystem die Umsetzung des Leitbilds für die Gesamtentwicklung des Staates. Die koreanische Planung ist gekennzeichnet durch eng
die miteinander verbundenen Planungssysteme, insbesondere die Umweltleitplanung auf der Grundlage des Grundlagengesetzes für die Umweltpolitik, die sich
auch durch die Integration der Leitvorstellungen der Agenda 21 auszeichnet sowie
durch die seit Jahrzehnten installierte gesamtstaatliche Entwicklungsplanung. Diese
"umfassende Planung für die Entwicklung und Bewahrung des Staatsgebiets" ist zudem in der Verfassung, und zwar in Art. 120 Abs. 2, ausdrücklich verankert und
richtet sich nach dem "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des
Staatsgebiet".
Wesentliche Essentials der Planung sind: Realisierung des Kooperationsprinzips (inneradministrative Kooperation, Beteiligung der Vertreter öffentlicher Belange und
Bürgerbeteiligung), Orientierung an normativ verankerten Leitzielen, Gegenstromprinzip, Differenzierung in Bezug auf Planungsebenen und -zeiträume, Herunterbrechen der Ziele in mehrere planerische Konkretisierungsstufen und konsequente Operationalisierung der Ziele auf der unteren Konkretisierungsebene. Alles dies und die
4
explizite Einbindung von mit der operationalen Ebene verbundenen Finanzierungsfestlegungen gewährleisten die Vollzugsorientierung. Die Republik nutzt für die
strategische Umweltplanung und nunmehr für die Nachhaltigkeitsplanung ihre
langjährigen Erfahrungen mit der Erarbeitung und konsequenten Implementation
der Wirtschaftsplanung.
In der Charakteristik der südkoreanischen Planung liegt also ihre Eignung für die
Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung und zugleich zur Steuerung des Verhaltens der Akteure. Die Langfristigkeit der südkoreanischen Planung und der Ausbau
der hierfür erforderlichen und geeigneten methodischen Instrumente war eines der
Erfolgskriterien für den wirtschaftlichen Aufschwung und wird auch in der Zukunft
die Problemlösungsfähigkeit hinsichtlich der anstehenden Zukunftsprobleme (Wirtschaftsentwicklung, technologische Innovation, ökologische Modernisierung, Stärkung der Position der Republik in der zukünftigen globalen Entwicklung) gewährleisten. Langfristige Planung in der Republik leidet nicht unter ideologischen Vorbelastungen, wie dies möglicherweise noch in Deutschland der Fall ist. Planung ist
vielmehr ein bewährtes und von den Akteuren akzeptiertes hilfreiches Instrument
des Aufbaus und der Entwicklung eines sich effektiv entwickelnden Gemeinwesens,
welches das Nachhaltigkeitsprinzip verwirklichen und seine Zukunftsprobleme lösen will.
Zur Umsetzung der Agenda 21 von Rio wurde in der Republik Korea auf nationaler
Ebene eine Nationale Agenda 21 erarbeitet und bereits im Jahre 1996 verkündet. Ein
wesentliche Rolle für die konkrete Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips spielen
die lang- und mittelfristigen Umweltpläne, durch die ein dichtes Netz von Maßnahmen zur Realisierung der nachhaltigen Entwicklung aufgebaut wird. Die Umsetzung
der nachhaltigen Entwicklung zeigt deutlich vor allem der "Vierte umfassende Plan
für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" (für den Zeitraum
von 2000 bis 2020).
Im "Dritten (1992-2001) und Vierten umfassenden Plan für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" und in zahlreichen Regionalentwicklungsplänen
sind konkrete Strategien zur Umsetzung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung
enthalten. Der "Vierte umfassende Plan für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" legt als eines von vier grundlegenden Zielen fest, ein mit der Natur harmonisierte "Grünes Land" zu schaffen: Durch Erzielung der Integration zwischen Entwicklung und Umwelt in allen Bereichen der Landesentwicklungsplanung
soll die nachhaltige Entwicklung des Landes erreicht und der Erhöhung der Lebensqualität gedient werden.
5
5. Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit in der Metropole Seoul
In der Republik Korea ist nicht nur auf staatlicher Ebene die Nationale Agenda 21
erarbeitet und verkündet worden. In gleicher Weise hat auch die Metropole Seoul die
"Seoul Agenda 21" erarbeitet und anlässlich des Weltumwelttages im Jahre 1997 verkündet. Diese zeichnet sich durch einen hohen Operationalisierungsgrad aus. Sie
gliedert sich in die Schwerpunktbereiche Luft, Wasser, Abfälle, Ökosystem, Verkehr,
Stadtplanung, Wohlfahrt und Kultur.
Leitbild ist das "Grüne Seoul" und die "Visionen für das Grüne Seoul im 21. Jahrhundert", gegliedert in acht Schwerpunkte, in wörtlicher Übersetzung sind:
1. Luft: Seoul, eine Stadt, die eine Luftqualität hat, die es den Bürgern möglich
macht, so viel reine und saubere Luft zu atmen, wie sie möchten.
2. Wasser: Seoul, eine Stadt, die eine Wasserqualität hat, die es allen Kindern möglich macht, beliebig oft im Wasser zu spielen, ohne dadurch Gesundheitsgefahren
ausgesetzt zu sein.
3. Abfallwesen: Seoul, eine Stadt, die eine Abfallwirtschaft hat, welche das Abfallaufkommen minimiert und die Wiedernutzung eines möglichst großen Teils der
Abfälle ermöglicht.
4. Ökosystem: Seoul, eine Stadt, die eine ökologische Situation hat, die es möglich
macht, dass Wildpflanzen und -tiere wieder in das Stadtgebiet zurückkehren.
5. Wohlfahrt: Seoul, eine Stadt, die eine offene Gesellschaft mit Menschen hat, die
wieder bereit sind, mit ihren Mitmenschen den Wohlstand zu teilen.
6. Kultur: Seoul, eine Stadt, die eine kulturelle Szenerie hat, die den Atem von Geschichte und Natur spüren lässt und in der das kulturelle Leben blüht und gedeiht.
7. Stadtplanung: Seoul, eine Stadt, die eine Planungskultur hat, in der die Bürger bei
der Planung einer angenehmen und lebenswerten Stadt zusammenwirken.
8. Verkehr: Seoul, eine Stadt, die eine Straßensituation hat, bei der sich jeder nach
Belieben im Freien ergehen kann und die eine Verkehrssituation hat, bei der jeder
gerne öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nimmt.
Die Seoul Agenda 21 und ihre 8 Schwerpunktbereiche haben die gleiche Struktur.
Einerseits werden die Prozesse des Agenda-Settings dargestellt, ferner werden die
Einzelziele und Aktionspläne zur Zielerreichung herausgestellt und schließlich die
Umsetzungsstrategien. Typisch für die Seoul Agenda ist ihre detaillierte Ausdifferenzierung und Konkretisierung. Alle 8 Schwerpunktbereiche sind also gleichartig
strukturiert und enthalten jeweils:
6
-
Problembeschreibungen zu den Sektoren unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Metropole im 21. Jahrhundert und die Leitziele, die zwischen Einwohnern, Stadtverwaltung und Unternehmen konsensual festgelegt
wurden, die im 21. Jahrhundert gelten sollen. Diese dienen gleichzeitig als Grundlage für die Einzelziele und die dementsprechenden Aktionspläne für alle Akteursgruppen;
-
Aktionsziele zu den einzelnen Schwerpunktbereichen und zwar insgesamt 30 an
der Zahl;
-
Beschreibung der Probleme, die mit der Realisierung der Aktionsziele zusammenhängen;
-
Zielhorizonte, aufgegliedert in kurzfristige (bis 2000), mittelfristige (bis 2002) und
langfristige (bis 2007) Ziele;
-
Festlegung operationalisierter Umsetzungsziele mit Zielhorizonten;
-
Aktionspläne (insgesamt 426 an der Zahl), die von den Beteiligten, von Bürgern,
Unternehmen und der Stadtverwaltung, ggf. auch von der Zentralregierung umgesetzt werden müssen.
Die "Seoul Agenda 21" vom 1997 wurde unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher
Änderungen der Rahmenbedingungen im Jahre 2000 überarbeitet. Allerdings erfolgte dabei keine Änderung der Gesamtkonzeption, sondern Aktualisierungen innerhalb der konkreten operationalisierten Zieldimensionen, da einerseits schon seinerzeit aufgestellte Ziele erreicht und andererseits strategische Kursänderungen notwendig geworden waren.
Die Bemühungen um die Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit sind in der
Stadt Seoul weit fortgeschritten. So hat die Metropole Seoul am 20. Mai 1996 die
Grundlagensatzung für den Umweltschutz der Metropole erlassen, um die Einzelheiten eines für die regionale Situation der Stadt effektiven Umweltschutzes festzulegen und um durch Umweltmanagement, durch Partizipation und internationale
Kooperation die Stadt zu einer "Umweltschutzstadt" zu entwickeln, in der Menschen
und Natur symbiotisch zusammenleben können.
Eine wichtige Festlegung der Metropole Seoul zur Umsetzung der nachhaltigen
Entwicklung bildet die Umweltcharta vom 5. Juni 1996. Sie erhält ihre Bedeutung
dadurch, dass sie den Willen der städtischen Akteure dokumentiert, ein umweltverträgliches gesundes und nachhaltiges Seoul zu schaffen, ferner dass alle Einwohner
an der Erhaltung und Schaffung einer Umwelt, in der sie mit der Natur in Symbiose
leben können, beteiligt sein sollen. Die Charta legt ihrer Präambel einen traditionellen umweltethischen Grundsatz zugrunde: "Symbiotische Beziehungen zwischen
7
Natur und Mensch" und schreibt damit eines der Grundprinzipien der nachhaltigen
Entwicklung fest.
Wesentlich ist weiterhin, dass die Metropole Seoul die nachhaltige Stadtentwicklung
auch in ihrer Entwicklungsplanung umsetzt. So hat die Metropole in ihrem aktuellen
Stadtentwicklungsplan von 1997 (Planungszeitraum 1997-2011) das Leitbild einer am
"Menschen orientierten Stadt, in der die Menschen gerne leben", als Leitbild festgeschrieben.
Eine wichtige Aussage zur Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit enthält auch
der nach § 11 der Grundlagensatzung für den Umweltschutz aufgestellte langfristige
umfassende Plan für den Umweltschutz (1996-2005). Das Leitziel auch dieses Plans
ist die Entwicklung der Metropole Seoul zu einer Stadt, in der Natur und Menschen
harmonisch koexistieren. Durch die Harmonisierung von weiterer Entwicklung und
Erhaltung der Natur strebt Seoul den Aufbau einer "nachhaltigen Stadt" an. Der Plan
hat 5 Grundprinzipien:
-
Vorsorgeprinzip, das Umweltzerstörung im voraus verhindern oder vermeiden
soll;
-
Harmonie- und Integrationsprinzip für ein effektives Management in Harmonie
mit der Umwelt, insbesondere in den mit der Stadtplanung, dem Verkehr und der
Energie etc. eng zusammenhängenden Bereichen;
-
Verursacherprinzip, demzufolge der Verursacher von Umweltzerstörungen oder
-kontaminationen für die Kostentragung verantwortlich ist;
-
Örtlichkeitsprinzip, demzufolge Belastungen und deren Bekämpfung innerhalb
der Region stattfinden soll;
-
Informationsöffnungs- und Partizipationsprinzip.
Insgesamt zeigen die programmatischen Erklärungen der Metropole, dass nicht nur
auf staatlicher Ebene Pläne und Programme mit Nachhaltigkeitszielen formuliert
werden, sondern auch auf regionaler Ebene. Die Zielaussagen machen deutlich, dass
das Oberziel einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt gleichzeitig das Oberziel der
Stadtentwicklung, das Ziel der Wirtschaftsentwicklung und der Umweltpolitik ist
und dass alles dies zur Realisierung des einheitlichen Zieldreiecks der Nachhaltigkeit
dient.
Auf der Bezirksebene der Metropole sind in fast allen Bezirke Bezirks-Agenden erarbeitet, verkündet und darin enthaltene Aktionsziele und konkrete Aktionspläne für
Akteursgruppen festgelegt worden.
8
6. Agenda-Aktivitäten in Berlin
Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist durch seine verfassungsmäßige Verankerung
auch in Deutschland ein verbindliches Leitbild der Politik. In gleicher Weise ist das
Nachhaltigkeitsziel auch für das Land Berlin Leitgrundsatz. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte den Senat bereits in der vorherigen, der 13. Legislaturperiode, aufgefordert, eine lokale Agenda zu erarbeiten. Der Senat ist dem gefolgt und hat dem
Abgeordnetenhaus im Juni 1999 einen Bericht über den Stand der Arbeiten vorgelegt.
Eine Enquête-Kommission "Lokale Agenda 21 / Zukunftsfähiges Berlin" ist in der
gerade abgelaufenen Legislaturperiode am 13. Juli 2000 vom Abgeordnetenhaus eingesetzt und damit beauftragt worden, parlamentarische Entscheidungen zur Erarbeitung und Umsetzung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 Berlin vorzubereiten. Die Kommission sollte "wesentlich dazu beizutragen, eine öffentliche Debatte
über konkrete mittel- und langfristig zu verwirklichende Umweltziele zu führen, die
unmittelbar die Qualität der Lebens- und Nutzungsräume der Stadt verbessern." Geplant war die Entwicklung des Konzepts für die Berlin Agenda 21 bis zum 31. 12.
2003. Freilich konnten die Arbeiten an dem langfristigen Zukunftsprogramm für Berlin wegen der politischen Ereignisse in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht abgeschlossen werden und werden daher in der nächsten Legislaturperiode aller Voraussicht nach fortgesetzt.
Der Senat von Berlin hat am 17. 10. 2000 die organisatorischen Grundlagen zur Erarbeitung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 beschlossen. Danach wird die
Erstellung der Agenda auf Senatsebene durch das Agenda-Büro bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung organisiert. Dieses Agenda-Büro hat die Aufgabe, den
Agenda-Prozess in der Stadt zu koordinieren und inhaltlich zu fördern. Das AgendaBüro ist bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelt. Auf der parlamentarischen Ebene unterstützt das Agenda-Büro die Arbeit der EnquêteKommission "Lokale Agenda 21/Zukunftsfähiges Berlin" und koordiniert die Arbeitsgruppe der für Agenda-Angelegenheiten zuständigen Beauftragten der Senatsverwaltung.
>>www.FAGUS-Berlin.de
9
Herunterladen