Nachhaltige Entwicklung am Beispiel der Metropolen Seoul und Berlin Von Professor Dr.-Ing. habil. Yeong Heui Lee Koreanisch-Deutsches Zentrum Berlin (Hrsg.), Berlin 2001, XV, 136 Seiten. Abstract 1. Einleitung Mit der vom Koreanisch-Deutschen Zentrum und der Enquete-Kommission "Lokale Agenda 21/Zukunftsfähiges Berlin" des Abgeordnetenhauses von Berlin organisierten Kooperationsveranstaltung "Nachhaltige Entwicklung am Beispiel der Metropolen Seoul und Berlin" soll die seit der Weltkonferenz von Rio de Janeiro verfolgte Umsetzung des Konzepts der "nachhaltigen Entwicklung" im Wege wechselseitigen Informationsaustauschs zwischen Exponenten der Städte Berlin und Seoul über den Agenda-Prozess insgesamt sowie über ausgesuchte politische und wirtschaftliche Einzelthemen der Nachhaltigkeit behandelt und darauf ein Dialog zwischen den Städten aufgebaut werden. Zugleich soll mit dieser Veranstaltung eine Plattform geschaffen werden, um die bisherigen Aktivitäten des Berliner Abgeordnetenhauses bei der Erarbeitung einer Agenda für Berlin öffentlich zu machen und zur Diskussion zu stellen. 2. Allgemeines zur Nachhaltigkeit Das Leitbild der Nachhaltigkeit und die Probleme seiner Verwirklichung sind seit der UN-Konferenz "Umwelt und Entwicklung" in Rio de Janeiro im Juni 1992 in das globalpolitische und nationalstaatliche Interesse gerückt. Seitdem wird das Leitbild von Wirtschaft und Gesellschaft erörtert und von den OECD Staaten auf nationaler und regionaler Ebene - insbesondere auch für die Entwicklung der Metropolen - angestrebt. Da bei der Erörterung des Nachhaltigkeitsbegriffs Unsicherheiten bestehen, sind einige Erläuterungen zur Bedeutung des Nachhaltigkeitsprinzips angezeigt. Die gängige und meistakzeptierte Versinnbildlichung des Nachhaltigkeitsprinzips ist das so genannte Zieldreieck der Nachhaltigkeit oder das "Drei-Säulen-Modell". Damit soll symbolisiert werden, dass bei der Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit gleichrangig ökonomische, ökologische und soziale Belange zu verwirklichen sind. Der Begriff "nachhaltige Entwicklung" wurde durch die von der International Union for the Conservation of Nature im Jahre 1980 veröffentlichten "World Conservation Strategie" und danach durch den 1987 erschienenen sog. Brundtland-Bericht der World Commission on Environment and Development geprägt, dessen Definition als Standard betrachtet werden kann: "Sustainable development is development that meets the needs of present generations without compromising the ability of future generations to meet their own needs". Kernbestandteile dieses Nachhaltigkeitsverständnisses sind die intergenerative Gleichheit, die intergenerative Gerechtigkeit und die internationale Gerechtigkeit. Die Entwicklung der Städte und insbesondere der Metropolen - bildet für die Umsetzung des Leitbilds der nachhaltigen Entwicklung einen wichtigen und notwendigen, nach verbreiteter Auffassung sogar essentiellen, Handlungsrahmen. Uneinigkeit besteht in der Diskussion über die nachhaltige Stadtentwicklung über die prioritären Handlungsfelder. Häufig wird als das wesentliche Thema die Problematik der StadtUmland-Beziehungen bezeichnet. Als weitere wichtige Probleme der Nachhaltigkeit im Rahmen der urbanen Entwicklung werden die Beendigung der anhaltenden Zersiedlung des Stadtraumes, die Beherrschung des Wachstums des Verkehrs sowie der Umweltbelastung betrachtet. 3. Das Leitbild der Nachhaltigkeit als Bestandteil der Rechtsordnung Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist nicht nur Gegenstand politischer Aktivitäten, sondern auch Bestandteil der Rechtsordnungen Koreas und Deutschlands. In beiden Staaten ist das Leitbild verfassungsrechtlich verankert und vor allem in das Umweltund Planungsrecht transformiert worden. In Deutschland wird verbreitet die Meinung vertreten, dass wesentliche Bestandteile des Leitbilds der Nachhaltigkeit verfassungsrechtlich durch Art. 20a GG abgesichert sind, während die ökonomische und soziale Dimensionen der Nachhaltigkeit als Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips betrachtet werden. Was das deutschen Umweltrecht anbelangt, findet sich das Nachhaltigkeitsprinzip im Bundes-Bodenschutzgesetz. Weitere Rechtsgebiete, in denen das Leitbild Erwähnung findet, sind das Waldrecht, das Naturschutzrecht und das Abfallrecht. Die Verankerung im Planungsrecht ist durch die BauROG-Novelle erfolgt, mit der das Nachhaltigkeitsprinzip zum Leitprinzip der räumlichen Planung erhoben worden ist. Auch für die Verankerung des Nachhaltigkeitsgebots im koreanischen Recht ist die Grundrechtsverbürgung des Umweltschutzes in Art. 35 der koreanischen Verfassung wesentlich. Die Verfassungsnorm wird dahin interpretiert, dass der Staat durch diese in die Pflicht genommen sei, eine intakte Umwelt zu erhalten und ggf. wiederherzu2 stellen. Eine umfassende Integration aller Maßnahmen zum Schutz des Menschen vor Umweltbelastungen soll gewährleistet sein. Art. 35 Abs. 1 der Verfassung hat ferner die Bedeutung, dass die Gesamtbevölkerung durch Änderung ihres Verhaltens die natürliche Umwelt schützen soll. Der Verfassungsnorm wird in der Literatur der Sinn unterlegt, dass die Umweltschutzverbürgung nicht nur die gegenwärtig lebende Generation betrifft, sondern auch einen Verfassungsschutz für die künftigen Generationen impliziert. Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist in der Republik Korea auch in das Umweltrecht aufgenommen worden, beispielsweise in das Grundlagengesetzes für die Umweltpolitik (GUP) vom 1990, insbesondere durch die 1999er Novellierung des Gesetzes. So enthält § 2 GUP den Grundgedanken: "Die Schaffung einer lebenswerten Umwelt durch qualitative Verbesserung und Erhaltung der Umwelt und damit Erhaltung der Harmonisierung und Ausgleich von Mensch und Umwelt sind notwendige Elemente für die Gesundheit der Bevölkerung und den Genuss des kulturellen Lebens, ferner für die Erhaltung des Landes und die dauerhafte Entwicklung des Staates. Unter Berücksichtigung dessen haben Staat und kommunale Selbstverwaltung, Unternehmen und Bevölkerung sich darum zu bemühen, die Umwelt in einem intakten Zustand zu erhalten und sie zu entwickeln und bei jeglicher Nutzung der Umwelt die Belange des Umweltschutzes vorrangig zu berücksichtigen sowie gemeinsame Bemühungen zur Vorsorge gegenüber den globalen Umweltgefährdungen zu unternehmen. Dadurch soll der Grundgedanke des Gesetzes verwirklicht werden, dass der heutigen Bevölkerung die Gunst der Umwelt zugute kommt und dies gleichzeitig auch den künftigen Generationen möglich bleibt." Die Grundsatzbestimmung reflektiert den Geist der Agenda 21: Ecologically sound and sustainable development sowie die Prinzipien der intergenerationellen Gerechtigkeit (principle of intergenerational equity). Von Bedeutung für die Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots ist in Korea vor allem das Planungsrecht. Das grundlegende Gesetz für die räumliche Planung ist das "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des Staatsgebiets". Nach § 1 dieses Gesetzes sind die natürlichen Gegebenheiten des Landes umfassend zu nutzen, zu entwickeln und zu bewahren, um einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der industriellen Entwicklung und der Entwicklung der sozialen Umwelt zu erreichen. Ein wichtiges Gesetzesvorhaben zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots ist der Entwurf eines "Grundlagengesetzes für die Entwicklung und die Bewahrung des Staatsgebiets" (GEBS). Das GEBS regelt zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung des Landes detailliert die konkrete Ausgestaltung einer entsprechenden umfassenden Planung für die Entwicklung und Bewahrung des Staatsgebiets und ihre Verwirklichung. Die Grundgedanken des Managements des Landes legt § 2 GEBS 3 fest: Das Land ist die Grundlage des Lebens der gesamten Bevölkerung und Allgemeingut des Volks, das den kommenden Generation weitergegeben werden muss. Infolgedessen müssen Planung und Politik für das Land zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklung des Landes aufgestellt und durchgeführt werden, damit die Grundlagen der Harmonisierung von Entwicklung und Umweltschutz gleichgewichtig entwickelt, die Konkurrenzfähigkeit des Staates erhöht und die Lebensqualität der Bevölkerung verbessert wird. Das geltende "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des Staatsgebiets" wird durch das neue "Grundlagengesetzes für die Entwicklung und die Bewahrung des Staatsgebiets" ersetzt. Das Nachhaltigkeitsgebot ist weiterhin Bestandteil einer Reihe koreanischer Einzelgesetze. Zu diesen gehört das Gesetz über die Kostentragung zur Verbesserung der Umwelt, das Gesetz zum Schutz der natürlichen Umwelt und das Naturparkgesetz. Auch ist das Nachhaltigkeitsgebot durch eine Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Jahre 1999 (um eine gesunde und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten) Zweckbestimmung des Gesetzes geworden. Auch ist das Nachhaltigkeitsgebot in das Stadtplanungsgesetz aufgenommen worden. 4. Politisch-planerische Umsetzung der Nachhaltigkeit auf der staatlichen Ebene in der Republik Korea Während eine rechtliche Umsetzung des Nachhaltigkeitsgebots für die planerische Entwicklung in Deutschland nur durch das Raumordnungsgesetz möglich ist, begünstigt das koreanische Planungssystem die Umsetzung des Leitbilds für die Gesamtentwicklung des Staates. Die koreanische Planung ist gekennzeichnet durch eng die miteinander verbundenen Planungssysteme, insbesondere die Umweltleitplanung auf der Grundlage des Grundlagengesetzes für die Umweltpolitik, die sich auch durch die Integration der Leitvorstellungen der Agenda 21 auszeichnet sowie durch die seit Jahrzehnten installierte gesamtstaatliche Entwicklungsplanung. Diese "umfassende Planung für die Entwicklung und Bewahrung des Staatsgebiets" ist zudem in der Verfassung, und zwar in Art. 120 Abs. 2, ausdrücklich verankert und richtet sich nach dem "Gesetz über die umfassende Planung für die Entwicklung des Staatsgebiet". Wesentliche Essentials der Planung sind: Realisierung des Kooperationsprinzips (inneradministrative Kooperation, Beteiligung der Vertreter öffentlicher Belange und Bürgerbeteiligung), Orientierung an normativ verankerten Leitzielen, Gegenstromprinzip, Differenzierung in Bezug auf Planungsebenen und -zeiträume, Herunterbrechen der Ziele in mehrere planerische Konkretisierungsstufen und konsequente Operationalisierung der Ziele auf der unteren Konkretisierungsebene. Alles dies und die 4 explizite Einbindung von mit der operationalen Ebene verbundenen Finanzierungsfestlegungen gewährleisten die Vollzugsorientierung. Die Republik nutzt für die strategische Umweltplanung und nunmehr für die Nachhaltigkeitsplanung ihre langjährigen Erfahrungen mit der Erarbeitung und konsequenten Implementation der Wirtschaftsplanung. In der Charakteristik der südkoreanischen Planung liegt also ihre Eignung für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung und zugleich zur Steuerung des Verhaltens der Akteure. Die Langfristigkeit der südkoreanischen Planung und der Ausbau der hierfür erforderlichen und geeigneten methodischen Instrumente war eines der Erfolgskriterien für den wirtschaftlichen Aufschwung und wird auch in der Zukunft die Problemlösungsfähigkeit hinsichtlich der anstehenden Zukunftsprobleme (Wirtschaftsentwicklung, technologische Innovation, ökologische Modernisierung, Stärkung der Position der Republik in der zukünftigen globalen Entwicklung) gewährleisten. Langfristige Planung in der Republik leidet nicht unter ideologischen Vorbelastungen, wie dies möglicherweise noch in Deutschland der Fall ist. Planung ist vielmehr ein bewährtes und von den Akteuren akzeptiertes hilfreiches Instrument des Aufbaus und der Entwicklung eines sich effektiv entwickelnden Gemeinwesens, welches das Nachhaltigkeitsprinzip verwirklichen und seine Zukunftsprobleme lösen will. Zur Umsetzung der Agenda 21 von Rio wurde in der Republik Korea auf nationaler Ebene eine Nationale Agenda 21 erarbeitet und bereits im Jahre 1996 verkündet. Ein wesentliche Rolle für die konkrete Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips spielen die lang- und mittelfristigen Umweltpläne, durch die ein dichtes Netz von Maßnahmen zur Realisierung der nachhaltigen Entwicklung aufgebaut wird. Die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung zeigt deutlich vor allem der "Vierte umfassende Plan für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" (für den Zeitraum von 2000 bis 2020). Im "Dritten (1992-2001) und Vierten umfassenden Plan für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" und in zahlreichen Regionalentwicklungsplänen sind konkrete Strategien zur Umsetzung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung enthalten. Der "Vierte umfassende Plan für die Entwicklung und Bewahrung des Gesamtstaatsgebiets" legt als eines von vier grundlegenden Zielen fest, ein mit der Natur harmonisierte "Grünes Land" zu schaffen: Durch Erzielung der Integration zwischen Entwicklung und Umwelt in allen Bereichen der Landesentwicklungsplanung soll die nachhaltige Entwicklung des Landes erreicht und der Erhöhung der Lebensqualität gedient werden. 5 5. Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit in der Metropole Seoul In der Republik Korea ist nicht nur auf staatlicher Ebene die Nationale Agenda 21 erarbeitet und verkündet worden. In gleicher Weise hat auch die Metropole Seoul die "Seoul Agenda 21" erarbeitet und anlässlich des Weltumwelttages im Jahre 1997 verkündet. Diese zeichnet sich durch einen hohen Operationalisierungsgrad aus. Sie gliedert sich in die Schwerpunktbereiche Luft, Wasser, Abfälle, Ökosystem, Verkehr, Stadtplanung, Wohlfahrt und Kultur. Leitbild ist das "Grüne Seoul" und die "Visionen für das Grüne Seoul im 21. Jahrhundert", gegliedert in acht Schwerpunkte, in wörtlicher Übersetzung sind: 1. Luft: Seoul, eine Stadt, die eine Luftqualität hat, die es den Bürgern möglich macht, so viel reine und saubere Luft zu atmen, wie sie möchten. 2. Wasser: Seoul, eine Stadt, die eine Wasserqualität hat, die es allen Kindern möglich macht, beliebig oft im Wasser zu spielen, ohne dadurch Gesundheitsgefahren ausgesetzt zu sein. 3. Abfallwesen: Seoul, eine Stadt, die eine Abfallwirtschaft hat, welche das Abfallaufkommen minimiert und die Wiedernutzung eines möglichst großen Teils der Abfälle ermöglicht. 4. Ökosystem: Seoul, eine Stadt, die eine ökologische Situation hat, die es möglich macht, dass Wildpflanzen und -tiere wieder in das Stadtgebiet zurückkehren. 5. Wohlfahrt: Seoul, eine Stadt, die eine offene Gesellschaft mit Menschen hat, die wieder bereit sind, mit ihren Mitmenschen den Wohlstand zu teilen. 6. Kultur: Seoul, eine Stadt, die eine kulturelle Szenerie hat, die den Atem von Geschichte und Natur spüren lässt und in der das kulturelle Leben blüht und gedeiht. 7. Stadtplanung: Seoul, eine Stadt, die eine Planungskultur hat, in der die Bürger bei der Planung einer angenehmen und lebenswerten Stadt zusammenwirken. 8. Verkehr: Seoul, eine Stadt, die eine Straßensituation hat, bei der sich jeder nach Belieben im Freien ergehen kann und die eine Verkehrssituation hat, bei der jeder gerne öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nimmt. Die Seoul Agenda 21 und ihre 8 Schwerpunktbereiche haben die gleiche Struktur. Einerseits werden die Prozesse des Agenda-Settings dargestellt, ferner werden die Einzelziele und Aktionspläne zur Zielerreichung herausgestellt und schließlich die Umsetzungsstrategien. Typisch für die Seoul Agenda ist ihre detaillierte Ausdifferenzierung und Konkretisierung. Alle 8 Schwerpunktbereiche sind also gleichartig strukturiert und enthalten jeweils: 6 - Problembeschreibungen zu den Sektoren unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Metropole im 21. Jahrhundert und die Leitziele, die zwischen Einwohnern, Stadtverwaltung und Unternehmen konsensual festgelegt wurden, die im 21. Jahrhundert gelten sollen. Diese dienen gleichzeitig als Grundlage für die Einzelziele und die dementsprechenden Aktionspläne für alle Akteursgruppen; - Aktionsziele zu den einzelnen Schwerpunktbereichen und zwar insgesamt 30 an der Zahl; - Beschreibung der Probleme, die mit der Realisierung der Aktionsziele zusammenhängen; - Zielhorizonte, aufgegliedert in kurzfristige (bis 2000), mittelfristige (bis 2002) und langfristige (bis 2007) Ziele; - Festlegung operationalisierter Umsetzungsziele mit Zielhorizonten; - Aktionspläne (insgesamt 426 an der Zahl), die von den Beteiligten, von Bürgern, Unternehmen und der Stadtverwaltung, ggf. auch von der Zentralregierung umgesetzt werden müssen. Die "Seoul Agenda 21" vom 1997 wurde unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Änderungen der Rahmenbedingungen im Jahre 2000 überarbeitet. Allerdings erfolgte dabei keine Änderung der Gesamtkonzeption, sondern Aktualisierungen innerhalb der konkreten operationalisierten Zieldimensionen, da einerseits schon seinerzeit aufgestellte Ziele erreicht und andererseits strategische Kursänderungen notwendig geworden waren. Die Bemühungen um die Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit sind in der Stadt Seoul weit fortgeschritten. So hat die Metropole Seoul am 20. Mai 1996 die Grundlagensatzung für den Umweltschutz der Metropole erlassen, um die Einzelheiten eines für die regionale Situation der Stadt effektiven Umweltschutzes festzulegen und um durch Umweltmanagement, durch Partizipation und internationale Kooperation die Stadt zu einer "Umweltschutzstadt" zu entwickeln, in der Menschen und Natur symbiotisch zusammenleben können. Eine wichtige Festlegung der Metropole Seoul zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung bildet die Umweltcharta vom 5. Juni 1996. Sie erhält ihre Bedeutung dadurch, dass sie den Willen der städtischen Akteure dokumentiert, ein umweltverträgliches gesundes und nachhaltiges Seoul zu schaffen, ferner dass alle Einwohner an der Erhaltung und Schaffung einer Umwelt, in der sie mit der Natur in Symbiose leben können, beteiligt sein sollen. Die Charta legt ihrer Präambel einen traditionellen umweltethischen Grundsatz zugrunde: "Symbiotische Beziehungen zwischen 7 Natur und Mensch" und schreibt damit eines der Grundprinzipien der nachhaltigen Entwicklung fest. Wesentlich ist weiterhin, dass die Metropole Seoul die nachhaltige Stadtentwicklung auch in ihrer Entwicklungsplanung umsetzt. So hat die Metropole in ihrem aktuellen Stadtentwicklungsplan von 1997 (Planungszeitraum 1997-2011) das Leitbild einer am "Menschen orientierten Stadt, in der die Menschen gerne leben", als Leitbild festgeschrieben. Eine wichtige Aussage zur Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit enthält auch der nach § 11 der Grundlagensatzung für den Umweltschutz aufgestellte langfristige umfassende Plan für den Umweltschutz (1996-2005). Das Leitziel auch dieses Plans ist die Entwicklung der Metropole Seoul zu einer Stadt, in der Natur und Menschen harmonisch koexistieren. Durch die Harmonisierung von weiterer Entwicklung und Erhaltung der Natur strebt Seoul den Aufbau einer "nachhaltigen Stadt" an. Der Plan hat 5 Grundprinzipien: - Vorsorgeprinzip, das Umweltzerstörung im voraus verhindern oder vermeiden soll; - Harmonie- und Integrationsprinzip für ein effektives Management in Harmonie mit der Umwelt, insbesondere in den mit der Stadtplanung, dem Verkehr und der Energie etc. eng zusammenhängenden Bereichen; - Verursacherprinzip, demzufolge der Verursacher von Umweltzerstörungen oder -kontaminationen für die Kostentragung verantwortlich ist; - Örtlichkeitsprinzip, demzufolge Belastungen und deren Bekämpfung innerhalb der Region stattfinden soll; - Informationsöffnungs- und Partizipationsprinzip. Insgesamt zeigen die programmatischen Erklärungen der Metropole, dass nicht nur auf staatlicher Ebene Pläne und Programme mit Nachhaltigkeitszielen formuliert werden, sondern auch auf regionaler Ebene. Die Zielaussagen machen deutlich, dass das Oberziel einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt gleichzeitig das Oberziel der Stadtentwicklung, das Ziel der Wirtschaftsentwicklung und der Umweltpolitik ist und dass alles dies zur Realisierung des einheitlichen Zieldreiecks der Nachhaltigkeit dient. Auf der Bezirksebene der Metropole sind in fast allen Bezirke Bezirks-Agenden erarbeitet, verkündet und darin enthaltene Aktionsziele und konkrete Aktionspläne für Akteursgruppen festgelegt worden. 8 6. Agenda-Aktivitäten in Berlin Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist durch seine verfassungsmäßige Verankerung auch in Deutschland ein verbindliches Leitbild der Politik. In gleicher Weise ist das Nachhaltigkeitsziel auch für das Land Berlin Leitgrundsatz. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte den Senat bereits in der vorherigen, der 13. Legislaturperiode, aufgefordert, eine lokale Agenda zu erarbeiten. Der Senat ist dem gefolgt und hat dem Abgeordnetenhaus im Juni 1999 einen Bericht über den Stand der Arbeiten vorgelegt. Eine Enquête-Kommission "Lokale Agenda 21 / Zukunftsfähiges Berlin" ist in der gerade abgelaufenen Legislaturperiode am 13. Juli 2000 vom Abgeordnetenhaus eingesetzt und damit beauftragt worden, parlamentarische Entscheidungen zur Erarbeitung und Umsetzung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 Berlin vorzubereiten. Die Kommission sollte "wesentlich dazu beizutragen, eine öffentliche Debatte über konkrete mittel- und langfristig zu verwirklichende Umweltziele zu führen, die unmittelbar die Qualität der Lebens- und Nutzungsräume der Stadt verbessern." Geplant war die Entwicklung des Konzepts für die Berlin Agenda 21 bis zum 31. 12. 2003. Freilich konnten die Arbeiten an dem langfristigen Zukunftsprogramm für Berlin wegen der politischen Ereignisse in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht abgeschlossen werden und werden daher in der nächsten Legislaturperiode aller Voraussicht nach fortgesetzt. Der Senat von Berlin hat am 17. 10. 2000 die organisatorischen Grundlagen zur Erarbeitung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 beschlossen. Danach wird die Erstellung der Agenda auf Senatsebene durch das Agenda-Büro bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung organisiert. Dieses Agenda-Büro hat die Aufgabe, den Agenda-Prozess in der Stadt zu koordinieren und inhaltlich zu fördern. Das AgendaBüro ist bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelt. Auf der parlamentarischen Ebene unterstützt das Agenda-Büro die Arbeit der EnquêteKommission "Lokale Agenda 21/Zukunftsfähiges Berlin" und koordiniert die Arbeitsgruppe der für Agenda-Angelegenheiten zuständigen Beauftragten der Senatsverwaltung. >>www.FAGUS-Berlin.de 9