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AVES Pfannenstil
Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz (AVES)
Regionalgruppe Pfannenstil
Postfach • CH - 8636 Wald • Postkonto 80-10120-3
BULLETIN Nr. 50
November 2004
Brennstoffzellen: Energieumwandler der Zukunft?
Während vor etwa zehn Jahren der Begriff „Brennstoffzelle“ der Öffentlichkeit noch weitgehend
unbekannt war, gilt in der energiepolitischen Diskussion seit ein paar Jahren die Brennstoffzelle
immer mehr als der ideale Energieumwandler der Zukunft.
In diesem Aufsatz sollen die Eigenschaften, Möglichkeiten und Probleme der Brennstoffzellen in
knapper (und zum Teil stark vereinfachter) Form zusammengestellt werden.
Grundlagen
Zwei Atome Wasserstoff und ein Atom Sauerstoff können sich zu einem Molekül Wasser verbinden, wobei Energie freigesetzt wird. Dies wird durch die Reaktionsgleichung
H2 + ½ O2 ↔ H2O + 241,83 kJ/mol
beschrieben. Die Reaktionsgleichung zeigt nicht nur, in welchem Verhältnis sich die Wasserstoff- und Sauerstoff-Atome zu Wasser-Molekülen verbinden, sondern gibt auch an, wieviel
Energie dabei frei wird.1
In der Reaktionsgleichung ist ferner berücksichtigt, dass Gase wie Wasserstoff und Sauerstoff
zweiatomig sind, d.h. jeweils zwei Atome sind zu einem Molekül gebunden. Der Doppelpfeil
deutet an, dass die Reaktion in beiden Richtungen laufen kann. Einerseits können sich Wasserstoff und Sauerstoff verbinden, wobei Wasser entsteht und Energie freigesetzt wird. Das
geschieht zum Beispiel bei der Verbrennung von Wasserstoff. Andererseits kann aber auch
Wasser durch Energiezufuhr in Wasserstoff und Sauerstoff „gespalten“ werden. Dies geschieht
zum Beispiel bei der Elektrolyse.
1
1 kJ = 1000 Joule. Vgl. Fussnote 9 in Bulletin 49.
Das Mol ist ein Mass für die Stoffmenge. 1 mol sind soviele Teilchen (Atome, Moleküle oder Ionen), wie
Atome in 12 g 12C enthalten sind. Mit Hilfe einer Tabelle der relativen Atommassen können Mengenangaben in mol sofort in Massen umgerechnet werden. Beispiele: 1 mol (gasförmiger) Wasserstoff sind
2,016 g Wasserstoff, 1 mol (gasförmiger) Sauerstoff sind 32 g Sauerstoff, 1 mol Wasser sind 18,016 g
Wasser.
Die angegebene Reaktionswärme ist die Energie pro mol Wasserstoff, die frei wird, wenn sich Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser im gasförmigen Zustand verbinden. Sie gilt für 25°C und 1,013 bar.
241,83 kJ/mol (für Wasserstoff) ist gleich 120,0 MJ/kg (vgl. Bulletin 49, Abschnitt „Heizwert“). Dieser Wert
wird „spezifischer Heizwert“ genannt (früher „unterer Heizwert“). Wird noch zusätzlich die Kondensationswärme ausgenutzt, ergibt sich der sogenannte (spezifische) „Brennwert“ (früher: „oberer Heizwert“).
Er beträgt 141,8 MJ/kg.
Da bei Wärmekraftmaschinen die Kondensationswärme der Verbrennungsgase nicht ausgenützt werden
kann, ist es üblich, den Wirkungsgrad nicht auf den Brennwert, sondern auf den Heizwert zu beziehen.
Zum besseren Vergleich sollte konsequenterweise auch der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle auf den
Heizwert bezogen werden.
2
Elektrolyse
Reines Wasser hat eine nur sehr geringe elektrische Leitfähigkeit. Wird dem Wasser etwas
Säure oder Lauge (oder auch ein Salz) zugesetzt, erhöht sich die Leitfähigkeit beträchtlich.
Werden in eine solche Lösung zwei Metall-Elektroden eingetaucht und an diese eine elektrische
Spannung angelegt, so fliesst ein Strom. Die Lösung ist ein „Elektrolyt“ geworden. In einem
Elektrolyten wird der elektrische Strom durch Ionen transportiert. Wird als Elektrolyt Schwefelsäure oder Natronlauge gewählt und wird als Elektrodenmaterial zum Beispiel Platin verwendet
(damit keine chemische Reaktion mit dem Elektrodenmaterial erfolgt), so entsteht an der negativen Elektrode (Kathode) Wasserstoff und an der positiven Elektrode (Anode) Sauerstoff.
Brennstoffzelle
Während bei einer Verbrennung von Wasserstoff die Elektronen direkt vom Wasserstoff zum
Sauerstoff übergehen, findet in der Brennstoffzelle ein indirekter Elektronentransfer statt, d.h. in
einer Brennstoffzelle läuft der zu einer Elektrolyse entgegengesetzte Prozess ab. Dadurch wird
die Reaktionsenergie nicht in Form von Wärme frei, sondern in Form von elektrischer Energie.
Es genügt jedoch nicht, einfach die Anode mit Wasserstoff und die Kathode mit Sauerstoff zu
versorgen. Da die Elektronen direkt durch den Elektrolyten zurückfliessen könnten, würde sich
keine nennenswerte Spannung aufbauen. Es braucht daher einen speziellen Elektrolyten, der
für die Elektronen als „Sperrschicht“ wirkt. Dieser Elektrolyt erlaubt entweder den WasserstoffIonen von der Anode zur Kathode zu wandern, oder umgekehrt, den Sauerstoff-Ionen (oder
OH−- oder CO32−-Ionen) von der Kathode zur Anode zu gehen. Ein Elektrolyt, der die Wanderung von Wasserstoff-Ionen ermöglicht, wird auch als Protonenleiter bezeichnet, da gewöhnliche Wasserstoff-Ionen nichts anderes als Protonen sind. Abbildung 1 zeigt schematisch den
Aufbau einer Brennstoffzelle.2
Abbildung 1: Schema einer Brennstoffzelle
2
Bei der Elektrolysezelle wird der Pluspol als Anode und der Minuspol als Kathode bezeichnet. Beim
galvanischen Element (Batterie, Akku) und bei der Brennstoffzelle ist es genau umgekehrt.
3
Es gibt mehrere unterschiedliche Typen von Brennstoffzellen. Als Beispiel wird die zur Zeit am
weitesten verbreitete Zelle, die „Proton Exchange Membrane“-Brennstoffzelle, betrachtet.
Die beiden Elektroden (Anode und Kathode) sind stark porös. Dadurch sind sie gasdurchlässig
und stellen den elektrochemischen Reaktionen eine grosse Oberfläche zur Verfügung.
Damit die Reaktionen an den Elektroden mit für praktische Zwecke hinreichender Geschwindigkeit ablaufen, müssen sie durch Katalysatoren beschleunigt werden. Katalysatoren sind Stoffe,
die chemische Reaktionen schneller ablaufen lassen, ohne dass sie netto daran teilnehmen.
Für viele chemische Reaktionen existieren spezifische Katalysatoren, und ein grosser Teil der
modernen chemischen Produktion wäre ohne die Hilfe von Katalysatoren kaum möglich. In
Brennstoffzellen werden meist Platin oder Platin-Legierungen als Katalysator verwendet. Entweder dient der Katalysator direkt als Elektrode oder das Elektrodenmaterial ist mit dem Katalysator beschichtet.
Der Elektrolyt zwischen den beiden Elektroden ist eine sehr dünne (ca. 0,1 mm dicke) PolymerMembran, die einerseits gasdicht aber andererseits durchlässig für Ionen ist. Als Elektrolyt sind
nur wenige Materialien geeignet.
In einer Brennstoffzelle (mit Protonenleiter) spielen sich im wesentlichen folgende Prozesse ab.
Wasserstoffmoleküle werden durch den Katalysator in zwei Wasserstoff-Ionen (Protonen)
gespalten, wobei jedes Wasserstoff-Atom sein Elektron an die Anode abgibt.
Die Protonen wandern durch den Elektrolyten zur Kathodenseite.
Die Elektronen fliessen durch den äusseren Stromkreis (d.h. durch den Verbraucher) von
der Anode zur Kathode.
Jeweils vier Elektronen werden von einem Sauerstoff-Molekül aufgenommen, wodurch
zwei (zweifach negativ geladene) Sauerstoff-Ionen entstehen.
Ein Sauerstoff-Ion gibt seine zwei negativen Ladungen (d.h. zwei Elektronen) an zwei Protonen ab, wodurch ein Wasser-Molekül gebildet wird.
Eine einzelne Brennstoffzelle erzeugt je nach Bauart und (Strom-) Belastung eine Spannung
zwischen ca. 0,7 und 1,2 Volt. Um brauchbare Spannungen zu erhalten, müssen mehrere Zellen in Serie geschaltet werden. Wenn die Zellen in direktem Kontakt aufeinandergeschichtet
werden, entsteht ein sogenannter „Stack“. Dabei bilden die Separatorplatten zwischen zwei
Zellen für die eine Zelle den Pluspol und für die anschliessende Zelle den Minuspol (oder umgekehrt). In Abbildung 2 ist der Aufbau der Zelle eines Stacks schematisch dargestellt. Abbildung 3 zeigt ein Beispiel eines Brennstoffzellen-Stacks. Die Spannung eines Stacks ergibt sich
aus der Anzahl der in Serie geschalteten Zellen, und die Stromstärke wird durch die Grösse der
Membranfläche der einzelnen Zellen bestimmt.
Peripherie
Für den Betrieb einer Brennstoffzelle bedarf es (abgesehen vom Speicher für den Brennstoff!)
noch eines ganzen Systems an Hilfsgeräten:
Gasaufbereitung des Anodengases (Reformierung, Gasreinigung)
Gasversorgung der Eletroden (Gebläse oder Kompressor)
Befeuchtung der Reaktionsgase
Wärmetauscher
Leistungselektronik, evt. Wechselrichter
Steuerung, Regelung, Überwachung ( Strom, Spannung, Einzelspannungen,
Stacktemperatur Druck, Feuchtigkeit, Temperatur und Durchfluss der Reaktionsgase
Druck, Temperatur und Durchfluss des Kühlwassers)
4
Abbildung 2: Schema einer Zelle eines Brennstoffzellen-Stacks
Abbildung 3: Brennstoffzellen-Stack von 20 Zellen mit je 50 cm2 aktiver Fläche.
Nennleistung: 250 – 300 W. Aktive Luftkühlung. Betrieb mit Wasserstoff oder
Reformatgas. (Bildquelle: ZBT GmbH Duisburg3)
3
Zentrum für Brennstoffzellen-Technik, Carl-Benz-Strasse 201, D-47058 Duisburg.
5
Brennstoffzellen und Wärmekraftmaschinen
Eine Wärmekraftmaschine wandelt zugeführte Wärme in mechanische Arbeit um. Dampfturbinen und Benzin- oder Dieselmotoren sind Beispiele von Wärmekraftmaschinen. Bei einem
Dampfkraftwerk wird durch Verbrennen von Öl oder Kohle oder durch Spalten von Uran Wärme
produziert, durch die Wasser verdampft wird. Der Wasserdampf treibt die Turbine an und leistet
mechanische Arbeit. Nachdem der Dampf die Turbine verlassen hat, muss er wieder zu Wasser
kondensiert werden. Dabei wird Wärme an das Kühlwasser und schliesslich an den Fluss oder
über den Kühlturm an die Atmosphäre abgegeben. Wenn der Dampf nicht kondensiert, sondern
ins Freie abgegeben wird (wie zum Beispiel bei der Kolbendampfmaschine einer typischen
Dampflokomotive) geht ebenfalls Wärme an die Umgebung verloren. Auch ein Automotor gibt
einerseits über die Auspuffgase Wärme ab und würde andererseits ohne Kühler nicht (lange)
funktionieren.
Ein sehr wichtiger Satz der Physik, der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, besagt, dass es
unmöglich ist, eine periodisch wirkende Maschine zu konstruieren, die die zugeführte Wärme zu
hundert Prozent in mechanische Arbeit umwandelt.4
Der maximale Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine ist durch den sogenannten CarnotWirkungsgrad (Sadi Carnot, 1796 - 1832) gegeben. Wenn T1 die Temperatur bezeichnet, bei
der der Wärmekraftmaschine die Wärme zugeführt wird (z.B. die Temperatur des Dampfes der
Dampfturbine), und T2 die Temperatur, bei der die Abwärme an den Kühler abgegeben wird,
ergibt sich der theoretisch maximal mögliche Wirkungsgrad ηC aus der Beziehung
ηC = (T1 – T2) / T1 .
T1 und T2 sind absolute Temperaturen und werden in Kelvin angegeben. Eine Temperatur, die
in Grad Celsius gegeben ist, kann durch Addition von 273,15 in Kelvin umgerechnet werden:
T(K) = T(°C) + 273,15 .
Die Formel für ηC zeigt, dass der Carnot-Wirkungsgrad umso höher wird, je höher T1 und je
niedriger T2 ist. Die hohe Temperatur T1 wird durch die Materialeigenschaften der Feuerungen,
der Dampferzeuger und der Turbinen nach oben begrenzt. T2 ist nach unten begrenzt durch die
Umgebungstemperatur (Lufttemperatur bei Kühlturmkühlung, Wassertemperatur bei direkter
Flusswasserkühlung).
ηC ist eine obere Grenze, die von einer realen Maschine niemals erreicht wird. Eine gute
Dampfturbine erreicht etwa 70 Prozent des Carnot-Wirkungsgrades, d.h. es gilt
η ≈ 0.7 ηC .
Abbildung 4 zeigt die verschiedenen Arten von Energieumwandlungen.
Batterien, Akkumulatoren und Brennstoffzellen sind keine Wärmekraftmaschinen. Ihr Wirkungsgrad ist daher nicht durch den Carnot-Wirkungsgrad begrenzt. Der maximal theoretisch mögliche Wirkungsgrad von Brennstoffzellen nimmt jedoch mit steigender Temperatur ab, so dass er
bei einer bestimmten (hohen) Temperatur sogar kleiner wird als der Carnot-Wirkungsgrad. Bei
niederen Temperaturen ist der Wirkungsgrad von Brennstoffzellen dagegen beträchtlich höher
als derjenige von Wärmekraftmaschinen.
4
Die Einschränkung „periodisch wirkend“ ist wesentlich. Einem durch einen Kolben in einem Zylinder
eingeschlossenen Gas kann Wärme zugeführt werden. Dabei bewegt sich der Kolben nach aussen und
leistet mechanische Arbeit. Bei geeigneter Prozessführung kann so die gesamte zugeführte Wärme vollständig in Arbeit umgewandelt werden. Dieser Vorgang ist jedoch für praktische Zwecke unbrauchbar.
Damit der Kolben zum Beispiel über eine Pleuelstange eine Achse in Rotation versetzen kann, muss er
ja wieder in die Ausgangslage zurückgeführt werden, d.h. er muss sich periodisch bewegen. Beim Zurückführen des Kolbens müsste das Gas jedoch abgekühlt werden, da sonst bei der Kompression gleich
viel Arbeit aufgewendet werden müsste, wie vorher bei der Expansion gewonnen wurde.
6
Abbildung 4: Energieumwandlungen
Ebenso wie reale Wärmekraftmaschinen einen wesentlich kleineren Wirkungsgrad aufweisen
als die ideale Carnot-Maschine, erreicht auch der Wirkungsgrad von realen Brennstoffzellen
infolge verschiedener interner Verluste (ohmscher Widerstand, Gasaustausch, Polarisation)
nicht die theoretische Grenze. Der Wirkungsgrad ist unter anderem abhängig von der Strombelastung der Zelle. Wegen der unvermeidlichen Verluste produziert eine Brennstoffzelle im Betrieb auch Wärme.
In Abbildung 5 sind typische Werte der Wirkungsgrade von Brennstoffzellen und Wärmekraftmaschinen wiedergegeben, die heute oder in naher Zukunft erreicht werden.
In der Literatur sind sehr unterschiedliche Werte für die Wirkungsgrade von Brennstoffzellen zu
finden. Leider werden meistens die Voraussetzungen, unter denen die genannten Werte gelten,
nicht erwähnt. Zunächst hängt der Wert des Wirkungsgrades davon ab, wie die Systemgrenzen
gezogen werden. Wird zum Beispiel der Brennstoffzellen-Stack allein betrachtet, so ergibt sich
natürlich ein besserer Wirkungsgrad, als wenn die Peripheriegeräte mit zum System gerechnet
werden. Der Wirkungsgrad ist auch davon abhängig, ob die Brennstoffzellen bei Voll- oder bei
Teil-Last betrieben werden. Ferner ist zu unterscheiden, ob von den potentiell erreichbaren
Grenzwerten oder von den in realen Anlagen tatsächlich erreichten Werten gesprochen wird.
Außerdem spielt der Entwicklungsstand eine Rolle. In einer Technik, die in rascher Entwicklung
begriffen ist, müssten eigentlich alle technischen Angaben mit einem Datum versehen werden.
Die hier und im nächsten Abschnitt wiedergegeben Werte können daher nur als ungefähre Anhaltspunkte dienen.
7
Abbildung 5: Typische Werte der Wirkungsgrade von Kraftwerken
mit Brennstoffzellen und Wärmekraftmaschinen bei Volllast.
GT 1:
GT 2:
GT 3:
DT:
DM:
GM:
GuD:
PEM:
MCFC/SOFC:
SOFC+GuD:
Gasturbinen, heute, 1100°C
Gasturbinen, nahe Zukunft, Keramikwerkstoffe, 1300°C
Gasturbinen mit sehr gutem Wärmeaustauscher, Keramik, 1300°C
Dampfturbinen
Dieselmotoren
Gas-Ottomotoren, Abgasrezyklierung
Gas- und Dampfturbinen
Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell mit Erdgas
Molten Carbonate Fuel Cell, Solid Oxide Fule Cell mit Erdgas
Solide Oxide Fuel Cell mit Erdgas und GuD
Brennstoffzellentypen
Zur Zeit gibt es im wesentlichen sechs verschiedene Typen von Brennstoffzellen.
AFC
Alkaline Fuel Cell
PEMFC
Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell
Proton Exchange Membrane Fuel Cell
DMFC
Direct Methanol Fuel Cell
PAFC
Phosphoric Acid Fuel Cell
MCFC
Molten Carbonate Fuel Cell
SOFC
Solid Oxide Fuel Cell
8
Die Eigenschaften der verschiedenen Brennstoffzellentypen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Elektrolyt
Brennstoff,
Anodengas
AFC
PEMFC
DMFC
PAFC
MCFC
SOFC
Kalilauge
Polymermembran
Polymermembran
Phosphorsäure
KarbonatSchmelze
Zirkonoxyd
Methanol
Erdgas,
externe
Reform.
Erdgas,
interne
Reform.
Erdgas,
interne
Reform.
Wasserstoff Wasserstoff
Kathodengas
Sauerstoff
Sauerstoff,
Luft
Sauerstoff,
Luft
Sauerstoff,
Luft
Sauerstoff,
Luft
Sauerstoff,
Luft
Ladungsträger
OH-
H+
H+
H+
CO3- -
O2- -
Betriebstemperatur
60 – 90
°C
40 – 80
°C
40 – 80
°C
160 – 220
°C
600 – 700
°C
800 – 1000
°C
Wirkungsgrad
40 – 65 %
50 – 60 %
20 – 40 %
35 – 55 %
50 – 60 %
50 – 65 %
Anwendungsbereiche
Raumfahrt,
Fahrzeuge,
Militär
Kraftwerke,
Fahrzeuge
Kraftwerke
Kraftwerke
Vorteile
hoher Wirkungsgrad
einfacher
Aufbau
flüssiger
Brennstoff
weit
entwickelt
Erdgas als
Brennstoff
Erdgas als
Brennstoff
Nachteile
nur reines
H2 und O2
empfindlich
auf CO
Membranprobleme
Leistungsdichte
Korrosionsprobleme
schnelle
Alterung
Betriebsbereitschaft
sofort
sofort
sofort
nach ca.
30 min
nach
Stunden
nach
Stunden
Fahrzeuge, Kleingeräte,
Kleingeräte. Fahrzeuge
Raumfahrt
AFC wurden vor allem für die Raumfahrt und die Militärtechnik entwickelt. Sie haben einen hohen Wirkungsgrad, aber sie sind sehr empfindlich auf Verunreinigungen (insbesondere CO2)
und müssen mit hochreinem Wasserstoff und Sauerstoff betrieben werden.
Die PEMFC scheinen zur Zeit für den mobilen Einsatz die aussichtsreichste Variante der
Brennstoffzellen zu sein. Sie haben eine hohe Leistungsdichte (ca. 1 Watt pro Quadratzentimeter Membranfläche). PEMFC sind in der Handhabung unkompliziert und lassen sich leicht regeln. Sie sind bereits in Prototypen von PKWs, Bussen und Kleintransportern im Einsatz.
Die DMFC, eine Weiterentwicklung der PEMFC, verwenden Methanol ohne vorherige Reformierung5 direkt als Brennstoff. An der Anode wird Methanol unter Abgabe von Elektronen und Protonen zu Kohlendioxid oxidiert. Da Methanol bei Normalbedingungen flüssig ist, können daher
herkömmliche Brennstofftanks und Betankungsanlagen verwendet werden. Die DMFC sind
deshalb besonders vielversprechend im mobilen Sektor (Personenwagen, Nutzfahrzeuge, Busse). Auch im portablen Einsatzbereich (Mobiltelefone, Notebooks usw.) wären ihre Eigenschaften vorteilhaft. Es besteht aber noch grosser Entwicklungsbedarf hinsichtlich Lebensdauer, Wirkungsgrad und Energiedichte.
Die PAFC sind unempfindlich auf Kohlendioxid und können daher auch mit Wasserstoff aus
reformiertem Erdgas betrieben werden. Obwohl sie keinen besonders hohen Wirkungsgrad und
eine relativ niedrige Leistungsdichte aufweisen, sind sie verhältnismässig weit verbreitet. Sie
werden vor allem für stationäre Anlagen mit Leistungen bis mehrere Megawatt eingesetzt.
Die MCFC arbeiten bei Temperaturen von über 600 °C. Bei diesen Temperaturen werden Kohlenwasserstoffe in Wasserstoff und Kohlendioxid zerlegt („cracking“). MCFC können daher di5
Reformierung: Umwandlung von Kohlenwasserstoffen in Wasserstoff. Vgl. Bulletin Nr. 49.
9
rekt mit Erdgas betrieben werden. Da der Aufheizvorgang mehrere Stunden beansprucht, sind
MCFC vor allem für den Einsatz im Grundlast-Betrieb geeignet. Dank der hohen Temperatur
der Abgase kann eine nachgeschaltete Dampfturbine betrieben werden, wodurch sich der Gesamt-Wirkungsgrad erheblich steigern lässt. Infolge der Korrosion durch die chemisch aggressiven Karbonate haben die MCFC eine relativ kurze Lebensdauer.
Die SOFC arbeiten bei so hohen Temperaturen, dass sie in Kombination mit einer Gasturbine
und/oder einer Dampfturbine betrieben werden können. Die SOFC können wie die MCFC direkt
mit Erdgas gespeist werden. Sie haben jedoch noch nicht den gleichen Entwicklungsstand erreicht.
Warum Brennstoffzellen?
Da mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen kein Kohlendioxid produzieren, könnte ein weitverbreiteter Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellen wesentlich zur Reduktion der Erzeugung
des Treibhausgases Kohlendioxid beitragen. Das Gleiche gilt allerdings auch für Wärmekraftmaschinen, die mit Wasserstoff betrieben werden.
In der Regel ist der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle vor allem im Teillastbereich deutlich
höher als derjenige eines Verbrennungsmotors. Daher schonen Brennstoffzellen die Ressourcen, falls nicht-erneuerbare Brennstoffe eingesetzt werden, oder sie verringern den Aufwand
zur Herstellung erneuerbarer Brennstoffe.
Brennstoffzellen produzieren auch keine Stickoxide und kein Schwefeldioxid. Würden die konventionellen Verbrennungsmotoren durch Brennstoffzellen verdrängt, so würden viele Probleme
der Luftreinhaltung gelöst. Durch den Verkehr würden kein Smog und kein saurer Regen und
auch keine krebserzeugenden Emissionen mehr erzeugt. Dies ist allerdings bei entsprechendem Aufwand auch mit Verbrennungsmotoren erreichbar.
Brennstoffzellen-Kraftwerke könnten auch dazu beitragen, die Differenzen zwischen der stark
schwankenden Stromerzeugung durch Photovoltaik- und Wind-Kraftwerke und dem ebenfalls
schwankenden Stromverbrauch auszugleichen. Während eines Überangebots an Sonnen- oder
Windenergie könnte Wasserstoff produziert werden, und in den Perioden, in denen der Energiebedarf nicht durch die Sonnen- oder Wind-Kraftwerke vollständig gedeckt werden kann,
könnten mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Kraftwerke den fehlenden Strom liefern.
Vor- und Nachteile von Brennstoffzellen
Vorteile
+ hoher Wirkungsgrad, auch bei Kleinanlagen, vor allem im Teillastbereich
+ äusserst geringe Schadstoffemissionen
+ keine bewegten Teile
+ keine Geräusche (ausser Hilfsaggregate wie Gebläse)
+ wartungsarm
+ wenig störanfällig
Nachteile
‫( ־‬noch) hohe Kosten
‫( ־‬noch) nicht ausgereifte Technik
‫ ־‬Speicherprobleme für den Brennstoff Wasserstoff
‫ ־‬Wirkungsgradverluste bei Reformierung
10
Einsatzbereiche
Brennstoffzellen können im Prinzip überall dort eingesetzt werden, wo elektrische Energie benötigt wird. Sie können Leistungen liefern im Bereich zwischen Milliwatt und Megawatt. Es lassen sich im wesentlichen drei grosse Einsatzgebiete unterscheiden.
Portabel
Brennstoffzellen können Batterien und Akkumulatoren in tragbaren Geräten ersetzen. Dabei
bilden Mobiltelefone und Notebooks den grössten Marktanteil. Auch in Filmkameras, Camcordern und in elektrischen Werkzeugen (Akku-Bohrer, -Schrauber, -Schleifer, -Heckenschere,
usw.) können Brennstoffzellen zum Einsatz kommen. Ferner können tragbare Stromaggregate,
die durch Benzin- oder Dieselmotoren betrieben werden, durch Brennstoffzellen ersetzt werden.
Mobil
Der Einsatz von Brennstoffzellen drängt sich vor allem für den Antrieb von Strassenfahrzeugen
auf. In diesem Bereich wird intensiv geforscht und viele Automobil-Firmen entwickeln Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Wie bereits erwähnt, könnte der Einsatz von Brennstoffzellen-Antrieben
im Verkehr viel dazu beitragen, den Ausstoss von Treibhausgasen und Luftschadstoffen zu
reduzieren und die Ressourcen zu schonen. Da Fahrzeugmotoren meist im Teillastbereich arbeiten, ist es besonders günstig, dass Brennstoffzellen – im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren – vor allem auch im Teillastbereich einen hohen Wirkungsgrad haben. Wird Wasserstoff als
Brennstoff verwendet, so ergeben sich die bereits in Bulletin Nr. 49 erwähnten Speicherprobleme. Wenn der Wasserstoff in Drucktanks mitgeführt wird, ist die Reichweite relativ bescheiden.
Die Verwendung von flüssigem Wasserstoff hat dagegen die Nachteile, dass der Energieaufwand zur Herstellung des flüssigen Wasserstoffs erheblich ist und dass im Stillstand Abdampfverluste auftreten. Werden statt Wasserstoff andere Brennstoffe, wie zum Beispiel Methanol,
verwendet, so ist der Wirkungsgrad nicht mehr besser als der eines VerbrennungsmotorElektro-Hybrid-Antriebs.
Für U-Boote sind Brennstoffzellen als luftunabhängiger Antrieb hervorragend geeignet.
In Flugzeugen könnten Brennstoffzellen die mit Gasturbinen betriebenen Stromversorgungsaggregate (APU, auxiliary power unit) ersetzen.
In der Raumfahrt werden Brennstoffzellen bereits seit langem eingesetzt.
Stationär
Brennstoffzellen können als Blockheizkraftwerke Ein- und Mehrfamilienhäuser, Siedlungen,
öffentliche Gebäude, Spitäler und Industrieanlagen mit Strom und Wärme versorgen. Dafür sind
vor allem die Hochtemperatur-Brennstoffzellen (MCFC und SOFC) geeignet, zumal sie sich mit
Erdgas betreiben lassen. Verschiedene Firmen entwickeln mit Brennstoffzellen betriebene
Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen im Leistungsbereich von etwa 1 kW bis mehrere Megawatt.
Dank der Nutzung der Abwärme ergibt sich ein sehr hoher Gesamtwirkungsgrad, der bis 85
Prozent und mehr erreichen kann. Vergleichbare Wirkungsgrade lassen sich aber durch Wärme-Kraft-Kopplung auch mit Verbrennungsmotoren erzielen.
Die Firma Sulzer Hexis in Winterthur hat ein Kleinstkraftwerk für Einfamilienhäuser entwickelt,
das System „HXS 1000 Premiere“ (Abbildung 6). „Hexis“ steht für „Heat Exchanger Integrated
Stack“. Ein mit Erdgas betriebener SOFC-Stack liefert brutto maximal 1 kW elektrische und
2,5 kW thermische Leistung. Bei Bedarf produziert ein Brenner eine zusätzliche thermische
Leistung von 12, 16 oder 22 kW. Der elektrische Wirkungsgrad für den Gleichstrom eines neuen Stacks beträgt 28 %, nach dem Wechselrichter ist er noch 25 % und nach Abzug des Eigenbedarfs für die Peripherie beträgt er 20 bis 22 %. Das scheint nicht sehr viel zu sein, aber in der
Leistungsklasse von 1 kW ist dieser Wert unübertroffen. Er darf natürlich nicht mit den Wirkungsgraden grosser Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen mit Leistungen von 100 kW und mehr
verglichen werden. Von namhaften Energieversorgern in Deutschland, in Österreich und in der
Schweiz wird eine Vorserie der Anlage bei Eigenheimbesitzern eingesetzt. Zugleich wird je eine
Pilotanlage von Kooperationspartnern in der Schweiz (Axpo) und in Österreich betrieben und
getestet.
11
A Wärmedämmung
B SOFC-Stack
C Wärmetauscher
D Pufferspeicher
E Steuerung
F Zusatzheizgerät
G Wechselrichter
H Aktivkohlebehälter
J Abgasrohr
a
b
Abbildung 6: a) HXS 1000 Premiere. Abmessungen: Breite = 1080 mm, Tiefe = 720 mm,
Höhe = 1800 mm b) Schnittbild der Anlage (Bildquelle: Sulzer Hexis)
Infrastruktur
Damit wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge sich auf dem Markt durchsetzen können, muss eine Wasserstoff-Infrastruktur vorhanden sein. Das ist jedoch ein „Henne-und-EiProblem“. Niemand ist daran interessiert, eine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen, solange es
keine (oder nur ganz wenige) wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge gibt. Andererseits kauft sich
(fast) niemand ein Wasserstoff-Auto, wenn es keine (oder nur ganz wenige) WasserstoffTankstellen gibt.
Methanol
Manche Experten sind daher der Ansicht, der Übergang zu wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen
liesse sich besser in zwei Schritten realisieren. Da Methanol bei Raumtemperatur und normalem Druck flüssig ist, kann es wie Benzin in herkömmlichen Tanks gelagert werden. Der Aufbau
eines Tankstellennetzes für Methanol wäre daher mit relativ geringem Aufwand realisierbar. Mit
Methanol betriebene Fahrzeuge (mit Verbrennungsmotor oder mit Brennstoffzellen) liessen sich
deshalb leichter auf dem Markt einführen. In einem zweiten Schritt könnte dann statt Methanol
allmählich Wasserstoff verwendet werden.
Andere Experten sehen darin eine gefährliche Fehlentwicklung. Wenn erst einmal eine grosse
Zahl von methanolbetriebenen Autos und die ganze Infrastruktur von Tankstellen und Methanolfabriken in Betrieb sei, liesse sich diese Entwicklung kaum noch stoppen. Wenn Brennstoffzellen mit Methanol betrieben werden sollen, müssen entweder DMFC verwendet werden oder der
Brennstoffzelle muss ein Reformer vorgeschaltet werden. Dadurch wird aber der Wirkungsgrad
merklich verschlechtert. Zudem würde der Einsatz von Methanol nur wenig zur Lösung des
Treibhausgas-Problems beitragen, da auch bei der Verwendung von Methanol in Motoren oder
in Brennstoffzellen Kohlendioxid entsteht, sofern das Methanol nicht aus Biomasse hergestellt
wird. Auch auf die hohe Giftigkeit des Methanols und die Verwechslungsgefahr mit dem Trinkal-
12
kohol Ethanol wird hingewiesen. Da Methanol sich mit Wasser beliebig mischen lässt, ist es
sehr schwierig, bei Leckagen oder Unfällen das Methanol vom Abwasser zu trennen und es
besteht die Gefahr einer Vergiftung des Grundwassers.
Geschichte
Das Prinzip der Brennstoffzelle ist seit bereits über 165 Jahren bekannt. 1838 entdeckte Christian Friedrich Schönbein (1799 - 1868), Professor an der Universität Basel, dass zwischen zwei
Platindrähten in einer Elektrolytlösung eine elektrische Spannung entsteht, wenn die Drähte von
Wasserstoff und Sauerstoff umspült werden. 1839 veröffentlichte er seine Ergebnisse unter
dem Titel „On the Voltaic Polarization of Certain Fluid and Solid Substances“.
Sir William Robert Grove (1811 - 1896), ein Jurist, war als Anwalt und Richter tätig, bevor er
begann, sich mit Elektrochemie zu befassen. Als er von der Entdeckung Schönbeins erfuhr,
erforschte er den neuen Effekt intensiv und entwickelte als Erster brauchbare Brennstoffzellen.
Er schaltete auch mehrere Elemente in Reihe zusammen und nannte diese Anordnungen „Gasbatterien“.
Die Weiterentwicklung dieses Konzepts zu einer wirklich leistungsfähigen Stromquelle erwies
sich jedoch als dermassen schwierig, dass es gut hundert Jahre dauerte, bis es zu wesentlichen Fortschritten kam. Nachdem 1867 Werner von Siemens den ersten elektrischen Dynamo
gebaut hatte, standen mit den elektrischen Generatoren Stromquellen zur Verfügung, die elektrischen Strom in nahezu beliebigen Mengen sehr effizient lieferten. Dadurch wurden die Batterien sehr bald in Nischenanwendungen und die Brennstoffzellen praktisch ganz verdrängt.
Wilhelm Ostwald (1853 - 1932), Professor für physikalische Chemie in Leipzig, erkannte jedoch
schon 1894 die Bedeutung der Brennstoffzellen. Er schrieb
„Haben wir ein galvanisches Element, welches aus Kohle und dem Sauerstoff der Luft
unmittelbar elektrische Energie liefert [...], dann stehen wir vor einer technischen Umwälzung, gegen welche die bei der Erfindung der Dampfmaschine verschwinden muss.
Denken wir nur, wie [...] sich das Aussehen unserer Industrieorte ändern wird! Kein
Rauch, kein Ruß, keine Dampfmaschine, ja kein Feuer mehr [...] .“
und
„...denn bis diese Aufgabe einmal ernst in Angriff genommen wird, wird noch einige
Zeit vergehen. Aber dass es sich hier nicht um eine unpraktische Gelehrtenidee handelt, glaube ich allerdings annehmen zu dürfen.“ .
Mit beiden Einschätzungen hatte Ostwald vollkommen recht. Erst in den sechziger Jahren des
zwanzigsten Jahrhunderts wurden die ersten leistungsfähigen Brennstoffzellen entwickelt. Sie
dienten für die Stromversorgung der künstlichen Satelliten und der Gemini- und ApolloRaumfahrzeuge. Auch heute werden Brennstoffzellen in der Raumfahrt eingesetzt, zum Beispiel beruht die ganze Stromversorgung des Space-Shuttles auf Brennstoffzellen.
Das Bestreben, die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren führte dann gegen Ende der achtziger Jahre zu einem breiteren Interesse an Brennstoffzellen, und in der zweiten Hälfte der
neunziger Jahre kam es zu einer Intensivierung der Entwicklungsarbeiten.
Das erste Brennstoffzellen-Fahrzeug der Welt war ein Traktor, der von der amerikanischen Firma Allis Chalmers 1959 gebaut wurde. Er enthielt 1008 Einzelzellen, die mit Propan und Luft
betrieben wurden und eine Leistung von 15 kW lieferten.
Die stürmische Entwicklung der Brennstoffzellen-Fahrzeuge, die vor etwa zehn Jahren einsetzte, wird hier im folgenden am Beispiel der Fahrzeugserie NECAR der DaimlerChrysler veranschaulicht.
1994 nahm DaimlerChrysler ihr erstes Brennstoffzellen-Fahrzeug in Betrieb. Der NECAR 1 war
ein Mercedes-Benz-Transporter, dessen gesamte Ladekapazität von den total 800 Kilogramm
13
schweren Komponenten zur Energieerzeugung beansprucht wurde. Der NECAR 1 war mehr ein
„rollendes Labor“ als ein „Nutzfahrzeug“.
Im NECAR 2, der 1996 vorgestellt wurde, standen bereits 6 Sitzplätze zur Verfügung. Die
Brennstoffzellen mit einer Leistung von 50 kW waren unter der Hecksitzbank untergebracht,
während die Wasserstofftanks in einem etwas voluminösen Aufbau auf dem Dach montiert waren.
Mit dem NECAR 3 wurde 1997 demonstriert, dass Brennstoffzellen mit einem Reformer auch
mit Methanol betrieben werden können. Dieses Mercedes-Benz-Fahrzeug der A-Klasse bot
allerdings wieder nur zwei Personen Platz.
Der NECAR 4 wurde 1999 vorgestellt. Er wurde mit flüssigem Wasserstoff betrieben und hatte
ausreichend Platz für 5 Personen mit Gepäck. Der ganze Brennstoffzellen-Antrieb mit 70 kW
Leistung war im Sandwichboden eines Fahrzeugs der A-Klasse untergebracht. Die Höchstgeschwindigkeit war 145 km/h und die Reichweite betrug 450 km.
Die Weiterentwicklung NECAR 4a verwendete Druckwasserstoff. Die Antriebseinheit mit 75 kW
war wesentlich kompakter. Die Höchstgeschwindigkeit war ebenfalls 145 km/h, die Reichweite
jedoch nur 200 km.
Der NECAR 5, der Ende 2000 vorgestellt wurde, ist eine Weiterentwicklung des NECAR 3. Das
Antriebssystem hat 50 Prozent mehr Leistung, ist halb so gross und 300 kg leichter.
Ein NECAR 5 stellte 2002 einen Langstreckenrekord für Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf. Am
20. Mai 2002 startete ein DaimlerChrysler-Team mit einem NECAR 5 in San Francisco. Nach
5250 km Fahrt traf das Team am 4. Juni 2002 in Washington D.C. ein. Das Fahrzeug war
extremer Hitze und Kälte ausgesetzt gewesen, und es hatte mehrere Pässe bis zu einer Höhe
von 2640 Metern bewältigen müssen. Etwa alle 450 km war der NECAR 5 mit Methanol betankt
worden. Dieses war vorher an bestimmten Punkten der Strecke deponiert worden.
Im Jahr 2002 wurde der „F-Cell“ als Nachfolger des NECAR 5 präsentiert. Der F-Cell, ein AKlassen-Modell von Mercedes-Benz, hat einen Brennstoffzellen-Stack mit 85 kW Leistung und
einen Wasserstoff-Drucktank mit 2 kg Wasserstoff bei 350 bar. Der Motor leistet maximal 65 kW
und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h. Die Reichweite beträgt 150 km. Der
F-Cell ist nicht mehr als reines Forschungsfahrzeug konzipiert, sondern wurde in einer Kleinserie von 60 Fahrzeugen gebaut. Im Juni 2004 wurden die ersten 4 Fahrzeuge an Kunden in
Deutschland ausgeliefert. Bis Ende 2004 sollen die 60 F-Cells an Kunden in Deutschland, Japan, Singapur und USA geliefert werden.
Seit mehr als zwanzig Jahren arbeiten immer mehr Automobil-Firmen an der Entwicklung von
Fahrzeugen, die mit Wasserstoff (oder anderen alternativen Brennstoffen) betrieben werden.
Während in der Anfangszeit hauptsächlich Fahrzeuge mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren
entwickelt wurden, überwiegen seit etwa 1995 die Brennstoffzellen-Fahrzeuge.
Brennstoffzellen können auch für den Antrieb von Schiffen, insbesondere von Unterseebooten,
dienen. In diesem Jahr nahm die Deutsche Marine ihr neustes U-Boot, die „U 31“, in Betrieb.
Die U 31 ist weltweit das erste serienreife U-Boot mit Brennstoffzellen-Antrieb. Die PEMBrennstoffzellen liefern eine Leistung von 3120 kW und werden mit Wasserstoff und Sauerstoff
gespeist. Der Wasserstoff wird in Metallhydrid gespeichert, während der Sauerstoff in flüssiger
Form in isolierten Tanks ausserhalb des Druckkörpers mitgeführt wird. Da das neue Boot nahezu geräuschlos fährt und praktisch keine Abwärme produziert, ist es kaum zu orten. Mit dem
Brennstoffzellen-Antrieb ist der Unterwasserfahrbereich etwa fünfmal so gross wie mit BatterieAntrieb.
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Brennstoffzellen oder Akkumulatoren?
Der grosse Vorteil der Brennstoffzellen gegenüber Akkumulatoren besteht darin, dass die
Brennstoffzellen mitsamt dem notwendigen Brennstoffspeicher eine weit höhere spezifische
Energie (Wh/kg) und eine deutlich höhere Energiedichte (Wh/Liter) aufweisen als die zur Zeit
besten Akkumulatoren.
Diese Situation könnte sich aber völlig ändern, wenn sich in der Entwicklung der Akkumulatoren
ein grosser Fortschritt einstellen würde. Wenn die spezifische Energie und die Energiedichte
der Akkumulatoren um mindestens einen Faktor drei verbessert werden könnten, wären diese
für den Einsatz in Elektrofahrzeugen wesentlich attraktiver als Brennstoffzellen, da das ganze
Problem der neuen Infrastruktur für die Treibstoffversorgung wegfallen würde.6 Zudem ist der
Gesamtwirkungsgrad vom Kraftwerk bis zur Arbeit am Rad für Fahrzeuge mit Akkumulatoren
doppelt so hoch wie für Fahrzeuge mit Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff gespeist werden.
Ein vielversprechender Schritt in diese Richtung scheint der Firma fortu PowerCell GmbH, einem relativ kleinen Unternehmen bei Karlsruhe, geglückt zu sein. Diese Firma hat ein völlig
neuartiges wiederaufladbares anorganisches Batterie-Prinzip entwickelt. Die fortu PowerCell
soll im Frühjahr 2005 auf den Markt gebracht werden. Sie hat eine sehr hohe spezifische Energie (Wh/kg) und weltweit die höchste Energiedichte (Wh/Liter). Die folgende Tabelle vergleicht
die Daten der neuen Batterie mit anderen Akkusystemen.
Blei
NickelCadmium
NickelMetallhydrid
LithiumIonen
LithiumPolymer
fortu
PowerCell
2
1,2
1,2
3,6
3,7
4
Spezifische Energie,
theoretisch (Wh/kg)
170
210
380
500
500
1100
Spezifische Energie,
Praxis (Wh/kg)
40
50
80
120
bis 150
160
bis 170
200
bis 250
Energiedichte
Praxis (Wh/l)
90
90
180
300
330
bis 380
420
bis 520
Zellspannung (V)
Für den praktischen Einsatz ebenso wichtig wie die spezifische Energie und die Leistungsdichte
sind die Tiefentladefähigkeit, die Hochstromfähigkeit, die Überladetoleranz, die Wartungsfreiheit
und die Lebensdauer. Auch in Bezug auf diese Parameter ist die fortu PowerCell den herkömmlichen Akkumulatoren weit überlegen.
Wenn diese (oder andere) neuen Batterien sich in der Praxis bewähren und ihr Entwicklungspotential noch weiter ausgeschöpft werden kann, könnten sie eventuell die Brennstoffzellen im
Bereich Fahrzeugantriebe wieder verdrängen. Auch im Bereich portable Geräte wären solche
Akkus vorteilhafter als Brennstoffzellen.
Dank
Für einige Korrekturen und viele wertvolle Hinweise und Ergänzungen möchte der Bulletinverfasser
Herrn Dr. H. Hörler (s. Bulletin Nr. 32) und Herrn S. Roth (Axpo Holding AG) ganz herzlich danken.
6
Allerdings wären dann neue Kraftwerke und eventuell ein Ausbau des Stromversorgungsnetzes
erforderlich. Vgl. auch die Vorbehalte in Bulletin Nr. 32. Zudem ergibt sich wieder das Problem der
zeitlichen Unterschiede zwischen Produktion und Verbrauch des Stroms. Solarkraftwerke liefern tagsüber
Strom, aber die Akkumulatoren der Fahrzeuge würden vorwiegend nachts aufgeladen.
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Quellen
Sven Geitmann, „Wasserstoff & Brennstoffzellen. Die Technik von morgen“, Hydrogeit Verlag, Berlin 2002.
Martin Pehnt, „Energierevolution Brennstoffzelle? Perspektiven, Fakten, Anwendungen.“, Wiley-VCH,
Weinheim 2002.
Zahlreiche Internet-Quellen, u.a.:
http://e-collection.ethbib.ethz.ch/show?type=diss&nr=14901&part=fulltext
http://techni.chemie.uni-leipzig.de/schueler/bz/index.htm
www.daimlerchrysler.com/dccom
www.diebrennstoffzelle.de
www.dwv-info.de
www.energieportal24.de/modules.php?name=Downloads&d_op=getit&lid=45
www.eva.ac.at/publ/pdf/fuelcell.pdf
www.fif.mw.htw-dresden.de/Literatur/Lehrbriefe/ANTRB4_Brennstoff.pdf
www.fortu.de
www.hycar.de
www.hydrogeit.de
www.hyweb.de
www.h2cars.de
www.initiative-brennstoffzelle.de
www.innovation-brennstoffzelle.de
www.udo-leuschner.de/basiswissen/SB131-00.htm
www.zbt-duisburg.de/de/Aktuell/Presse/Bildmaterial
A.R.
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