Sparte aktiv60 MARUM Dem Meer auf den Grund gehen Die Rückseite des Mondes ist besser bekannt als die Tiefsee! Es ist also an der Zeit, einmal dem Meer „auf den Grund zu gehen“. dazu muss man nicht auf ein Forschungsschiff, man besucht - wie am 25.Januar 26 aktiv60iger - das Zentrum für MARine UMweltwissenschaften der Universität Bremen. Dort ist Frau Jana Stone für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und führte uns durch die Welt der Tiefsee. Das MARUM ist das Forschungszentrum der Deutschen Forschungsgemeinschaft. und beschäftigt ungefähr 350 Mitarbeiter - Wissenschaftler für die Meeresforschung, Chemiker, Sedimentologen, Mikrobiologen aber auch Techniker und Verwaltungsangestellte. Nach der Begrüßung zeigte Frau Stone uns ein Best Off von Videos aus den schönsten und unterschiedlichsten Bereichen vom Meeresboden, die „QUEST“ gefilmt hat. „QUEST“ ist ein ferngesteuerter Tauchroboter und kann 4.000 Meter tief tauchen. Er hängt an einem Kabel, das heißt, die Wissenschaftler und Piloten sitzen oben in einem Kontrollcontainer und steuern das ganze Gerät über Kabel. Dabei können sie aber live in die Tiefsee sehen. „QUEST“ war bis 21. Januar auf dem Forschungsschiff „SONNE“ vor Neuseeland unterwegs, um Schwarze Raucher anzusehen und ist zurzeit auf dem Weg nach Hause. Zuerst staunten wir über Röhrenwürmer, die in Symbiose mit Bakterien leben, dann schwamm eine Chimäre durch das Bild, ein Tiefseefisch, der zu den Knorpelfischen gehört und mit Rochen und Haien verwand ist. Frau Stone reichte uns auch Kaltwasserkorallen und die übriggebliebene Röhre eines Röhrenwurms zum Anfassen und Anfühlen. In der Tiefsee ist es stockdunkel, deshalb ist QUEST mit viel Licht ausgestattet. Schwarze Raucher sind heiße Quellen oder Hydrothermalquellen. An diesen Stellen strömt heißes Wasser aus dem Meeresboden heraus. Man kann sich gut vorstellen, woher der Name kommt - sie sehen wirklich wie Schornsteine aus, aus denen Rauch emporsteigt, es ist aber tatsächlich heißes Wasser, das sogar bis zu 400 Grad heiß werden kann. Schwarze Raucher gibt es an Stellen, wo besonders viel Bewegung in den Erdplatten ist. Wenn die Erdplatten sich auseinander bewegen und Magma von unten aus dem Inneren sehr dicht an den Meeresboden heran gelangt, sickert Wasser in den Meeresboden hinein, wird erhitzt und steigt wieder nach oben. Auf dem Weg durch das Gestein löst das heiße Wasser viele verschiedene Substanzen aus dem Gestein heraus, was die unterschiedlichen Färbungen ergibt. Es gibt schwarze, weiße, gräuliche und farblose Raucher. In der Tiefsee beträgt die Wassertemperatur ca. 4 Grad. Das heiße Wasser kühlt sich schnell wieder ab, dabei fallen die verschiedenen, im Wasser gelösten Substanzen wieder aus dem Wasser heraus und bilden die sogenannten Schornsteine. Schwarze Raucher können durch die Erdplatten-Bewegungen auch aus einem Gebiet heraus wandern und die Quelle versiegt dann. An diesen Stellen findet man dann Überreste von den Schornsteinen. Im Anschluss an das Best Off erklärte uns Frau Stone anhand einer Animation, wie ein Meeresboden-Bohrgerät arbeitet, da es in der Werkhalle, unserer nächsten Station, auseinandergeschraubt gelagert wird. MARUM hat zwei solche Geräte – MARUM-MeBo70 und MARUMMeBo200. Wir sahen das MeBo200, da MeBo70 gerade auf dem Weg zum Forschungsschiff „POLARSTERN“ unterwegs war, um vor der antarktischen Küste eingesetzt zu werden. MeBo70 kann bis zu 80 Meter in den Meeresboden hineinbohren in einer Wassertiefe von bis zu 2.000 Metern; MeBo200 kommt sogar bis zu 200 Meter tief in den Meeresboden, in einer Wassertiefe von bis zu 2.700 Metern. Beide Geräte sind mit mehreren Kameras ausgestattet, so dass die Wissenschaftler und Techniker jederzeit sehen können, was auf dem Meeresboden gerade geschieht. Modell eines MeBo Von der Werkhalle gingen wir zum Bohrkernlager. Es ist das größte von weltweit drei Kernlagern des „International Ocean Discovery Programm“ (IODP). Ein weiteres gibt es in Texas und noch eines in Japan. Am MARUM lagern Proben seit den 60iger Jahren - aus dem Atlantik, dem arktischen Ozean, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. Mittlerweile sind ca. 154 km Meeresboden entnommen worden, die in mehr als 250.000 Kunststoffbehältern hier lagern. Im Bohrkernlager herrscht die gleiche Temperatur wie in der Tiefsee, ca. 4 Grad. Es ist wie eine Bibliothek aufgebaut mit fünfeinhalb Meter hohen Regalen, die man auf- und zuschieben kann. Die zylindrischen 1,50 Meter langen Segmente haben einen Durchmesser von knapp sieben Zentimetern und werden der Länge nach in zwei Hälften geteilt. Eine Hälfte lagert unten mit einer schwarzen Kappe, die zweite identische Hälfte mit einer roten Kappe lagert oben. Die schwarzen Kappen tragen ein „W“ (WorkingHälfte), die roten ein „A“ (Archiv-Hälfte). Von den Archiv-Hälften dürfen keine Unterproben entnommen werden! Es dürfen damit nur sogenannte störungsfreie Analysen gemacht werden (fotografieren, röntgen, scannen), ansonsten werden sie nicht angerührt. An manchen Stellen fehlen Proben, sie werden gerade untersucht. Wissenschaftler veröffentlichen ihre Proben-Methoden, was sie jeweils herausgefunden und bewiesen haben. Nach vielen Jahren ergeben sich aber neue Fragestellungen, z.B. hat sich in den 60ger Jahren noch niemand Gedanken über den Klimawandel gemacht, oder die Analysetechniken verbessern sich. Man kann also immer wieder nachprüfen und verbessern. Im ersten Jahr nach einer Bohrexpedition haben nur deren Teilnehmer Zugang zu den Proben und Daten. Es gibt inzwischen 27 Mitgliedsstaaten innerhalb des internationalen Bohrprogrammes, sie alle dürfen an diesen Proben arbeiten. Sie stellen einen Antrag an den Kurator, der genau weiß, wo welche Proben liegen und kommen dann ans MARUM oder lassen sich die Proben schicken. Anschließend im Labor, wo die Bohrkerne untersucht werden, bestaunten wir ehrfürchtig (zumindest die Schreiberin dieses Berichtes) 16 Millionen Jahre alten Meeresboden. MARUM betreibt in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ein Informationssystem, in dem Daten aus der Erdsystemforschung archiviert und publiziert werden. Da das System die ganzheitliche Betrachtungsweise der Erde fördern soll, ist es nach jenem Superkontinent benannt, in dem vor 200 Millionen Jahren alle Kontinente vereint waren: PANGAEA. Auf dem Weg nach draußen kamen wir an verschiedenen Containern, über die wir während der Führung gehört hatten, vorbei. Nach dieser beeindruckenden Führung durch die noch relativ unerforschte Welt der Tiefsee ließen wir dann beim Mittagessen im Haus am Walde den Vormittag ausklingen. Herzlichen Dank an Wolfgang für die Organisation dieser hochinteressanten Führung! Susi Strunk Quelle: Infomaterial MARUM Wikipedia