Was tun, wenn... - VCOT

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Was tun, wenn...?
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© 2006
Was tun, wenn...
...die Hüfte schmerzt?
Schmerzen in der Hüfte schränken nicht nur lokal die Möglichkeit der Bewegung ein, sondern führen
– aufgrund der tragenden Funktion der Hüfte – auch zu einer Minderung der Mobilität insgesamt.
Eine solche Abnahme der Leistungsfähigkeit wird vom Patienten stärker bewertet als die Schmerzen
selbst. Ihren Ursprung können die Schmerzen im Hüftgelenk, im Becken und der Lendenwirbelsäule
haben. Eine falsche Einschätzung der Ursache bedingt eine frustrane Therapie, für beide, für Arzt und
Patient! Die Kardinalsymptomatik einzelner anatomischer Strukturen gilt es zu trennen, um eine gezielte Therapie einzusetzen. Was ist sinnvoll und was nicht?
E
ine beliebte Anmoderation von Patienten lautet: „Heute komme ich
mit meiner Hüfte!“ Sie weisen dabei mit ihrer Hand von der unteren Lendenwirbelsäule über den Beckenkamm, den
Trochanter bis über den Gluteus. Gehört der
Leistenschmerz denn zur Hüfte? Warum
klagen Kinder über Knieschmerzen bei
Hüftbeschwerden?
Lumbalsyndrom L3/4
Ist durch irgendeinen Umstand die Bandscheibe L3/4 verändert (Trauma, Wachstum,
Infekt) so meldet sich das umgebende Gewebe nach Jahren der Toleranz oft mit Beschwerden aus diesem Segment. Ein Drehgleiten der Wirbel gegeneinander führt zu
Spannungen an den Wirbelgelenkkapseln,
den Insertionen der segmentalen Muskulatur, den Ligamenten und nicht zuletzt an der
dorsolateralen Zirkumferenz der Bandscheibe. Die Innervation über den Nervus sinuvertebralis, den Ramus articularis superior
und inferior, den Ramus muscularis für die
autochtone tiefe Stellmuskulatur sammelt
alle überreizten Afferenzen und leitet sie
zum Hinterhorn. Schon nach kurzer Zeit vergrößert sich das rezeptive Feld und es
kommt sogar zu einer Aktivierung der Zona
intermedia im Rückenmark auf der Kontralateralseite, später auch der angrenzenden
Segmente. Die Schmerzausstrahlung in das
Dermatom L3 zieht bekanntlich in die Leiste und das Dermatom L4 auf die Vorder-Innenseite des Oberschenkels. Ist der Patella-
Sehnen-Reflex abgeschwächt? Hat die Kraft
des Musculus quadrizeps bei gleichzeitiger
Prüfung auf der betroffenen Seite nachgelassen? Dann können Sie die Diagnostik an der
LWS vertiefen! Vielleicht ist es doch ein lateraler Prolaps, der die Schmerzen in der
Hüfte bewirkt.
Neben der LWS beteiligt sich der Iliopsoas am Leistenschmerz mit einer Verstär-
NEUE SERIE FÜR DIE PRAXIS
Was tun, wenn...?
Was tun, wenn...ein Patient mit Rückenschmerzen in Ihre Praxis kommt? Oder
über „Ischias“ klagt? Wenn die Schulter
schmerzt oder das Knie?
Welche Kardinalsymptome Sie möglichst
schnell auf den richtigen diagnostischen
Pfad führen und welche Befunde Sie ausschließen können, möchte Ihnen unsere
neue praxisorientierte Serie „Was tun,
Betreut die neue
Rubrik „Was tun,
wenn...?: Dr. Michael Steinhaus,
Düsseldorf, Facharzt für Orthopädie und Ehrensenator der
IGOST
Schattauer GmbH
kung des Schmerzes bei Flexion, Außenrotation und Adduktion der Hüfte. Der typische Schmerz lässt sich über dem Trochanter minor lokalisieren und provozieren. Die
Schmerzgeneration ist meist Folge einer
Überdehnung der Insertion und reagiert gut
auf einen probatorischen Test mit einem Lokalanästhetikum.
Der krampfartige wellenförmige Leistenschmerz bei Nephrolithiais lässt sich dagegen über dem Psoasbauch im Abdomen
provozieren.
Nur wenige Zentimeter daneben imponiert der Insertionsschmerz des M. gracilis,
der ebenfalls einen Leistenschmerz, allerdings mit einer Abduktionseinschränkung
der Hüfte bewirkt. Das „Punctum maximum“
ist in der Regel nicht größer als ein Fingernagel und reagiert ebenfalls gut auf ein Lokalanästhetikum plus Kortikoidzusatz.
Alle anderen Aufhängungen wie die des
M. gluteus maximus, des M. gluteus medius, des M. tensor fasciae latae, die am äußeren Rand der Crista iliaca liegen, bereiten
eine aktive schmerzbedingte Einschränwenn...?“ vermitteln. Ein Lehrbuch will und
kann diese von Dr. Michael Steinhaus betreute Rubrik nicht ersetzen, vielmehr
möchten wir Ihnen einen kleinen Leitfaden
für die Diagnostik (und Therapie) gängiger
Beschwerdebilder in Ihrer täglichen Praxis
an die Hand geben, der durchaus auch zu
Diskussionen anregen will.
Ihre Meinung ist gefragt!
In den Ausgaben 1 und 2/2006 haben Sie
bereits erfahren, dass „nicht alles, was ins
Bein zieht, auch gleich 'Ischias' ist“ und
warum die Schulter schmerzt. Im vorliegenden Heft „behandelt“ Dr. Steinhaus die
schmerzende Hüfte.
Sind Sie mit dem vorgestellten diagnostischen Vorgehen einverstanden? Oder sehen Sie bei einigen Punkten Diskussionsbedarf? Dann schreiben Sie uns! Über Ihre
Kritik, Ihre Anregungen, Ihre Ideen (bitte
direkt an die Redaktion gerichtet – Adresse im Impressum) freuen wir uns!
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Claudia Stein, Redaktion
arthritis + rheuma 3/2006
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Steinhaus
kung der Hüftbewegung; das passive Bewegungsmuster dagegen ist frei! Diese Beschwerdebilder mit hypertonen Insertionen
und verkürzten Muskeln gehören zur Domäne der Physiotherapie.
Sakroiliakalgelenk
Der bohrende Schmerz im Liegen, beim Gehen oder gar beim Sitzen kommt doch aus
der Hüfte? Vorsicht! Diese Vermutung gilt
nur, wenn Sie die Kreuz-Darmbein-Fuge
auschließen können (Abb. 1).
Legen Sie den Patienten auf den Rücken,
beugen Sie die nicht betroffene Hüfte maximal, so dass unter der aufliegenden LWS
kein Spalt mehr besteht, fixieren Sie die gebeugte Hüfte indem Sie das gleichseitige
Knie mit Ihrem Thorax an dieser Stelle halten. Dann halten Sie die gegenüber liegende
Spina iliaca anterior superior mit ihrer oberen Hand fest. Jetzt ist das Becken flach auf
der Unterlage fixiert. Jede kompensatorische Ausweichbewegung würden Sie über
ihre fixierende Hand erkennen. Die LWS ist
ebenfalls auf der Unterlage fixiert und kann
Ihnen keine kompensatorische Bewegung
vortäuschen.
Nun fassen Sie mit der unteren Hand das
Knie der betroffenen Seite und bringen die
Hüfte zunächst in die Beugung, dann in die
Streckung, um zu erkennen, ob das „Ende
der Bewegung“ hart (knöchern) oder federnd (Kapsel oder verkürzte Muskulatur)
ist. Im Anschluss drehen Sie den Oberschenkel nach innen, wobei der Unterschenkel als „Zeiger“ nach außen wandert, dann
umgekehrt, den Oberschenkel nach außen
drehen. Bleibt dabei das Becken bzw. die
von Ihnen fixierte Beckenschaufel fest in
Ihrer Hand so sind die geäußerten Schmerzqualitäten tatsächlich auf das Hüftgelenk zu
beziehen, denn Sie haben das Iliosakralgelenk durch die besondere Lagerung und Fixierung ja ausgeschaltet.
Geben Sie mit gekreuzten Armen einen
leichten Stoß auf die vorderen oberen Beckenstachel, eine Schmerzprovokation
spricht dann für eine Lockerung des Beckenrings. Oder legen Sie Ihre Fingerspitzen unter die Bänder (Ligamentum sacroiliacale)
des Patienten in Rückenlage, bringen den betreffenden Oberschenkel in maximale Adduktion und federn einige Male den Oberschenkel auf und ab. Äußert der Patient unter
Ihren Fingerspitzen seinen Schmerz, so ist
dies ein Hinweis auf die ISG-Fuge. Die Ursache muss kein funktioneller Block sein,
Abb. 1 Der Untersucher fixiert mit seinem Thorax das rechte Knie des Patienten in maximaler Beugung. Seine linke Hand
fixiert den linken Beckenkamm des Patienten. Mit seiner rechten Hand führt er den linken Oberschenkel und prüft die passive
Beweglichkeit sowie den aktiven Widerstand
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sondern ist meistens eine Bandinsuffizienz
der ISG. Nebenbei klagen einige Patienten
mit einer ISG-Hypermobilität über suprasymphysäre Schmerzen mit einem Harndrang, obwohl der Urologe keine Zystitis belegen kann. Die kleinen Bewegungen der
Symphyse übertragen ihren Reiz auf die dahinter liegende Blasenvorderwand.
Oft gibt Ihnen schon das Röntgenbild
Hinweise: Achten Sie auf eine Stufe am
Symphysenoberrand. Sind die Foramina
obturatoria gleich groß? Oder erscheinen
Ihnen die Beckenschaufeln unterschiedlich
breit? Voraussetzung ist natürlich immer die
exakte Lagerung bei der Aufnahme!
Gelenkkapsel
und Schleimbeutel
Traumatische Hüftgelenkkapselverletzungen kommen selten alleine vor. Meist ist die
umgebende und schützende Muskulatur mit
betroffen. Dennoch kann man die Kapsel
prüfen, indem man die Bewegung der Verletzung noch einmal kontrolliert durchführt.
Der Patient soll dabei seine Muskelspannung so gut wie möglich ausschalten. Bei
der vorsichtigen Führung des Oberschenkels kommt man an das schmerzhafte Ende
und kann gleichzeitig in der gebeugten
Leiste die ventrale Kapsel tasten, um den
Schmerzpunkt zu verifizieren. Die Gegenbewegung muss eine deutliche Entlastung
bringen.
Die Bursitis trochanterica zwischen
dem Tractus iliotibialis und dem darunter
liegenden Trochanter major bereitet ebenfalls „Hüftschmerzen“. Der deutliche Tastbefund mit seinem „Punctum maximum“,
meist über der hinteren seitlichen Zirkumferenz des Trochanter major ist der Zielort für
eine probatorische Infiltration mit einem
Lokalanästhetikum. Im zweiten Schritt
kann ein Kortikoid hinzu gegeben werden.
Koxarthrose
Sei es aus Gründen einer schlechten Knorpelqualität, einer Bindegewebsschwäche,
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einer Überlastung oder einer postinfektiösen Knorpeldestruktion, der laterokraniale
Teil des Hüftgelenks leidet zuerst. Im Röntgenbild zeigen sich kleine Erkerausziehungen und subchondrale Verdichtungen. Wenn
eine Gelenkspaltverschmälerung erkennbar
ist und Resorptionszysten im Erker zu sehen
sind, ist die Arthrose bereits fortgeschritten.
Der degenerative Prozess ist nicht mehr aufzuhalten. Die Degeneration erhält eine progrediente Eigendynamik.
Der unterschwellige Hüftgelenkschmerz
führt über Jahre zu einem hypertonen Muskelschutz mit Verkürzung der Adduktoren
und Flexoren. Typisches Laufbild ist der Patient mit einseitig betonter Hyperlordose,
Hüftbeugekontraktur und Adduktionskontraktur – oft ohne quälende Schmerzen! Der
intraartikuläre Zelldetritus stimuliert die
Entzündungskaskade, die zunehmende Reizung der Tunica synovialis arrodiert, ähnlich wie bei der rheumatoiden Arthritis, den
verbliebenen Knorpel. Am Ende steht eine
deutliche Knorpelglatze im Zentrum der
Belastung mit einem „Arthrophyt-Kragen“.
Stößt dieser Randwulst gegen den Pfannenrand, ist die Gelenkmobilität knöchern limitiert. Alle Mühen der Physiotherapie, eine
verbesserte Funktion zu erlangen, sind dann
frustran.
Viele Patienten können mit einer solchen
Koxarthrose leben – sie leiden nicht darunter! Hier ist der ärztliche Rat gefragt: Die
Risiken des Leidens und die Risiken einer
Therapie müssen einander gegenübergestellt und dem Patienten nahe gebracht werden. Dies gilt für den Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika und Analgetika
und für eine Operation.
Dysplasiekoxarthrose
Die Dysplasiekoxarthrose als Folge einer infantilen Hüfterkrankung mit mangelhafter
Ausbildung der Pfanne und des Hüftkopfes
führt im Laufe des Lebens zu einem Einrollungskopf. Der Kopf ist flach, nach medial
wie ein Pilzhut verbreitert, es besteht keine
Kongruenz der Gelenkflächen zwischen
Kopf und Pfanne. Im Vergleich zu einem
normalen Hüftgelenk besteht eine konzentrisch federnde (Verkürzung) Bewegungseinschränkung. Bei der Beugung erinnert
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das Ausweichen des Oberschenkels nach lateral an das Drehmann-Zeichen, welches wir
von der Epiphysenlösung (s.u.) her kennen.
Protrusio
Die Protrusio als Sonderform der Koxarthrose imponiert durch eine konzentrische
knöcherne Bewegungslimitierung mit festem Anschlag und Mitbewegen des Beckens. Bei entsprechender Einschränkung
der Lebensqualität und einem dominanten
Schmerz bleibt nur die endoprothetische
Versorgung als Problemlösung.
Hüftkopfnekrose
Bei der Hüftkopfnekrose alarmiert uns oft
die Anamnese mit Alkoholabusus, Nikotinabusus und Hypercholesterinämie. Klinisch finden wir eine konzentrische
schmerzhafte Bewegungseinschränkung
und einen deutlichen Belastungsschmerz.
Selbst wenn noch keine nekrotischen Verformungen des Hüftkopfes vorliegen, geben
das MRT und das 3-Phasen-Szintigramm
der Hüften einen klaren Hinweis für die vitale Situation der Hüftköpfe. Die Punktion
unter sonographischer Kontrolle zeigt oft
einen chylusähnlichen Erguss (1).
Ob eine autologe Spongiosaplastik oder
doch eine endoprothetische Versorgung erforderlich ist, hängt vom Stadium der Nekrose und der Destruktion ab.
Hüftprobleme bei Kindern
und Jugendlichen
Morbus Perthes
Beim kindlichen Morbus Perthes (temporärer Untergang der Knochenkerne in der Femurepiphyse) wird oft über Schmerzen „im
Knie“ geklagt! Jeder Knieschmerz bei Kindern sollte Sie daher veranlassen, auch die
Hüfte zu untersuchen. Dies gilt auch für die
Epiphysenlösung bei Kindern. Das deutliche Auswandern des Oberschenkels nach
laterokranial bei zunehmender Beugung der
Hüfte ist als „Kardinalsymptom“ bekannt
und als „Drehmann-Zeichen“ in die Literatur eingegangen.
Coxitis fugax
Ebenfalls bei Kindern und Jugendlichen zu
beobachten ist die Coxitis fugax, oft nach einem Infekt. Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei der endgradigen Beugung, Streckung und Abduktion zwingt zu
einer vertiefenden Diagnostik mittels Sonographie, MRT und Labor. Die Punktion der
Hüfte unter sonographischer Konrolle zeigt
in der Regel einen Reizerguss und eine negative Serologie (2). Vergessen Sie dennoch
nicht, ebenfalls das HLA-B27 zu prüfen!
Weitere Ursachen für Schmerzen in der Hüfte
Chondromatose
Ossäre Ursachen
Plötzlich einschießende Schmerzen in der
Hüfte, bei denen „das Bein wegsackt“, sprechen entweder für eine Gelenkchondromatose oder eine Osteochondrosis dissecans
mit einem Corpus liberum. Sind die Korpuskel knorpelig, zeigt das Nativ-Röntgenbild nichts! Erst eine Doppel-Kontrastmitteldarstellung (mit Luft) lässt die Knorpelelemente, die „Gelenkmäuse“ erscheinen.
Eine operative Entfernung ist notwendig –
endoskopisch nicht immer einfach!
Für ein Osteoidosteom im proximalen Femur typisch ist der unablässige Dauerschmerz in Ruhe. Lediglich das Röntgenbild, das MRT und das Szintigramm geben
diagnostische Hilfen.
Osteoporotische Schambein- und Sitzbeinfrakturen quälen in der Leiste, besonders im Stehen und Gehen. Hier muss ein
besonderes Augenmerk auf eventuelle osteolytische Metastasen gerichtet werden.
Der dumpfe, drückende Schmerz in der
Tiefe, ohne Rüttelschmerz, ohne Schwellung
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Patient mit schmerzender Hüfte
oder Überwärmung und oft auch ohne Funktionseinschränkung lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Knochenstruktur. Schon im
nativen Röntgenbild erkennt man beim Morbus Paget die kortikale Unschärfe und die
wolkige Sklerosierung der Spongiosa.
Auch Filiae in der Beckenschaufel, den
Schambeinen oder den Sitzbeinen wachsen
unbemerkt; erst beim periostalen Durchbruch oder spontanen Frakturen verspürt
der Patient Schmerzen. Der heimtückische
Verdrängungsprozess durch das Tumorgewebe wird leider zu spät offenbar.
Regionale Osteoporosen oder auch das
an der Hüfte seltene CRPS (chronic regional pain syndrome, Morbus Sudeck) imponieren wenig durch dominante Schmerzen.
Die seltenen Bewegungsdefizite werden
durch die hypertone Muskelschutzfunktion
und die sympathische Reflexaktivierung
bestimmt. Trophische Veränderungen der
Gelenkumgebung geben mehr diagnostische Hinweise.
Nerven und Gefäße
PAVK
Arterielle Verschlüsse in der Arteria iliaca
mit gleichzeitigem Verschluss der A. circumflexa femoris bereiten dynamische
Schmerzen in der Hüfte (4). Je schneller der
Patient geht, umso stärker werden seine
krampfartigen Hüft- und Oberschenkelschmerzen, bei freier Motilität der Hüfte –
sofern er keine Koxarthrose hat!
Engpass-Syndrome
Die Durchtrittstellen der Nerven, die aus
dem Becken in das Bein ziehen, können ver-
engt sein und den Nerven bedrängen. Die
klassische Symptomatik als neuropatischer
Schmerz ist die Missempfindung und der
Brennschmerz. Das betroffene Areal entspricht meist genau dem zugehörigen kutanen Versorgungsgebiet wie z. B. dem Nervus cutaneus femoralis lateralis als Meralgia paraesthetica. Ähnliche Beschwerden
vermittelt der N. iliohypogastricus und der
N. ilio-inguinalis mit Unterleibs- und Leistenschmerzen.
Infekt als Ursache
Koxitis
Der entzündliche Befall des Hüftgelenks
mit Bakterien oder die Reaktion auf einen
seltenen viralen oder mykotischen Infekt
können sehr dramatisch werden und sind
daher sehr ernst zu nehmen (3). Jeder auch
noch so geringe Verdacht auf eine septische
Arthritis verlangt sofortiges diagnostisches
und therapeutisches Handeln. Die Anamne-
Fazit
Schmerzen in der Hüfte haben vielfältige
Ursachen und kommen nicht immer nur
vom Hüftgelenk. Der summarische therapeutische Ansatz mit nichtsteroidalen
Antirheumatika ist oft wirkungslos, weil
er den Schmerzgenerator nicht „trifft“.
Die differenzierende Untersuchung erlaubt den Schmerzgenerator zu identifizieren und möglichst lokal zu behandeln.
Eine systemische Therapie ist als „Remedium adjuvans“ für eine begrenzte
Zeit hilfreich.
se gibt erste Hinweise für einen vorausgegangenen Infekt (Tonsillitis, Bronchitis
etc.), Injektionen oder hämatogen bis lymphogen verschleppte Keime. Sollte sich im
Sonogramm ein Erguss zeigen, empfiehlt es
sich, diesen zu punktieren und mikrobiologisch untersuchen zu lassen, dann erst das
beste Antibiotikum auszuwählen. Wegen
der heute häufigen Resistenz auf viele gängige Antibiotika ist daher eine genaue Typisierung erforderlich.. Die stationäre Einweisung und Behandlung in eine Klinik mit
ausreichender Erfahrung ist in aller Interesse.
Im Nebenbefund lässt sich durch die
Punktion auch erkennen, ob Uratkristalle,
Detritus oder eine Chondrokalzinose dieArthritis verursacht. Ohne Punktion und Analyse geht es also nicht, denn von außen lässt
sich die Qualität der Koxitis nicht beurteilen
und gezielt behandeln
Spezifische Koxitiden wie z. B. die tuberkulöse oder gonorrhoische Koxitis verlangen eine spezifische Antibiose und Lokalbehandlung.
Literatur
1. Huth F, Klein W. Punktionsdiagnostik von Gelenken. Stuttgart: Enke 1977; 89.
2. Mathies H, Stotz S. Lexikon rheumatischer Erkrankungen. Basel: EULAR 1990.
3. Gräfenstein K et al. Klinische Rheumatologie.
Landsberg: ecomed 1994; 183.
4. Mörl H. Gefäßkrankheiten in der Praxis. Weinheim: edition medizin; 143.
Korrespondenzadresse:
Dr. med. Michael Steinhaus
Am Alten Rhein 15
40593 Düsseldorf
Tel.: 02 11/71 42 54
E-Mail: [email protected]
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