14 wissenschaft & praxis Harnwegsobstruktionen, Intoxikationen durch Analgetika und Schwermetalle, metabolische Störungen, vaskuläre Auslöser, und angeborene Dispositionen. Im Kindesalter daher immer an angeborene Missbildungen als Sowohl die Pyelonephritis als auch die Interstitielle Nephritis Ursache denken! Mit 1-2% haben auch Schwangere ein relativ hohes Infektizeigen sich gelegentlich mit verschleierten Symptomen – onsrisiko. Im Fall rezidivierender Zyseine rechtzeitige Abklärung und Therapie sollen die titiden sollte an die Möglichkeit einer Entstehung einer Niereninsuffizienz verhindern. bereits bestehenden chronischen Pyelonephritis gedacht werden. Aber auch infolge von allergischen Reaktionen Das Spektrum der akuten Pyelonephritis ist weit auf Sulfonamide und Penicillin, Bestrahlungen, Kollagenosen, gefächert und reicht von einer milden Verlaufs- Leukämien, Myelomen und Transplantatabstoßungen kann form bis hin zur Sepsis. Fieber als Begleitsymp- es zu einer entzündlichen Nierenmitbeteiligung kommen. wissenschaft tom ist nicht obligatorisch, was immer wieder & praxis zu Fehldiagnosen verleitet. Bei 20% der älteDifferenzierung ren PatientInnen stehen pulmonale und gastrointestinale Symptome im Vordergrund! Tab. 1: Differenzierung Renale oder paranephritische Abszesse, entzündliche Darmerkrankungen, Harnstau Symptome Diagnostik (mit oder ohne Urolithiasis), Lumbago, •Dysurie •Bakteriurie (mit über Pankreatitis, basale Pneumonie und Tumo•Pollakisurie 100.000 Keimen pro ml) rerkrankungen müssen als Differentialdia•Pyurie •Leukozyturie gnosen abgeklärt werden. Pyelonephritis und Interstitielle Nephritis – rasches Handeln erforderlich # Ätiologie Akute Pyelonephritis •Schmerzen in der Lendengegend •Fieber, Schüttelfrost •eventuell Subileus •Erbrechen •Leukozystose •geringe Proteinurie •Blutsenkung beschleunigt •Nierenfunktion unterschiedlich stark eingeschränkt Die Pyelonephritis ist eine interstitielle, herdförmige, bakterielle Infektion der Niere, mit fakultativer Beteiligung der HarnNeben den Symptomen wege, wobei es sich meist um eine aszender Pyelonephritis oft un•Wiederholt nachweisbare dierende Infektion handelt. Ist die Infektion klare Symptomatik: pathologische Bakteriurie bei PatientInnen mit normaler Anatomie Chronische •Kopfschmerzen •Leukozytenzylinder im des Urogenitaltraktes und normaler Nieinterstitielle •Vermehrtes Durstgefühl Sediment Nephritis renfunktion durch einen der dafür typischen •Müdigkeit, Inappetenz, •Proteinurie Keime ausgelöst, kann sie als unkompliÜbelkeit •Eingeschränkte ziert erachtet werden. Zu 80% heißt der •Abdominelle Schmerzen Kreatinin-Clearance Auslöser: Escherichia coli. Zu den weite•Nykturie ren Erregern zählen folgende Gruppen: Akute interstitielle Chlamydien, Klebsiellen, Mykoplasmen, Akutes Nierenversagen Nephritis Proteus, Pseudomonas, seltener Enterobakterien oder Staphylokokken. Bei älteren PatientInnen sinkt die Infektionsrate durch E.coli auf 60% und im Gegenzug steigt – verursacht Höheres Risiko bei Diabetes mellitus PatientInnen mit Diabetes mellitus haben ein wesentlich durch den gehäuften Einsatz von Kathetern und anderen notwendigen iatrogenen Eingriffen – die Infektionsrate durch höheres Risiko, an Harnwegsinfektionen zu erkranken: nämgramnegative Keime (s.o.). Mehr als 50% der für die Dauer lich fünf- bis achtmal häufiger als NichtdiabetikerInnen. Die von fünf Tagen kathetrisierten PatientInnen und praktisch je- Wahrscheinlichkeit einer Komplikation durch Pyelonephritis de/r PatientIn mit Dauerkatheter (Liegezeit mehr als ein Mo- sowie einer Papillennekrose oder eines paranephritischen nat) entwickelt eine Bakteriurie. Bei immunsupprimierten Pa- Abszesses ist sogar fünf- bis zehnmal höher, wobei intermittientInnen muss die Neigung zu einem subklinischen Verlauf tierende Hyper- oder Hypoglykämien, Harnblasenentleebedacht werden, ebenso eine Infektion durch aerobe, gram- rungsstörungen und urologische sowie chirurgische Interventionen die Infektion begünstigen. Der Behandlungszeitnegative Stäbchen oder Candida-Arten. Fehldiagnosen können zu schwer wiegenden Komplika- raum ist hier grundsätzlich länger anzusetzen als bei nicht tionen (z.B. Sepsis) führen. Zwar erkranken fünf Mal mehr diabetischen PatientInnen, wobei für die Dauer der VerlänFrauen als Männer an Pyelonephritis, jedoch sterben zweimal gerung bis jetzt keine einheitlichen Daten vorliegen. so viele Männer wie Frauen an den Folgen, nämlich 7,3‰ versus 16,3‰. Nur durch das rechtzeitige Einleiten einer gezielInitiale Therapie wird von den klinischen ten Therapie können in den meisten Fällen Komplikationen Symptomen bestimmt und bleibende Schäden vermieden werden. Die allgemeinen Maßnahmen bei akuter Pyelonephritis Neben den bakteriellen Infektionen gibt es zahlreiche andere Ursachen für die mögliche Entstehung einer Pyelonephritis: sind die Beseitigung anatomischer oder funktioneller Harn- wissenschaft & praxis abflusshemmnisse bzw. eventueller Noxen (chemische, physikalische, Allergene), Bettruhe, Spasmoanalgesie, reichlich Flüssigkeit, um einen „wash-out-effect“ zu erzielen und angepasste Kostdarreichung. Nachdem mit der medikamentösen Therapie rasch begonnen werden muss, d.h. in der Regel vor der Auswertung des Antibiogramms, und kein Antibiotikum alle Erreger erfassen kann, erfolgt die Wahl des Medikaments zunächst nach klinischen Gesichtspunkten und Erfahrungswerten. Nach der Bestimmung des Erregers ist die weitere Medikation durch das Antibiogramm vorgegeben. Das ideale Antibiotikum zur Behandlung von Infektionen der Nieren und der ableitenden Harnwege sollte möglichst unverändert und überwiegend renal ausgeschieden werden und das Wirkungsspektrum die Erreger urogenitaler Infektionen umfassen. Nachdem die Harnkonzentration der Wirkstoffe in der Regel die Serumkonzentration um ein Vielfaches übersteigt, sollte idealer Weise nach dem Abklingen der Symptome wie Übelkeit und Erbrechen der Wechsel von einer parenteralen auf eine orale Gabe erfolgen. Zur initialen parenteralen Therapie eignen sich zum Beispiel Cephalosporine der Gruppe 2 oder 3a mit einem Fluorchinolon. Ein Aminopenicillin, kombiniert mit einem Beta-Lactamase-Inhibitor oder einem Aminoglykosid, ist beim Vorliegen schwerer Allgemeinsymptome mit Erbrechen und Übelkeit indiziert. Tritt nach zwei bis drei Behandlungstagen keine deutliche Besserung ein, sollte auf ein pseudomonaswirksames Medikament umgestellt werden und in jedem Fall eine Klinikeinweisung erfolgen, die auch bei Schwangeren obligatorisch ist. Bei einem akuten, unkomplizierten Verlauf beträgt die Medikationsdauer sieben bis 14 Tage; bei einem komplizierten Verlauf empfiehlt es sich die Therapie nach der Abfieberung für sieben bis zehn Tage fortzusetzen. Eine Kurztherapie (ein bis drei Tage) – das probate Mittel zur Behandlung einer Cystitis – führt bei Pyelonephritis in 50 % der Fälle zu einem Rückfall! Rechtzeitige Nachkontrolle reduziert das Risiko Drei Tage nach Absetzen der Medikamente ist eine Urinkontrolle angezeigt, da der verlässlichste Indikator für einen Behandlungsmisserfolg eine positive Harnkultur ist. Eine Abklärung der Ursache sollte in jedem Fall erfolgen um das Entstehen von rezidivierenden und chronischen Pyelonephritiden mit der Möglichkeit einer Hinentwicklung zur Niereninsuffizienz zu verhindern. n Prof. Helene Breitschopf Zentrum für Hirnforschung E-Mail: [email protected] Dr. Peter Traxler Arzt für Allgemeinmedizin Betriebsarzt im Hanuschkrankenhaus E-Mail: [email protected] www.tropenmedizin.at Quellen: www.aafp.org/afp/20050301/933.html www.akh-consilium.at/daten/pyelonephritis.htm www.infektionsnetz.at/view.php?name=InfektionenPyelonephritis gen“ – das tagebuchähnliche Konstrukt eines Arztes, der unversehens selbst zu einem neurologischen Patienten wurde. Dieser Arzt, der Geschichtenerzähler, bestimmt den Beginn des „Zopfes“. Seine Person zieht sich stetig, aber eher unDie persönliche Identität ist kein Besitz mit Daueranspruch, auffällig, wie ein dünner roter denn unser Gehirn kann seine Funktion verändern und uns Faden durch das Buch, um sich binnen kürzester Zeit in einen anderen Menschen verwandeln. am Ende nochmals zu zeigen, offen legend, zu welch bedeutsamer Veränderung es durch „Der Nerventurm“ ist das nunmehr dritte die Krankheit, durch die Nähe zu anderen PatientInnen und Buch des Neurologen Doz. Dr. Manfred durch die Begegnung mit dem „Professor“ kam. Damit sind auch die beiden anderen Strähnen des Zopfes Schmidbauer, der als Primar eines Wiener wissenschaft Krankenhauses mitten im medizinischen und benannt, nämlich die Fallbeschreibungen seiner Mitpatient& praxis wissenschaftlichen Geschehen steht. Kunst- Innen und der Professor mit seinem umfassenden Wissen. voll hat er das Erleben des Erzählers, historische Rückblicke und aktualisiertes Wissen mit Krankengeschichten wie zu ei- Die Angst sitzt im Mandelkern nem Zopf verflochten. Wer es verabsäumt, Vorwort und EpiFallbeschreibung, Krankengeschichte – der unpersönlilog genau zu lesen, könnte sich leicht in der Zuordnung der che, fachlich korrekte Name für persönliche Geschichten mit Personen irren, was aber letztlich irrelevant ist. und ohne „Happy End“. Geschichten rund um Krankheiten – Anrisse von persönlichen Lebensgeschichten –, in die sich Der Geschichtenerzähler, die PatientInnen neurologische Erkrankungen drängen, schleichend oder mit Paukenschlag, je nach Natur der Pathologie. In diese „Geund der Professor In der Einleitung nennt Schmidbauer sein Buch selbst ei- schichten“ verwebt der Autor gekonnt die Beschreibung der ne „Gegenwartsgeschichte der Neurologie mit Rückbezü- „ersten“ Symptome mit der Ätiologie und Pathogenese der Er- „Der Nerventurm“ – eine neurologische Zeitreise # 15