Dokument_47.

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Urologie
Diagnostik und Therapieoptionen bei
xanthogranulomatöser Pyelonephritis
V. Zugor1
K. Amann2
G. E. Schott1
Die chronische Pyelonephritis ist eine rezidivierende Entzündung, die sowohl das Nierenparenchym als auch die ableitenden Harnwege betrifft. Die kindliche Form wird durch einen Reflux von infiziertem Urin hervorgerufen. Beim Erwachsenen
wird die Infektion durch verschiedene, vorwiegend gramnegative Bakterien wie beispielsweise E. coli, Klebsiellen oder Pseudomonas ausgelöst. Ihre Fortdauer ist durch verschiedene Faktoren wie Harnstau infolge von Verkalkungen, Verengungen der
ableitenden Harnwege oder angeborene Fehlbildungen bedingt. Pathologisch wird zwischen zwei Formen unterschieden,
einer interstitiellen chronischen und einer granulomatösen Pyelonephritis (2).
Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist eine seltene Sonderform der chronischen Pyelonephritis mit Bildung von Eiter
oder Granulomen, bei der primäre Abwehrmechanismen nicht
wirken. Pathogenetisch vermutet man eine Störung des Abbaus
phagozytierender Bakterien in Makrophagen-Lysosomen mit
lokaler zellulären Reaktion des Nierenparenchyms. Kennzeichen ist eine meist einseitige, eitrige und verfettende Entzündung des Nierenparenchyms, Nierenbeckens und Nierenhilusgewebes. Im Gegensatz zur chronischen interstitiellen Pyelonephritis tritt bei der xanthogranulomatösen Pyelonephritis eine
Organvergrößerung infolge chronischer aggressiver Abszedierung mit Schaumzellbildung auf.
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kurzgefasst: Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist
eine seltene Sonderform der chronischen Pyelonephri-
Pathophysiologie
Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist eine morphologische und klinische Sonderform der chronischen Pyelonephritis
mit Bildung von Eiter oder Granulomen. Die häufigsten prädisponierenden Faktoren für die Entwicklung einer xanthogranulomatösen Pyelonephritis sind Abflussbehinderungen, sowie Infektionen der ableitenden Harnwege.
Die Abflussbehinderung ist in 40–80% durch Verkalkungen bedingt (2). Am häufigsten treten Korallensteine als Sonderform
auf. Andere Ursachen für eine Abflussbehinderung können Stenosen durch Tumore, kongenitale Fehlbildungen und funktionelle Störungen sein. Ursächlich für eine Infektion sind in absteigender Häufigkeit Proteus mirabilis (57%), E. coli (47%),
Klebsiellen (41%), Pseudomonas (24%) und grampositive Kokken (10%). Der Urin kann auch steril sein (6).
Dass die Abflussbehinderung und Infektion zusammen für diese Erkrankung, ursächlich sind, wurde durch experimentelle
Untersuchungen gestützt, die zeigen, dass eine künstlich erzeugte Ureterstenose und eine einmalige Injektion von E. coli
eine xanthogranulomatöse Entzündung auslösen können (2, 5).
Andere klinische Faktoren können mit der Erkrankung assoziiert sein: Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Lymphabflussstörungen und veränderte immunologische Verhältnisse
und Störungen der Leukozytenfunktion (2).
tis mit Bildung von Eiter oder Granulomen, bei der primäre Abwehrmechanismen nicht wirken.
1
Institut
Urologische Universitätsklinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
2
Pathologisch-Anatomisches Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Korrespondenz
Dr. med. Vahudin Zugor · Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Urologische Klinik mit Poliklinik · Krankenhausstraße 12 · 91054 Erlangen · Tel.: 0049/9131/8533683 ·
Fax: 0049/9131/8534851 · E-Mail: [email protected]
eingereicht: 19.7.2005 · akzeptiert: 5.12.2005
Bibliografie
DOI: 10.1055/s-2006-924940
Dtsch Med Wochenschr 2006; 131:161–164 · © Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472
Aktuelle Diagnostik & Therapie
Diagnostic procedures and therapeutic options in xanthogranulomatous pyelonephritis – experience gathered in Erlangen
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Erlanger Erfahrungen
Epidemiologie
Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis betrifft häufiger Frauen, vor allem ab der dritten Lebensdekade. Die Erkrankung kann
aber auch, wie in unserer Klinik, kleine Kinder betreffen und
tritt bei Säuglingen und Kleinkindern wesentlich öfter auf als
bei größeren Kindern. Inzidenzangaben schwanken zwischen
6% bei chronischer Pyelonephritis und 25% bei Pyonephrose (6).
Diagnostik
Laboruntersuchungen
Urinsediment: Es liegen Leukozyturie und Mikrohämaturie vor.
Urinkultur: Häufig werden E. coli und Proteus mirabilis nachgewiesen.
Labor: Bei 70% der Patienten besteht eine Anämie, häufig eine
Leukozytose sowie eine CRP-Erhöhung.
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Sonographie
Die sonographische Untersuchung hat eine orientierende und
richtungweisende Bedeutung und kann unter Umständen die
Erkrankung erfassen. Verwechslungen mit Nierentumoren im
Erwachsenenalter und mit Wilmstumoren im Kindesalter sind
jedoch häufig. Die Sonographie zeigt die vergrößerten Nieren
und multiple echofreie oder echoarme Areale in Abhängigkeit
von der Beschaffenheit der Läsion. Bei Steinen werden die typischen Schallphänomene mit dorsaler Schallverschattung beobachtet. Die sonographischen Befunde sind jedoch unspezifisch
und eine Computertomographie ist indiziert.
Abb.1 Computertomographie der Niere bei xanthogranulomatöser
Pyelonephritis: Deutliche vergrößerte linke Niere. Verkalkung im Nierenbecken entsprechend einem Stein“.
Die Steine sind meistens gut diagnostizierbar. Ist der Stein nicht
sichtbar, wird die Diagnose schwierig. Die Computertomographie ist daher nicht nur für die Diagnose entscheidend, sie ist
auch für die präoperative Einschätzung des Befundes und seiner
Ausdehnung hilfreich (3, 6, 8). Ist ein Verschluss des Nierenbeckens vorhanden, zeigt die CT eine Atrophie des Nierenparenchyms mit erweiterten Kelchgruppen und einen in seinem Ausmaß variablen Anstieg des perirenalen Fettes. In Einzelfällen
kann die Lipomatose und Entzündung den gesamten Flankenraum (Retroperitonealraum) ausfüllen. Der perinephritische
Raum kann infiltriert sein, die Gerotafaszie ist häufig verdickt.
In sehr ausgedehnten Fällen kann der Prozess die Psoasmuskulatur oder die laterale Bauchwandmuskulatur infiltrieren (2, 3).
kurzgefasst: Die Computertomographie ist die Methode
der Wahl um die Art der Entzündung und ihre Ausdeh-
kurzgefasst: Die sonographische Untersuchung hat eine
nung zu erfassen. Durch neueste Verfahren, z.B. Vier-
orientierende und richtungsweisende Bedeutung. Die
Phasen-Konstrastmittel-CT der Nieren in Dünnschicht-
sonographischen Befunde sind jedoch unspezifisch und
Technik kann diese Erkrankung besser erkannt werden
eine Computertomographie ist indiziert.
(8). Dadurch sind auch Verwechslungen mit anderen Erkrankungen wie beispielsweise Nierenzellkarzinome
Ausscheidungsurographie
Durch eine Ausscheidungsurographie können tumorartige
Raumforderungen, erweiterte und vergrößerte Kelche sowie
Steine vermutet werden. Weiterhin zeigt sie vergrößerte Nieren
und multiple Verkalkungen.
Klassifikation
Computertomographie
Die Computertomographie ist die Methode der Wahl um die Art
der Entzündung und ihre Ausdehnung zu erfassen (Abb.1). Die
Vier-Phasen-Kontrastmittel-CT der Nieren in DünnschichtTechnik zeigt transparent erscheinende Areale unterschiedlicher Größe, welche dilatierten Kelchgruppen und/oder einer
Ansammlung xanthomatösen Gewebes entsprechen können.
Die Literatur beschreibt zwei Klassifikationen der xanthogranulomatösen Pyelonephritis, die Erlanger Klassifikation und die
Einteilung nach Malek. Wir verwenden unsere Erlanger Klassifikation (Abb.2.). Aufgrund dieser Stadien kann man die Ausdehnung der Erkrankung, Entzündungsprozesse und Adhärenzen
außerhalb der Niere gut erfassen. Nach dieser Klassifikation
richtet sich auch das weitere Therapieprozedere. Im Stadium I
und Tuberkulose bei Erwachsenen, sowie Wilmstumoren bei Kindern zu vermeiden.
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Aktuelle Diagnostik & Therapie
Klinischer Befund
Die klinische Untersuchung zeigt eine verhärtete Flanke und einen meist schlecht abgrenzbaren tastbaren Tumor. Die klinische
Symptomatik ist meist unspezifisch mit Fieber, Flankenschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und deutlich vermindertem Allgemeinzustand. Der urologische Befund beinhaltet Algurie, Dysurie, Pollakisurie, Polyurie und Hämaturie.
Grad 2
Grad 3
Grad 5
Grad 4
Stein
Pus
Xanthom
Aktuelle Diagnostik & Therapie
Abb.3 Makroskopisches Nierenpräparat der xanthogranulomatösen Pyelonephritis.
Abb.2 Erlanger Klassifikation der Stadien der Xanthogranulomatösen Pyelonephritis.
sind Xanthome auf einen Nierenpol beschränkt, daher ist hier
ein Nierenerhalt mit Polresektion möglich. Bei allen anderen
Stadien ist eine Nephrektomie indiziert. Diese Einteilung basiert
auf Ergebnissen eigener Patienten (zwölf Patienten: acht Kinder und vier Erwachsene, alle wurden nephrektomiert (6, 8) und
auf den Erfahrungen aus publizierten Studien über diese Erkrankung.
Eine weitere Klassifikation, die in der Literatur häufig beschrieben und akzeptiert wurde, ist die sog. Einteilung nach Malek (4).
Das erste Stadium ist ein nephritisches Stadium, das zweite Stadium ist ein perinephritisches Stadium bei Beteiligung des perirenalen Fettgewebes und das dritte ist ein paranephritisches
Stadium bei ausgeprägter retroperitonealen Ausbreitung. Diese
Klassifikation wurde aufgrund der Erfahrungen mit 26 Patienten erstellt und dient auch dazu die Ausdehnung der Erkrankung zu erfassen.
163
Abb.4 Histologisches Präparat einer befallenen Niere mit typischen
Schaumzellen und gefäßreichem Granulationsgewebe.
bauprodukte und stellt sich optisch leer dar (Abb.3). Makroskopisch sind befallene Nieren vergrößert, das Nierenparenchym
ist entzündlich oder nekrotisch verändert. Das Nierengewebe
ist vernarbt und häufig verkalkt (Abb.4).
kurzgefasst: Histologisch sieht man neben einem gefäß-
Histologie
Zunächst wird die Erkrankung pathologisch histologisch in zwei
Untergruppen geteilt: in eine diffuse und eine umschriebene,
fokale Form, die häufiger bei Kindern vorkommt. Bei der diffusen Form sind die Nieren vergrößert, die Nierenkapsel verdickt,
das peripelvine Fett infiltriert und es bilden sich gelbliche Knoten. Bei der fokalen Form sind die Merkmale ähnlich, der Befund
jedoch begrenzt. In der Paraffineinbettung der Niere zeigt das
Parenchym eine ausgeprägte, teils floride, teils chronische Entzündung mit Nachweis reichlicher Schaumzellen. Histologisch
sieht man neben einem gefäßreichen Granulationsgewebe, Eiterzellen und einem lymphoplasmazellulären Infiltrat typische
Pseudoxanthomzellen. Das Zytoplasma speichert fetthaltige Ab-
reichen Granulationsgewebe, Eiterzellen und einem
lymphoplasmazellulären Infiltrat typische Pseudoxanthomzellen. Das Zytoplasma speichert fetthaltige Abbauprodukte und stellt sich optisch leer dar.
Therapie
Beim Stadium I der Erlanger Klassifikation ist je nach Lokalisation eine Ober- oder Unterpolresektion indiziert. Ab Grad II ist
eine Nephrektomie mit ausgedehnter Lymphknotendissektion
angezeigt. Bei Verdacht auf eine xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist zur diagnostischen Sicherung und auch zum Aus-
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Grad 1
schluss eines Malignoms eine Nierenfreilegung unbedingt erforderlich (6, 8) Eine konservative Therapie mit Antibiotika (Aminoglykoside und Cephalosporine der III. Generation), reichliche
Flüssigkeitszufuhr, Steinbehandlung und Intensivüberwachung
führt meistens nicht zum Erfolg.
Prognose
Konsequenz für die Klinik und Praxis:
– Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist eine
seltene Sonderform der chronischen Pyelonephritis.
– Die Computertomographie erleichtert die
Differenzierung.
– Nephrolithiasis und Obstruktion sind fast immer
beteiligt.
– Die Therapie ist operativ-exstirpativ.
Die Prognose der Erkrankung ist nach operativer Sanierung mit
perioperativer Antibiotikaprophylaxe meistens günstig.
Aktuelle Diagnostik & Therapie
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chend und es wird meist die Nierenfreilegung bzw. die
Nephrektomie mit Lymphknotendissektion durchgeführt.
Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben, deren Produkt in
dem Beitrag eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die
ein Konkurrenzprodukt vertreibt).
Literatur
1
Fazit
Die xanthogranulomatöse Pyelonephritis ist eine morphologisch festgeschriebene, xanthomproduzierende und parenchymzerstörende Sonderform der chronischen Pyelonephritis.
Sie hat eine längere urologische Anamnese und hat tumorähnliche Eigenschaften. Die häufigsten prädisponierenden Faktoren
für die Entwicklung einer xanthogranulomatösen Pyelonephritis sind eine Abflussbehinderung (z.B. Steine, Tumore, kongenitale Fehlbildungen und funktionelle Störungen) sowie Infektionen der ableitenden Harnwege. Die Computertomographie ist
die Methode der Wahl, um die Art der Entzündung und ihre
Ausdehnung zu erfassen. Durch neueste Verfahren, z. B. VierPhasen-Konstrastmittel-CT der Nieren in Dünnschicht-Technik,
kann diese Erkrankung besser erkannt werden. Die sonographische Untersuchung hat eine orientierende und richtungweisende Bedeutung. Eine konservative Therapie ist oft nicht ausreichend und es wird meist eine Nierenfreilegung bzw. eine Nephrektomie mit Lymphknotendissektion durchgeführt.
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Brown PS, Dodson M, Weintrub PS. Xanthogranulomatous pyelonephritis: report of non surgial management of a case and review of the
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Dtsch Med Wochenschr 2006; 131: 161–164 · V. Zugor et al., Diagnostik und Therapieoptionen...
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kurzgefasst: Eine konservative Therapie ist nicht ausrei-
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