„Harnwegsinfektion“ (HWI)

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HARNWEGSINFEKTE
R. Gökmen Turan
EPIDEMIOLOGIE
• Der Begriff „Harnwegsinfektion“ (HWI) umfasst
akute und chronische Entzündungsprozesse
im Bereich der ableitenden Harnwege und/oder
der Niere.
• HWI sind
Infektionen.
die
häufigsten
nasokomialen
• F/M: 4/1, Zunahme der Inzidenz mit steigendem
Alter.
• Bei Männern treten HWI erst im höheren Alter
(über 50 J.) auf.
DEFINITION
• Die Bezeichnung „ Harnwegsinfektion“ fasst eine
Gruppe von Erkrankungen zusammen, deren
gemeinsames Leitsymptom die Bakteriurie ist.
• Die pathogenen Keime gelangen über die Urethra
in die Harnblase, wo sie eine Entzündung der
Schleimhaut hervorrufen. Falls der Infekt
aufsteigt, kann der zu Pyelonephritis führen.
• HWI können akut, rezidivierend und chronisch
verlaufen.
• Ein eindeutiger HWI liegt vor, wenn aus dem
Mittelstrahlurin mehr als 105 Keime/ml isoliert
werden können.
HARNWEGSINFEKTION
HARNWEGSINFEKTION
PRÄDISPONIERENDE FAKTOREN
Bei Frauen:
- anatomische Nähe zur Genital-Anal-Region
- sexuelle Aktivität (Honeymoon-Zystitis)
- Schwangerschaft
- Geburt
- Menopause
Bei Männern:
- Meist Obstruktion (Prostataadenom, Harnröhrenverengung, Phimose)
Bei Kindern:
- Harnabflussstörung und obstruktive Fehlbildungen
1. VUR
2. Urethraabgangstenose
3. Harnröhrenklappe
4. Phimose
5. Neuromuskuläre funktionelle Obstruktion
KOMPLIZIERTE HARNWEGSINFEKTIONEN
Sind alle HWI bei Personen mit besonderen Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder Folgeschäden
• Harnabflussstörungen funkt./anat./neurologisch
(Kinder, Männer, Schwangere)
• Obere HWI
• Diabetes mellitus
• Niereninsuffizienz
• Immunsuppression (Medikamente)
• Dauerkatheter, HW-Op.
• Urolithiasis (Steine), Tumore
• Im KH erworbene HWI
HARNWEGSINFEKTION
• Asymptomatische Bakteriurie
• Akute Zytitis
• Akute Pyelonephritis
• Chronische Pyelonephritis
HARNWEGSINFEKTION
Asymptomatische Bakteriurie
• Positive Bakterien im Urin
• Keine Beschwerden
• 5% aller Frauen
• Behandlung nur bei einer Anomalie der
Harnwege (Obstruktion) und in der
Schwangerschaft
HARNWEGSINFEKTION
Akute Zytitis
•
•
•
•
Untere HWI ohne Beteiligung der Nieren
Unkomplizierte HWI
10-20% aller Frauen
Keime aus dem Darm über die Harnröhre in die
Harnblase
• Symptome: - Pollakisurie
- Dysurie
- Harndrang
- Krampfhafte Blasenkontraktionen
(Blasentenesmen)
HARNWEGSINFEKTION
Akute Pyelonephritis
• Entzündungen des Nierenbeckens und des Parenchyms,
meistens durch das Aufsteigen von bakteriellen Erregern
einer Zystitis in das Nierenbecken mit nachfolgendem
Befall des Nierenparenchyms
• Symptome: - Fieber (>38° C mit teilweise Schüttelfrost)
- Rücken- und Flankenschmerzen
- Übelkeit sowie Erbrechen
- Abdominelle Schmerzen
- zusätzliche zystische Beschwerden
Cave: Eine wesentliche Komp. der akuten Pyelonephritis ist
die lebensbedrohliche Urosepsis.
HARNWEGSINFEKTION
Chronische Pyelonephritis
• Nicht abgeheilte Harnwegsinfekte
• Insbesondere der Fall bei Harnflussbehinderung
(Obstruktion, z.B. Fehlbildungen) der ableitenden
Harnwege sowie DM
• Symptome (häufig nicht ausgeprägt):
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Klopfschmerzen im Nierenlager, Rückenschmerzen
- Brechreiz, Gewichtsverlust
- Abnorme Blässe
- evtl. art. Hypertonie
Cave: Eine wesentliche Komplikation ist die fortschreitende
einschließlich terminale Niereninsuffizienz
HWI-DIAGNOSTIK
• Anamnese (Symptome, Risikofaktoren, ...)
• Körperliche Untersuchung
(Ganzkörperstatus, klopfschmerzhafte
Nierenlager, suprapubische Druckschmerzen, RR)
• Laboruntersuchung (Urinstatus, Urinkultur
mit Antibiogramm, BB, CRP, BSG)
• Bildgebende Verfahren (Sonographie,
Röntgen, Szintigraphie, CT)
NITRIT IM HARN
• Escherichia coli und die meisten harnpatho-genen
Keime wandeln das mit der Nahrung aufgenommene
Nitrat zu Nitrit um.
• Dieses wird durch eine rosa-rote Verfärbung des
Testfeldes angezeigt.
• Auf diese Weise erfolgt ein indirekter Nach-weis von
nitritbildenden Keimen im Urin.
LABORUNTERSUCHUNG DES URINS
Teststäbchen auf Nitrit und Leukozyten
beides positiv:
Mind. eines positiv:
HWI
Unklare Diagnose
• Typische Befunde bei HWI sind eine Leukozyturie
(>20/µl) bei signifikanter Bakteriurie (Keimzahlen>
10^5/ml).
• Bei unkomplizertem HWI und eindeutiger Klinik
genügt in der Regel eine Diagnostik mittels
Teststreifen auf Nitrit und Leukozyten im Urin.
• Urinkultur und Antibiogramm immer bei: Unklarer
Diagnose, Komplizierter HWI, Therapieversagen, V.a
Pyelonephritis
HARNWEGSINFEKTION
Nicht medikamentöse Therapie
• Ausreichende Trinkmenge
• Vollständige, regelmäßige Entleerung der Blase
• Miktion nach Geschlechtsverkehr
• Keine übertriebene Genitalhygiene
• Vermeiden von Spermiziden und Scheidendiaphragmen
• Wärmeapplikation bei Schmerzen
• Obstipation behandeln, Unterkühlung vermeiden
HWI-THERAPIE
Asymptomatische Bakteriurie
• Bei F: 3 lt Flüssigkeitszufuhr, Blasentee, warme
Kleidung, keine antibiotische Ther.
• Bei M: extrem selten diagnostiziert, keine
einheitliche Therapierichtlinien, urologische
Abklärung
• Bei Kindern: Urologische Abklärung,
Antibiotikatherapie nach Antibiogram
empfehlenswert.
HWI-THERAPIE
Sonderfälle
• Asymptomatischer signifikante Bakteriurie bei Diabetikern:
7 Tg. Amoxicilin 3x 750 mg tägl. oder Cotrimoxazol 2 x 960 mg tägl.
• Asymptomatischer signifikante Bakteriurie bei Schwangeren:
Amoxicilin 3x500 mg tägl.oder Oral-Cephalosporin über 7 Tg.
• Asymptomatischer, signifikanter Bakteriurie bei
Dauerkatheterträgern: sehr häufig, keine antibiotische Therapie,
jedoch auf regelmäßigen Katheterwechsel achten. Therapie nur bei
Symptomen eines HWI.
HWI-THERAPIE
Akute Zystitis
• Antibiotikaverordnung (Einzeittherapie) : Amoxicillin
1x 3 g (z.B. Clamoxyl), Cotrimaxazol 2x960 mg (z.B.
Cotrim forte), Nitrofurantoin 3x 50 mg, Nalidixinsäure
3x 500 mg, Oflaxacin 2x 200 mg , Ciproflaxacin 2x 250
mg, Gyrasehemmer 2x 200 mg (Tarivid), OralCephalosporin 3x 500 mg Cefaclor
• Bei unkomplizierte bak. Zystitis Kurztherapie über 3
Tage, Kontroll U nach 5 Tagen
• Bei komplizierte/rezidivierende bak. Zystitis
Anthibiothikatherapie 7-14 Tage , U-Kontroll nach 5
Tagen sowie 6 Wo.
• Allgemein Maßnahmen (Reichlich Flüssigkeitszufuhr,
häufige Entleereung der Blase, lokale
Wärmeanwendung)
HWI-THERAPIE
Akute Pyelonephritis
• Stationäre Aufnahme
• Allgemeine Maßnahme: Ausreichende
Flüssigkeitszufuhr, Bettruhe , Analgetika/Antipyretika
• Bei akutem unkomliziertem Verlauf: Cotrimoxazol
p.o.(Bactrim) oder Gyrasehemmer p.o (Ofloxacin)
• Bei komplizierteren Verläufen , besonders bei
hospitalisierten Paitenten oder nach urologischen
Eingriffen : Gyrasehemmer i.v. (Tarivid oder
Ciprobay), Mezlocillin (Baypen) oder Cephalosporin
III i.v. (Claforan), Jeweils plus Aminoglykosid
(Refobacin)
• Dauer der Antibiose 14 Tg. , 3 Tage nach Absetzen der
Antibiose erneute Urinkultur.
HWI-THERAPIE
Chronische Pyelonephritis
• Allgemeine Maßnahme
• Antibiose nach Urinbakteriologie und
Resistenzbestimmung. für 1-3 Mon.
• Kausal Therapie: Entfernung von
Obstruktionen, Korrektur von Missbildungen
• Bei renalem Hypertonus und einseitiger
Schrumpfniere mit irreversibler Schädigung
der Funktion: einseitige Nephrektomie
QUINTESSENZ
• HWI gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in
der täglichen Praxis.
• Die in Anamnese und Befund erhobenen
begünstigenden Faktoren, die auf die Patienten
bezogen sind, bilden die Grundlage für die Auffindung
komplizierter HWI und für die diagnostische und
therapeutische Entscheidung.
• Der Harnuntersuchung mit Teststreifen und die
Bestimmung von Entzündungsparametern stellen eine
einfache und aussagekräftige diagnostische Methode
dar.
„Nie darf der Arzt vergessen, dass
er es nicht mit Krankheiten
sondern mit kranken Menschen zu
tun hat“ (J.Oppolzer)
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