MINT-Umfrage 2015/16 Zielsetzung der Umfrage ist, die Bedeutung der MINT-Qualifikationen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu untersuchen und die Rekrutierungssituation bei internationalen Leitbetrieben1 darzustellen. Die aktuelle Untersuchung reiht sich damit in eine Befragungsreihe ein, die von der Industriellenvereinigung (IV) seit 2009 durchgeführt wird. Insgesamt 87 Leitbetriebe haben im Sommer 2015 an der MINT-Umfrage im Auftrag der IV teilgenommen (Rücklaufquote 33 Prozent). Der Schwerpunkt der Erhebung lag bei innovativen, größeren Industrieunternehmen – 88 Prozent der teilnehmenden Leitbetriebe haben mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 79 Prozent verfügen über eine eigene F&E-Abteilung. Aktuelle Rekrutierungssituation in MINT MINT ist und bleibt von strategischer Bedeutung für die innovative Industrie und verkörpert gleichzeitig jenen Bereich, der die Unternehmen vor die größten Rekrutierungsprobleme stellt. Dennoch beginnt sich das anhaltend schwierige konjunkturelle Umfeld auch auf das Beschäftigungsfeld MINT auszuwirken und die Personalnachfrage der Leitbetriebe zu bremsen. Eine Entwicklung, die sich – gemeinsam mit den positiven Effekten durch MINT-Förderungen der vergangenen Jahre – in ersten Anzeichen in einer leichten Abmilderung der Rekrutierungsprobleme niederschlägt. • Noch immer leiden 8 von 10 Industrieleitbetrieben an Rekrutierungsproblemen in Zukunftsbereichen – von der Fachkraft bis hin zu akademisch Graduierten. • Mehr als jedes vierte Unternehmen mit MINT-Nachfrage hätte noch weitere MINT-Jobs vergeben können – scheiterte jedoch an zu wenig geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern. • Im Zeitverlauf stagniert der Anteil der grundsätzlich von MINT-Rekrutierungsproblemen betroffenen Unternehmen auf annähernd konstant hohem Niveau. Auch die Intensität der Probleme („Große Probleme“) steigt nicht mehr weiter an und ist in manchen Betätigungsfeldern sogar rückläufig. 1 Kriterien für „Internationale Leitbetriebe“ siehe gleichnamige Studienreihe des Industriewissenschaftlichen Instituts (iwi); zuletzt „Österreichische Leitbetriebe als Marktführer auf globalen Märkten“ (iwi, 2013) Wien | Februar 2016 | 1 Als die wichtigsten tertiären Ausbildungen für die Industrie werden 2015 folgende Studien eingestuft (vgl. 2012): 1. Maschinenbau (1.) 2. Wirtschaftsingenieurwesen (2.) 3. Elektrotechnik/Elektronik (3.) 4. Betriebswirtschaft/Wirtschaftswissenschaften (6.) 5. Verfahrenstechnik (4.) 6. Mechatronik, Telematik, Nachrichtentechnik (5.) 7. Informatik/Wirtschaftsinformatik (8.) Rekrutierungsprobleme bei Fachkräften (FK) und Hochqualifizierten (HQ) nach Bereichen, in % der betroffenen Industrieunternehmen große Probleme geringe Probleme keine Probleme HQ Forschung und Entwicklung HQ Technik und Produktion FK Technik und Produktion FK Forschung und Entwicklung HQ Management und Personalführung Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 HQ Verkauf und Marketing FK Management und Personalführung FK Verkauf und Marketing HQ Administration und Büro FK Administration und Büro 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Rekrutierungsprobleme bei Hochqualifizierten in Technik & Produktion Rekrutierungsprobleme bei Hochqualifizierten in Technik & Produktion in % der betroffenen Unternehmen in % der betroffenen Unternehmen GroßeProbleme Probleme Große Geringe Probleme Geringe Probleme 100 100 90 90 2323 15 15 Keine Probleme Keine Probleme 10 10 44 44 15 15 80 80 70 70 58 58 60 43 44 60 43 56 44 50 56 50 40 40 30 100 34 8 2009 0 8 2009 33 2010 46 42 33 2010 46 42 2011 29 2012 2011 29 2015 2012 2015 Quelle: IV 2015 20 10 34 Quelle: IV 2015 30 20 Wien | Februar 2016 | 2 Trends & Prognosen der Beschäftigungsentwicklung Mit Blick auf die künftige Personalnachfrage lässt sich eine Fortschreibung der Bedeutung von MINT und höheren Qualifikationen, jedoch auch der Rekrutierungsprobleme in Zukunftsbereichen prognostizieren. • In den nächsten drei Jahren wird der größte künftige Personalbedarf in genau jenen Beschäftigungsbereichen erwartet, welche aktuell mit den größten Rekrutierungsproblemen kämpfen: Technik & Produktion, Forschung & Entwicklung • Nach Qualifikationen betrachtet, werden Absolventinnen und Absolventen mit höheren technischen Ausbildungen (HTL, technische Fachhochschule bzw. Universität) auch künftig die besten Jobchancen zugesprochen – bis zu 56 Prozent der Unternehmen planen bei diesen Qualifikationen eine Personalerhöhung. Bedarfsentwicklung Fachkräften Bedarfsentwicklung beibei Fachkräften (FK)(FK) undund Hochqualifizierten(HQ) (HQ) 2016-2018 (Prognose) Hochqualifizierten 2016-2018 (Prognose) nachBereichen, Bereichen,in in betroffenen Industrieunternehmen nach %% derder betroffenen Industrieunternehmen steigen steigen gleich bleiben gleich bleiben sinken sinken HQTechnik Technik und Produktion HQ und Produktion HQ und Entwicklung HQForschung Forschung und Entwicklung FK und Produktion FKTechnik Technik und Produktion FK Forschung und Entwicklung FK Forschung und Entwicklung HQ Verkauf und Marketing HQ Verkauf und Marketing HQ Management und Personalführung FK Verkauf und Marketing FK Verkauf und Marketing FK Management und Personalführung FK Management und Personalführung HQ Administration und Büro HQ Administration und Büro FK Administration und Büro FK Administration und Büro 0% 20 % 0% 40 % 20 % 60 % 40 % 80 % 60 % Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 HQ Management und Personalführung 100 % 80 % 100 % Veränderungen Personalstand 2016-2018 (Prognose) Saldo Neuaufnahmen nach Bildungsabschlüssen in % der Industrieunternehmen -40 -50 -37 % -48 % -36 % 11 % HTL 11 % Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 -30 Universität Technik -20 10 % Lehre -8 % -10 24 % Universität Naturwissenschaften 0 56 % 18 % Fachhochschule generell 10 AHS 20 Pflichtschule 30 Universität generell 40 55 % 49 % Technische Fachschule 50 Fachhochschule Technik reduzieren BHS generell (inkl. HAK) erhöhen BMS generell (inkl. Handelsschule) 60 Wien | Februar 2016 | 3 Die zunehmende „Digitalisierung der Wirtschaft“ (Stichwort: Industrie 4.0) wird die Bedeutung der MINT-Disziplinen weiter heben, aber auch den Fokus auf disziplinübergreifende Beschäftigungsfelder und Qualifikationen lenken. • Knapp die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) sieht zunehmende Rekrutierungsprobleme aufgrund der digitalen Transformation der Wirtschaft. • Zwei Drittel dieser Unternehmen orten die zunehmenden Probleme in „bekannten Mangelfächern“ wie Maschinenbau oder Elektrotechnik. • Das verbleibende Drittel der Unternehmen sieht einen Arbeitskräftemangel in neuen Qualifikationsfeldern mit zumeist integrierten IT-Skills (z.B. Smart Engineering, Vernetzung Produktion – Distribution, digitales Datenmanagement) Zunehmende Rekrutierungsprobleme durch Zunehmende Rekrutierungsprobleme durch „Digitalisierung der Wirtschaft“? „Digitalisierung der Wirtschaft“? in % der Industrieunternehmen in % der Industrieunternehmen 100 100 Ja NeinNein 52 % in bekannten Mangelfächern“ in bekannten Mangelfächern“ und in bekannten Mangelfächern“ und „neuen“ Qualifikationsfeldern 60 40 12 % 40 12 % Ja 48 % 20 0 5% Ja 48 % 31 % 31 % Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 „neuen“ Qualifikationsfeldern 5% 20 Ja in bekannten Mangelfächern“ 52 % 60 0 in „neuen“ Qualifikationsfeldern Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 8080 Nein in „neuen“ Qualifikationsfeldern Nein HTL – Die Innovationsschule der Industrie Knapp zwei Drittel des höher qualifizierten technischen Personals der Industrie wurden an HTL oder technischen Fachschulen ausgebildet. Diese tragende Rolle bei der Sicherung des Innovationsnachwuchses in Österreich spiegelt sich auch in der Forderung der Leitbetriebe nach Unterstützung und Stärkung dieses wichtigen Schultyps auf allen Ebenen wider. • Über 90 Prozent der Unternehmen beurteilen den HTL-Sektor als sehr positiv und stufen ihn als „tragende Säule“ des Innovationstandortes Österreich ein. • Die Intensivierung der Kooperation von HTL mit Hochschulen und Unternehmen in Form von gemeinsam genutzter Infrastruktur wird von einer deutlichen Mehrheit begrüßt, ebenso wie die Forderung nach stärkerer Unterstützung der „Ingenieursschulen“ durch die Bildungspolitik, insbesondere durch die Aufwertung der dort erworbenen Qualifikationen (HTL-Matura, Ingenieurin bzw. Ingenieur). Wien | Februar 2016 | 4 • Skeptisch beurteilen die Unternehmen die Nachwuchssituation des HTL-Lehrpersonals: Nur jedes dritte Unternehmen betrachtet einen Quereinstieg von der Wirtschaft in die Schulen als eine attraktive berufliche Option für Technikspezialistinnen und -spezialisten. • Nur 20 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass der künftige Bedarf an MINT-Qualifizierten überwiegend durch Hochschulgraduierte zu decken sein wird, wodurch die tragende Rolle der HTL bei der Sicherung des Innovationsnachwuchses unterstrichen wird. Qualifikationsstruktur des technischen Personals der Industrie Uni 13,2 % FH 9,2 % Lehrabschluss 41,4 % HTL 24,6 % FS 11,6 % Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 HTL – Die Innovationsschule aus Sicht der Industrie Bewertung von Aussagen in % der Industrieunternehmen stimme voll zu stimme zu neutral stimme teilweise zu stimme gar nicht zu Tragende Säule des Standortes Kooperationen verstärken Bedürfen politischer Unterstützung Aufwertung Qualifikationen bringt Vorteile für Absolventen Quelle: MINT-Blitzumfrage, IV 2015 Aufwertung Qualifikationen bringt Vorteile für Unternehmen Quereinstieg ist attraktive Berufsoption Akademiker decken MINT-Bedarf 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Wien | Februar 2016 | 5