Weitere Files findest du auf www.semestra.ch/files DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR. Universität Zürich Seminararbeit Dr. C. Winkler Metzke Entwicklungspsychopathologie der Adoleszent Wintersemester 04/05 Internalizing problems of childhood and adolescence: Prospects, pitfalls, and progress in understandig the development of anxiety and depression Zahn-Waxler, C., Klimes-Dougan, K. & Slattery, M.L. (2000) Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung..................................................................................................... S. 1 2 2.1 2.2 2.3 Angststörungen............................................................................................ Diagnose und Klassifikation......................................................................... Epidemiologie............................................................................................... Theorien und Forschung............................................................................... 2.3.1 Psychoanalytische, psychodynamische und relationale Theorien.......................................................................................... 2.3.2 Behavioristische und kognitive Lerntheorien................................. S. S. S. S. 2.4 Biologische Modelle..................................................................................... 2.4.1 Der genetische Einfluss................................................................... 2.4.2 Temperament.................................................................................. 2.4.3 Physiologisch regelnde Prozesse.................................................... 2.4.4 Neurobiologische Prozesse und das Gehirn.................................... S. S. S. S. S. 3 3 3 3 3 3 3.1 3.2 3.3 Depressive Störungen.................................................................................. Diagnose und Klassifikation......................................................................... Epidemiologie............................................................................................... Theorien und Forschung............................................................................... 3.3.1 Psychoanalytische, psychodynamische und relationale Theorien.. 3.3.2 Behavioristische und kognitive Lerntheorien................................. S. S. S. S. S. S. 4 4 4 4 4 4 3.4 Biologische Modelle..................................................................................... 3.4.1 Der genetische Einfluss................................................................... 3.4.2 Temperament.................................................................................. 3.4.3 Physiologisch regelnde Prozesse.................................................... 3.4.4 Neurobiologische Prozesse und das Gehirn.................................... S. S. S. S. S. 5 5 5 5 5 4 Ängste und Depressionen: Die Entwicklung aus psychopathologischer Sicht.................................... S. 6 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 Emotionen und internalisierende Probleme............................................. Emotionale Regulation und Disregulation.................................................... Emotionen und die Entwicklung der Psychopathologie............................... Komorbidität von Ängsten und Depressionen.............................................. Komorbidität von internalisierenden und externalisierenden Problemen..... Das Geschlecht.............................................................................................. 5.5.1 Dispositionale Charakteristiken...................................................... 5.5.2 Sozialisationserfahrungen............................................................... 5.6 Die Kultur und die Entwicklung von internalisierenden Problemen............ S. 9 6 Reflexionen und Projektionen.................................................................... S. 10 7 Diskussion.................................................................................................... S. 11 2 2 2 2 S. 2 S. 3 S. S. S. S. S. S. S. S. 6 6 6 7 7 8 8 9 Literaturverzeichnis.................................................................................... S. 12 1. Einleitung Im Rahmen des Seminars „Entwicklungspsychopathologie der Adoleszenz“ habe ich den Auftrag bekommen eine Seminararbeit zu schreiben. Alle folgenden Gedanken, Ideen, und Ergebnisse basieren auf dem von mir gewählten Text1 und werden nicht zusätzlich durch Literaturhinweise gekennzeichnet, es sei denn es handle sich um ein Zitat. Es soll gleich vorweg genommen werden, dass der Text sehr kompakt ist und eine gute Übersicht bietet. Im Rahmen dieser Arbeit kann jedoch nicht alles erwähnt werden. Die Kinder- und Jugendpsychopathologie kann in zwei Klassen eingeteilt werden: Internalisierende und externalisierende Probleme. Im Rahmen dieser Arbeit wird auf die internalisierenden Probleme fokussiert, wobei die Externalisierenden natürlich nicht ausser Acht gelassen werden können. Es gibt viele Fragen zu Angststörungen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen. Wie und wann treten diese emotionalen Störungen auf? Gibt es frühe, voraus laufende Symptome? Was sind relevante Faktoren? Wie entwickeln sich diese Störungen später usw.? Als erstes werden die beiden Störungen an sich erörtert. Neben der Diagnose, Klassifikation und Epidemiologie werden auch verschiedene Theorien und biologische Modelle vorgestellt. Wir werden beide Störungen aus einer psychopathologischen Sicht betrachten. Anschliessend wenden wir uns der Rolle von Emotionen bei internalisierenden Problemen zu. Hierbei wird dann auch tiefer auf die Komorbidität von Ängsten und Depressionen eingegangen. Schliesslich gibt es noch eine grobe Reflexion über das ganze Themengebiet und ich werde die Arbeit mit einer eigenen Diskussion beenden. Es handelt sich hierbei um ein sehr interessantes Gebiet. Lange Zeit wusste man nicht einmal, dass diese Störungen bei Kindern und Jugendlichen überhaupt existieren. Wagen wir uns also an die spannende, aber auch komplexe Materie heran! 2. Angststörungen 2.1 Diagnose und Klassifikation Die Klassifikation von Angststörungen und Depressionen ist relativ neu und wird durch die DSM-II (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) vorgenommen, welche zwei Störungen unterscheidet: Die "zurückziehende" und die "überängstliche" Reaktion. Neben der DSM-II gibt es natürlich noch weitere Klassifikationssysteme. 2.2 Epidemiologie Die erst relativ spät untersuchte Prävalenz liegen zwischen 5.7 bis 17.7 Prozent. Die Differenzierung von Angstsymptomen und Angststörungen ist abhängig von einer funktionalen Beeinträchtigung und subjektiv erlittenem Schmerz. Angststörungen können auch altersspezifisch auftreten. So treten Trennungsängste in der frühen oder mittleren Kindheit auf wie auch Störungen mit Besessenheits- und Zwangsaspekten. Spezifische Phobien sind in allen Kindesaltern verteilt. Tierphobien treten hingegen eher in der frühen Kindheit auf. Sozial verwandte Phobien kommen v.a. in der Adoleszenz vor, sowie auch die Panik, welche in der Kindheit selten ist. 2.3 Theorien und die Forschung 2.3.1 Psychoanalytische, psychodynamische und relationale Theorien Freud (1936) führte die Angst auf die Präsenz von unbewussten, kindlichen und aggressiven Wünschen gegen die Elternfiguren zurück. Heute ist die Eltern-Kind Beziehung in Bezug auf die vom Kind wahrgenommene Sicherheit sowie deren Angst und Furcht zentral. John Bowlby und Mary Ainsworth untersuchten die frühe Entwicklung von Angststörungen, welche sich im Zusammenhang mit der Mutter-Kind- Beziehung entwickelt. Bindungstheoretiker propagierten einen Zusammenhang zwischen unsicherer Bindung (Angst resistent) und der Entwicklung von Angststörungen. Das theoretische Modell und die empirische Forschung von Bowlby und Ainsworth hatte erste Erfolge - sie zeigten die Konsequenzen der negativen Erziehung für Kinder auf (hohe elterliche Kontrolle ist verbunden mit niedriger persönlicher Kontrolle und mütterlicher Einmischung und „Überbeschützung“. 1 Zahn-Waxler, C., Klimes-Dougan, K. & Slattery, M.L. (2000). Internalizing problems of childhood and adolescence: Prospects, pitfalls, 2.3.2 Behavioristische und kognitive Lerntheorien Pavlov’s Konditionierung wurde auch bei der Entwicklung von spezifischen Phobien bei Kindern bestätigt. Später erkannte man die Wichtigkeit des biologischen Einfluss‘. Kindern können z.B. Ängste durch Aufsichtspersonen lernen! Das Vormachen der Eltern und Nachmachen der Kinder von Angst kann auf genetischen Anfälligkeiten für Ängste an sich oder auf biologischen Faktoren basieren. Kognitive Faktoren wurden immer wieder hervorgehoben. 2.4 Biologische Modelle 2.4.1 Der genetische Einfluss Zwillings- und Adoptionsstudien zeigten, dass die Vererbung, spezifische genetische Mechanismen und die Umwelt eine Rolle spielen können. 2.4.2 Temperament Bestimmte Merkmale des Temperaments können Indikatoren für Angst sein. Familien und Zwillingsstudien konnten zeigen, dass eine Beziehung zwischen gehemmten Verhalten und erhöhtem Risiko für Angststörungen besteht. Angststörungen in der Adoleszenz können für Mädchen durch hemmendes Verhalten im zweiten Lebensjahr vorausgesagt werden. 2.4.3 Physiologisch regelnde Prozesse Die Psychopathologie steht mit der Physiologie in einem eindeutigen Zusammenhang. Angstsymptome stehen mit hohem Puls in Verbindung. So kann eine dauernde Überproduktion von Cortisol zu Angst- und affektiven Störungen führen. Personen mit internalisierenden Problemen haben hohe Cortisolwerte, während Personen mit externalisierenden Problemen tiefere Werte haben. 2.4.4 Neurobiologische Prozesse und das Gehirn Studien mit Erwachsenen untersuchten Abnormalitäten im Serotonin, Noradrenalin und GABA-Haushalt. Gray zeigte, dass bei einer Störung die Funktion der Frontallappen anders ist. Der linke Frontallappen ist für positive Gefühle zuständig , der Rechte für negative Gefühle. Der rechte Frontallappen ist bei Kindern im Alter von 9 und 14 Monaten aktiver. Es wurden noch viele weitere Ergebnisse gefunden, wie Abnormalitäten in der Amygdala (im lymbischen System) oder im Hypocampus. Im Rahmen dieser Arbeit werde ich jedoch nicht weiter darauf eingehen. Es sei nur gesagt, dass es kritische Perioden in der Entwicklung eines Kindes gibt, wo ein Einfluss stark prägend sein kann. and progress in understanding the development of anxiety and depression. Development and Psychopathology, 12, 443-466 3. Depressive Störungen 3.1 Diagnose und Klassifikation Der Fokus liegt auf depressiven Störungen (MDD) und Dysthymie (DD) - manisch-depressive Störungen sind in der Kindheit und Adoleszenz selten. Depressionen wurden zuerst mit Kriterien der Erwachsenen klassifiziert. Grosse Depressionen zeigen sich z.B. durch eine Periode der Verwirrung, Reizbarkeit und Niedergedrücktheit. Es können sich aber auch kognitive oder vegetative Symptome zeigen. Dysthymie ist eine mildere, aber hartnäckigere und chronischere Störung und darum für Kinder irritierend. Abgesehen von einigen Ausnahmen sind die Störungen für Kinder und Erwachsene identisch. 3.2 Epidemiologie Die Prävalenz von MMD ist im Alter von vier bis 18 Jahren zwischen zwei und acht Prozent. Die Raten sind in der Kindheit tief - nur etwa ein Prozent der Vorschulkinder und zwei Prozent der Schulkinder weisen Symptome auf. Bei den Jugendlichen liegt die Häufigkeit jedoch bei zwei bis acht Prozent! Vor allem zwischen 15 und 18 Jahren ist sie hoch und somit vergleichbar mit der Erwachsenenrate von 15 bis 20 Prozent. Bei DD ist die Prävalenz in der Kindheit unter zwei Prozent, bei den Jugendlichen über acht Prozent. Kinder mit DD haben dies im Schnitt zwei Jahre früher als Kinder, die zum ersten mal MMD haben. 3.3 Theorien und die Forschung 3.3.1 Psychoanalytische, psychodynamische und relationale Theorien Freud ging davon aus, dass Depressionen auf ungelösten Kindheitserlebnissen basieren. Wiederkehrende Enttäuschung und elterliche Fehler könnten Gründe für die Depression sein. Man nahm an, dass unbewusste Reaktionen, auf in der frühen Kindheit gegebene Umstände, in negativer Entwicklung resultiert. Kurz gesagt: Man war der Auffassung Kinder haben solche Störungen nicht; heute weiss man es besser. In der Bindungstheorie dachte man, dass zu wenig Zuneigung oder Ablehnung der Eltern zu Depressionen führt, was durch Längsschnittstudien bestätigt wurde. Eine immer beliebtere Ansicht ist die Kombination von psychologischem Stress und biologischer Vulnerabilität. 3.3.2 Behavioristische und kognitive Lerntheorien Overmier und Seligman (1967) konnten als erste spezifische implizierte Symptome für Depression durch das bekannte Konzept der gelernten Hilflosigkeit geben. Die Depression, welche auf gelernter Hilflosigkeit aufgebaut ist, wird dann durch die kognitive Verzerrung erweitert, welche durch einige attributionalen Stile der Erwachsenen gekennzeichnet ist. Dauernde Abneigung der Umwelt oder auch Verhaltensdefizite können zu dieser Verzerrung führen. Obwohl dies grundsätzlich auf Erfahrungen mit Erwachsenen beruht, konnte eine Übereinstimmung mit Kindern gefunden werden. Das Selbstkonzept und die Regulation von Emotionen spielt hier eine grosse Rolle. 3.4 Biologische Modelle 3.4.1 Der genetische Einfluss Zwillingsstudien zeigten, dass genetische Faktoren mindestens 50 Prozent Einfluss haben. Umweltbedingten Faktoren, nicht geteilte Erfahrungen und die unterschiedliche Behandlung der Eltern sind jedoch auch zentral. Dennoch, ist ein Elternteil depressiv, hat das Kind eine höhere Anfälligkeit. Bei zwei depressiven Elternteilen wird diese noch erhöht. 3.4.2 Physiologische Regulationsprozesse Im Vergleich zu Ängsten hat hier das Temperament kaum Gewicht. Bei Erwachsenen gibt es viele Parallelen zur Angststörung wie erhöhter Puls, starke Aktivität und Reaktivität. Leider wurden erst wenige Studien mit Kindern durchgeführt. Eine davon ist der DST-Test. Es wurden jedoch keine vergleichbaren Resultate wie bei den Erwachsenen (im Cortisolhaushalt etc.) gefunden. 3.4.3 Neurobiologische Prozesse und das Gehirn Auch hier spielen die Neurotransmitter (Serotonin, Noradrenalin…) eine wichtige Rolle. Es zeigt sich eine Frontallappen Asymmetrie bei depressiv Gestörten. Der rechte Parientallappen hat eine reduzierte Aktivität. Studien mit Kindern sind eher selten. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass Kinder mit einer depressiven Mutter eine reduzierte linke Frontallappen EEG Aktivität haben. Sie haben eine stärkere Aktivität beim Rechten, also bei den negativen Emotionen. Diese Unteraktivität kann durch das mütterliche Spiel mit dem Kind verursacht werden, auch wenn keine aktuelle Depression vorhanden ist. Post et al. (1996) entwickelten ein Modell. Zusammengefasst postulieren sie, dass die soziale Unterstützung die Entwicklung hemmen kann, da Stressoren verringert werden. 4. Ängste und Depressionen: Die Entwicklung aus psychopathologischer Sicht Der Organismus wie auch die Umwelt ist für die Entwicklung der Störungen zentral. Die Psychopathologie hat die Evolution der Störungen untersucht, doch trotz allem stecken wir heute noch in den Kinderschuhen. Es fehlen immer noch Informationen zur Unterscheidung von typischer und atypischer Entwicklung. An welchem Punkt geht die Entwicklung der Störung in eine entscheidende Richtung? Weitere Forschungen sind unabdingbar, sowie auch die Betrachtung von weiteren Faktoren zur Phänomenologie und Ätiologie, auf welche im nächsten Kapitel eingegangen wird. 5. Emotionen und internalisierende Probleme 5.1 Emotionale Regulation und Disregulation Emotionen haben organisierende, adaptive und regulierende Funktionen. An und für sich sind sie nicht disfunktional, aber negative Emotionen sind meist sehr intensiv, können sich schlecht anpassen und dauern längere Zeit. Disregulationen sind das Resultat von Fehlverbindungen der Emotionen zwischen der Erfahrung und dem Ausdruck. Frauen, welche unter negativen Emotionen leiden, haben eine grössere körperliche Reaktivität, was mit der Zeit negative Auswirkungen haben kann. Eine der ersten Aufgabe in der Entwicklung eines Kindes ist die Regulation vom Verhalten und den Emotionen. Es zeigen sich hier grosse Unterschiede, welche sich nur schwer charakterisieren lassen. Der Zusammenhang zwischen der Art wie Kinder Emotionen (wie Ärger, Angst…) regulieren und den späteren internalisierenden Probleme ist unklar. Mit der Zeit können Kinder ihre Emotionen besser verstehen und regulieren. Man weiss, dass Regulationsprozesse in Kindheit, Jugend oder Erwachsenenalter beginnen können. 5.2 Emotionen und die Entwicklung der Psychopathologie Für Emotionstheoretiker war der Zusammenhang zwischen Emotionen als episodische Zustände und Psychopathologie wichtig. Man könnte den Menschen in zwei Achsen einteilen: „Die repetative Natur“ und „die hervortretenden (ev. dominierenden) Gefühle“. Verbinden sich die beiden zu einer diskreten sich wiederholenden Emotion und verfestigen sich, kann eine Störung auftreten (Bsp. Depression und Traurigkeit oder auch Angststörung und Angst). Natürlich gibt es nicht nur eine dazugehörende Emotion. Die Depression z.B. beinhaltet auch Sorgen, Schuldgefühle usw. So können verschiedene Konfigurationen auch auf die unterschiedlichen Arten von Angststörungen/Depressionen zurückgeführt werden. 5.3 Komorbidität von Ängsten und Depressionen Die häufigsten Werte für die Komorbidität liegen zwischen 20 und 50 Prozent- im Jugendalter sogar noch höher. Diverse Studien konnten nachweisen, dass Ängste in der Kindheit oft in Depressionen in der Jugend resultieren. Bowlby (1960, Bindungstheoretiker) postulierte, dass die ständigen Angstzustände in einer Erschöpfung des Körpers und folglich in einer Depression enden. Kognitive Theoretiker nahmen an, dass die Angststörung eine direkte Wirkung hat. Ein anderes entwicklungspsychologisches Modell fokussiert auf die Passivität. Die Symptome der Depression werden passiv und immer wieder ertragen ohne etwas dagegen zu unternehmen. Ängste und Sorgen haben ihre Wurzeln in der Kindheit. Anzeichen für Depressionen können schon vorher auftreten. Depression sind unüblicherweise nicht stabil über das Alter vorhanden - Ängste hingegen schon. Es sollte noch gesagt werden, dass nicht alle Depressionen eine vorausgehende Angststörung haben! Clark und Watson postulierten ein dreifaches Modell. So sollen Ängste und Depressionen einen generellen Bedrängnisfaktor namens „negative Emotionalität“ haben. Niedrige Niveaus der negativen Emotionalität sind bei den Störungen selten. Wichtig für weitere Untersuchungen ist der Fokus auf verschiedene Affektive Punkte und die ihnen zugrunde liegenden Kombinationen der internalisierenden Probleme. Ängste sowie Depressionen wurden mit kognitiven Prozessen assoziiert. Ihnen liegen verschiedene emotionale Basen zugrunde. So sind Ängste ein Abscannen der Umwelt auf potentielle Bedrohungen und Depressionen sind Reflexionen von schief gelaufenen Situationen. 5.4 Komorbidität von internalisierenden und externalisierenden Problemen Meistens haben Kinder mit schweren depressiven Kriterien auch die Kriterien für ADHD, Führungs- und Angststörungen. Auch Jugendliche mit Stimmungs- oder Angststörungen erfüllen ADHD Kriterien. Es gibt eine Komorbidität zwischen internalisierenden und externalisierenden Problemen. Obwohl diese zwei Faktoren separat aufzufassen sind, korrelieren sie miteinander. Kinder mit Depressionen und Führungsproblemen hatten als Jugendliche weniger Depressionen wie Kinder, die nur unter Ängsten litten. Ängste in der Kindheit scheinen spätere Kriminalität zu reduzieren. Dies ist interessant, da somit Depressionen wie auch Ängste als Schutzfaktoren wirken können. Es gibt aber auch Resultate, welche das Gegenteil aussagen. So muss wohl noch weiter Forschung betrieben werden, wie sich die Störungen in der Zukunft entwickeln. Hätte man mehr Informationen über die verschiedenen Konstellationen der Symptome innerhalb einer Kategorie der Diagnose, könnte der Klassifikationsprozess verfeinert werden und gleichzeitig beim Voraussagen der Entwicklung helfen. Man nimmt an, dass bestimmte Umweltbedingungen dazu führen, dass sich internalisierende und externalisierende Probleme entwickeln können (wie z.B. Armut). Würde man solche typischen Faktoren kennen, könnte man einer allfälligen Entwicklung von Problemen entgegenwirken. Es scheint so, als ob depressive Symptome und antisoziales Verhalten eine genetische Anfälligkeit teilen. Vielleicht weil beide in Verbindung mit Vulnerabilität stehen. O‘ Conner et al. (1998) nahmen an, dass die beiden korreliert seien, weil sie beide auf dem Neurotransmittersystem basieren. In weiteren Studien wurde dann die zentrale Rolle von biologischen und umweltbedingten Prozessen entdeckt. Sie sollten beide in Modelle einfliessen. Um die Phänomenologie der internalisierenden Probleme zu verstehen, muss man die Komorbidität der Emotionen untersuchen. So soll in Zukunft die Rolle von verschiedenen negativen Emotionen in Bezug auf die Konstellation der Komorbidität untersucht werden, um verschiedene Entwicklungswege aufzuklären. 5.5 Das Geschlecht Es gibt keine geschlechtlichen Unterschiede bei der Depression und den Ängsten. Mädchen haben in der Kindheit jedoch viel weniger externalisierende Probleme als Jungen., dafür zeigt sich bei ihnen in der Jugend eine enorme Zunahme an Ängsten und Stimmungsschwankungen. Frauen sind schliesslich doppelt so anfällig auf Ängste und Depressionen wie Männer. Sie haben z.T. sogar mehrere Angststörungen und höhere Werte in der Komorbidität. Deswegen ist es unbedingt notwendig die konstitutionellen und umweltbedingten Faktoren für Mädchen zu untersuchen. Bis anhin fokussierte man auf biologische Prozesse und Erfahrungen in Bezug auf die Pubertät. 5.5.1 Dispositionale Charakteristiken Einige Vorteile (Sprachtalent, körperliche Entwicklung) der Mädchen können sie vor frühen Verhaltensproblemen schützen. Warum sind Mädchen in der Kindheit so resilient und haben später trotzdem so viele internalisierende Probleme? All die Vorteile, welche sie vor antisozialem Verhalten schützen, bilden ein Risiko für internalisierende Probleme. Mädchen sind oft gehemmt, schüchtern und haben schon früh Sorgen - wir wissen ja, dass dies ein Vorbote für Depressionen sein kann. Dienstbier machte das Temperament für die unterschiedlichen Attributionsstile verantwortlich, welche schlechte Auswirkungen haben können. Es heisst temperamentvolle, ängstliche Kinder entwickeln von ihren Erfahrungen „affektive Pläne“, wobei behandlungs- und stressverwandte Informationen hervortreten. Ein ähnliches Modell spricht von „somatische Markierungen“. Sie erleichtern die schnelle Entwicklung von Schuld und Begrenzung. Da Angststörungen bei Mädchen öfters vorkommen und diese mit körperlichen Symptomen im Zusammenhang stehen, wie z.B. Bluthochdruck, können Mädchen in ähnlichen Verwirrungs- und Konfliktsituationen wie Jungen körperlich schwerer beansprucht sein. Frauen sind als emotional empfindlicher bekannt. Probleme von Anderen können sie mehr treffen. Ihre inneren Reaktionen können sich dann zu Mustern verfestigen, die später zu Ängste und Depressionen werden. Die Risiken beginnen bereits in der Kindheit und man nimmt an, dass dies für Mädchen häufiger ist, weil sie reaktiver sind und Gedanken immer wieder durchleben. 5.5.2 Sozialisationserfahrungen Mädchen und Jungen werden anders behandelt. Jungen haben öfters einen höheren Wert und man investiert mehr in sie. Es gibt eine sexuelle Stereotypisierung. Mädchen werden öfters auf die Konsequenzen ihres negativen Handelns aufmerksam gemacht. Sie müssen mehr Verantwortung übernehmen und ihre Erfolge werden oft übersehen. Eltern stellen oft höhere Anforderungen an sie und sind intoleranter gegenüber schlechtem Verhalten. Dies führt dazu, dass Mädchen unter dem Druck stehen Ängste zu unterdrücken und sich sozial zu verhalten. Dies kann zu einem internalisierendem Problem werden. Sie sind unter anderem nicht selbstsicher und werden sehr selbstkritisch, was zur Phänomenologie der depressiven Erfahrung gehört. Dies wäre auch ein Beispiel wie die Trennung zwischen der Erfahrung und dem Ausdruck von Emotionen zur Entwicklung internalisierender Störungen beitragen kann. Mädchen und Jungen unterscheiden sich nicht in ihrer Erfahrung von Wut und Feindseligkeit, aber in der Äusserung ihrer Emotionen. 5.6. Die Kultur und die Entwicklung von internalisierenden Problemen Die meisten Ergebnisse basieren auf Untersuchungen von amerikanischen Kindern und es sollte nicht angenommen werden, dass die Prävalenz, Ätiologie und Phänomenologie bei allen Kulturen gleich ist. Kulturen variieren in den biologischen Dimensionen sowie auch in der Art des Verhaltens. Die Normen wie man mit Emotionen umzugehen hat und wie die Beziehung zu anderen sein soll, ist von Kultur zu Kultur verschieden. Internalisierende Probleme kommen z.B. häufiger in Griechenland, Thailand und Puerto Rico vor, während externalisierende Probleme in Amerika, Deutschland und Schweden dominieren. Trotz allem zeigen Mädchen über alle Kulturen hinweg mehr internalisierende Probleme. So sind auch die Selbstmordraten von Frauen in einigen Ländern höher, wie zum Beispiel China, was auch auf die unterschiedliche Behandlung schliessen lässt. 6. Reflexionen und Projektionen Unser Wissen über Angststörungen und Depressionen bei Kindern hat innerhalb von kurzer Zeit enorm zugenommen. Erst dachte man noch, dass diese Störungen bei Kindern nicht zu finden sind und heute haben wir bereits verschiedene Klassifikationssysteme. Wir haben verschiedenste biologische, umweltbedingte sowie auch schützende Faktoren untersucht, letztere wohl am wenigsten. Doch trotz allem stecken wir immer noch in Kinderschuhen. Man weiss immer noch nicht genau, wo der Grad zwischen Komorbidität und Spezifischem liegt. Auch die Entwicklung von gestörten Jugendlichen zu Erwachsenen liegt noch im Dunkeln. Es reicht nicht nur die Wurzeln und Entwicklung der internalisierenden Probleme zu kennen – man muss sie auch erfolgreich behandeln können. Die Psychologie und Psychiatrie müssen miteinander arbeiten. Wo ist der Grad zu ziehen zwischen normativen, subklinischen und klinischen Symptomen? Weder reine qualitative noch reine quantitative Methoden sind die Lösung. Die Stabilität und der Verlauf von Störungen von Kindheit über Jugend zum Erwachsenenalter ist sehr komplex und muss weiter erforscht werden. Oft werden die Symptome bei Kindern leider nicht erkannt und sie bekommen nicht die nötige, ihnen zustehende Behandlung. 7. Diskussion Die Entwicklung von Ängsten und Depressionen ist ein sehr spannendes Themengebiet. Ich konnte sehr viel lernen und musste doch einige Male staunen. Auch wenn wir bis heute noch nicht so weit sind zu behaupten alles über das Gebiet zu wissen, und das werden wir wohl nie können, so haben wir doch einen enormen Fortschritt gemacht. Es ist ganz wichtig, dass man bei der Erklärung dieser Störungen die Genetik aber auch die Umwelt beachtet. Ich sehe dies als eine Chance. Es ist uns somit möglich diese Leiden teilweise sogar zu vermeiden, wenn wir nur bestimmte Umstände beseitigen. Ich denke hierbei unter anderem an die unterschiedliche Behandlung von Mädchen und Jungen und die grundsätzliche Eltern-Kind Beziehung, Aber auch die Tatsache, dass man weiss, wann ein Kind Risiko gefährdet ist, hilft bereits. Besteht bei einem Kind das Risiko, so ist man aufmerksamer auf allfällige Symptome und kann bereits früh in die Entwicklung der Störung eingreifen. Ein bisschen vermisst habe ich in dieser Arbeit das Umsetzen der Ergebnisse in die Praxis, wobei mir klar ist, dass dies nicht das Ziel dieses Textes war. Wie würde das Thema von der Sicht der Betroffenen her aussehen? Was können Depressionen und Ängste alles für psychische Auswirkungen haben? Wie kann man den Betroffenen helfen? Die Komplexität dieses Themas greift weit um sich und ist bestimmt noch viel weiter, als das wir uns es vorstellen können. Weitere Forschung ist also unumgänglich, doch ich denke, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Literaturverzeichnis Ainsworth, M., Blehar, M., Waters, E., & Wall, S. (1978). Patterns of attachment. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Bowlby, J. (1960). Grief and mourning in infancy and early childhood. Psychoanalytic Study of the Child, 15, 9-52. Bowlby, J. (1973) Attachment and loss: Attachment. New York: Basic Books. Clark, L. A., & Watson, D. (1991). Tripartite model of anxiety and depression: Psychometric evidence and taxonomic implications. Abnormal Psychology, 10, 316-336. Dienstbier, R. A. (1984). The role of emotion in moral sozialization. In C. Izard, J. Kagan, & R. Zajonc (Eds.), Emotions, cognition and behavior. New York: Cambridge University Press. Freud, S. (1936). The problem of anxiety. New York: Norton. Gray, J. A. (1982). The neuropsychology of anxiety: An inquiry into the functions of the septohippocampal system. Oxford: Oxford University Press. O‘ Connor, T. G., McGuire, S., Reiss, D., & Hetherington, E. M. (1998). 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