Birgit Klein, Andrea Schauff, Claudia Weiß, Janina Löbel Lebensmittel-Lügen Wie die Food-Branche trickst und tarnt 224 Seiten, 9,90 Euro zweifarbig kartoniert ________________________ Bestellmöglichkeiten: Internet: www.vz-ratgeber.de Telefon: 0211 / 3 809 555 Die Top Ten der Lebensmittel-Lügen und wie Sie sie durchschauen Mehr Schwein als Lamm in der Lammsalami, Aroma im Erdbeer-Joghurt statt Erdbeeren, Alpenmilch aus Schleswig-Holstein – Kennzeichnungsfallen und Werbetricks der Anbieter sind an der Tagesordnung. Das Misstrauen der Verbraucher gegenüber der Branche wächst, das Interesse an Lebensmittelklarheit ist groß. Der neue Ratgeber der Verbraucherzentralen „Lebensmittel-Lügen – Wie die Food-Branche tarnt und trickst“ stärkt Konsumenten in ihren Entscheidungen: Er informiert beispielhaft über typische Werbe- und Kennzeichnungstricks und enthüllt aktuelle Marketing-Trends. Impulsgeber für das Werk ist das Onlineportal www.lebensmittelklarheit.de der Verbraucherzentralen. 1) Produktnamen sind meist Schall und Rauch: Lassen Sie sich nicht blenden! Wohlklingende und fantasievolle Produktnamen wie „Crispy Chicken“ sind ein wichtiges Marketinginstrument der Anbieter. Der Name verspricht knusprigen Hühnerfleischgenuss und steht deshalb auf der Vorderseite der Verpackung. Die korrekten Verkehrsbezeichnungen wie „Hähnchenbrustfleisch zusammengefügt, paniert…" laden dagegen weniger zum Kaufen ein und führen deshalb meist ein Schattendasein auf der Rückseite. Verkehrsbezeichnungen müssen darüber informieren, welche Lebensmittel mit welchen charakteristischen Eigenschaften sich hinter den Produktnamen verbergen. Tipp: Nehmen Sie in der Verkehrsbezeichnung jedes einzelne Wort ernst! Ein Frischkäse „mit Ziegenmilch“ ist eben nicht dasselbe wie einer „aus Ziegenmilch“. Der erste kann erheblich mehr Kuh- als Ziegenmilch enthalten. Und „Himbeergeschmack“ steht meist nicht für Himbeeren – sondern für Aroma. 2. „Muh statt Mäh?“ – Tricks bei der Tierartenkennzeichnung Wildpastete, Geflügelwiener und Lamm-Salami: Wie viele andere Verbraucher erwarten Sie hinter diesen Bezeichnungen vermutlich auch, dass das Fleisch im Produkt von der genannten Tierart stammt – und nicht nur Kleinstmengen davon enthalten sind. Sehr wahrscheinlich haben Sie für diese Spezialität auch tiefer in die Tasche gegriffen. Allesamt können die genannten Lebensmittel jedoch mehr Schwein oder Rind enthalten als Fleisch von der ausgelobten Tierart. Tipp: Die Anteile der Tierarten müssen im Zutatenverzeichnis benannt sein. Das sollten Sie daher vor dem Kauf eingehend studieren. 3. „Was steht drauf – was ist wirklich drin?“ – Lassen Sie sich nicht von schönen Abbildungen täuschen! Abbildungen wie pralle Früchte oder knusprige Entenbrust auf den Lebensmittel-Etiketten springen sofort ins Auge. Lassen Sie sich nicht täuschen! Für wörtlich genannte und abgebildete Zutaten gilt die Mengenkennzeichnungspflicht. Im Kleingedruckten auf der Rückseite erfahren Sie, wie wenig davon häufig tatsächlich im Produkt steckt. Tipp: Achten Sie darauf, ob die appetitliche Abbildung auf der Verpackungsvorderseite mit dem dezenten Hinweis „Serviervorschlag“ versehen ist: Denn dann können hochwertige Zutaten gezeigt werden, die im Produkt nicht drin sind! Ein hoher Preis und eine schöne Aufmachung der Verpackung bedeuten nicht unbedingt besondere Qualität. Preiswerte Lebensmittel in schlichter Verpackung können da oft mithalten. 4. Alkohol in Lebensmitteln? – Prüfen Sie die Zutatenliste! Erdbeerkonfitüre, Früchtekuchen, Salatdressings, Lachsfilet in Soße – würden Sie hier Alkohol vermuten? Viele Menschen wollen oder müssen auch geringste Mengen Alkohol vermeiden: Für ehemalige Alkoholkranke bergen allein Geschmack und Geruch die Gefahr eines Rückfalls. Tipp: Prüfen Sie die Zutatenliste: Auf verpackten Lebensmitteln müssen die alkoholhaltigen Zutaten angegeben sein. Doch Vorsicht: Sehr geringe Alkoholmengen können sich als Trägerstoffe oder Lösungsmittel von Aromen im Lebensmittel verstecken. Hier muss der Alkohol nicht deklariert sein, sondern taucht nur als „Aroma“ auf. Bei loser Ware hilft nur Nachfragen. 5. Vorsicht bei Werbung mit „Heimat“ und „Region“ Werbung mit Regionalität liegt voll im Trend. Es gibt aber bislang keinerlei rechtliche Regelung dafür, was sich „regional“ nennen und mit der „Heimat“ werben darf. So definieren Anbieter munter selbst, wie groß die „Region“ ist, ob und welche Rohstoffe aus dem Gebiet stammen, ob die Herstellung dort erfolgt oder auch nur der Verkauf. Herkunft und Ursprung müssen bei den meisten Lebensmittelgruppen nicht gekennzeichnet werden. Tipp: Wenn Ihnen „Region“ oder „Heimat“ versprochen wird, sollten Sie nähere aussagkräftige, nachvollziehbare Informationen des Anbieters dazu auf der Verpackung finden! Fehlen diese, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um leere Versprechen. 6. Werbemasche „Nach Hausfrauenart“, „traditionell“, „Ohne Zusatzstoff…“ Viele Verbraucher beäugen Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe & Co. kritisch. Produktionsmethoden, Zutaten und Zusatzstoffe sind ihnen fremd oder suspekt, wenn sie sich stark von der haushaltsüblichen Zubereitung unterscheiden. Gegen dieses schlechte Image, das verarbeiteten Lebensmitteln anhaftet, wehren sich die Anbieter mit spitzfindigen Werbeaussagen zu „Natur“ und „Tradition“, die rechtlich kaum angreifbar sind. Bei der Werbung „Ohne Zusatzstoff Geschmacksverstärker“ erzielen beispielsweise häufig Ersatzzutaten die Geschmack verstärkende Wirkung. Tipp: Lebensmittel im Supermarktregal stammen in der Regel nicht aus der Naturidylle oder aus Omas Kochtopf. Lassen Sie sich durch Werbung wie „traditionell“, „altes Hausrezept“, „ohne Zusatzstoffe“ und „Natur“ nicht einlullen. 7. „Alles gesünder?“ Seien Sie skeptisch bei Werbung mit Nährwert und Gesundheit „Fettfrei“, „mit hohem Kalzium-Gehalt“, „Unterstützt das Immunsystem“: Die Food-Branche verleiht ihren Produkten gerne ein gesundes Image und einen vermeintlichen Zusatznutzen. Wenn ein Lebensmittel verspricht, dass es nicht nur gut schmeckt, sondern auch reich an besonderen Nährstoffen ist, gleichzeitig Gesundheit und Vitalität fördert, zahlt man auch gerne mal etwas mehr dafür. Fakt ist: Die Wirkung mancher angeblich gesundheitsfördernder Substanzen, die Lebensmitteln zugesetzt werden, ist äußerst zweifelhaft. Zudem wird häufig ein natürliches Merkmal eines Lebensmittels teuer als Besonderheit verkauft – wie die von Natur aus laktosefreien Hart- und Schnittkäse. Zum Teil fehlen für die „frei von“-Werbung klare Kennzeichnungsvorschriften. Tipp: Seien Sie skeptisch, wenn Ihnen Anbieter Produkte mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen wie die „Extraportion Milch“ oder „vielen Vitaminen“ verkaufen wollen. Ein Blick auf die Nährwerttabelle zeigt, dass auch diese Produkte oft viel zu viel Zucker oder Fett enthalten. Ein Zuviel an zusätzlich zugeführten Vitaminen und Mineralstoffen nutzt im besten Fall nichts, im schlechtesten ist es gesundheitlich bedenklich. Eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung bedarf keiner Vitamin- und Mineralstoffzusätze. 8. Schlupfloch „Ausnahme“ – wie viele Lebensmittel eine Zutatenliste umgehen Bei vielen Verpackungen ist das Zutatenverzeichnis auf kleinstem Raum zusammengedrängt, kontrastarm und quasi unleserlich. Auf Getränken mit einem Alkoholgehalt über 1,2 Volumenprozent (außer Bier) darf es generell fehlen. Käse und Milcherzeugnisse können in manchen Fällen ebenfalls ganz offiziell „ohne“ daherkommen. Und eine Ausnahmeregelung gestattet es Herstellern, bei sehr kleinen Verpackungen ebenfalls komplett auf eine Zutatenliste zu verzichten. Tipp: Beschweren Sie sich beim Anbieter, wenn Zutatenlisten vorgeblich aus Platzgründen fehlen. Die Devise lautet: „Ich will wissen, was drin ist!“. 9. „Luftnummern“ – Von Mogelpackungen und Füllmengen Ärgerlich, wenn Sie nach Ihrem Einkauf die Verpackung eines Lebensmittels öffnen – und den Inhalt erst mal suchen müssen. Um mehr Füllmenge vorzugaukeln, arbeiten die Anbieter mit unverhältnismäßig viel Luft, doppelten Böden oder überdimensionierten Umkartons. Tipp: Leider ist nicht jede übergroße Verpackung verboten, zum Beispiel bei Pralinen. Das Verhältnis von Inhalt und Verpackung ist nicht gesetzlich geregelt. Gerichte entscheiden im Einzelfall, ob eine Täuschung vorliegt. Aber schreiben Sie dem Anbieter, was Sie von seiner Mogelpackung halten! 10. „Tappen im Dunkeln“ – Kennzeichnung Loser Ware lückenhaft Viele Käufer, die auf eine gute Produktqualität achten, bevorzugen „frische Lebensmittel“ vom Bäcker oder Metzger nebenan, vom Markt oder den Bedienungstheken der Supermärkte. Sie sind auch bereit, dafür einen höheren Preis zu zahlen. Ob diese Einkaufsquellen aber tatsächlich eine bessere Qualität bieten, lässt sich für die Kundschaft kaum beurteilen. Denn die gesetzlichen Regelungen zur Kennzeichnung von Loser Ware sind spärlich. Tipp: Löchern Sie das Verkaufspersonal mit Nachfragen, wenn Sie etwas zur Zusammensetzung, Herstellung und Herkunft der Produkte wissen wollen. Händler sollen merken, dass es vorteilhaft für sie ist, wenn sie umfassende Informationen zur Verfügung stellen. _________________________________________________________________________ Auszug aus dem neuen Ratgeber „Lebensmittel-Lügen“ (1. Auflage 2013) Abdruck honorarfrei / Beleg erbeten Anfragen richten Sie bitte an: Verbraucherzentrale Hessen, Andrea Schauff Tel: 069 97 20 10 - 41, E-Mail: [email protected]