Spannende Zeiten: Kortexspannung sortiert Zellen während der

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 EMBARGO BIS 23. August 2012, 20.00 MESZ
Klosterneuburg, 23. August 2012
Spannende Zeiten: Kortexspannung sortiert Zellen
während der Gastrulation
In Science veröffentlichte Arbeit der Gruppe von Carl-Philipp Heisenberg
analysiert, welche Kräfte Zellkontakt und Zellsortierung steuern
Embryonen entwickeln im Lauf ihrer Entwicklung ihre jeweilige Form, deren unterschiedliche
Gestalten wir aus dem Tierreich kennen. Die Gruppe von Carl-Philipp Heisenberg am Institute of
Science and Technology (IST) Austria erforscht die Kräfte, die die Entwicklung des ZebrafischEmbryo steuern. In ihrer in Science erscheinenden Arbeit, die heute online auf Science Express
vorab publiziert wird, analysieren sie gemeinsam mit der Gruppe von Ewa Paluch am MaxPlanck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden, wie sich Zellen
während der Gastrulation sortieren.
Während der Gastrulation sortieren sich Zellen in drei Schichten, die sogenannten Keimblätter
Ektoderm, Mesoderm und Endoderm, die die unterschiedlichen Strukturen und Organe des
Embryos bilden. Die Sortierung der Zellen in die richtigen Keimblätter wird zum Teil durch die
unterschiedliche Fähigkeit von Vorläuferzellen bestimmt, Zell-Zell Kontakte einer bestimmten
Größe und Stärke zu bilden. Zwei Faktoren kontrollieren die Bildung von Kontakten zwischen
Zellen. Erstens: Zelladhäsion bindet Zellen durch spezialisierte Adhäsionsmoleküle aneinander,
während – zweitens – die vom inneren Skelett der Zelle (Kortex) erzeugte Kortexspannung
Zellen in eine runde Form zieht, analog zur Oberflächenspannung in Blasen.
In der aktuellen Science-Publikation analysieren die ForscherInnen den Beitrag von Zelladhäsion
und Kortexspannung zur Bildung von Zell-Zell Kontakten und Zellsortierung. Bislang wurde
angenommen, dass die zwei Faktoren entgegengesetzte Rollen spielen: Zelladhäsion würde
Kontakte verstärken, während Kortexspannung sie reduziert. Die WissenschaftlerInnen zeigen
nun, dass die Bildung von Kontakten zwischen Keimblattvorgängerzellen – und folglich
Zellsortierung – durch die unterschiedliche Fähigkeit der verschiedenen Zelltypen, ihre
Kortexspannung am entstehenden Kontakt zu reduzieren, bestimmt wird.
Diese Reduzierung der Kortexspannung bewirkt die Bildung eines scheinbar ununterbrochenen
Zellkortex, der die kontaktierenden Zellen umgibt und sie in eine runde Form zieht, die wiederum
den Kontakt vergrößert. Die Forschergruppe zeigt weiters dass Adhäsion, im Gegensatz zur
Kortexspannung, nicht direkt zur Vergrößerung von Zell-Zell Kontakten beiträgt.
Was, fragten die ForscherInnen, ist nun die Rolle von Adhäsion? Adhäsionsmoleküle wie
Cadherine vermitteln die Zelladhäsion in Keimblattvorgängerzellen indem sie diese am
Kontaktpunkt miteinander verbinden. Cadherine sind außerdem mechanisch mit dem inneren
Kortexskelett der Zelle verbunden. Die WissenschaftlerInnen zeigen, dass Cadherine in der
Kontaktbildung von Vorgängerzellen mitwirken indem sie die inneren Kortexskelette der
aneinanderhaftenden Zellen an ihrem Kontaktpunkt verbinden. Dadurch erlauben Cadherine die
Bildung eines durchgehenden Zellkortex, der die kontaktierenden Zellen umgibt. Diese
Zellkortex-verbindende Funktion der Adhäsion ist nicht, wie bisher gedacht, durch die
Bindungsaffinität der Cadherine limitiert, sondern durch die Stärke der Cadherinverankerung im
Kortexskelett. Weiters manipulierten die WissenschaftlerInnen die Cadherinverankerung im
Kortex sich kontaktierender Vorgängerzellen. Das zeigte, dass diese Verankerung entscheidend
für die Bildung von Kontakten unterschiedlicher Größe und Stärke durch die verschiedenen
Zelltypen
der
Keimblattvorgängerzellen
ist,
und
ihr
Sortierverhalten
dementsprechend
beeinflusst.
Die ForscherInnen analysierten auch die Situation im Embryo selbst. Während der Gastrulation
ist hier, wie in den ex vivo Experimenten, die Kortexspannung an den Kontaktpunkten reduziert;
die Trennung von Zell-Zell Kontakten geht einher mit der Dissoziation der Cadherine vom
Zellkortex. Daher ist die Sortierung der Zellen in die richtigen Keimblätter vermutlich von
denselben Mechanismen abhängig, die für die ex vivo Zellsortierung beobachtet wurden; auch
hierbei ist die Kortexspannung der Hauptfaktor. Im Gegensatz zu früheren Modellen der
Zellsortierung zeigt die aktuelle Arbeit, dass Zelladhäsion hauptsächlich eine unterstützende
Rolle in der Bildung von Kontakten und der Zellsortierung spielt, während die Kortexspannung
der vormals verkannte Hauptdarsteller ist.
Bild: Zellhaufen aus zwei Endodermzellen, die rotes und grünes fluoreszierendes Protein
exprimieren. © Heisenberg Group / IST Austria
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