Glaukom - SWBplus

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Glaukom
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17.3
17.3.1
17.3.2
17.3.3
17.4
Grundlagen
Definition
Pathogenese:
Regulation des Augeninnendrucks
und ihre Störungen
Einteilung
Epidemiologie und
sozioökonomische Bedeutung
Untersuchungsmethoden
bei Glaukom
Augeninnendruckmessung
(Tonometrie)
Ophthalmoskopie der Papille
Gesichtsfelduntersuchung
(Perimetrie)
Spaltlampenuntersuchung
Kammerwinkeluntersuchung
(Gonioskopie)
Sonstige diagnostische Methoden
Primäre Glaukome
Offenwinkelglaukom
Winkelblockglaukom
Kongenitales Glaukom
(Hydrophthalmie, Buphthalmus)
Sekundäre Glaukome
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Ω
Glaukom (Grüner Star) nennt man eine Anzahl ätiologisch unterschiedlicher Krankheiten,
deren gemeinsames Kennzeichen eine charakteristische Schädigung des Sehnervs mit nachfolgenden
Gesichtsfelddefekten ist. Als Ursache der Schädigung wird ein individuell zu hoher Augeninnendruck
angesehen. Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Glaukomen. Primäre Glaukome
treten spontan auf, sekundäre Glaukome sind Folge von anderen Augenerkrankungen oder von Allgemeinerkrankungen. Über 90 % der primären Glaukome sind Offenwinkelglaukome, weniger als 5 % Winkelblockglaukome (Anfallsglaukome); das Glaukom des Säuglings und Kleinkindes (kongenitales
Glaukom) ist selten, bezüglich seiner Bedeutung für das Leben des Kindes aber besonders wichtig.
Die Häufigkeit des Glaukoms steigt mit dem Lebensalter. Nach dem 40. Lebensjahr liegt der Augeninnendruck bei etwa 1,5 % aller Menschen oberhalb der statistischen Normgrenze, nach dem 70. Lebensjahr bei etwa 7 %.
a81 a0000212121 werk im Kammerwinkel, gelangt so in den
17.1 Grundlagen
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17.1.1 Definition
Unter dem Begriff Glaukom wird eine Anzahl
ätiologisch unterschiedlicher Krankheiten mit
typischer Schädigung der Papille und des Gesichtsfeldes zusammengefasst, deren gemeinsamer pathogenetischer Faktor ein individuell zu
hoher Augeninnendruck ist. Ein Synonym ist
„Grüner Star“. Diese alte Bezeichnung sollte
aber möglichst nicht verwendet werden, auch
nicht gegenüber Laien, da sie immer wieder Anlass zu Verwechslungen mit dem „Grauen Star“
(Katarakt, Linsentrübung, s. Kap. 9) gibt.
Schlemm-Kanal und fließt über die Kollektorkanälchen schließlich in die Venen der Sklera
oder Bindehaut und damit ins Blutgefäßsystem
(trabekulärer Abfluss). Nur einer kleiner Teil
(ca. 15 %) gelangt über andere Wege, insbesondere durch die Septen des Ziliarmuskels, in das
Gefäßsystem der Chorioidea (uveoskleraler Abfluss). Wenn ein oberflächliches Bindehautgefäß
Kammerwasser unmittelbar vom Schlemm-Kanal zum episkleralen Venenplexus leitet, sieht
man dort einige Millimeter weit eine klare
Kammerwassersäule neben dem Blut unvermischt fließen (rAbb. 17.1). Man nennt diese
episkleralen Venen Kammerwasservenen.
Die Kammerwasserproduktion unterliegt einem Tag-Nacht-Rhythmus und ist nachts um
ca. 40 % vermindert, bleibt aber ansonsten kons-
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17.1.2 Pathogenese: Regulation
des Augeninnendrucks
und ihre Störungen
Der normale Augeninnendruck beträgt 15,5 ±
5,5 mmHg, d.h. die Normalwerte liegen zwischen
10 und 21 mmHg. Der Augeninnendruck wird
vom Kammerwasserfluss erzeugt und durch den
Abflusswiderstand im Trabekelwerk geregelt.
Das Kammerwasser wird vom Ziliarepithel
in einer Menge von ca. 2,4 mm3/min durch aktive Sekretion und Ultrafiltration gebildet (s.
Kap. 1) und in die Hinterkammer abgegeben. Es
umspült die Linse und fließt durch die Pupille in
die Vorderkammer. Das Kammerwasser verlässt
das Auge durch das schwammartige Trabekel-
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|
17 Glaukom
Abb. 17.1. Kammerwasservene. Nahe der Hornhaut taucht ein
gestrichelt gezeichnetes Gefäß auf, das eine wasserklare Flüssigkeit enthält und deshalb schwer zu sehen ist. Es mündet in eine
Vene. Blutstrom und Kammerwasserstrom laufen eine Strecke
weit unvermischt nebeneinander her
17
tant und ist vom tatsächlichen Augeninnendruck weitgehend unabhängig.
Funktionen des Kammerwassers sind
Ω die Ernährung der angrenzenden Strukturen,
insbesondere der Linse und der Hornhaut,
Ω die Aufrechterhaltung der Augapfelform: Der
Augeninnendruck gewährleistet eine formstabile Wölbung der Hornhaut und eine konstante Refraktion des Auges.
Ω die Detoxifikation des Augeninneren durch
den hohen Ascorbinsäuregehalt (Abfangen
freier Radikale) und
Ω der Lymphersatz, da das Augeninnere keine
Lymphgefäße enthält.
Die Steigerung des Augeninnendrucks bei Glaukom entsteht ausschließlich durch Behinderung
des Kammerwasserabflusses im Trabekelwerk,
nicht etwa durch Überproduktion von Kammerwasser. Ursache des Druckanstiegs sind krankhafte Veränderungen des Trabekelwerks (Tabelle 17.1). Der hierdurch erhöhte Augeninnen-
druck ruft langfristig die für das Glaukom typischen Schäden an der Papille hervor: Es kommt
zu einem Schwund von Optikusfasern, d. h. von
Axonen der retinalen Ganglienzellen. Hieran
sind sowohl mechanische Faktoren als auch
Minderdurchblutung beteiligt (Tabelle 17.2). Die
meisten Optikusfasern laufen in einem Bogen
auf die Papille zu, nur diejenigen zwischen Fovea
und Papille verlaufen geradlinig. Beim Glaukom
werden typischerweise die Nervenfasern mit
bogenförmigem Verlauf zuerst geschädigt. Erst
wenn mehr als 200 000 – 300 000 der 1,1 Millionen Axone geschädigt sind, treten Symptome in
Form eines Gesichtsfeldausfalls auf.
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17.1.3 Einteilung
Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Glaukomen. Primäre Glaukome treten
spontan auf, sekundäre Glaukome sind Folge von
Tabelle 17.1. Glaukomformen und ihre Ursachen
Glaukomform
Ursachen
PRIMÄRE GLAUKOME
(Genetik s. Kap. 23)
Ablagerungen hyalinen Materials im Trabekelwerk
Ω primäres Offenwinkelglaukom
(früher: Glaucoma chronicum simplex)
Ω primäres Winkelblockglaukom
akut: Glaukomanfall
chronisch
Ω primäres kongenitales Glaukom des Säuglings
Verlegung des Kammerwinkels durch die Irisbasis
(„Winkelblock“) bei anlagemäßig engem Kammerwinkel
Verklebungen des Kammerwinkels (Goniosynechien)
Fehldifferenzierung des Trabekelwerks
und Kleinkindes (Hydrophthalmie, Buphthalmus)
SEKUNDÄRE GLAUKOME (AUSWAHL)
Ω Neovaskularisationsglaukom
Ω Pigmentdispersionsglaukom
Ω Pseudoexfoliationsglaukom
Ω Kortisonglaukom
Ω Glaukom durch Entzündung
Ω Glaukom durch Verletzungen
Ω Glaukom durch Entwicklungsstörungen
und Fehlbildungen
allmählich fortschreitender Verschluss des Kammerwinkels durch neu gebildete Gefäße und eine fibrovaskuläre Membran (häufig bei Diabetes mellitus und
nach Zentralvenenverschluss)
Ablagerung von Pigment (aus der Rückfläche der Iris)
im Kammerwinkel
Ablagerung von feinfibrillärem (sog. Pseudoexfoliations-)
Material im Kammerwinkel, das vor allem vom Ziliarepithel gebildet wird
Kortikosteroid-induzierte Ansammlung von Mukopolysacchariden im Kammerwinkel
Ödem der Trabekelzellen bei Entzündung des Trabekelwerks (Trabekulitis, z. B. durch Herpes-simplex- oder
Varizella-Zoster-Viren) oder Ablagerung von Entzündungsproteinen im Kammerwinkel
Zerreißung und Narbenbildung des Trabekelwerks
Differenzierungsstörung des Trabekelwerks,
z. B. Axenfeld-Rieger-Anomalie
17.1 Grundlagen
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335
17
Tabelle 17.2. Pathogenese der Papillenschädigung bei Glaukom
Pathomechanismus
Auswirkungen
Ω mechanisch durch erhöhten Augeninnendruck
Abknickung der Axone Æ Unterbrechung des retrograden
Axoplasmatransports und damit der Versorgung des
Zellsomas mit Neurotrophinen Æ Zelltod (Apoptose)
Ω Durchblutungsstörung durch erhöhten
Minderversorgung der Papille Æ Degeneration von
Nervenfaser- und Gliagewebe
Augeninnendruck und Arteriosklerose
Ω fehlerhafte Zusammensetzung der Kollagene
der Lamina cribrosa
Ausbuchtung der Bindegewebstrabekel der Lamina
cribrosa nach hinten Æ Schädigung von Nervenfasern,
Kapillaren und Glia
anderen Augenerkrankungen oder von Allgemeinerkrankungen.
Beide Glaukomformen werden je nach Zustand des Kammerwinkels weiter unterteilt: Ist
der Kammerwinkel offen, dann spricht man von
Offenwinkelglaukom, ist der Kammerwinkel
durch die Irisbasis verlegt und der Kammerwasserabfluss hierdurch blockiert, spricht man von
Winkelblockglaukom.
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17.1.4 Epidemiologie und
sozioökonomische Bedeutung
Fälle). Schwarze sind hiervon etwa 4-mal häufiger und in jüngerem Alter betroffen. Asiaten leiden sehr viel häufiger an Winkelblockglaukom.
Sozioökonomische Bedeutung. In Westeuropa entstehen durch Blindengeld, Ausfall von
Arbeitskraft und Frühberentung infolge Glaukoms jährlich wesentlich höhere Kosten als
durch die Behandlung des Glaukoms. Deshalb
kommt der Früherkennung des Glaukoms (Vorsorgeuntersuchung mit Augendruckmessung
und Papillenspiegelung bei jeder Brillenbestimmung) eine besondere Bedeutung zu.
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Das Glaukom gehört zu den häufigsten Erblindungsursachen. Pro Jahr erblinden weltweit ca.
6,7 Millionen Menschen an Glaukom. In den Industrienationen rangiert es an 3. Stelle der Erblindungsursachen (nach Makuladegeneration
und diabetischer Retinopathie), in den Entwicklungsländern an 2. Stelle (nach Katarakt). In den
Industrienationen ist die Erkrankung nur bei
etwa 50 % der manifest Glaukomkranken bekannt, in Entwicklungsländern sehr viel seltener.
Prävalenz. Etwa 1 – 2 % der Bevölkerung leiden in Industrienationen an einem manifesten
Glaukom mit Schädigung der Papille, etwa 1/10
sind dadurch erheblich sehbehindert oder erblindet. Die Prävalenz nimmt mit steigendem
Lebensalter zu.
Geschlechtsverteilung. Bei primärem Offenwinkelglaukom sind Männer, bei primärem
Winkelblockglaukom sind Frauen häufiger betroffen.
Ethnische Faktoren. Bei Weißen überwiegt
das primäre Offenwinkelglaukom (ca. 90 % der
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17 Glaukom
17.2 Untersuchungsmethoden
bei Glaukom
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17.2.1 Augeninnendruckmessung
(Tonometrie)
Der normale Augeninnendruck des Erwachsenen liegt zwischen 10 und 21 mmHg, im Mittel
bei 15,5 mmHg, beim Säugling bei ca. 12 mmHg.
Die Tonometrie ist heute durch verschiedene
nicht-invasive Verfahren, also ohne Eröffnung
des Augapfels möglich. Sie erreicht eine Genauigkeit von ± 1 mmHg.
Applanationstonometrie
Bei der Applanationstonometrie wird die Kraft
gemessen, die notwendig ist, um ein planes
Messkörperchen soweit mit der Hornhaut in
Kontakt zu bringen, dass eine Fläche von ca.
3 mm Durchmesser abgeplattet wird. Dann ent-
17
entfällt die Oberflächenanästhesie der Hornhaut. Darüber hinaus besteht keine Gefahr einer
Keimübertragung (z.B. Keratoconjunctivitis epidemica) oder einer Verletzung des Hornhautepithels. Jedoch ist die Messgenauigkeit geringer
als beim Goldmann-Tonometer, der Luftstoß ist
subjektiv unangenehm und das Messprinzip
funktioniert nicht bei vernarbter Hornhautoberfläche.
Impressionstonometrie nach Schiötz
Hierbei wird der Augeninnendruck durch einen
Stift gemessen, der durch sein Gewicht je nach
Augeninnendruck mehr oder weniger in die anästhesierte Hornhaut einsinkt. Dieses Verfahren
wird nur noch bei narbigen Hornhautveränderungen eingesetzt, bei denen eine Applanationstonometrie nicht möglich ist. Die Fehlermöglichkeit, insbesondere bei hoher Myopie, ist größer als bei der Applanationstonometrie.
Abb. 17.2. Applanationstonometrie. Der Patient sitzt an der
Spaltlampe. Das Messkörperchen wird nach Tropfanästhesie auf
die Hornhaut aufgesetzt und die Federkraft des Instruments so
eingestellt, dass diese dem Augeninnendruck entspricht.Die Abplattung der Hornhautoberfläche wird mit dem Spaltlampenmikroskop durch das transparente Messkörperchen kontrolliert
spricht der Anpressdruck dem intraokularen
Druck. Er kann auf einer Skala abgelesen werden. Diese Methode ist von der individuell
unterschiedlichen Dehnungsfähigkeit von Kornea und Sklera weitgehend unabhängig.
Das Applanationstonometer nach Goldmann
misst am genauesten und wird deshalb routinemäßig verwendet, und zwar an der Spaltlampe
am sitzenden Patienten (rAbb. 17.2). Die Hornhaut ist dabei durch Oberflächenanästhesie
(Augentropfen) betäubt.
Für Messungen am liegenden Patienten, bei
Kindern und außerhalb von Augenarztpraxis
und Klinik wurden lageunabhängige Applanationstonometer entwickelt, sog. Handapplanationstonometer.
Palpation des Bulbus
zur Abschätzung
des Augeninnendrucks
Wenn eine Messung des Augeninnendrucks auf
der Hornhaut mit Geräten nicht möglich ist
(z. B. bei infektiösem Hornhautulkus, Glaukomanfall oder Sekundärglaukom bei schwerkranken Patienten), kann der erfahrene Augenarzt
den Augeninnendruck abschätzen, indem er
Non-Contact-Tonometrie
Bei diesem Verfahren berührt das Messgerät die
Hornhaut nicht. Die Hornhaut wird durch einen
Luftstoß abgeplattet und das hierdurch veränderte Reflexbild zur Messung benutzt. Damit
Abb. 17.3. Palpation des Bulbus. Der Arzt palpiert den Bulbus
durch das Oberlid, und zwar mit dem rechten und linken Zeigefinger, während der Patient abwärts blickt. Dabei stützt er die
Hände am Kopf des Patienten ab. Zum Vergleich kann er den
anderen Bulbus palpieren
17.2 Untersuchungsmethoden bei Glaukom
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den Bulbus durch das Oberlid mit beiden Zeigefingern palpiert, während der Patient nach
unten blickt (rAbb. 17.3). Bei normalem
Augeninnendruck „fluktuiert“ die Bulbuswand,
wenn man sie abwechselnd mit dem rechten
und linken Zeigefinger eindrückt, bei stark erhöhtem Augeninnendruck ist der Bulbus „steinhart“.
Ω
Der Tastbefund „steinhart“ findet sich
nur bei akutem Winkelblockglaukom, eine mäßige
Drucksteigerung wie bei Offenwinkelglaukom ist
palpatorisch nicht sicher erkennbar!
Abb. 17.4. Glaukomatöse Exkavation der Papille. Die Papille ist
vor allem am unteren Pol geschädigt. Die Gefäße knicken scharf
in die Tiefe um. Der Nervenfasersaum fehlt. Dementsprechend
ist das Gesichtsfeld vor allem oben geschädigt
Ω
Ω Zur Kontrolle der Therapie-Effizienz sollte man den Augeninnendruck messen,
kurz bevor die nächsten Augentropfen verabreicht werden (Nahtstellenmessung).
Ω Um tagesrhythmische Schwankungen des
Augeninnendrucks zu erfassen, sind ein Tagesdruckprofil und eine Nachtmessung indiziert.
Bei den meisten Menschen ist der Augeninnendruck morgens am höchsten. Bei manchen Glaukompatienten entstehen nachts oder zu anderen
Tageszeiten Druckspitzen.
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17.2.2 Ophthalmoskopie der Papille
Ω
Ω Die Exkavation (Aushöhlung)
der Papille (rAbb. 17.4) ist für das Glaukom
pathognomonisch.
Ω Die Exkavation beginnt, bevor es zu einer Einschränkung des Gesichtsfeldes kommt. Daher
ist durch Ophthalmoskopie der Papille eine
Frühdiagnose möglich.
Ω Eine Untersuchung der Papille ist bei jeder augenärztlichen Untersuchung notwendig, auch
bei Brillenverordnung, um ein beginnendes
Glaukom rechtzeitig zu erkennen.
Folgende ophthalmoskopische Befunde sprechen für eine glaukomatöse Papillenexkavation
(rAbb. 17.4):
338
|
17 Glaukom
Ω große Exkavation: Exkavationen bis an den
Rand der Papille sind beweisend für ein Glaukom. Exkavationen, die bis zu 60 % der Papillenfläche einnehmen, können ohne Glaukom
vorkommen, wenn bei großem Papillendurchmesser nicht die gesamte Papillenfläche
von Nervenfasern ausgefüllt wird. Die Exkavation ist an der Einsenkung der Papille zu
erkennen, an der keine Nervenfasern durch
die Lamina cribrosa eintreten.
Ω Eine Asymmetrie der Papillenexkavationen
beider Augen spricht für ein Glaukom auf
der stärker exkavierten Seite.
Ω hochovale Exkavation und Kerbenbildung
des Nervenfasersaums der Papille. Die physiologische Papillenexkavation ist queroval, weil am oberen und unteren Pol der
Papille besonders viele Nervenfasern einlaufen. Bei Glaukom gehen zunächst die Nervenfasern des oberen und unteren Papillenpols zugrunde. Daraus resultiert eine
hochovale Exkavation bzw. Kerbenbildung
(rAbb. 17.4).
Ω Abknicken der Gefäße am Papillenrand bei
fehlendem Nervenfasersaum (rAbb. 17.4,
unterer Papillenpol).
Ω reduzierte Nervenfaserzeichnung neben der
Papille: Schaltet man bei der Ophthalmoskopie im aufrechten Bild oder an der Spaltlampe mit der Lupe den Grünfilter in den
Beleuchtungsstrahlengang (rotfreies Licht),
dann wird die Streifung der Nervenfaserschicht um die Papille herum besonders gut
sichtbar und schlitzförmige Nervenfaserde-
17
fekte neben der Papille als Hinweis auf ein
Glaukom lassen sich sehr genau erkennen (s.
rAbb. 15.1).
Durch Photographie der Papille lässt sich der
aktuelle Befund für einen späteren Vergleich genau festhalten. Neuerdings gibt es Geräte, die
eine dreidimensionale, digitale Oberflächenkarte der Papille registrieren können (Laser-Tomographie). Diese Methode ist vor allem für eine
quantitative Verlaufskontrolle bei beginnendem
Glaukom wichtig.
Die Polarisationsänderung des von der Nervenfaserschicht zurückfallenden Lichts macht
sich die Polarimetrie zunutze. Hierdurch sind
Rückschlüsse auf Nervenfaserdicke bzw Nervenfaserausfall möglich. Es gibt Geräte, mit denen man die auf diese Weise die Nervenfaserschicht dokumentieren kann.
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17.2.3 Gesichtsfelduntersuchung
(Perimetrie)
Zu den Grundlagen der Gesichtsfelduntersuchung s. Kap. 3.5.
Nervenfaserausfälle führen zu Gesichtsfeldausfällen. Deshalb sind Papillenbefund und Gesichtsfeldausfall miteinander verknüpft.
Korrelation von Gesichtsfeldausfall und Papillenexkavation. Gesichtsfeldausfälle treten erst
auf, wenn ein erheblicher Teil der Nervenfasern
(>30%) zugrunde gegangen ist. Deshalb ist der
Beginn der Einschränkung des Gesichtsfeldes
nicht der Beginn der Glaukomerkrankung, sondern immer bereits ein fortgeschrittenes Stadium („Anfang vom Ende“).
Charakteristika der glaukomatösen Gesichtsfeldeinschränkung. Typischerweise wird
bei Glaukom das parazentrale Gesichtsfeld
zuerst geschädigt (bogenförmige Skotome) und
das Zentrum lange ausgespart. Infolgedessen
bleibt auch die Sehschärfe lange gut. Der Patient
bemerkt die Gesichtsfeldeinschränkung zu-
Abb. 17.5. Progredienter Gesichtsfeldverfall des linken Auges Ω
im Verlauf von 10 Jahren bei unzureichender Glaukomtherapie.
Gesichtsfelduntersuchung mit dem manuellen Perimeter nach
Goldmann
17.2 Untersuchungsmethoden bei Glaukom
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(z. B. beim Laufen) erheblich behindert, da er
neben dem Fixierpunkt liegende Gegenstände (z. B. Stufen) nicht wahrnehmen kann.
6. Ausfall der zentralen Sehschärfe (rAbb. 17.5,
ganz unten): Dies bedeutet die Erblindung
des Auges.
Das Durchlaufen aller Stadien bei unbehandeltem primärem Offenwinkelglaukom dauert
etwa 10 – 15 Jahre (rAbb. 17.5).
Ω
nächst nicht (so wie wir den „blinden Fleck“ des
Auges nicht wahrnehmen). Auch bei fortgeschrittenen Glaukomstadien wird der Gesichtsfeldausfall oft durch das andere Auge kompensiert. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass der
Patient bereits an einem Auge durch Glaukom erblindet ist, wenn er erstmals den Arzt aufsucht.
Stadien der glaukomatösen Gesichtsfeldeinschränkung. Die Gesichtsfeldeinschränkung
durchläuft sechs Stadien:
1. relatives parazentrales Skotom (rAbb. 17.5
oben; relativ, da die Lichtempfindlichkeitsschwelle steigt, jedoch kein vollständiger Gesichtsfeldausfall vorliegt): wird vom Patienten nicht bemerkt.
2. isoliertes absolutes parazentrales Skotom:
wird vom Patienten nicht bemerkt.
3. absolutes Skotom mit Verbindung zum blinden Fleck (rAbb. 17.6).
4. Sektorskotom (rAbb. 17.5, Befund von 1970):
kann zu Störungen der Wahrnehmung von
Gegenständen führen, die neben dem Zentrum des Gesichtsfeldes liegen, z. B. sieht der
Patient den Löffel neben dem Teller nicht,
wenn er auf den Teller schaut.
5. Ausfall bis auf eine zentrale Gesichtsfeldinsel
und einen peripheren Rest (rAbb. 17.5, Befund von 1977): Hierbei kann der Patient
zwar noch lesen, ist aber in der Orientierung
Wenn bei der Gesichtsfelduntersuchung ein deutlicher Glaukomschaden
besteht, ist meist schon mehr als die Hälfte der
Nervenfasern zugrunde gegangen („Anfang
vom Ende“).
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17.2.4 Spaltlampenuntersuchung
Bei der Spaltlampenuntersuchung achtet man
besonders auf:
Ω Kammerwinkeleingang: eng bei Verdacht auf
Winkelblockglaukom. Man untersucht mit
schmalem Spalt am Hornhautrand und achtet darauf, ob der Kammerwinkeleingang
weniger tief ist als 1 Hornhautdicke. Ab einer
Tiefe von 1/4 der Hornhautdicke besteht die
Gefahr eines Winkelverschlusses.
Ω Pigmentierung der Hornhautrückfläche:
Krukenberg-Spindel bei Pigmentglaukom.
Ω Vorderkammertiefe: herabgesetzt bei Winkelblockglaukom.
Durch Schrägbeleuchtung der Iris kann man
bei Winkelblockglaukom durch Pupillarblock
oder hinteren Synechien (zwischen Iris und
Linse) die Vorwölbung der Iris besser erkennen
(s. rAbb. 2.10).
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17.2.5 Kammerwinkeluntersuchung
(Gonioskopie)
Abb. 17.6. Gesichtsfeldausfälle bei Glaukom, spätes Stadium.
Computerperimetrie: Bogenförmiger Ausfall nach unten, der in
ein Sektorskotom übergeht. Das Zentrum des Gesichtsfeldes ist
erhalten und die Sehschärfe beträgt 1,0
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17 Glaukom
Der Kammerwinkel ist ohne Hilfsmittel nicht
sichtbar. Durch das schräge Auftreffen der
vom Kammerwinkel reflektierten Lichtstrahlen
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