Radioaktivität - Messmethoden Detektion von α-, β- und γ

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Fakultät Mathematik/Naturwissenschaften Fachbereich Chemie/Lebensmittelchemie
Professur für Radiochemie
Skript zum Masterpraktikum Radiochemie
Modul: Radioaktivität - Messmethoden
Detektion von α-, β- und γ-Strahlung
Stand: Sommersemester 2011
Skript zum Modul MA-CH-BOC 07 „Umwelt- und Radiochemie“
Seminarskript – Detektion von α-, β- und γ-Strahlung
1
Gliederung:
1. Strahlungsarten
2. Strahlungsmessung - Spektrometrie
2.1. α-Spektrometrie mit Halbleiterdetektor (PIPS)
2.2. α-,β-Spektrometrie mittels Flüssigszintillation
2.3. γ-Spektrometrie mit Reinst-Germaniumdetektor
1. Strahlungsarten
α-Strahlung
Abgabe von 2 Protonen und 2 Neutronen.
Beispiel:
4
Po  206
82Pb  2 He
210
84
Die Nukleonenzahl verringert sich beim αZerfall um 4, die Ordnungszahl um 2.
Die Reichweite beträgt in Luft wenige cm
(210Po: 4 cm), in Flüssigkeiten und
Feststoffen wenige µm (abhängig von der
Dichte).
β-Strahlung
β--Strahlung: Abgabe eines Elektrons und
eines Antineutrinos
Beispiel:

Pb  210
83Bi  e   e
210
82
β+-Strahlung: Abgabe eines Positrons und
eines Neutrinos
Beispiel:
40
19
40
K  18
Ar  e   e
Elektroneneinfang aus innerem Orbital (EC)
unter Abgabe eines Neutrinos
Beispiel:
55
26
http://nl.wikipedia.org
55
Fe  e   25
Mn  e
Die Nukleonenzahl bleibt gleich, die Ordnungszahl erhöht sich um 1
(bei β-) und verringert sich um 1 (bei β+
Die Reichweite beträgt wenige cm bis 1 m (abhängig von der Energie).
Abschirmung erfolgt mit Plexiglas (2 Größenordnungen).
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γ-Strahlung
Durchdringendste elektromagnetische
Strahlung, die beim Zerfall der Atomkerne
vieler radioaktiver Nuklide entsteht.
Die Reichweite beträgt in Feststoffen einige
cm bis m (abhängig von Dichte und γ-Energie)
Abschirmung erfolgt mit Blei, Schwerbeton
(hohe Dichte)
http://nl.wikipedia.org
2. Strahlungsmessung - Spektrometrie
Nicht nur die Bestimmung der gesamten Strahlungsmenge ist von
Interesse, sondern auch die Art und Herkunft der Strahlung. Dazu ist
Spektrometrie notwendig – die Unterscheidung nach der
Strahlungsenergie.
2.1. α-Spektrometrie mit Halbleiterdetektor (PIPS)
PIPS: Passivated Implanted Planar Silicon detector
Bei
diesen
Detektoren
handelt
es
sich
um
n-leitende
Siliziumdetektoren, deren Eintrittsseite p-leitend ist durch wenige
nm einer Bor-Implantationsschicht. Am pn-Übergang bildet sich eine
Ladungsfreie Zone, die durch Anlegen einer Spannung in Sperrichtung
vergrößert wird. Die einfallende Strahlung (α-Strahlen) in diese
Zone erzeugt Paare von Elektronen und Löchern. In der pnÜbergangsschicht werden Elektronen und Löcher durch das Ladungsfeld
getrennt (Löcher wandern ins p- und Elektronen ins n-Gebiet). Die
Anzahl der Elektronen-Loch-Paare hängt von der Energie des
einfliegenden Teilchens ab. Der resultierende Stromstoß ist ein Maß
für die Energie der Strahlung.
Komponenten eines α-Spektrometers
Vakuum PIPS
VV
HV
ADC
VKA
HSV
VV
HV
HSV
ADC
VKA
Vorverstärker
Hauptverstärker
Hochspannungsquelle
Analog-Digital-Konverter
Vielkanalanalysator
Direkt am Detektor ist der Vorverstärker angeschlossen, um
Ladungsverluste durch eine sehr kurze Wegstrecke zu vermeiden. Am
Vorverstärker wird eine „Hoch“spannung (ca. 40-50 V) angelegt. Im
Hauptverstärker
wird
das
Signal
weiter
verstärkt.
Zur
Weiterverarbeitung wird das Signal im Analog-Digital-Konverter
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geformt und die Impulshöhe ermittelt, im Vielkanalanalysator werden
die Ereignisse entsprechend ihrer Energie gezählt, und danach wird
das α-Spektrum auf einem Bildschirm dargestellt.
Es wird im Vakuum gemessen, um die Reichweite der α-Partikel zu
erhöhen.
Der Nulleffekt ist extrem niedrig (2 Impulse/h). Die hohe Auflösung
von 20 keV erlaubt, α-strahlende Nuklide, deren Energien nahe
beieinander liegen, zu trennen.
Typisches α-Spektrum
(mit
241
Am kontaminierter Bauschutt)
2.2. α-,β-Spektrometrie mittels Flüssigszintillation
Es wird ein homogenes Gemisch aus Probe und Szintillations-Cocktail
hergestellt.
Der Szintillations-Cocktail, bestehend aus Lösungsmittel, primärem
Szintillator und sekundärem Szintillator, wird durch α- oder βTeilchen zur Emission von Lichtquanten angeregt:
Lösungsmittel:
- z.B. Toluol, Benzol, Xylol, Diisopropylnaphtalin
- kinetische Energie des Kernzerfalls regt π-Elektronen an:
200-300 nm
primärer Szintillator:
- z.B. Oxazole, Oxadiazole, Benzooxazole, Pyrazoline, 2,5Diphenyloxazol PPO, ca. 10-2 M) Energieübertragung durch Molekülzusammenstöße, Strahlung, Dipol-Dipol-Wechselwirkung: 340-400 nm
sekundärer Szintillator:
- ähnliche Struktur wie primärer, aber längerwelliges Fluoreszenzmaximum, z.B. p-bis-(o-Methylsteryl)-benzol, ca. 10-4 M)
- absorbiert das Licht vom primären Szintillator und gibt es als
Fluoreszenzlicht weiter – „Wellenlängenschieber“: 400-470 nm
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Detektion im Flüssigszintillationsgerät (LSC, Liquid Szintillation
Counter)
Komponenten eines LSC
Hochspannung
Photoverstärkerröhre
Probe
Photoverstärkerröhre
Koinzidenzschaltung
Verstärker
Impulshöhenanalysator
ADC
Analyse des
Spektrums
Photoverstärkerröhre:
- Lichtumwandlung in elektrische Impulse
- Photoeffekt: Elektronenfreisetzung
- Auf Dynoden (pos. Elektrode) gelenkt
- Erzeugung von Sekundärelektronen
- Weitere Dynoden → Kaskade von Elektronen
- Letzte Dynode – Messung des elektrischen Impulses
Koinzidenzschaltung:
- Nur Messung von Spannungsimpulsen, die von beiden Photoverstärkern
kommen
- Unterdrückung thermischer Impulse
Impulshöhenanalysator:
- Die im Szintillationsprozess freigesetzte Photonenzahl ist der α-,
β-Energie proportional.
- Lineare Umsetzung in Photoverstärker
- Impulshöhe proportional der α-, β-Energie
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Reines β-Spektrum
1800
1600
1400
3
Impulse
1200
H
1000
800
600
400
200
0
0
2
4
6
8
10
12
Energie in keV
14
16
18
Gemischtes α-, β-Spektrum
1200
1000
-Spektrum
210
-Spektrum
210
Po
210
Pb, Bi
Impulse
800
600
400
200
0
0
200
400
600
800
1000
Energie [Kanal]
Zählausbeute und Quenching
In der Praxis wird nicht jeder radioaktive Zerfall in der Probe vom
Messgerät registriert. Deshalb unterscheidet man zwischen Counts,
der Zahl der registrierten Impulse, und Disintegrations, der Zahl
der tatsächlichen Zerfälle.
Die Zählausbeute gibt an, welcher Anteil der radioaktiven Zerfälle
tatsächlich vom Gerät registriert wird.
Zählausbeute 
cps

dps
cpm
dpm
cps
Counts pro Sekunde
cpm
Counts pro Minute
dps
Disintegrations pro Sekunde
dpm
Disintegrations pro Minute
1 Becquerel (Bq) = 1 dps = 60 dpm
Eine 100%ige Zählausbeute wird praktisch nie erreicht (z.B.
14
C: 95%)
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3
H: 60%,
6
Ursachen: Verluste bei der Energieübertragung = Quenching
Physikalisches Quenching:
- Verluste treten vor der Anregung der Lösungsmittelmoleküle auf
- Absorption bzw. Selbstabsorption durch Fremdkörper (z.B.
Filterpapier) oder ungenügende Probendurchmischung
(Emulsionsbildung)
- Vermeidung durch entsprechende Probenpräparation
Chemisches Quenching:
- direkte Verluste bei der Energieübertragung auf Primär- und
Sekundärszintillator
- Übertragung der Energie auf Moleküle in der Probe: Löschsubstanzen
(Quencher)
Farbquenching:
- Emittiertes Licht von Primär- und Sekundärszintillator (350-500
nm) wird von gefärbten Probenbestandteilen absorbiert
- z.B. Blut, Harn, Gewebeextrakte, Pflanzenextrakte)
Beispiel: Chemischer Quench an 3H
4000
Zugabe CH3NO2
0 µl
5 µl
10 µl
15 µl
25 µl
40 µl
90 µl
220 µl
230 µl
450 µl
Impulse
3000
2000
1000
0
0
100
200
Kanal
300
400
2.3. γ-Spektrometrie mit Reinst-Germaniumdetektor
Wechselwirkung zwischen γ-Strahlung und Materie
γ-Strahlen sind keine geladenen Teilchen, sondern Photonen. Nach der
Wechselwirkung mit Materie Messung möglich.
Drei Wechselwirkungsprozesse:
Photoeffekt:
γ-Quanten werden an stark gebundenen
Elektronen (innere Schale) von Atomen
inelastisch gestreut. Die Energie des
Photons wird vollständig auf das Elektron
übertragen. Das Elektron wird aus dem Atom
geschlagen.
Sekundäreffekt: Augereffekt
www.gefahrgut-feuerwehr.de
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Comptoneffekt:
Wechselwirkung der γ-Quanten mit freien
Elektronen – Stoßprozess.
Das Elektron gewinnt kinetische
Energie, die Energie des Photons wird
abgeschwächt (abhängig vom
Streuwinkel).
https://lp.uni-goettingen.de
Paarbildung:
Umwandlung eines Photons in ein Elektron-Positron-Paar
oberhalb der Schwellenergie von 1.02 MeV möglich
–
erst
Aufbau eines Gamma-Spektrometers
Die Messung der γ-Strahlung erfolgt über einen Halbleiterdetektor.
Üblicherweise
werden
Germainum-Detektoren
verwendet
(ReinstGermanium-Detektor, HPGe, High Purity Germanium). Da die Lücke
zwischen Valenz- und Leitungsband kleiner ist als bei Si und von den
kristalleigenen Elektronen schon bei Raumtemperatur überwunden
werden kann, muss der Ge-Detektor auf ca. 90 K gekühlt werden (mit
flüssigem
Stickstoff
oder
neuerdings
auch
elektrisch),
um
thermisches Rauschen zu unterdrücken und die Beweglichkeit der
Elektronen und Löcher zu erhöhen.
Die auftreffende Strahlung erzeugt Elektronen-Loch-Paare. Der
resultierende Stromimpuls wird von einem sensitiven Vorverstärker
abgenommen, an dem eine Hochspannung im Bereich von 2000 bis 4000 V
anliegt und über einen Hauptverstärker weiter verstärkt. Über einen
Anaolg-Digital-Konverter und einen Vielkanalanalysator werden die
Signale weiterverarbeitet und computerunterstützt das resultierende
γ-Spektrum ausgewertet.
Schematischer Aufbau
Bleiabschirmung
Probe
Ge-Detektor
Vorverstärker
Hauptverstärker
Vielkanalanalysator
Spektrenauswertung
Hochspannung
Dewargefäß
Flüssiger N2
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8
γ-Spektrum von
137
Cs
Photopeak
Comptonkante
Rückstreulinie
Comptonkontinuum
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