August 2014 Diagnostic Update Durchfall bei Fohlen und adulten Pferden Diarrhö lässt sich als gesteigerter Absatz vermehrter Mengen an ungeformtem oder flüssigem Kot beschreiben und stellt eine der häufigsten Erkrankungen dar, die einer intensiven tierärztlichen Versorgung bedürfen. Die physiologische Funktion des Gastrointestinaltraktes beruht auf einer gesunden Verdauung, adäquaten Resorption sowie dem Gleichgewicht von Flüssigkeiten und Elektrolyten. Pferdekot ist physiologischerweise gut geformt und in der Regel braun bis grünbraun. Ein gesundes ausgewachsenes Pferd produziert im Laufe eines Tages etwa 12 kg Kot. Der Dickdarm ist jener Abschnitt des Gastrointestinaltraktes, in dem die Wasserresorption hauptsächlich stattfindet, wobei pro Tag ein Volumen von durchschnittlich etwa 100 l resorbiert wird. Bei adulten Pferden sind die meisten Fälle relevanter Diarrhö auf Störungen im Kolon (Kolitis) und/oder Zäkum (Typhlitis) zurückzuführen, während Durchfall bei Fohlen, insbesondere bei infektiöser Diarrhö, auch aufgrund von Dünndarmerkrankungen entstehen kann. Klassifikation Durchfall bei Pferden wird nach Ätiologie, Pathophysiologie und klinischem Bild eingeteilt. Eine primäre Diarrhö ist auf eine Erkrankung des Gastrointestinaltraktes zurückzuführen, während eine sekundäre Diarrhö mit anderen Erkrankungen in Zusammenhang steht (z. B. Endotoxämie, Lebererkrankung). Je nach Dauer des Durchfalls unterscheidet man zwischen akuter und chronischer Diarrhö, wobei im Einzelfall mehrere Differentialdiagnosen in Betracht kommen (siehe Tabelle 1 und 3). Im Allgemeinen sind die wichtigsten am Durchfall beteiligten Mechanismen folgende: a) Malabsorption: Malabsorption als Folge einer Entzündung und Villiatrophie (z. B. bei Rotavirusinfektion) kann die Resorptionsfunktion des Darms herabsetzen. b)Verkürzte Darmpassagezeit: Mehrere Faktoren einschliesslich Stress und Entzündungen können aufgrund erhöhter Darmmotilität zu Durchfall führen, wobei es sekundär auch zu Veränderungen der physiologischen Resorptions- und Sekretions-prozesse im Darm kommt. c) Erhöhte Sekretion: Darmentzündungen und das Vorliegen bakterieller Enterotoxine (z. B. E. coli, Salmonella spp.) können zu Durchfall führen. Der Pathomechanismus steht offenbar in Zusammenhang mit der Stimulierung der aktiven Sekretion von Flüssigkeiten und gelösten Substanzen infolge der Aktivierung von Adenylzyklase (erhöhtes intrazelluläres AMP) und intrazellulärem Kalzium. d)Osmotische Mechanismen: Osmotisch aktiver Darminhalt (z. B. bei übermässigen Mengen an Kohlenhydraten und Fetten) kann ebenfalls Durchfall bewirken. Malabsorption, Maldigestion und abrupte Futterumstellungen mit daraus resultierenden Veränderungen von Darmflora und Fermentation sind häufige Ursachen einer osmotisch bedingten Diarrhö. e) Intestinaler hydrostatischer Druck: Auslöser für Durchfall kann auch ein erhöhter hydrostatischer Druck im Darmlumen sein, z. B. infolge einer Lymphknotenentzündung (verminderte Lymphdrainage) oder einer Herzinsuffizienz (Anstieg des kapillaren hydrostatischen Drucks). Diagnose Durchfall kann eine hochgradig schwächende Erkrankung mit unter Umständen tödlichem Ausgang sein. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, zeitnah eine verlässliche Diagnose zu stellen, um einen konsequenten Behandlungsplan ausarbeiten zu können. Anamnese Eine vollständige Anamnese liefert entscheidende Informationen zur Ursache des Durchfalls. Das Alter des Patienten ist ein wichtiger Faktor, da altersbezogene Ursachen von Durchfall wie z. B. der sogenannte FohlenrosseDurchfall oder Infektionen mit Rotavirus, Clostridien und R. equi bei Fohlen zuallererst in Betracht zu ziehen sind. Vor der Behandlung eines Durchfallpatienten ist es besonders wichtig, sich bewusst zu machen, dass die klinische Erscheinungsform je nachdem, ob es sich um ein Fohlen oder ein ausgewachsenes Pferd handelt, sehr unterschiedlich sein kann, auch wenn der Erreger der Gleiche ist. Weitere wichtige anamnestische Fragestellungen beziehen sich auf eine eventuell kürzlich erfolgte Futterumstellung sowie auf Stress, Entwurmungsstatus des Einzeltieres, mögliche orale Toxinaufnahme (z. B. Arsen), Charakteristika der Weide (Sand, toxische Pflanzen), Langzeitbehandlung mit Antibiotika und/oder NSAIDs vor Auftreten des Durchfalls. Klinische Pathologie Um mögliche Ursachen des Durchfalls zu ermitteln, kann die Analyse von Körperflüssigkeiten wie Blut oder Peritonealflüssigkeit hilfreich sein. Dadurch lässt sich nicht nur der aktuelle klinische Status des Patienten bestimmen, sondern es wird auch die Entscheidung über Art, Dauer und Intensität der erforderlichen Therapie erleichtert. Mit Hilfe einer allgemeinen Blutuntersuchung kann der Dehydratationsstatus (Hämatokrit) bestimmt werden und Veränderungen im Differentialblutbild (Neutropenie, toxische Veränderungen der Leukozyten) können auf eine systemische Entzündung hinweisen. Klinisch-chemische Untersuchungen können veränderte Konzentrationen von Gesamtprotein und Albumin aufdecken sowie eine Erhöhung von Leberenzymen und anderen Indikatoren nachweisen. Erhöhte Hämatokrit- und Gesamtproteinwerte sind die Folge einer Dehydratation, doch ist in manchen Fällen infolge eines begleitenden Proteinverlustes auch ein hoher Hämatokrit mit normalen oder niedrigen Gesamtproteinkonzentrationen zu beobachten. Die Untersuchung der Peritonealflüssigkeit liefert wertvolle Informationen über das etwaige Vorliegen einer Entzündung und deren Schweregrad (Gesamtprotein / Leukozytenzahl) sowie über das Vorhandensein von neoplastischen Zellen (Zytologie) oder Bakterien (Bakterienkultur etc.). Kotuntersuchung Die Untersuchung des Kots ist eines der wichtigsten Elemente der Durchfalldiagnostik. Während die makroskopische Kotbeurteilung bereits erste Anhaltspunkte zur Ursache der Diarrhö liefert, ist für zuverlässige und brauchbare Ergebnisse eine mit verlässlichen Methoden und modernster Technologie durchgeführte Kotanalyse unverzichtbar. Differentialdiagnosen Tabelle 1 und 3 bieten einen Überblick über die wichtigsten Ursachen von Diarrhö beim Fohlen und adulten Pferd. Unabhängig vom diagnostischen Ansatz muss man sich stets vor Augen halten, dass Durchfall, insbesondere bei sehr jungen Tieren, eine schwerwiegende Erkrankung darstellen kann. 2 Durchfall beim Fohlen Infektiöse Ursachen von Durchfall beim Fohlen Bei der infektiösen Diarrhö des Fohlens unterscheidet man bakterielle, virale und parasitäre Ursachen. ■ Bakterien Clostridium spp. ist eine grosse Gruppe gram-positiver, obligat anaerober Bakterien, die als primär pathogene Durchfallerreger bei der schweren Dickdarmdiarrhö (nekrotisierende Enterokolitis) des Fohlens gelten. Diese Durchfälle erfordern eine intensive Therapie. Clostridium perfringens, meist Toxovare A und C, sowie Clostridium difficile werden sowohl bei Einzeltieren als auch bei Diarrhöausbrüchen als die am häufigsten mit Fohlendurchfall in Verbindung stehenden Clostridien angesehen. Diese Infektion ist besonders gefährlich und kann tödlich enden, noch bevor klinische Symptome eines Durchfalls erkennbar sind. Innerhalb der ersten 72 Lebensstunden kann es zum plötzlichen Tod der Tiere kommen. Das häufigste klinische Symptom ist ein Kolikgeschehen. Weitere Symptome sind hämorrhagische Diarrhö, Sepsis, hochgradige Dehydratation und kardiovaskuläre Probleme. Betroffene Fohlen zeigen erhöhte Herz- und Atemfrequenz und die Körpertemperatur kann unter dem Normbereich liegen. Peritonitis und peritoneale Tympanie können sich sekundär infolge der nekrotisierenden Enterokolitis und der intestinalen Gasansammlung entwickeln. Dabei kann es zu Adhäsionen im Darm kommen, die nach der Genesung Koliken verursachen können. In manchen Fällen kann der Dünndarm stark geschädigt sein, auch bei Fehlen einer Durchfallsymptomatik. Von leichten Fällen selbstlimitierender wässriger Clostridiendiarrhö ist berichtet worden. Man unterscheidet fünf Toxovare von Clostridium perfringens: A, B, C, D und E (siehe Tabelle 2). Von C. difficile werden nicht alle Stämme als Krankheitserreger angesehen. Die Toxovare A und C von C. perfringens werden am häufigsten mit Diarrhö in Verbindung gebracht, insbesondere bei Fohlen im Alter von bis zu 10 Tagen. Das Alpha-Toxin (α) von C. perfringens weist Phospholipaseaktivität auf, während die Beta (ss)-, Epsilon (ε)- und Iota (ι)-Toxine nekrotisierende zytotoxische Wirkung haben. Toxovar A scheint im Vergleich zu Toxovar C mit niedrigeren Mortalitätsraten in Zusammenhang zu stehen, und betroffene Tiere sprechen besser auf eine Therapie an. C. perfringens ist auch in der Darmflora gesunder Fohlen zu finden. Risikofaktoren für eine klinische Infektion sind geringes Alter der Tiere, Getreidefütterung der Stute, Antibiotikatherapie und schlechte hygienische Verhältnisse. Das Toxin A von C. difficile (ein Enterotoxin) sowie Tab. 1: Liste möglicher Durchfall-Ursachen beim Fohlen Nachweis/Diagnose Bakterien Parasiten Viren Verschiedenes Clostridium perfringens anaerobe Kultur (Kot) Clostridium perfringens Alpha-Toxin-Gen PCR (Kot) Clostridium perfringens Enterotoxin Gen-DNA PCR (Kot) Clostridium difficile Toxin A Gen PCR (Kot) Clostridium difficile Toxin B Gen PCR (Kot) Salmonella spp., E. coli, C. jejuni etc. aerobe Kultur (Kot) Rhodococcus equi aerobe Kultur, PCR (Kot) Lawsonia intracellularis PCR (Kot) Endoparasiten (z. B. Strongyliden) kombiniertes Sedimentations-Flotations-Verfahren, McMaster Eizahlbestimmung Cryptosporidium spp. ELISA (Kot) Rotavirus PCR, Antigen-Test (Immunchromatographie) aus Kot Coronavirus PCR (Kot) Aufnahme ungeeigneten Materials (Sand, Einstreu) Anamnese, Sandbeimengung im Kot, Auskultation ventrales Abdomen (ventrales Kolon), abdominaler Ultraschall, Röntgen „Fohlenrosse-Durchfall“ Anamnese Ernährungsbedingte Diarrhö (Milch, Kohlenhydrate) Anamnese Magenulzera Endoskopie Antibiotika-assoziierte Diarrhö Anamnese Endotoxämie, Sepsis Klinische Untersuchung, Blutbild, sepsis score, Blutkultur Perinatale hypoxisch-ischämische Schädigung Anamnese, klinische Untersuchung 3 tion. Typische klinische Symptome der Infektion sind Durchfall und Septikämie (Fieber, Mattigkeit). Auch hier ist es wichtig zu bedenken, dass das Bakterium auch aus dem Kot klinisch gesunder Fohlen isoliert werden kann. Die Diagnose sollte daher nicht ausschliesslich aufgrund des Nachweises von E. coli im Kot, sondern auch durch Ausschluss anderer möglicher Ursachen von Diarrhö erfolgen. Eine Colibazillose kann sich auch nach Einleiten einer Antibiose entwickeln. das Toxin B (eine Art Zytotoxin) (siehe Tabelle 2) sind in der Regel nicht Bestandteil der normalen Darmflora. Die Mortalität scheint bei der durch C. difficile verursachten Diarrhö geringer zu sein als bei Durch-fällen infolge einer Infektion mit C. perfringens. Weitere Informationen zur Ätiopathologie der Clostridiendiarrhö folgen weiter unten im Text. Häufige hämatologische Auffälligkeiten bei Fohlen mit Clostridiendiarrhö sind eine deutliche Neutropenie (mit stabkernigen Neutrophilen und toxischen zytologischen Veränderungen), erhöhte Hämatokrit- und Gesamtproteinwerte, Azotämie, Elektrolytimbalanzen, metabolische Azidose und eine erhöhte Fibrinogenkonzentration. Die Analyse des Bauchhöhlenpunktats kann eine erhöhte Gesamtproteinkonzentration und hohe Leukozytenzahlen ergeben. Bei der Ultraschall- und Röntgenuntersuchung der Bauchhöhle sind möglicherweise gas- und flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen sowie verdickte Dickdarm- und Dünndarmabschnitte ohne Motilität zu sehen. C. jejuni kann ebenfalls im Kot gesunder Fohlen nachgewiesen werden. Allerdings wird vermutet, dass der Erreger Durchfall bei Fohlen im Alter zwischen 5 und 6 Monaten verursachen kann. ■ Viren Rotaviren sind die wahrscheinlich wichtigste virale Ursache (bei Einzeltieren oder Ausbrüchen) von Durchfall bei Fohlen im Alter zwischen 2 und 160 Tagen (üblicherweise zwischen 5 und 35 Tagen). Die Infektion erfolgt auf fäkal-oralem Weg oder über kontaminierte Gegenstände. Man nimmt an, dass die Mutterstuten eine wichtige Rolle bei der Übertragung des Virus spielen. Nach einer kurzen Inkubationszeit von 24 bis 48 Stunden kommt es zu Durchfall. Die Zerstörung der Villizellen im proximalen Dünndarm durch die Viren führt zur Verringerung der resorptiven Oberfläche. Drei Mechanismen wurden als ursächlich für die Rotavirusdiarrhö vorgeschlagen: virales Enterotoxin als Ursache des Durchfalls; verminderte Laktaseproduktion und osmotische Diarrhö sekundär nach Verlust der resorptiven Kapazität; sekretorische Diarrhö sekundär nach vermehrter Kryptenzellenproliferation. Die Kotkonsistenz ist bei einer durch Rotaviren verursachten Diarrhö kuhfladenartig oder wässrig. Betroffene Tiere sind meist jünger als 4 Wochen, wobei die Mortalität bei Fohlen unter 2 Wochen höher ist, da ältere Tiere die Flüssigkeitsverluste im Kolon kompensieren können. Die Morbidität beträgt bei Ausbrüchen nahezu 100 %. Erwachsene Pferde zeigen keine klinischen Symptome, können aber bei Ausbrüchen subklinisch infiziert werden. In den Betrieben kann es zu schweren Ausbrüchen kommen und die Virusausscheidung dauert unter Umständen noch etwa 10 Tage nach Sistieren des Durchfalls an. Das Virus ist höchst ansteckend und kann in der Umwelt bis zu 9 Monate infektiös bleiben. Salmonella spp. (Salmonella enterica ssp. enterica) ist eine sehr grosse Gruppe gram-negativer Bakterien, die als die wichtigsten Erreger von Fohlendurchfall mit hoher Mortalität gelten. Salmonellen sind überall in der Umwelt vorhanden, und bisher wurden mehr als 2500 Serotypen beschrieben. Die Übertragung besteht häufig in den klinischen Fällen einer Salmonelleninfektion mit sekundären Komplikationen wie septischer Arthritis, Osteomyelitis oder Meningitis; diese Komplikationen können noch Wochen nach Abklingen der Diarrhö auftreten. Aufgrund des signifikanten durchfallbedingten Verdünnungseffektes auf die Bakterienkonzentration im Kot empfiehlt sich die Untersuchung mehrerer Kotproben (3 – 5 Proben, die im Abstand von 12 – 24 Stunden gewonnen wurden), um die diagnostische Sensitivität zu erhöhen. Leukopenie, stabkernige Neutrophile und toxische zytologische Veränderungen stellen häufige hämatologische Befunde dar. Sekundäre Veränderungen bei den klinisch-chemischen Analysewerten stehen in der Regel mit der bestehenden Endotoxämie und Dehydratation in Verbindung. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Salmonella spp. auch aus dem Kot klinisch gesunder Fohlen isoliert werden kann. Coronaviren kommen generell als Ursache von respiratorischen, neurologischen und gastrointestinalen Erkrankungen bei Mensch und Tier in Frage. Das hoch kontagiöse Virus ist bei Pferden isoliert worden und wurde als vermutliche Ursache einer hochgradigen Diarrhö bei immunkompetenten Fohlen im Alter bis zu 6 Monaten vorgeschlagen. Jüngere Fohlen zeigen oft wässrigen Durchfall mit Fieber, während bei älteren Fohlen nur leichte Diarrhö und Anorexie zu beobachten sind. Andere Bakterien, die am Fohlendurchfall ursächlich beteiligt sein können, sind unter anderem Escherichia coli, Campylobacter jejuni und Yersinia enterocolitica. Die Rolle von E. coli als Durchfallerreger ist nach wie vor etwas fraglich. E. coli stellt die häufigste Ursache für Sepsis bei jungen Fohlen dar, was nahelegt, dass die Bakteriämie unter Umständen eine wichtigere Rolle für die Erkrankung spielt als die Darminfek- Tab. 2: Clostridium perfringens Toxovare und Toxine TOXI N E Alpha (α) Toxovare 4 Beta (β) A X B X X C X X D X E X Epsilon (ε) Iota (ι) X X X Beta 2 (β2) Enterotoxin ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ■ Parasiten Nematoden: Die sehr frühe oral-laktogene Infektion mit dem Parasiten Strongyloides westeri, die im Alter zwischen 8 und 21 Tagen diagnostiziert werden kann, wird mit leichten Durchfällen beim Fohlen in Verbindung gebracht. Auch die Migration von Strongylus vulgaris durch die Arteriolen des Kolons wird mit Koliken und Diarrhö assoziiert, während die Infektion mit kleinen Strongyliden (Cyathostominose) als eher unübliche Ursache von Fohlendurchfall angesehen wird. Protozoen: Cryptosporidium parvum ist ein protozoärer zoonotischer Parasit aus der Klasse der Coccidea und vermutlich für Enteritis (Diarrhö) von Fohlen im Alter von 4 bis 21 Tagen verantwortlich. Manche Studien haben eine starke serologische Prävalenz nachgewiesen, was für subklinische Infektionen spricht, wobei asymptomatische Träger eine Infektionsquelle für andere Pferde darstellen können. Die Rolle von Giardia spp. und Eimeria leuckartii als Durchfallerreger bei Fohlen ist nach wie vor unklar. Folgende Erreger verursachen Durchfall bei älteren Fohlen (über den perinatalen Zeitraum hinaus): Rhodococcus equi ist ein gram-positiver fakultativ intrazellulärer Erreger, der als häufigste Ursache einer eitrigen Bronchopneumonie bei Fohlen im Alter zwischen einem und sechs Monaten angesehen wird. Das Bakterium wird auch mit anderen Krankheiten wie septischer Polyarthritis, Osteomyelitis, Uveitis und letalen Erkrankungen der Bauchhöhle einschliesslich mesenterischer Lymphadenopathie, ulzerativer Kolitis und Diarrhö (multifokale Nekrose des Dickdarms und Nekrose der Peyer-Plaques im Dünndarm) in Zusammenhang gebracht. Die meisten Fohlen mit einer durch R. equi verursachten Pneumonie zeigen keine klinischen Symptome der abdominalen Form der Infektion, doch finden sich bei etwa 50 % der Fohlen mit R. equi-Pneumonie bei der Sektion Hinweise auf intestinale Läsionen. Bei den meisten Fohlen mit R. equi-Pneumonie bestehen eine deutliche Neutrophilie und eine erhöhte Fibrinogenkonzentration. Generell sollten alle Fohlen mit erhöhter Leukozytenzahl auf eine mögliche Infektion mit R. equi untersucht werden, auch wenn keine respiratorischen Symptome vorhanden sind. R. equi kann auch im Kot von klinisch gesunden Pferden nachgewiesen werden, insbesondere in Betrieben mit hoher Prävalenz von durch R. equi verursachten Infektionen und Erkrankungen. Lawsonia intracellularis ist ein obligat intrazelluläres gramnegatives Bakterium, das bei Fohlen im Alter zwischen 2 und 12 Monaten eine proliferative Enteropathie verursacht. Diese spezielle Erkrankung geht mit rascher duodenaler Epithelzellproliferation von unreifen Enterozyten mit schlecht entwickeltem Bürstensaum einher. Dies bewirkt eine verringerte Resorptionskapazität sowie eine gesteigerte Permeabilität des Darms. Typische klinische Symptome sind eine schlechte Körperverfassung, Gewichtsverlust, Anorexie, subkutanes Ödem an Präputium, Gliedmassen und Kopf sowie Koliken und Durchfall mit Dehydratation. Die wichtigste Veränderung bei der klinischen Pathologie ist eine Hypoproteinämie, gefolgt von Neutrophilie und Hypokalzämie, Hyponatriämie und Hypochlorämie. Anämie stellt hingegen keinen konsistenten Befund dar und die Plasmafibrinogenkonzentration ist in der Regel nicht erhöht. Aufgrund der Anwesenheit von Inhibitoren im Kot kann es notwendig werden, die PCR-Untersuchung auf L. intracellularis mehrere Male zu wiederholen, bevor Ausscheider entdeckt werden. Nicht infektiöse Ursachen von Durchfall beim Fohlen Die orale Aufnahme von nicht als Nahrung geeigneten Materialien (Pica, Allotriophagie) wie Sand, Einstreu oder Haaren stellt eine der wichtigsten Ursachen nicht infektiöser Diarrhö beim Fohlen dar und führt aufgrund von Irritation und sekundärer Darmentzündung zu mechanisch bedingtem Durchfall. In diesen Fällen können betroffene Fohlen auch ein geblähtes Abdomen und Koliken zeigen. Zum sogenannten Fohlenrosse-Durchfall kann es im Alter von 5 bis 15 Tagen kommen, und zwar gleichzeitig mit dem ersten Östrus der Stute nach dem Abfohlen. Dieser Durchfall zeigt einen milden Verlauf und scheint mit dem Aufbau der physiologischen Flora im Dickdarm und nicht mit – wie früher angenommen – einer Veränderung der Milchqualität oder -zusammensetzung zu tun zu haben. In den meisten Fällen bestehen bei den betroffenen Fohlen keinerlei Anzeichen einer systemischen Erkrankung, sodass keine Therapie erforderlich ist. Die exzessive Aufnahme von Muttermilch bzw. ein Überfüttern mit Milchaustauschern bei der Handaufzucht von Fohlen kann eine alimentär bedingte osmotische Diarrhö verursachen. Fohlen, die einige Zeit von der Mutter getrennt waren, saugen, sobald sie wieder bei der Stute sind, oftmals übermässig grosse Mengen an Muttermilch. Sobald die Resorptions- und Verdauungsschwelle des Dünndarms überschritten ist, gelangt die überschüssige Milch in das Kolon, wo aufgrund der lokalen Fermentation aktive Zucker und Säuren mit osmotischer Kapazität produziert werden. Auch eine andere Art ernährungsbedingter Diarrhö ist beschrieben worden und steht mit einem Laktasemangel sekundär nach einer Infektion mit Clostridium difficile oder Rotaviren in Zusammenhang. Magengeschwüre können beim Fohlen ebenfalls die Ursache von Durchfall sein. Die Ulzera können unterschiedliche anatomische Verteilungsmuster und variierende Schweregrade aufweisen. Magengeschwüre können durch eine verstärkte Magensäureproduktion oder sekundär nach Enterokolitis, Sepsis oder Schock bei kritisch kranken Patienten entstehen. Antibiotika-assoziierte Diarrhö kann sich in Folge einer Behandlung mit verschiedenen Antibiotika entwickeln. Eine perinatale hypoxisch-ischämische Schädigung stellt eine weitere nicht infektiöse Ursache von Durchfall dar und steht in Zusammenhang mit einem intestinalen Reperfusionsschaden, veränderter Darmmotilität, enteralen entzündlichen Veränderungen und Gewebsnekrose. Dazu kann es nach gestörtem Geburtsverlauf (Dystokie), Nabelschnurkomplikationen oder Kaiserschnitt kommen. Betroffene Fohlen zeigen Symptome wie gastro-intestinalen Reflux, Koliken, Aufblähung des Abdomens sowie Durchfall und verweigern die Nahrungsaufnahme. Bei der transkutanen Ultraschalluntersuchung des Abdomens werden unter Umständen ein Ileus und eine Verdickung der Darmwand festgestellt. Obwohl diese Erkrankung nicht infektiös ist, kann sie für eine Sepsis sekundär nach Translokation von Bakterien durch die geschädigte Darmwand prädisponieren. Als Folge einer Sepsis kann es bei Fohlen auch zu nicht spezifischer Diarrhö kommen. Beim septischen Patienten kann eine durch Zytokine und/oder gestörte Durchblutung hervorgerufene Darmentzündung eine gesteigerte Darmmotilität sekundär nach intestinaler Hypoperfusion bewirken. 5 Durchfall bei adulten Pferden Bei ausgewachsenen Pferden wird Durchfall meist nach seiner Dauer eingeteilt und als akute oder chronische Diarrhö klassifiziert (siehe Tabelle 3). Tab. 3: Liste möglicher Durchfall-Ursachen beim adulten Pferd Bakterien Parasiten Akut Chronisch Nachweis/Diagnose Clostridium perfringens X X Anaerobe Kultur (Kot) Clostridium perfringens Alpha-Toxin-Gen X X PCR (Kot) Clostridium perfringens Enterotoxin-Gen X X PCR (Kot) Clostridium difficile Toxin A Gen X X PCR (Kot) Clostridium difficile Toxin B Gen X X PCR (Kot) Salmonella spp. X X Aerobe Kultur (Kot), Kultur einer Biopsie der rektalen Mukosa E. coli, C. jejuni etc. X Endoparasiten (z. B. Strongyliden) X Verschiedenes Aufnahme ungeeigneten Materials (Sand, Einstreu) Sepsis X Aerobe Kultur (Kot) X Kombiniertes Sedimentations-Flotations-Verfahren, McMaster Eizahlbestimmung, rektale Biopsie (Cyathostomiose) X Anamnese, Sandbeimengung im Kot, Auskultation ventrales Abdomen (ventrales Kolon), abdominaler Ultraschall, Röntgen X Klinische Untersuchung, Blutbild, sepsis score, Blutkultur X Anamnese, klinische Symptome, abdominaler Ultraschall (rechtes dorsales Kolon), explorative Laparotomie oder Laparoskopie Nicht-steroidale Antiphlogistika Antibiotika-assoziierte Diarrhö X Diätetisch (abnorme Fermentation) Anamnese X Anamnese Diätetisch (Kohlenhydrat-Überschuss) X Anaphylaxie X Anamnese Toxisch (z. B. Arsen) X Anamnese, Arsen-Konzentration in Blut/Urin Entzündliche/infiltrative Zustände Neoplasie Peritonitis, abdominale Abszesse Chronische Leber- oder Nierenerkrankung, Herzversagen 6 X Anamnese X Zytologie der abdominalen Flüssigkeit, histopathologische Untersuchung, Malabsorptions-Test X Histopathologische Untersuchung, Zytologie der abdominalen Flüssigkeit X Zytologie der abdominalen Flüssigkeit, Ultraschall, explorative Laparotomie X Klinische Untersuchung und entsprechende weitere Untersuchungen Ursachen akuter Diarrhö Infektiöse Ursachen ■ Bakterien Salmonella ist einer der häufigsten Erreger akuter Kolitis mit starkem Durchfall bei adulten Pferden. S. typhimurium stellt den bei Pferden am stärksten pathogenen Serovar dar. Zu den häufigsten Infektionsquellen zählen Kot von Nutztieren, Mäusen oder Vögeln sowie kontaminiertes Futter oder Wasser. Pferde gelten per se nicht als Träger von Salmonellen, doch konnte bei klinisch gesunden Pferden nachgewiesen werden, dass ein asymptomatisches Ausscheiden des Bakteriums möglich ist. Asymptomatische Träger scheiden in der Regel eine nur geringe Anzahl an Salmonellen mit dem Kot aus und stellen daher für andere Pferde in den meisten Fällen ein relativ geringes Infektionsrisiko dar. Manche Träger scheiden das Bakterium überhaupt nicht aus. Die Schlüsselelemente, die letztlich zum Auftreten klinischer Fälle führen, sind folgende: Infektion mit einem besonders virulenten Serovar, Menge des infektiösen Pathogens und spezifische wirtsbezogene Faktoren wie Stress, vorangegangene Antibiotikabehandlung, konkomitierende gastrointestinale Erkrankungen und altersbedingte Empfänglichkeit (Jungtiere). Aufgrund des signifikanten durchfallbedingten Verdünnungseffektes auf die Bakterienkonzentration im Kot empfiehlt sich die Untersuchung mehrerer Kotproben (3 – 5 Proben, die im Abstand von 12 – 24 Stunden gewonnen wurden), um die diagnostische Sensitivität zu erhöhen. Salmonellen können intrazellulär vorhanden sein, und die Kultur einer Biopsieprobe der rektalen Mukosa kann ein nützliches ergänzendes diagnostisches Instrument darstellen. Mögliche Veränderungen bei der klinisch-chemischen Untersuchung sind Azotämie, Erhöhung spezifischer Leberenzyme (aufgrund der Schädigung der Hepatozyten durch resorbierte Toxine und schlechte Durchblutung) sowie eine Verringerung des Gesamtproteins. Metabolische Azidose, Hypokaliämie, Hyponatriämie, Hypochlorämie und Hypokalzämie können bei ausgeprägter Enterokolitis beobachtet werden. Die Harnanalyse kann Isosthenurie, Glukosurie, Zylindrurie, Hämaturie und Proteinurie ergeben. Nervensystems eine hypersekretorische Diarrhö. Die Rolle von Toxin B bei der Pathophysiologie der Diarrhö ist noch zu klären, doch deuten in-vitro-Experimente auf einen starken zytotoxischen Effekt hin. C. difficile wurde als möglicher Erreger der sogenannten Colitis X erwähnt. Diese perakute Erkrankung tritt vorwiegend in Zusammenhang mit Stress bei adulten Pferden auf (Operationen, Transport). Colitis X gilt als nicht ansteckende Form der Kolitis und weist eine hohe Letalität auf. Die C. perfringens-Toxovare A und C werden mit der Diarrhö ausgewachsener Pferde in Verbindung gebracht. Das wichtigste vom Toxovar A produzierte Toxin ist das α-Toxin, während virulente Stämme auch Enterotoxin synthetisieren. Toxovar C kann vorwiegend α- und β-Toxine produzieren, wobei das α-Toxin den lokalen Glukosestoffwechsel intestinaler Zellen beeinträchtigt und durch Aktivierung des Arachidonsäurestoffwechsels die inflammatorischen Signalwege hinaufreguliert, während das β-Toxin das Absterben der Enterozyten sowie eine intestinale Entzündung und Ulzeration bewirkt. Enterotoxin verursacht massive Veränderungen bei der zellulären und parazellulären Permeabilität und führt zur Nekrose der Enterozyten mit nachfolgender Darmentzündung, Ödembildung und Blutung. Die Clostridien-Enterokolitis kann sich ähnlich wie eine Salmonellose oder andere Formen akuter Enterokolitiden darstellen, was die Diagnose oftmals erschwert. Der Durchfall ist in der Regel dunkel gefärbt, übelriechend und kann mit oder ohne prodromale Anzeichen einer Erkrankung (z. B. Fieber, Anorexie, Kolik) einhergehen. Der klinisch-chemische Befund zeigt für die Enterokolitis typische Veränderungen wie Hypoproteinämie, Azotämie, erhöhte Leberenzymwerte und verringerte Konzentrationen von Natrium, Kalium, Chlorid und Kalzium. Ein erhöhter Hämatokrit sowie Leukopenie mit geringer Neutropenie sind häufige Veränderungen im Blutbild. Clostridium spp. kann auch in der Darmflora gesunder Pferde zu finden sein; unter physiologischen Bedingungen allerdings in geringer Zahl. C. difficile und C. perfringens zählen zu den wichtigsten Enteropathogenen beim Pferd. In vielen Fällen scheint es sich bei der intestinalen Clostridiose (meist C. perfringens und C. difficile) um eine Erkrankung zu handeln, die mit einer Antibiotikatherapie, insbesondere nach oraler Gabe oder bei über den enterohepatischen Kreislauf von Pferden jeden Alters zirkulierenden Antibiotika, in Zusammenhang steht. Die für die Entwicklung einer Clostridien-Enterokolitis relevanten Faktoren sind dieselben wie für die Salmonellose: Antibiose, gastrointestinale Erkrankungen und altersbezogene Empfänglichkeit. C. difficile scheint in besonderer Weise an der Antibiotika-assoziierten Diarrhö beteiligt zu sein. Man nimmt an, dass dieser Erreger auch eine wichtige Rolle bei der Enterokolitis von Mutterstuten, deren Fohlen mit Erythromycin behandelt werden, spielt. C. difficile ist offenbar in vielen Fällen an der Clostridien-assoziierten Diarrhö des Pferdes beteiligt und kann eine Vielfalt an Toxinen produzieren. Die wichtigsten Toxine sind Toxin A und Toxin B. Toxin A führt zu einer aggressiven nekrotisierenden Entzündungsreaktion und induziert durch die Aktivierung des enterischen 7 ■ Parasiten Die akute Aufnahme grosser Mengen infektiöser Larven von grossen Strongyliden (S. vulgaris) sowie eine chronische Parasiteninfestation kann Durchfall und Koliken verursachen. Der Pathomechanismus hinter der durch grosse Strongyliden verursachten Diarrhö hängt mit der veränderten Peristaltik, aber auch mit erhöhter Sekretion und verringerter intestinaler Resorption zusammen. Diese sind Folge interstitieller Ödeme und der aufgrund der Parasitenmigration durch die Darmwand entstandenen Gewebeschäden, wobei es zu Thrombenbildung (Embolie), intestinaler Ischämie und Infarzierung kommt. In akuten Fällen (meist bei jungen Pferden) variieren die klinischen Symptome von Mattigkeit bis Kolik und Fieber, während chronischer Strongylidenbefall durch Gewichtsverlust, Durchfall und intermittierende Koliken gekennzeichnet ist. Unspezifische hämatologische Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Strongylideninfestation sind Eosinophilie und Neutrophilie. Zu den in chronischen Fällen möglichen kli-nisch-chemischen Befunden zählen eine erhöhte Fibrinogenkonzentration und Hypalbuminämie mit erhöhten alpha (α)- und/ oder beta (β)-Globulinspiegeln im Serum. Cyathostominose (Infektion mit kleinen Strongyliden) kann ebenfalls die Ursache einer Kolitis sowie akuter und chronischer Diarrhö sein. Die Auswanderung der reaktivierten, zuvor in der Mukosa des Dickdarms eingebetteten Larven schädigt die Darmwand und es kommt in der Folge zu einer Entzündungsreaktion. Zu den möglichen klinischen Symptomen zählen Gewichtsverlust, Durchfall, sporadisches Fieber und leichte Koliken. Die Entwicklung der infektiösen Diarrhö hängt von verschiedenen Umständen wie wirtsbezogenen Faktoren, Virulenz des Erregers und Umwelteinflüssen ab. Die Diagnose muss anhand der klinischen Symptome, der Laborbefunde und der Ergebnisse ergänzender diagnostischer Methoden wie Ultraschall- und Röntgenuntersuchung erfolgen. Die Verdachtsdiagnose basiert auf der Identifizierung der verantwortlichen Erreger und/oder deren Toxinen im Kot. Positive Ergebnisse von Bakterienkultur und/oder PCR-Tests stützen die Diagnose, doch ist es überaus wichtig zu bedenken, dass sich viele Erreger auch im Kot klinisch gesunder Pferde finden. Der Ausschluss anderer möglicher Ursachen des Durchfalls kann hilfreich sein, um einen kausalen Zusammenhang zwischen Laborergebnissen und Ursache der klinischen Symptome herzustellen. Multiple Kotanalysen können erforderlich werden, da sich das Anzüchten einer Bakterienkultur möglicherweise schwierig gestaltet (insbesondere bei anaeroben Bakterien) und die Ausscheidung der Mikroorganismen mitunter nicht kontinuierlich erfolgt. 8 Nicht infektiöse Ursachen Nichtsteroidale Antiphlogistika, insbesondere nicht selektive NSAIDs, können ebenfalls Durchfall verursachen. In diesem Zusammenhang sind zwei Syndrome beschrieben worden: Rechtsdorsale ulzerative Kolitis (right dorsal ulcerative colitis/ RDUC) und generalisierte NSAID-Toxizität. Klinische Symptome der RDUC sind Kolik, Lethargie, Anorexie, Fieber und Endotoxämiesymptome; in chronischen Fällen können Diarrhö, Gewichtsverlust, intermittierende Koliken und ein ventrales Ödem vorhanden sein. Die generalisierte NSAID-Toxizität geht mit Durchfall, Fieber, peripheren Ödemen und den klinischen Symptomen einer Endotoxämie, einschliesslich Laminitis, einher. Zu den beteiligten Pathomechanismen zählen anscheinend die Ausbildung von Ulzerationen in der gastrointestinalen Mukosa, Blutungen und exsudative Enteropathie (enterales Eiweissverlustsyndrom) sowie ein indirektes akutes Aufflackern einer bestehenden Kolonentzündung. Die direkte lokale Irritation der Schleimhaut kann bei oral verabreichten nichtsteroidalen Antiphlogistika eine Rolle spielen, während parenteral applizierte NSAIDs aufgrund der Hemmung der Prostaglandinsynthese, insbesondere von PGE2, eine Wirkung ausüben können. PGE2 ist von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Zellumsatz und Barrierefunktion der Schleimhaut sowie für deren Reparaturmechanismen nach Verletzungen. Im Blutbild können sich Neutropenie (mit Linksverschiebung), Leukozytose und ein erhöhter Hämatokrit zeigen. Typische Veränderungen im klinisch-chemischen Serumbefund sind Hypoproteinämie, Hypokalzämie, geringe Kalium- und Natriumkonzentration sowie in manchen Fällen Azotämie und eine erhöhte Aktivität der Leberenzyme. Hämaturie oder Oligurie können vorliegen, wenn die physiologische Funktion der Niere beeinträchtigt ist, während die Harnanalyse eine Proteinurie, Zylindrurie und Isosthenurie ergeben kann. Der Einsatz spezifischer COX-2-Hemmer kann das Risiko für eine sekundär nach NSAID-Therapie auftretende Diarrhö signifikant verringern. Antibiotika-assoziierte Diarrhö: Verschiedene Antibiotika wie Tetracycline, Ceftiofur, Penicillin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Erythromycin und Metronidazol sind mit akut einsetzender Diarrhö bei Pferden in Verbindung gebracht worden. Der hauptsächliche auslösende Mechanismus scheint mit der Zerstörung der normalen Darmflora und der nachfolgenden sekundären Proliferation von Enteropathogenen (z. B. Salmonella, C. perfringens, C. difficile) in Zusammenhang zu stehen. Ein weiterer vorgeschlagener Mechanismus bezieht sich auf den direkten toxischen Effekt der Antibiotika auf die Darmschleimhaut sowie auf eine gesteigerte Sekretion und veränderte Peristaltik. Ursachen chronischer Diarrhö bei Fohlen und adulten Pferden Die Diagnose der chronischen Diarrhö bei Pferden, definiert als ein mehr als vier Wochen lang andauernder Durchfall, stellt nach wie vor eine der wichtigsten diagnostischen Herausforderungen in der Tiermedizin dar. Allgemein gesprochen lassen sich die Ursachen einer chronischen Diarrhö in zwei Hauptgruppen einteilen: Durchfall im Zusammenhang mit chronischen Entzündungsfaktoren und Durchfall durch Störung der physiologischen Verdauungs- und Resorptionsprozesse. Bei den entzündlichen Ursachen lassen sich zwei ätiologische Gruppen definieren: infektiöse und nicht infektiöse Ursachen. Die am häufigsten ursächlich an chronischer Diarrhö beteiligten infektiösen Erreger sind Parasiten (S. vulgaris, S. edentatus, kleine Strongyliden – Cyathostoma), Bakterien (R. equi beim Fohlen und Salmonella spp. bei ausgewachsenen Pferden) sowie Viren (Rotavirus beim Fohlen). Nicht infektiöse Entzündungsursachen stehen in engem Zusammenhang mit granulomatöser Enteritis, Neoplasien (Lymphosarkom), Magengeschwüren bei Fohlen, Sandenteropathie (aufgrund der Irritation der Kolonschleimhaut) und einer Behandlung mit NSAIDs. Eine proliferative und entzündliche Darmerkrankung (Malabsorption und Maldigestion) kann ebenfalls die Ursache von Durchfall sein, wenn die Homöostase im Dickdarm gestört ist. Als mögliche Differentialdiagnosen sind das alimentäre Lymphosarkom, die granulomatöse Enteritis, die multisystemische eosinophile epitheliotrope Erkrankung (multisystemic esosinophilic epitheliotrophic disease / MEED) und die proliferative Enteropathie zu berücksichtigen. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Erkrankungen auch bei jungen Pferden auftreten können. Primäre klinische Symptome sind Kräfteverfall und schlechter Allgemeinzustand des Patienten. Die Blutuntersuchung kann bei betroffenen Pferden Anämie und Leukozytose ergeben. Zu beobachten ist unter Umständen auch eine verringerte Gesamtproteinkonzentration sowie Hypalbuminämie, während Pferde mit alimentärem Lymphosarkom erhöhte Gesamtproteinwerte und eine Hypergammaglobulinämie aufweisen können. Die Leberenzyme können erhöht sein, wenn die Erkrankung (z. B. MEED) auch andere Organe wie die Leber befällt. Pferde mit proliferativer Enteropathie können auch erhöhte Werte für Kreatinkinase (CK) im Serum aufweisen. Wichtige ergänzende Diagnoseverfahren sind die rektale Palpation (Untersuchung auf Umfangsvermehrungen, vergrösserte Mesenteriallymphknoten), die zytologische Untersuchung der Peritonealflüssigkeit, die Ultraschalluntersuchung des Abdomens (Wanddicke, Vorliegen von Umfangsvermehrungen etc.) und die Analyse einer Biopsieprobe von Darmgewebe und Lymphknoten sowie, bei multisystemischen Erkrankungen, von Haut-, Leberund Lungenbioptaten. Die explorative Laparotomie und Laparoskopie stellen eine hervorragende Alternative zur Gewinnung von Gewebematerial dar. Mithilfe des Glukoseabsorptionstests lässt sich eine partielle oder totale Malabsorption nachweisen. Nicht entzündliche Ursachen von Durchfall stehen mit Störungen der physiologischen Verdauungs- und Resorptionsprozesse wie abnormer bakterieller Fermentation von Zellulose im Kolon in Zusammenhang. Erwägungen hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit Es ist von höchster Wichtigkeit, sich stets vor Augen zu halten, dass Pferde mit Durchfall potentiell zoonotische Infektionserreger in sich tragen und ausscheiden können. 9 Therapie* Die Behandlung der akuten Diarrhö zielt primär auf die Korrektur möglicher Verluste von Körperflüssigkeit und Protein, den Ausgleich von Säure-Basen- und Elektrolytimbalanzen und die Bekämpfung der Primärursache des Durchfalls ab. Patienten benötigen unter Umständen sehr früh im Krankheitsverlauf und eventuell sogar für mehrere Tage eine parenterale Flüssigkeitstherapie; dies hängt von der Dauer und dem Schweregrad der Flüssigkeits- und Elektrolytverluste ab. Die Flüssigkeitstherapie ist je nach aktuellem Bedarf und Ansprechen des Patienten regelmässig anzupassen. Die Identifizierung jener Patienten, die eine Flüssigkeitstherapie benötigen, sowie die Ermittlung des individuellen Flüssigkeitsbedarfs nach Beginn der Therapie erfordert eine gute Beurteilung der klinischen Symptome von Hypovolämie und Dehydratation. Die Bestimmung von Hämatokrit und Gesamtproteinkonzentration im Labor kann dafür wertvolle Informationen liefern. Beim dehydratisierten Patienten sind Hämatokrit und Gesamtprotein (Albumin) erhöht. Zu berücksichtigen ist allerdings die Tatsache, dass auch andere Faktoren wie z. B. eine Milzkontraktion den Hämatokrit erhöhen können, ohne dass eine Dehydratation vorliegt. Ähnliches gilt für intestinale Proteinverluste, die zu anscheinend physiologischen Gesamtproteinwerten führen können, obwohl der Patient dehydriert ist. Wann immer notwendig, sollte eine unterstützende hämodynamische Therapie erwogen werden. Ödeme können sich sekundär infolge einer Hypoproteinämie (intestinale Proteinverluste) entwickeln; eine Plasmatransfusion oder die Verabreichung kolloidaler Lösungen (Hydroxyethylstärke) kann zur Korrektur des onkotischen Drucks erforderlich werden. Zu berücksichtigen sind auch die Ernährungsanforderungen von Pferden mit Kolitis, da die physiologischen Prozesse der Nahrungsaufnahme, Verdauung und Resorption eingeschränkt sein können (Anorexie). Des Weiteren können Entzündungsmediatoren und eine Septikämie den Eiweiss- und Energiestoffwechsel verändern und zu einem generellen katabolen Zustand führen. Plasmaalbumin und Globuline können in Folge des Proteinkatabolismus verringert sein. Eine Endotoxämie kann eine der schädlichsten und am schwierigsten zu behandelnden Folgen akuter Diarrhö sein. NSAIDs (insbesondere Flunixin-Meglumin) werden aufgrund ihrer Rolle bei der Herunterregulierung der Entzündungsprozesse in der Kolonmukosa (Kolitis) häufig bei Patienten mit Diarrhö und generell bei Sepsis-bedingter Entzündung eingesetzt. Bei den Überlegungen zu Beginn und Dauer der Therapie sind im Einzelfall die sekundären Nebenwirkungen der NSAIDs hinsichtlich Schleimhautregeneration, intestinaler Toxinresorption und Nierenfunktion zu berücksichtigen. Vor Beginn der Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika sollte, insbesondere bei Fohlen, ein Vorliegen von Magengeschwüren ausgeschlossen werden. Von der intravenösen Gabe von Polymyxin B zur Behandlung der Endotoxämie beim Fohlen ist in experimentellen Studien berichtet worden; die Verwendung von Plasma, das Anti-Endotoxin-Antikörper enthält, wird allerdings kontrovers diskutiert. Auch Lidocaininfusionen können die gewünschte entzündungshemmende Wirkung haben. Zur Prophylaxe oder metaphylaktischen Behandlung von Magengeschwüren können Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol, Pantoprazol) verwendet werden. Auch H2-Rezeptor-Antagonisten (Ranitidin) und Sucralfat können für diesen Zweck eingesetzt werden. Sucralfat besitzt verschiedene vorteilhafte Wirkungen; es induziert die Produktion von Prostaglandin E, legt sich an glanduläre Ulzera an und verbessert die Durchblutung der Mukosa sowie die Sekretion von Bikarbonat. Im Falle einer Parasiteninfestation ist eine Anthelminthikatherapie einzuleiten. Eine antimikrobielle Therapie wird insbesondere bei Salmonellose und Clostridiose immer noch kontrovers diskutiert. Sollte die Entscheidung für eine Antibiose fallen, sind die Antibiotika gemäss den Informationen zur Empfindlichkeit bzw. Resistenz zu wählen; dafür sollte, wann immer möglich, ein Antibiogramm angefertigt werden. Bei Fohlen mit Salmonellose können bei Vorliegen einer Septikämie Antibiotika sinnvoll sein, während Penicilline, Cephalosporine und orales Metronidazol bei Clostridiendiarrhö empfohlen werden. Die Medikation mit ZinkBacitracin ist für Fälle von durch C. perfringens verursachtem Durchfall vorgeschlagen worden. DTO Smektit-Pulver und Aktivkohle können bakterielle Toxine binden und stellen eine mögliche Behandlungsoption für Clostridiendurchfall beim Pferd dar. Makrolide (z. B. Erythromycin, Clarithromycin) werden bei Infektionen mit R. equi empfohlen. * Länder-spezifische Zulassungsbestimmungen für die Nutzung von Medikamenten beim Pferd müssen berücksichtigt werden. 10 Die Verwendung von Probiotika ist umstritten, da deren Wirksamkeit bislang nicht belegt ist. Aufgrund der möglichen intestinalen Translokation von Bakterien und Hefen sollten Probiotika nicht bei Fohlen im Alter von weniger als 24 Stunden verwendet werden. Bei Verdacht auf infektiöse Diarrhö sollten die Tiere isoliert werden und der Umgang mit ihnen sollte unter entsprechenden Vorsichtsmassnahmen erfolgen, um einen Ausbruch im Bestand zu verhindern. Die Therapie der chronischen Diarrhö sollte, wann immer möglich, primär auf die Ursache des Durchfalls abzielen. Leider ist dies jedoch nicht immer möglich, da die Ursache in vielen Fällen unklar bleibt. Im Falle einer chronischen Parasiteninfestation ist eine Anthelminthikatherapie durchzuführen. Eine Antibiotikatherapie hat sich in Fällen chronischer Salmonellose als kaum hilfreich erwiesen. Durchfall aufgrund von Neoplasien hat meist eine schlechte Prognose. Bei Fällen von eosinophiler Kolitis ist eine Kortikosteroidtherapie zur Anwendung gekommen. Bei Vorliegen einer Sandenteropathie kann zur Entfernung der Sandmengen eine chirurgische Versorgung des Patienten erforderlich sein; in manchen Fällen war Berichten zufolge der Einsatz von Psyllium (Flohsamenschalen) erfolgreich. Eine Umstellung der Ernährung (Änderung des Raufutters oder Umstellung auf pelletiertes Futter) kann bei nicht entzündlicher chronischer Diarrhö hilfreich sein. Entzündliche chronische Diarrhö lässt sich in manchen Fällen mit darmschützenden Stoffen wie Bismutsubsalicylat behandeln, da diese Verbindung durch die Hemmung der Prostaglandinsynthese eine antiinflammatorische Wirkung besitzt. Literatur auf Anfrage erhältlich. Dr. med. vet. Anastasios Moschos Wissenschaftliche Fachberatung Pferd IDEXX Laboratories 11 IDEXX Diavet AG Schlyffistr. 10 8806 Bäch SZ Schweiz Tel: 044 786 90 20 Fax: 044 786 90 30 [email protected] www.idexx.ch/diavet Alle eingetragenen Warenzeichen sind Eigentum von IDEXX Laboratories, Inc. oder angeschlossenen Unternehmen in den Vereinigten Staaten und/oder anderen Ländern. Die IDEXX Datenschutzerklärung ist nachzulesen auf www.idexx.de. © 2013 IDEXX Laboratories. Inc. Alle Rechte vorbehalten · 1406052-0614-CH Fachberatung 044 786 90 20