Skript 2

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Modul
Ethik in der Biologie
Wintersemester 2016/17
Dozentinnen: Doreen Grusenick & Karin Kunde, CAU Kiel, Lehrstuhl für
Philosophie und Ethik der Umwelt.
Ethik in der Biologie
Ablauf
1.
Kurze Wiederholung
2.
Tierethik
3.
Fragen/Diskussion
4.
(Umweltethik)
5.
Fragen/Diskussion
6.
Abschluss
Modul Ethik in der Biologie. Dozentin: Karin Kunde, CAU Kiel, LS für Philosophie und Ethik der Umwelt | Sitzung 5
1. Kurze Wiederholung
 Das Inklusionsproblem
 Welchen Entitäten kommt ein moralischer Selbstwert zu?
 Moralischer Selbstwert (auch intrinsischer Wert genannt):
Entität x ist um ihrer selbst willen, d.h. direkt
schützenswert, niemals nur aufgrund von Interessen oder
Ziele anderer.
 Je nachdem, welchen Entitäten dieser moralische
Selbstwert zuerkannt wird, ergeben sich verschiedene,
teils sehr anspruchsvolle Pflichten der moralischen
Berücksichtigung.
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1. Kurze Wiederholung
 Das Inklusionsproblem
 Die gezeigten Argumentationsräume, spiegeln
Positionen wider, in denen allen Entitäten mit der
Eigenschaft x (Mensch-Sein, empfindungsfähig sein,
lebendig sein, etc.) ein moralischer Selbstwert
zugesprochen wird, die also um ihrer selbst willen
moralisch berücksichtigt werden müssen.
 Egalitarismus
 Gradualismus
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1. Kurze Wiederholung
 Das Inklusionsproblem
 Es ist möglich, dass Argumente aus verschiedenen
Argumentationsräumen dennoch zum selben Ergebnis
kommen (Beispielsweise Tierquälerei).
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2. Tierethik
 Tierethik ist eine so genannte Bereichsethik, die sich mit
dem moralisch gebotenen Umgang von nichtmenschlichen Tieren beschäftigt.
 Sie wird teilweise der Umweltethik zugeordnet, was in
mancher Hinsicht auch nicht falsch ist. Dennoch ist die
Tierethik als solche eine eigenständige Bereichsethik und
zwar eine angewandte.
 Der Begriff der Tierethik ist relativ neu.
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2. Tierethik
 Historische Quellen/Denker, die tierethische Aspekte
aufweisen:
• Einige Vorsokratiker: PYTHAGORAS, EMPEDOKLES
• ARISTOTELES
• THOMAS VON AQUIN
• RENÉ DESCARTES
• IMMANUEL KANT
• JEREMY BENTHAM & JOHN STUART MILL
• ARTHUR SCHOPENHAUER
• CHARLES DARWIN
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2. Tierethik
 Im frühen 20. Jahrhundert beschäftigt sich ALBERT
SCHWEITZER in seinem Werk Kultur und Ethik intensiv mit
dem ethisch gebotenen Umgang mit Tieren.
 Daraus entstand u.a. eine Stiftung, die sich für Tierrechte
einsetzt: ALBERT SCHWEITZER STIFTUNG FÜR UNSERE MITWELT.
 Tierethik als eigenständige Disziplin gibt es erst seit den
1970er Jahren.
 DIE Tierethik gibt es nicht. Tierethische Positionen sind
divers. Je nachdem, welche Ethiktheorie zugrunde
gelegt wird, werden verschiedene Forderungen zur
Umstrukturierung bestehender Verhältnisse gefordert.
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2. Tierethik
 Moderne tierethische Positionen:
 Tierschutz: gradualistisch-sentientistische Perspektive
 Tierrechte: egalitär-sentientistische Perspektive
 Tierbefreiung: egalitär-sentientistische Position mit
politischem Anliegen (Abschaffung von Unterdrückung
in jeglicher Form, Kapitalismuskritik)
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2. Tierethik
 Tierschutz
• Basiert auf der Auffassung, nichtmenschlichen Tieren
darf kein unnötiges Leid zugefügt werden.
• Deshalb werden Verbesserungen im bestehenden
System gefordert, so dass den Tieren weniger Leid und
Qualen zugefügt werden.
• Die derzeit vorherrschende Praxis nichtmenschliche Tiere
als Produkte/Werkzeuge anzusehen, die vom Menschen
genutzt werden, wird dabei nicht grundsätzlich
hinterfragt.
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2. Tierethik
 Tierschutz
• Menschen werden in diesem Sinne als die
„höherwertigen“ Lebewesen wahrgenommen, da zu
ihrer Bedürfnisbefriedigung fühlende Lebewesen genutzt
werden dürfen.
• Es gibt noch die Möglichkeit bei den Bedürfnissen zu
unterscheiden (essentielle wie Gesundheit vs. weniger
basale, wie Kosmetik).
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2. Tierethik
 Tierrechte
• Ansätze dieser Art gehen davon aus, dass jedem
nichtmenschlichen Tier unabhängig von Nutzenkalkülen
bestimmte Rechte zukommen.
•
Die Voraussetzungen dafür, bestimmte Rechte zu
erhalten, sind wieder divers: Empfindungsfähig /
Erinnerungs- und Zukunftsbewusstsein etc… die
Grenzziehungen sind unterschiedlich.
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2. Tierethik
 Tierrechte
• Rechte sind meistens: das Recht auf Leben, auf
körperliche Unversehrtheit und Leidfreiheit.
• Die Nutzung nichtmenschlicher Tiere zu welchen
Zwecken auch immer, wird grundsätzlich in Frage
gestellt.
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2. Tierethik
 Tierbefreiung
• Diese Position stellt ebenfalls die Nutzung von Tieren
grundsätzlich in Frage.
• Eine Abgrenzung zu Tierrechtspositionen ist nicht immer klar zu
machen.
• Forderungen: Abschaffung aller Tiernutzung, Abkehr von
gegenwärtigen Verhältnissen.
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2. Tierethik
 Tierbefreiung
• Jede Tierbefreiungsethik beinhaltet immer auch eine
Gesellschaftskritik, insbesondere Kritik an
Eigentumsverhältnissen, sowie Kapitalismuskritik.
• Das gegenwärtige System der Tiernutzung wird innerhalb
dieser Positionen als strukturelle, legitimierte Gewalt
wahrgenommen, die vollständig abgeschafft werden
sollte.
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2. Tierethik
 Argumentationsräume:
 Für tierethische Betrachtungen sind vor allem die ersten
3 Kreise relevant, besonders natürlich der Sentientismus
und der Biozentrismus.
 Es lassen sich aber auch rein anthropozentrische
Argumente finden, die nahelegen, dass der Mensch mit
den anderen Tieren nicht beliebig verfahren darf.
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2. Tierethik
Tierethische
Argumentationen
bewegen sich in der
Regel innerhalb dieser
drei
Argumentationsräume
Das Inklusionsproblem - Argumentationsräume
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2. Tierethik
 Ausgewählte anthropozentrische Argumente
• Biophilie - Argument
• Deontologisches Argument
• Herrschaftskritisches Argument
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2. Tierethik
 Ausgewählte physiozentrische Argumente
• Sentientismus
 Utilitaristische Argumente
 Fürsorge- und Mitleidsargumente
 Fähigkeitenargument
• Biozentrische Argumente
 Lebenswille
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2. Tierethik
 Das Tier in der Sprache
 Haustier
 Nutztier
 Labortier
 Wildtier
 Zootier
Sprache hat einen wesentlichen
Einfluss auf den Umgang mit dem
jeweiligen Tier.
Je nach Bezeichnung oder
„Kategorie“ werden auch
unterschiedliche Rechte zu- oder
aberkannt.
Kann man die unterschiedlichen
Umgangsformen ethisch überhaupt
rechtfertigen?
 Sprache ist nicht trivial!
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2. Tierethik
 Begriffe rund um die Debatte:
 Sprachvermögen
 Intelligenz
 Selbstbewusstsein
 Autonomie
 Person
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2. Tierethik
 Frans de Waal
 Verhaltensforscher an der Emory University und Direktor
des Living Links Center in Atlanta, USA.
 Einer der bedeutendsten zeitgenössischen
Primatenforscher.
 Unterstützt die Einführung von Personenrechten für
Menschenaffen
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2. Tierethik
 Frans de Waal
 Die Schwerpunkte von de Waals Arbeiten liegen in der Erforschung
der tierischen und menschlichen Entwicklung von Kultur, Moral und
der Entstehung von Empathie und Altruismus als einer der
Grundlagen der Sozialisation innerhalb von Gruppen und im
Speziellen der daraus später entstehenden besonderen Aspekte der
Menschwerdung. De Waal geht dabei davon aus, dass die
Entstehung von Moral und Kultur keine rein menschlichen
Leistungen sind und sich daher auch vermehrt im Tierreich
herausgebildet haben müssen. De Waal sieht dabei die Moral als
einen evolutionären Prozess an, der geschaffen wurde, um soziale
Normen untereinander zu entwickeln, um dadurch die Befähigung
zu erhalten, Konfliktlösungsstrategien und Mechanismen zur
gegenseitigen Hilfe in sozialisiert lebenden Gruppen herauszubilden.
Modul Ethik in der Biologie. Dozentin: Karin Kunde, CAU Kiel, LS für Philosophie und Ethik der Umwelt | Sitzung 5
2. Tierethik
 Frans de Waal
 Ausgewählte Literatur:
Primaten und Philosophen. Wie die Evolution die Moral
hervorbrachte. (2006)
Der gute Affe. Der Ursprung von Recht und Unrecht bei
Menschen und anderen Tieren. (1997)
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2. Tierethik
 Frans de Waal
„Nichtmenschliche Tiere können keine normativen Ideale
artikulieren […]. Zwingt uns diese Tatsache, eine rote Linie
zu ziehen zwischen den Spielarten des emotionsmotivierten
„moralischen“ Verhaltens, […], und den „echten“
vernunftbegründeten moralischen Handlungen von
Menschen?“ (P.u.Ph., S. 17)
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2. Tierethik
 Frans de Waal
 Vorwurf des Anthropomorphismus (= Vermenschlichung)
„Wissenschaftler, die mit diesen faszinierenden Tieren
[Schimpansen, A. KK) arbeiten, finden sich in der
merkwürdigen Situation wieder, dass sie viele von deren
Aktionen einfach nur mit menschlichen Begriffen erklären
können.“ (P.u.Ph., S. 80)
Modul Ethik in der Biologie. Dozentin: Karin Kunde, CAU Kiel, LS für Philosophie und Ethik der Umwelt | Sitzung 5
2. Tierethik
 Frans de Waal
 Vorwurf des Anthropomorphismus (= Vermenschlichung)
„Es ist klar, dass Tiere keine Menschen sind, genauso klar ist
aber, dass Menschen Tiere sind.“ (P.u.Ph., S. 80)
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3. Fragen/Diskussion
 Haben Sie Fragen?
 Überlegen Sie sich, welche Kriterien für Sie wichtig sind,
um nicht-menschliche Tiere moralisch zu
berücksichtigen.
 Wie stehen Sie zu Tierversuchen (z.B. Hirnforschung) mit
Primaten und Menschenaffen? Versuchen Sie Ihre
Position ethisch zu begründen!
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