06.05.2010 Über mich Neuropsychologische Grundlagen & Aktueller Forschungsstand zu den Ursachen der Legasthenie Kathrin Klingebiel Studium der Psychologie Studium der Sinologie Akad. LRS-Therapeutin Derzeit Doktoratsstudium an Universität Sussex Forschungsschwerpunkte: Legasthenie, Sprache und Gedächtnis, Zweisprachigkeit 2 Warum ist Neuropsychologie für LRSTherapeuten wichtig? Legasthenie Curriculum 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Organisatorisches zur Durchführung des Lehrganges, Einführung (ICD-10,…), Rechtliche Grundlagen Neuropsychologische Grundlagen, aktueller Forschungsstand zu den Ursachen Sprach- und Schriftspracherwerb Diagnostik Befund-, Förder- und Verlaufsdokumentation Behandlung I Behandlung II Neurobiologische Grundlagen, komorbide Störungen, Sekundärsymptomatik Gesprächsführung LRS bei Fremdsprachen, Hochbegabung, Dyskalkulie Schriftliche Prüfung, Praxiseröffnung Fallpräsentationen, Abschluss Welche Fähigkeiten braucht man um Lesen und Schreiben zu können? Leise Lesen Laut Lesen Freies Schreiben Schreiben nach Diktat Abschreiben 3 Warum ist Neuropsychologie für LRSTherapeuten wichtig? Aufbau Ursachen der LRS? 4 Teil I: Neuropsychologische Grundlagen Blicksteuerung Wahrnehmungsschwäche Teilleistungsschwäche Gedächtnisschwäche Sprachstörung Neuropsychologische Funktionen (Wahrnehmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache,...) Teil II: Intelligenzverfahren - Subtests zu neuropsychologischen Funktionen 5 Wahrnehmungsstörungen Testverfahren Teil III: Aktueller Forschungsstand zu den Ursachen der Legasthenie 6 1 06.05.2010 Aufbau Teil I 1. Neuropsychologische Grundlagen 2. Was ist eigentlich Neuropsychologie? Neuropsychologische Funktionen 1. 2. 3. Wahrnehmung Gedächtnis Aufmerksamkeit 8 Neuropsychologie Ziel der Neuropsychologie Den Zusammenhang zwischen Erleben, Denken und Verhalten herauszufinden und diesen zu beschreiben und zu erklären. Ist ein interdisziplinäres Teilgebiet der Psychologie und der Neurowissenschaften Seit den 80er Jahren stetige Intensivierung der neuropsychologischen Forschung & der klinischen Anwendung Grundlagenwissenschaft 9 10 Neuropsychologen Neuropsychologen Wissenschaftler Wissenschaftler Praktiker Abgrenzung von - Neurophysiologen = Mediziner - Neurologen = Mediziner 11 2 06.05.2010 EEG 13 14 15 16 17 18 fMRI 3 06.05.2010 Bekannte Neuropsychologen Alexander Luria Franz Joseph Gall Paul Broca Carl Wernicke Korbinian Brodmann 19 20 Neuropsychologische Testbatterien Neuropsychologen Praktiker HAWIK III K-ABC II 22 Neuropsychologische Diagnostik 23 Leistungsprofil - Stärken & Schwächen Hinweise für spezifische therapeutische Ansatzpunkte Prognosen über zukünftige schulische und berufliche Möglichkeiten Verlaufskontrolle Therapieevaluation 24 4 06.05.2010 Neuropsychologische Funktionen 1. Wahrnehmung 2. Gedächtnis und Lernen 3. Aufmerksamkeit Neuropsychologische Funktionen Wahrnehmung Gedächtnis und Lernen Aufmerksamkeit Sprache Handlungsplanung, Problemlösefähigkeit 4. Sprache 5. Handlungsplanung, Problemlösefähigkeit 26 Die Entwicklung des Gehirns Einschub: Das Gehirn 28 Umgebung des Gehirns Aufteilung des Gehirns Schädelknochen Hirnhäute Gehirnflüssigkeit Schutz vor Stößen und Druckausgleich 29 Hirnstamm – wichtige Funktionen fürs Leben Zwischenhirn – Emotionen Kleinhirn – Bewegungskoordination Großhirn – Bewusstsein, Denken, Sprache 30 5 06.05.2010 Hirnstamm Zwischenhirn Hypothalamus: wichtigstes Integrationsorgan zur Regelung des inneren Milieus des Körpers Aufgaben: Hunger, Durst, Konstanthaltung der Körpertemperatur, Hormonhaushalt Hypophyse: Körperwachstum, steuert fast den gesamten Hormonhaushalt. Von hier wird ein Teil der Streßreaktionen gesteuert, werden ihre Auswirkungen empfangen und wieder an die grauen Gehirnzellen weitergegeben, alles in Wechselwirkung mit Wahrnehmungen, Gedanken und Erinnerungen. limbisches System: Steuert angeborenes und erworbenes Verhalten, ist der Ursprungsort von Trieben, Motivation und Emotion. Thalamus. Tor und Verteilerstation aller Impulse von Sinnesorganen (Haut, Auge, Ohr usw, aber auch von anderen Hirnteilen), Ermöglicht bewußte Wahrnehmung und zielgerichtetes bewußtes Verhalten Alle ankommenden Sinneswahrnehmungen werden hier mit Gefühlen wie Freude, Angst, Lust oder Schmerz ausgestattet. Alle einlaufenden Informationen aus den verschiedenen Bezirken des Großhirns werden hier mit früheren Erfahrungen verglichen, gewertet und dann in andere Bezirke weitergegeben. 31 32 Kleinhirn Großhirn Im Kleinhirn sind alle gewollten und automatischen Muskelbewegungen koordiniert. Nachrichten aus den Sinnesorganen und Befehle von der Großhirnrinde an die Muskeln laufen über das Kleinhirn, werden dort einander zugeordnet und das Ergebnis an die Muskulatur weitergeleitet. Gehirnrinde: Denken, Erkennen, Erinnern, Kombinieren, Lernen, Vergessen 33 Gehirnhälften 34 Gehirnhälften Links Rationales Denken, analytisches Denken, Logik von Ursache und Wirkung, Deduktive Schlußfolgerungen, Arbeiten mit Zahlen, Begriffen und Quantitäten. Administratives, kontrolliertes, sequentielles Vorgehen. Bedarf nach Ordnung und Struktur. Liebe zum Detail. Verbunden mit Balken Unterschiedliche Aufgaben? 35 Rechts Einsatz von Phantasie und Intuition. Ganzheitliches Denken, das auf Details und Vollständigkeit verzichtet. Analoge Schlußfolgerungen. Mustererkennung und bildhafter Vergleich. Entwirft Konzepte. Bezieht Gefühle, Empfindungen und Unwägbares mit ein. Unklare Beschreibung. 36 6 06.05.2010 Gehirnzellen 37 38 39 40 Bereiche des Großhirns 1. Wahrnehmung 42 7 06.05.2010 Definition Reiz Aufnahme „Die Aufgabe der Wahrnehmung liegt darin, den sich ständig verändernden oft chaotischen Input aus äußeren Energiequellen über die Sinnesorgane aufzunehmen und zu stabilen ,geordneten Perzepten, die für den jeweiligen Betrachter relevant sind, zu organisieren.“ Weiterleitung Speicherung im Gehirn Ablauf der Reizverarbeitung Vergleich Koordination der Einzelreize Verarbeitung der Reize und Einordnung in die bisherigen Erfahrungen Zimbardo, 1995 Reaktion 43 44 Grundwahrnehmungsbereiche Körperferne Sinne Unsere Sinne Visuelles System Auditives System Geruchssinn Körpernahe Sinne Taktiles System Vestibuläres System Geschmackssinn Kinästhetisches System Kardiovaskuläres System Gastrointestinales System 46 Lesen & Schreiben Körpernahe Sinne Taktiles System Vestibuläres System Kinästhetisches System Geschmackssinn Kardiovaskuläres System Gastrointestinales System 47 Körperferne Sinne Visuelles System Auditives System Geruchssinn 48 8 06.05.2010 Taktiles System Körpernahe Sinne Taktiles System Vestibuläres System Kinästhetisches System Das taktile System – Der Tastsinn Hautfunktionen Ursprung aller Empfindungen Haut = wichtiges Kommunikationsorgan = sozialer Aspekt der Berührung = die früheste Sprache Entwicklung ab dem 3. SSM Schutzfunktion Regelung des Wärmehaushalts Träger des Stoffwechsels Atmungsorgan Haut = größtes sensorisches Organ des Körpers 51 Bereiche der taktilen Wahrnehmung 52 Die Haut Berührungswahrnehmung Erkundungswahrnehmung Temperaturwahrnehmung Schmerzwahrnehmung 53 54 9 06.05.2010 ups Vestibuläres System Gleichgewichtssinn 56 Gleichgewichtssinn Vestibulärapparat Entwickelt sich im 2.-3. SSM Ist für die Aufrechterhaltung des Körpers und für die Orientierung im Raum verantwortlich Im Innenohr Name „Vestibulärapparat“, da es im sogenannten „Vorhof“ (lat.= Vestibulum) des inneren Ohres liegt Die Schnecke (Cochlea) vermittelt Gehörempfindungen. 57 58 59 60 Vestibulärapparat Inhalt: „Labyrinth“ Drei Bogengänge Großes Vorhofsäckchen (Ultricle) Kleines Vorhofsäckchen (Saccule) 10 06.05.2010 Bereiche Orientierung im Raum Wahrnehmung linearer Beschleunigung Wahrnehmung von Drehbeschleunigung 61 62 Das kinästhetische System Kinästhetisches System Bewegungs-, Kraft- und Stellungssinn Eigene Lage- und Bewegungsempfindung, die nicht durch das Sehen vermittelt wird. Neben dem Tast- und Gleichgewichtssinn das erste funktionierende System des Fötus im Mutterleib Kinästhetische Wahrnehmung funktioniert meist unbewusst 64 Propriozeptives System Propriozeptoren Rezeptoren des kinästhetischen Systems nehmen nur Reize im eigenen Körper auf = „Propriozeptoren“ -> Propriozeptives System Aus Eigenwahrnehmung baut sich das Körperschema auf: Das Kind kann die Grenzen des eigenen Körpers erfassen, es kann eine Vorstellung über seinen Körper entwickeln 65 Kein eindeutig lokalisierbares Sinnesorgan Über den ganzen Körper verstreut in Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln Direkt aus dem eigenen Körper 66 11 06.05.2010 Bereiche Körperferne Sinne Stellungssinn – wie die Gliedmaßen zueiander stehen Bewegungssinn Kraftsinn – Druckdosierung beim Halten eines Stiftes Spannungssinn – Druckdosierung beim Halten eines Stiftes Visuelles System Auditives System 67 Der Sehsinn Visuelles System 80% der Wahrnehmung Leistungen des Auges: Helligkeitssehen/-unterscheidungen Dunkeladaption Farbensehen Muster erkennen Formen erkennen 70 Das Auge Flecken im Auge „gelber Fleck“ „blinder Fleck“ 71 Sehgrube oder Fovea centralis = Stelle des schärfsten Sehens (Sinneszellen stehen besonders dicht) An der Austrittsstelle des Sehnervs. Dort fehlen die Sinneszellen. Fehlender Bildteil wird vom Gehirn aus unserer Umgebung ergänzt! 72 12 06.05.2010 73 Bereiche der visuellen Wahrnehmung 74 Figur-Grund-Wahrnehmung Figur-Grund-Wahrnehmung Visumotorische Koordination Wahrnehmungskonstanz Raumlage Erfassen räumlicher Beziehungen Formwahrnehmung Farbwahrnehmung Visuelles Gedächtnis 75 Visumotorische Koordination 76 Wahrnehmungskonstanz 77 78 13 06.05.2010 Raumlage Erfassen räumlicher Beziehungen 79 Formwahrnehmung 80 Farbwahrnehmung 81 Visuelles Gedächtnis 82 Blickbewegungen 83 84 14 06.05.2010 Blickbewegungen beim Lesen Sakkaden Kleine ruckartige Blickfolgebewegungen Beim Leseanfänger werden alle Worte Buchstabe für Buchstabe mit Sakkaden abgetastet Darüber hinaus gib es rückkoppelnde Sakkaden zum Wortanfang und es gibt Sakkaden, die zwischen den Zeilen springen (Vertikalsakkaden und schräglaufende Sakkaden) 85 86 „Perceptuel span“ Wortlängeninformation von ca. 15 Buchstaben und für Buchstabendiskrimination etwa 8 is 10 Buchstaben nach rechts. Nach links geht die Buchstabenidentifikationsspanne nur bis zu 4 Buchstaben. Diese Asymmetrie ist eine Funktion der Leserichtung. Auditives System 87 Das Ohr Hören Schallwellen Trommelfell Mittelohr Innenohr Schnecke 2 Membrane mit Lymphflüssigkeit und Haarzellen Umwandlung in elektrischen Reiz Hörnerv 89 90 15 06.05.2010 Bereiche der auditiven Wahrnehmung Schnecke Auditive Aufmerksamkeit Auditive Figur-Grund-Wahrnehmung Auditive Lokalisation Auditive Diskriminierung Auditive Merkfähigkeit Verstehen des Sinnbezugs 91 92 Audiometrie – Hörtest II Audiometrie – Hörtest I Hörschwellen zwischen 125 und 8000 Herz in verschiedenen Frequenzlagen Die Töne werden dem Kind über einen Kopfhörer angeboten und der leiseste noch wahrnehmende Ton in einer bestimmten Frequenzlage registriert Normalfall: Hörschwellen in allen untersuchten Frequenzen unter 20dB Tonaudiometrie: die Hörschwelle gibt an, bei welcher Lautstärke welche Frequenz gerade noch gehört wird Sprachaudiogramm: über Kopfhörer wird Sprachverarbeitung mit jeweils einem Ohr überprüft. Differenzierung rechtes/linkes Ohr. Dichotischer Sprachtest: über Kopfhörer wird gleichzeitig jedes Ohr mit einem unterschiedlichen, aber gleichsilbigen Wort beschallt. Unauffällig, wenn beide Wörter getrennt nacheinander aufgesagt werden können Sprachtest unter Störschall 93 94 Definition Das Gedächtnis …aktiv wahrnehmendes kognitives System, das Informationen aufnimmt, enkodiert und wieder abruft. 96 16 06.05.2010 Einteilung Aufteilung des Gedächtnisses Struktur-Aspekt: verschiedene Systeme des Gedächtnisses Prozess-Aspekt: verschiedene Phasen des Gedächtnisses Ultra-Kurzzeit-Gedächtnis (UKZG), sensorischer Register Kurzzeit-Gedächtnis (KZG) Dauer: 10-20 Sekunden Sofortreaktion – z.B. Autofahren (Reaktion wird nicht bewusst) Dauer: 20 Minuten Proteinsynthese Langzeit-Gedächtnis (LZG) Dauer: Lebenszeit Feste Einlagerung von Proteinen in Neuronen 97 98 Arbeitsgedächtnis nach Baddeley (1997) Ultrakurzzeitgedächtnis Kurzzeitgedächtnis Zentrale Exekutive Visueller Notizblock Episodischer Buffer Phonologische Schleife 99 100 101 102 Lernen & Gedächtnis Bewusstes vs. unbewusstes Lernen Hebb‘sche Regel Denkblockaden durch Stresssituationen verursacht – Funktion von Synapsen gestört Reizüberflutung – Flaschenhalsmodell – Vorbeugung von Reizüberflutung 17 06.05.2010 Vergessenskurve Aufmerksamkeit 103 Definition I Definition II Nach Peters (1990): Aufmerksamkeit ist die Ausrichtung der geistigen Aktivität auf einen oder mehrere bestimmte Gegenstände, was als aktive Zuwendung oder als passives Angezogensein in Erscheinung treten kann. Zu dem Begriff gehört ein Absehen (Ausblendung) von anderen Gegenständen des Wahrnehmungsfeldes als aktive Leistung. Die Aufmerksamkeit ist von vielen äußeren (Zahl der sich anbietenden Eindrücke) und inneren (Gestimmtheit, Ausgeruhtsein) Faktoren abhängig. Nach Zimmermann und Fimm (1993): Aufmerksamkeit ist ein hierarchisch strukturiertes System, das ein- und ausgehende Informationen kontrolliert und integriert und dabei mit allen anderen kognitiven Bereichen in Wechselwirkung steht. 105 106 Formen der Aufmerksamkeit Einteilung Das Zielgerichtete Lenken der Aufmerksamkeit Das Ausfiltern unwichtiger und auswählen wichtiger Reize Die Fähigkeit Ausdauer aufrecht zu erhalten Die Fähigkeit Ablenkungen widerstehen Die Fähigkeit die Aufmerksamkeit zu wechseln 107 Automatisierte (nicht bewusste) Aufmerksamkeit Kontrollierte Aufmerksamkeit 108 18 06.05.2010 Wahrnehmungsstörungen Teil II Wahrnehmungsstörungen Intelligenzverfahren - Subtests zu neuropsychologischen Funktionen Wenn ein Sinnesorgan geschädigt ist oder ganz ausfällt Prozess der Reizverarbeitung im Gehirn ist gestört Arten: taktil-kinaesthetische Wahrnehmungsstörung Intermodale Wahrnehmungsstörung Seriale Wahrnehmungsstöhrung 110 Ursachen Beispiel Genie Ursache von Wahrnehmungsstörungen kann nicht eindeutig belegt werden. Organische Ursachen Pränatale Ursachen Perinatale Ursachen Postnatale Ursachen Wolfskind Umweltbedingte Ursachen Mangel an Entwicklungsreizen Unausgewogene Reizeinflüsse 111 Neuropsychologische Testbatterien 112 Beeinträchtigungen HAWIK III K-ABC II 113 des taktilen Systems des kinestätischen Systems des vestibulären Systems des visuellen Systems des auditiven Systems des Gedächtnis der Konzentration 114 19 06.05.2010 Störung der taktilen Wahrnehmung Überfunktion Störungen der kinästethischen Wahrnehmung Reize oft als unangenehm empfunden Unterfunktion Es bedarf sehr intensiver Reize, damit diese Impulse im Gehirn ankommen Oft schmerzunempfindlich Häufig distanzlos gegenüber Fremden Kein differenziertes Körperschema Körperteile sind in ihrer Vorstellung nicht präsent Verkrampfte Stifthaltung Bewegungen können häufig nicht plötzlich gestoppt werden Soziale Probleme 115 116 Störungen der vestibulären Wahrnehmung Beeinträchtigungen des visuellen Systems Überfunktion Vermeiden Klettern, Balancieren Neigen zu Übelkeit bei Drehbewegungen Unterfunktion Unstillbares Bewegungsbedürfnis Können oft Gefahren nicht voraussehen Oft auch Schwierigkeiten in der Raumvorstellung 117 Folge von visuell-räumlichen Wahrnehmungsstörungen im LRS-Bereich Diagnostik Figur-Grund-Wahrnehmung Visumotorische Koordination Wahrnehmungskonstanz Raumlage und Erfassen räumlicher Beziehungen Formwahrnehmung Farbwahrnehmung Visuelles Gedächtnis 119 Schwierigkeiten beim Erkennen, Unterscheiden und Behalten von visuellen Mustern und deren Beziehung zueinander Lesen und Schreiben: Schwierigkeiten bei der Durchgliederung und Differenzierung von Gestalten bzgl. RL-Merkmalen (Synthese von Buchstaben zum Wortganzen und bei der Analyse von Wörtern in einzelne Buchstaben) 120 20 06.05.2010 Folge von räumlich-konstruktiven Defiziten im Verhalten Wichtige Abklärungen Kinder zeigen unvorhersehbares Verhalten Interaktionen werden ohne erkennbaren Bezug zur aktuellen Situation plötzlich begonnen oder beendet Falsche Interpretation des Verhaltens von anderen Kindern Augenärztin Kontrolle des Auges als Organ Orthoptistin Qualität der ein- und beidäugigen Sehfunktionen 121 Beschwerden, die eine augenärztliche und orthoptistische Untersuchung erfordern 122 Aussagen zum Leseakt Kopfschmerzen, besonders im Laufe des Tages, nach Naharbeiten Unlust zu Naharbeiten Augenreiben, -kneifen, -tränen, -zwinkern, besonders in Verbindung mit Naharbeiten Verschwommen sehen beim Distanzwechsel, beim Fixieren von der Ferne zur Nähe und umgekehrt Doppelbilder/Schattensehen Kann keine kleinen Texte lesen Kann nicht lange lesen Lese nur noch kurze Texte Muss beim Lesen alles weit weg halten/dicht heran nehmen Wenn ich beim Lesen alles deutlich sehen will, wird der Text sehr klein Buchstaben und/oder Zahlen wackeln, springen, rutschen ineinander, verschwimmen Das Sehen und/oder Lesen strengt an 123 124 Diagnostik Diagnostik Figur-Grund-Wahrnehmung Visumotorische Koordination Beispiele: Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW) HAWIK III (Bilder ergänzen) 125 Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW) 126 21 06.05.2010 Diagnostik Diagnostik Wahrnehmungskonstanz Raumlage Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW) HAWIK III Mosaiktest AID 2 Analysieren und Synthetisieren – abstrakt 127 128 Diagnostik Diagnostik Räumliche Beziehungen Visuelles Gedächtnis: Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW) HAWIK III Zahlensymboltest (indirekt) AID 2 Assoziieren K-ABC Räumliches Gedächtnis Handbewegungen 129 130 Auditive Beeinträchtigungen im Alltag Beeinträchtigungen des auditiven Systems Eindruck, das Kind höre nicht gut Fragt häufig nach Leicht ablenkbar Merkt sich keine Fakten Beobachtet viel Durch laute Umgebung gestört Konzentration beim Zurhören nimmt rasch ab 132 22 06.05.2010 Phonologische Bewusstheit Phonologische Bewusstheit Zentral in der neuropsychologischen Diagnostik! = Einsicht in die Lautstruktur der Sprache Phonologische Wahrnehmung (Diskriminations- und Reimaufgaben) Phonologisches KZG (PseudowörterNachsprechen) Phonologisches LZG (Pluralbildungen) Geschwindigkeit der Sprachproduktion (Benennungsschnelligkeit) 133 134 135 136 Diagnostik Phonologische Wahrnehmung Phonologisches KZG Div. Subtests aus BISC und BAKO (z.B. Diskriminationsund Reimaufgaben, Zusammenlauten, Laute ersetzen) Zahlennachsprechen (AID, HAWIK, K-ABC) Pseudowort-Nachsprechen (BISC) Wortreihe (K-ABC) Phonologisches LZG Wortschatz (AID 2, HAWIK, K-ABC) Pluralbildung (HSET) Störungen der seriellen Wahrnehmung Diagnostik Schwierigkeit, simultan oder sukzessiv dargebotene visuelle oder auditive Reize wahrzunehmen, zu verarbeiten oder zu reproduzieren 137 Zahlennachsprechen (K-ABC, HAWIK, AID) Wortreihe (K-ABC) Handbewegungen (K-ABC) Bilder Ordnen (K-ABC, HAWIK, AID) 138 23 06.05.2010 Beeinträchtigung des Gedächtnis 139 Gedächtnisstörungen im Alltag Diagnostik Symptome, die meist als Aufmerksamkeitsstörung oder allgemeine Lernstörung interpretiert werden Optisch Aufforderungen/Anweisungen werden nicht oder unvollständig ausgeführt Handlungsabläufe werden oft unterbrochen – planlos, unorganisiert Kinder sind ängstlich, können sich nicht sicher orientieren (z.B. auf Strassen) Schulleistungen nur durch enorme Anstrengung auf bestenfalls mittlerem Niveau bewältigt Räumlich Zahlennachsprechen (AID, K-ABC, HAWIK) Silben nachsprechen (AID - Zusatztest) Motorisch Räumliches Gedächtnis (K-ABC) Akustisch Assoziieren (AID) Wiedererkennen von Gesichtern (K-ABC) Handbewegungen (K-ABC) Intermodal Wortreihe (K-ABC) 141 142 Konzentrationsstörungen im Alltag Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit Aufgabenverständnis: genau hinhören, nachfragen Arbeitstempo Arbeitsgenauigkeit Ermüdbarkeit im Verlauf Beschäftigungsdauer für eine Aufgabe Verhältnis Fehler zu Tempo Leistungsschwankungen Beachtung von wichtigen Details Ablenkbarkeit (Gegenstände im Raum, Lärm) 144 24 06.05.2010 Diagnostik TAP ZVT Zahlenverbindungstest (Kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit) Test d2 Testbatterie zur Aufmerksamkeitsüberprüfung (70-80 Minuten) Aufmerksamkeitsbelastungstest (selektive Aufmerksamkeit, Daueraufmerksamkeit) HAWIK III, AID II Zahlensymboltest, Kodieren (Aufmerksamkeitsteilung) 145 146 Sekundäre Störungen von Wahrnehmungsstörungen Selbstwertprobleme Ängstlichkeit (Kind zieht sich zurück, vermeidet Kontakt mit anderen oder spielt mit jüngeren Kindern) Aggressivität (Kinder versuchen ihre Unsicherheit durch Angriffe auf andere zu verdecken, werden schnell wütend und können Belastungen nicht ertragen) Teil III Aktueller Forschungsstand zu den Ursachen der Legasthenie 147 Ursachen Forschungsansätze Multiples Ursachenmodell genetisch „vorprogrammiert“ gestörte sprachliche Informationsverarbeitung Missbildungen im Gehirn Störungen der visuellen Informationsverarbeitung Teilleistungen Drei Erklärungsansätze bestimmen die wissenschaftlichen Untersuchungen. LRS sei Ausdruck von Besonderheiten: Visueller Informationsverarbeitung Sprachlicher Informationsverarbeitung Der Übersetzungsvorgänge zwischen visuellen und sprachlichen Informationsvorgängen 149 150 25 06.05.2010 Besonderheiten des Sehvermögens Visuelle Besonderheiten Störung der Sehfunktion des Auges sind sehr wahrscheinlich nur selten die Ursache sondern fast immer Folgen der Legasthenie 152 Augenbewegungen bei LRS Neurobiologische Befunde Schauen länger auf Buchstaben (verlängerte Fixationszeiten) Auge irrt oft an der Zeile entlang (ungezielte Fixationen) Fixationen öfter Fixationen öfter auch rückwärts Augenärztliche Untersuchung wichtig!! Hirnelektrisch gemessen ist Weiterleitung des Gelesenen bei manchen LRS verlangsamt Stoffwechselvorgänge im Gehirn – Widersprüchliche Befunde Histologische (zellgewebliche) Befunde – widersprüchliche Befunde Reaktionzeiten auf Lichtblitze: wahrscheinlich verlangsamt v.a. wenn mit Schriftsprache verbunden 153 154 Besonderheiten bei LRS Besonderheiten akustischer und sprachlicher Informationsverarbeitung Wortschatz ist geringer Grammatik weniger gut beherrscht Akustisches Gedächtnis schlechter Benennung von Buchstaben, Wörtern, Farben,… verlangsamt Defizit in der phonologischen Bewusstheit 156 26 06.05.2010 Neurobiologische Befunde Zu der akustischen und sprachlichen Informationsverarbeitung wurden hirnelektrische Stoffwechselreaktionen und neuropsychologische Reaktionszeiten gemessen: sprachliche Laute akustisch nicht so rasch und fehlerlos unterscheiden PET: Anregung von Hirnregionen, die ganz spezifisch für die sprachliche Informationsverarbeitung wichtig sind, ist bei Personen mit LRS anders Anatomische und histologische Veränderungen häufiger Vererbung, psychologische und soziale Faktoren der LRS 157 Genetische Veranlagung Psychologische Faktoren Familiäre Häufung Zwillingsstudien Molekulargenetische Befunde Auf den Chromosomen 1,2,3,6,15 und 18 1/3 der Kinder mit Leserückständen zeigten emotionale und Verhaltensprobleme Lese- Rechtschreibschwierigkeiten durch Vernachlässigung der emotionalen und intellektuellen Bedürfnisse Neuropsychologische Ursachen: TL Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Motorik 159 160 Soziale Faktoren LRS kommt in allen Schichten vor Reichen als alleinige Ursache nicht aus, sind jedoch verstärkend Zum Abschluss eine kurze Zusammenfassung Geringere Lesemotivation der Eltern Niedrigere Erwartungshaltung 161 27 06.05.2010 Studie von Breitenbach (1992) Hilft die Neuropsychologie bei LRS? Höher kognitive Funktionen (z.B. Lesen & Schreiben) beruhen auf basalen Funktionen (z.B. Sehen, Hören,…) Therapie von basalen Funktionen hilft höheren Funktionen? Problem: komplexe & weitgehend ungeklärte Zusammenhänge werden oft vereinfacht! empirischen Vergleichsuntersuchung Kontroll- & Experimentalgruppe Experimentalgruppe: Training in basalen Bereichen Die Entwicklungsfortschritte in den Bereichen »Kognitive Entwicklung, Wahrnehmung, Motorik, Arbeitsverhalten« wirkten sich nicht positiv auf die Schulleistungen aus. 163 Aufgabe der Neuropsychologie 164 Kontakt Dem Kind einen Weg des Lesen- und Schreibenlernens zu ebnen oder zu ermöglichen, auf dem es mit seinen Mitteln und in seinem Tempo vorankommen kann. Kennt man »schwache und starke« neuropsychologische Funktionen des Kindes, kann man versuchen, dieses Wissen in die fachlichen und methodischen Überlegungen einfließen zu lassen. 165 Kathrin Klingebiel Department of Psychology University of Sussex Brighton, BN1 9QH United Kingdom (UK) 01273 676649 (Int.) +44 1273 676649 Mail: [email protected] 166 28