A02 Schwingungen A02 1. ZIEL In diesem Versuch sollen Sie Schwingungen und ihre Gesetzmäßigkeiten untersuchen. Sie werden die Erdbeschleunigung messen und mit einem Foucault-Pendel die Drehung der Erde um ihre Achse nachweisen. Daneben lernen Sie, wie man Bewegungen elektrisch messen kann und wie sich die Messwerte mit einem Computer erfassen, auswerten und grafisch darstellen lassen. 2. FRAGEN ZUR VORBEREITUNG 2.1. Welche Kräfte wirken bei einem Federpendel? Eine Kugel hängt in Ruhe an einer Feder (Abb. 1 links). Welche Kräfte wirken auf die Kugel? Wie groß sind sie? In Abb. 1 rechts ist die Kugel um die Strecke s nach unten ausgelenkt. Wie groß sind jetzt die Kräfte? Wie groß ist die resultierende Kraft und welche Richtung hat sie? Mit welchen Größen, Begriffen beschreibt man üblicherweise Schwingungen? Zeichnen Sie qualitativ die Funktionen: Abb. 1 Hebt man die Kugel etwas an und lässt sie dann los, so ist die ... größer als die .... Die Kugel fällt nach unten, schießt wegen ihrer ... über die Gleichgewichtslage hinaus, wird von der Feder abgebremst und wieder nach oben beschleunigt. Der Vorgang wiederholt sich: Das Federpendel schwingt. y = cos (2π⋅x), y = e-0,5 x, y = e-0,5 x cos (2π⋅x) 2.2. Wie groß ist die Auslenkung s zur Zeit t ? Für Schwingungen wie beim Federpendel gibt es einen bemerkenswerten Zusammenhang mit einer Kreisbewegung. Wenn die Schwingungsdauer T der Kugel gleich der Umlaufzeit der Scheibe ist, so verläuft die Projektion von K und M in Abb. 2 auf den Schirm synchron, die Marke ist stets auf gleicher Höhe mit der Kugel. Also yK = yM = y0 cos (ϕ) mit y0 = r, bei gleichförmiger Kreisbewegung gilt ϕ t 2π = , ϕ= T: Zeit für einen Umlauf t 2π T T 2π und mit der Winkelgeschwindigkeit ω = T daher Abb. 2 Ein Marke M rotiert auf der Kreisscheibe gleichmäßig um die horizontale Achse A. Die Umlaufzeit der Scheibe wird so angepasst, dass sie mit der Schwingungsdauer T der Kugel K übereinstimmt. 19.05.2006 y = y0 cos (ω t) . Kennt man die Schwingungsdauer T und die Amplitude y0 , so lässt sich mit dieser Gleichung die Auslenkung der Kugel zu jeder Zeit berechnen. 1 Physikalisches Anfängerpraktikum Universität Hannover A02 2.3. A02 Wie groß ist die Schwingungsdauer? Der Pendelkörper in Abb. 3 wird auf dem Kreisbogen um s = L ϕ (ϕ im Bogenmaß) ausgelenkt, auf ihn wirkt die Gewichtskraft F = mg. Zerlegt man diese Kraft in zwei Komponenten parallel und senkrecht zur Fadenrichtung, so dehnt F⏐⏐ lediglich den Faden. Der Körper wird nur von der Kraft: F⊥ = m g sin ϕ = m g sin ( s / L ) zurückgetrieben. Für s << L ist F⊥ = m g s / L : m s = mgs/L . s = s0 cos (ω t) s ≈ s0 ; sin ϕ = s0 / L ≈ s / L und daher Die Kraft ist proportional zur Auslenkung. Mit dem Grundgesetz von Newton folgt: Setzt man hier die Bewegungsgleichung ein, so ergibt sich schließlich ω2 = Abb. 3 Für kleine Winkel ist die rücktreibende Kraft F⊥ proportional zur Auslenkung. Die Schwingung ist daher harmonisch. g L und T = 2π L g . Die Schwingungsdauer eines Fadenpendels ist umso größer, je länger das Pendel ist. Sie ist aber unabhängig von der Masse und für kleine Ausschläge auch unabhängig von der Anfangsamplitude. 3. VERSUCHSAUFBAU Sie müssen sich im Praktikum zunächst mit dem Messwert-Erfassungssystem vertraut machen. Auch mit der detaillierten Anleitung am Arbeitsplatz braucht es seine Zeit, bis Sie die Funktionen des Programms und die optimalen Einstellungen für den Versuch herausgefunden haben. Probieren Sie die Parameter hemmungslos aus, Sie können nichts kaputt machen. Das Prinzip: 1. Ein elektrischer Sensor erzeugt eine analoge Spannung, die direkt proportional zum Messwert ist. Solche Sensoren gibt es für Druck, Luftfeuchtigkeit, pH-Wert, Drehzahl, Kraft, um nur einige zu nennen. Solche Messwert-Erfassungssysteme sind daher universell einsetzbar. 2. Das Messsystem fragt mit einer einstellbaren Taktrate den momentanen Spannungswert ab, rundet ihn mit einer endlichen Genauigkeit und speichert dann diesen digitalen Wert mit der dazu gehörigen Zeit intern. Je kleiner die Taktrate sein kann, desto teurer sind solche Systeme. Abb. 5 Der Sensor ist hier ein Drehpotentiometer. Je größer der Winkel des Pendels, desto größer wird der Spannungsabfall an dem Drehwiderstand. 3. Mit einem Programm lassen sich die Werte auf einem PC erfassen und tabellarisch oder grafisch auf dem Bildschirm darstellen. Die Weiterverarbeitung der Daten wird damit ganz wesentlich erleichtert, z.B. um eine Fehlerrechnung durchzuführen. Sie müssen das Messsystem zuerst auf Ihre konkrete Anwendung einstellen: 1. Was wird gemessen: Strom, Spannung, Zeit? 2. In welchen Einheiten: mV, V, ms, s? 3. In welchem Bereich: 1 V, 3V, 10 V? 4. In welchem Zeitintervall wird der Messwert abgefragt? 5. Wann soll das Programm starten? 2 A02 4. 4.1. A02 MESSUNGEN Fadenpendel Die ungedämpfte Schwingung wird mit einem Fadenpendel, wie in Abb. 6 skizziert, untersucht. Wovon hängt die Schwingungsdauer T eines solchen Pendels ab? Abb. 6 Fadenpendel Versuch: 1. Von der Länge L? 2. Von der Masse m? 3. Von dem Auslenkwinkel ϕ0? Bestimmen Sie die Schwingungsdauern T für die am Arbeitsplatz angegebenen Werte mit einer Stoppuhr. Abb. 7 ϕ = ϕ0 cos (ωt) 4.2. Auswertung: 1. Drei Graphen: T 2(L), T (m), T (ϕ0) 2. Können Sie damit die Aussagen im Kasten von 2.3 bestätigen? 3. Wie groß ist die Erdbeschleunigung g aus Ihrer Steigung T 2(L)? Drehpendel Versuchsaufbau: Die ungedämpfte und die gedämpfte Schwingung werden als nächstes mit einem Drehpendel untersucht. Das Drehpendel selbst besteht aus einer Spiralfeder S und einem flachen Kupferring K, der sich um seinen Mittelpunkt dreht. Die Auslenkung ϕ wird mit dem Messsystem (Abb. 5) alle 20 ms registriert und auf dem Bildschirm dargestellt. Als Sensor dient hier eine Hallsonde, die Hallspannung ist proportional zum Winkel ϕPendel. Das Drehpendel lässt sich mit einer Wirbelstrombremse dämpfen. Der Kupferring K rotiert dazu zwischen den Polen W eines Elektromagneten. Abb. 8 Drehpendel. Abb. 9 ϕ = ϕ0 e-δt cos (ωt) Versuch: 1. Mit dem Messprogramm auf dem Computer sollten Sie Graphen wie in Abb. 7 und Abb. 9 produzieren können. Anleitung und einzustellende Werte finden Sie wieder am Arbeitsplatz. Wenn Ihnen die Darstellung auf dem Bildschirm gefällt: AUSDRUCK 2. Bei welcher Dämpfungs-Stromstärke kommt das Pendel am schnellsten zur Ruhe? Auswertung: 1. Ändert sich die Schwingungsdauer T mit der Dämpfung? 2. Ist das Verhältnis aufeinander folgender Amplituden konstant? 3. Wie groß ist die Zeit, in der das Pendel am schnellsten zur Ruhe kommt? 3 A02 4.3. A02 Erzwungene Schwingung und Resonanz Abb. 10 Erregerfrequenz << Eigenfrequenz Erregerfrequenz = Eigenfrequenz Resonanz Erregerfrequenz >> Eigenfrequenz Bisher hatten Sie das Pendel einmal ausgelenkt und sich dann selbst überlassen. Es schwingt mit seiner Eigenfrequenz. Was passiert, wenn man die Aufhängung des Pendels periodisch bewegt? Bei niedrigen Erregerfrequenzen stimmen die Amplitude des schwingenden Körpers und die Amplitude des Erregers überein. Beide bewegen sich im Gleichtakt (Abb. 10 links). Steigert man die Erregerfrequenz, so hinkt das Pendel wegen seiner Trägheit dem Erreger hinterher. Seine Schwingung erfolgt phasenverschoben. Mit welcher Frequenz schwingt das Pendel jetzt und wie groß wird die Amplitude? Bei sehr hohen Erregerfrequenzen ist die Bewegung wieder leichter zu durchschauen: Der Körper schwingt wieder mit der Erregerfrequenz, allerdings erfolgt die Bewegung im Gegentakt. Die Amplitude ist daher nur noch sehr klein (Abb. 10 rechts). Versuch: Über die Schubstange und den Hebel in Abb. 8 wird das Drehpendel jetzt von einem Motor mit variabler Drehzahl periodisch erregt. An dem Hebel ist ein zweiter Winkelaufnehmer angebracht. Mit dem Messsystem können Sie daher die Bewegung von Pendel und Erreger gleichzeitig aufnehmen und die Phasenverschiebung zwischen beiden verfolgen. Versuchsdurchführung mit den Werten am Arbeitsplatz. Auswertung: 1. Wie groß wird die Amplitude des Pendels im Resonanzfall? 2. Mit welcher Frequenz schwingt in allen Fällen das Pendel? 3. Können Sie anschaulich erklären, warum die Amplitude im Resonanzfall so groß wird (Abb.10 Mitte)? Abb. 11 Die Resonanzkurven einer erzwungenen Schwingung 4 A02 4.4. A02 Das Pendel dreht sich nicht Ein Fadenpendel, einmal angestoßen, schwingt immer in derselben Ebene. Auch wenn sich der Tisch mit dem Galgen, an dem das Fadenpendel aufgehängt ist, dreht, behält es seine Schwingungsebene bei. Es wirken ja keine Kräfte quer zur Schwingungsebene. Versuch: Im Praktikum gibt es einen Drehtisch mit einem Pendel, das seine Bewegung in Sand schreibt. Können Sie von weitem beobachten, dass die Schwingungsebene konstant bleibt? Was sieht ein Beobachter auf dem Tisch? Abb. 12 Der Tisch dreht sich unter dem Pendel, das Pendel schwingt trotzdem in seiner anfänglichen Richtung weiter. 4.5. Wie schnell dreht sich die Erde? Unter einem Pendel, das genau über dem Nordpol schwingt, dreht sich die Erde einmal am Tag um 360° hinweg. Ein Beobachter dort oben, der sich mit der Erde mitdreht, sieht umgekehrt, dass sich die Pendelebene dreht. Was beobachten wir hier in Hannover? Unter einem Pendel, das bei H (Abb. 14) aufgehängt ist, dreht sich der Erdboden (Horizont) nur mit ωHannover = ωErde sin ϕ Abb. 13 Am Äquator lässt sich diese Drehung der Pendelebene nicht beobachten. Die Erde dreht sich dort nicht unter dem Pendel, die Pendelebene wird von der rotierenden Erde mitgenommen. Mit der Breite von Hannover ϕ ≅ 52° in einer Stunde also um 360° 24 sin 52° = 11,82° . Versuch: Die Demonstration dieses Effekts ist fest mit dem Namen Foucault verbunden. Er hat ihn 1850 zum ersten Mal in Paris mit einer 28 kg schweren Kugel an einem 67 m langen Draht durchgeführt. Im Praktikum ist ein wesentlich kleineres Foucault-Pendel fest aufgebaut. Messen Sie bitte im Lauf des Nachmittags dreimal die Drehung des Pendels. Stimmen Ihre Werte mit der Theorie überein? Abb. 14 Foucault-Pendel in Hannover H. 4.6. Corioliskraft Ein Beobachter auf der Erde merkt normalerweise von der Erddrehung nichts. Die Erde ist für ihn in Ruhe, nur das Pendel dreht sich. Will man diese Pendeldrehung mit den Gesetzen der Mechanik begründen, muss man dafür eine extra Kraft bemühen und erfinden: Corioliskraft Mit ihr erklären wir z.B. die Richtung der Passatwinde. Sie bewirkt auf der Nordhalbkugel für alle Bewegungen eine Rechtsablenkung. Können Sie auch die Sandspuren in 4.4 damit erklären? Abb. 15 Ein Tiefdruckgebiet über der Nordhalbkugel von Apollo 9 aus einer Höhe von 128 km aufgenommen. 5