Woche 11

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Woche 11
14
14.1
Exakte Statistik nichtwechselwirkender Teilchen
Bose-Einstein Statistik
Eingeführt von Satyendra Nath Bose (1924) für Photonen und von A. Einstein für massive Teilchen (1925). Voraussetzung: Bosonen (Teilchen mit
ganzzahligen Spin), nicht durch das Pauli-Verbot eingeschränkt. Beispiele:
Photonen, Phononen, He4 -Atome,...
Annahme: Nichtwechselwirkende Teilchen ⇒ ideales Bose-Gas.
Seien die Einteilchen-Energieniveaus ǫi . Ein Zustand ν des Systems ist
durch die Besetzungszahlen nνi definiert (nνi = 0, 1, ...). Teilchen sind ununterP
P
scheidbar, ihre Gesamtzahl Nν = i nνi und die Gesamtenergie Eν = i ǫi nνi
im Zustand ν sind fixiert. Die großkanonische Zustandssumme lautet:
ZBE =
X
e−Eν /kT +µNν /kT =
ν
X P
e
i
nνi (
µ−ǫi
kT
ν
i
) = X Y e µ−ǫ
kT
ν
i
nν
i
Die Summe über ν geht über alle Möglichkeiten, die Besetzungszahlen nνi aus
zuwählen, so daß alle möglichen Kombinationen von e
sind. Somit
ZBE =
XY
ν
i
e
µ−ǫi
kT
nν
i
=
∞ Y X
e
µ−ǫi
kT
i nνi =0
nν
i
=
Y
i
µ−ǫi
kT
nνi
aufsummiert
1
1−
e(µ−ǫi )/kT
.
(1)
Die Geometrische Reihe konvergiert nur wenn e(µ−ǫi )/kT < 1, d.h. µ < ǫi für
alle Einteilchenzustände i. Aus Gl. (1) folgt:
• ΩBE = −kT ln ZBE = kT
• N=
P
i
P
i
ni = − (∂Ω/∂µ)T,V =
N=
ln 1 − e(µ−ǫi )/kT = −pV
P h
i
X
i
e(µ−ǫi )/kT / 1 − e(µ−ǫi )/kT
1
e(ǫi −µ)/kT − 1
1
.
i
⇒
Mittlere Besetzungszahl des Einteilchenniveaus i ist
1
ni = (ǫi −µ)/kT
.
e
−1
Wenn wir die Energie des Grundzustandes gleich 0 setzen, so ist es
µ < 0.
14.2
Fermi-Dirac Statistic
Eingeführt von E. Fermi (1926), der Zusammenhang mit der Quantenmechanik wurde vom P.M. Dirac geklärt (1926). Voraussetzung: Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin). Pauli-Verbot ⇒ die Besetzungszahlen der Einteilchenzustände sind entweder 0 oder 1: nνi = 0 oder 1. Beispiele: Elektronen,
Protonen, He3 -Atome. Die Großkanonische Zustandssumme lautet:
X
ZF D =
−Eν /kT +µNν /kT
e
=
ν
⇒
P
i
e
µ−ǫi
kT
i nνi =0,1
• ΩF D = −kT ln ZF D = kT
• N=
Y X P
nν
i
=
Yh
1 + e(µ−ǫi )/kT
i
i
(µ−ǫi )/kT
= −pV
i ln 1 + e
ni = − (∂Ω/∂µ)T,V =
N=
P h
i
X
i
e(µ−ǫi )/kT / 1 + e(µ−ǫi )/kT
1
1+
e(ǫi −µ)/kT
i
.
Mittlere Besetzungszahl des Einteilchenniveaus i ist
1
ni = (ǫi −µ)/kT
.
e
+1
Für Fermionen gibt es keine Begrenzungen auf µ-Werte: −∞ < µ < ∞.
Bemerkung: Für klassische Teilchen (Maxwell-Boltzmann Statistik) erhält
man
X
1 N
ZM B =
eµN/kT
z
N!
N
mit z =
ist
P
i
e−ǫi /kT (kanonische Zustandssumme für Einzelteilchen). Damit
µ/kT
ZM B = exp e
Das heisst
z = exp
"
X
i
2
(µ−ǫi )/kT
e
#
=
Yh
i
i
e(µ−ǫi )/kT .
• ΩM B = −kT ln ZM B = kT
• N=
P
i
P
i
ni = − (∂Ω/∂µ)T,V =
(µ−ǫi )
kT
P
i
= −pV
e(µ−ǫi )/kT
Die mittlere Besetzungszahl des Einteilchenniveaus i ist
ni = e(µ−ǫi )/kT
14.3
Die Idealen Bose- und Fermigase
Voraussetzung: nur Translationsfreiheitsgrade, ǫi = p2 /2m. Bezeichnung:
σ = exp(µ/kT ) für die Fugazität. Die allgemeinen Beziehungen lauten:
X Ω
pV
=−
= ln Z = ±
ln 1 ± σe−ǫi /kT
kT
kT
i
und
−1
∂Ω X −1 ǫi /kT
N =−
=
σ e
±1
∂µ
i
+ FD
− BE
+ FD
− BE
!
!
Berücksichtigung des Spins: In Abwesenheit eines Magnetfeldes gibt es für
ein Teilchen mit Spin s Q = (2s + 1) Einstellungsmöglichkeiten (ǫi spinunabhängig). Daher: zusätzlicher Vorfaktor Q.
Übergang zum Kontinuum (in 3 Dimensionen) liefert (p = |p|):
pV
4πV Z ∞
2
= ±Q 3
dp p2 ln 1 ± σe−p /2mkT
kT
h
0
1
4πV Z ∞
dp p2 −1 p2 /2mkT
N =Q 3
h
σ e
±1
0
+ FD
− BE
+ FD
− BE
!
!
Bemerkung: Wie für ein klassisches Idealgas gilt für die idealen Fermi- und
Bose-Gase mit einem quadratischen Dispersionsgesetz (ǫi = p2 /2m)
2
pV = E.
3
(für ein klassisches Gas pV = N kT und E = 23 kT ).
Da
E=
X
i
ǫi ni =
X
i
ǫi
σ −1 eǫi /kT
4πV Z ∞ p2 · (p2 /2m)
=Q 3
dp,
±1
h
σ −1 ep2 /2mkT ± 1
0
3
genügt es, durch die partielle Integration zu zeigen, dass
Z
∞
0
−p2 /2mkT
2
dp p ln(1 ± σe
| {z } |
{z
}
g
df
)=±
Z
∞
0
f
Damit folgt die Entropie
S=
2
1 3 (2p/2mkT )σe−p /2mkT
p
dp.
3 | σe−p2 /2mkT
±1
|{z}
{z
}
1
1
(pV + E − µN ) =
T
T
dg
5
E − µN .
3
Um die thermischen Zustandsgleichungen für die entsprechenden Gase zu
bestimmen, d.h. um p als Funktion von N, V und T auszudrücken, muß man
die Fugazität aus den Gleichungen für Ω und N eliminieren.
14.3.1
Das ideale Fermi-Gas
Führen wir die zwei Hilfsfunktionen ein:
∞
X
(−1)j+1 σ j
4 Z∞
2
dx x2 ln(1 + σe−x ) =
f5/2 (σ) = √
π 0
j 5/2
j=1
und
∞
X
d
4 Z ∞ dx x2
(−1)j+1 σ j
f3/2 (σ) = σ f5/2 (σ) = √
=
.
2
dσ
π 0 σ −1 ex + 1 j=1
j 3/2
Ausgedrückt durch diese Funktionen ergibt sich
−
Ω
p
2
=
= 3 f5/2 (σ)
kT V
kT
λ
2
N
= 3 f3/2 (σ)
V
λ
und
E=
3kT V
f5/2 (σ)
λ3
√
(λ = h/ 2πmkT die thermische Wellenlänge; es wird angenommen Q = 2).
Geschlossene analytische Formen der Zustandsgleichungen gibt es nur als
Näherungen für Spezialfälle.
4
Schwache Entartung (σ < 1) Das Verhalten ähnelt einem klassischen
Gas, µ < 0.
!
2
N
σ
λ3 = 2f3/2 (σ) = 2 σ − 3/2 + ...
V
2
⇒
!3/2
λ3 N
λ3 N
1
σ≃
+ 3/2
+ ...
2V
2
2V
Damit folgt
!
"
λ3 N
µ = kT ln σ ≃ kT ln
2V
1
+
2
λ3 N
2V
!
#
+ ...
2V
1 λ3 N
pV
= 3 f5/2 (σ) ≃ 1 + 5/2
+ ...,
N kT
λN
2
2V
!
3
1 λ3 N
E = N kT 1 + 5/2
+ ... ,
2
2
2V
und
CV =
∂E
∂T
!
V
!
3
1 λ3 N
≃ N k 1 − 9/2
+ ... .
2
2
V
Maximale Entartung (T = 0) Für T → 0
ni =
1
e(ǫi −µ)/kT + 1
→
(
1 f ür
0 f ür
ǫi < µ
:
ǫi > µ
Alle Einteilchenzustände unterhalb ǫF = µ(T = 0, N, V ) sind besetzt,
alle
√
höher liegenden Zustände sind leer. ǫF : die Fermi-Energie. pmax = 2mǫF .
8πV p3max
2V Z pmax 2
p dp =
N = 4π 3
h 0
3
⇒
32/3 h2 N 2/3
.
8π 2/3 m V
Bemerkung: ǫF > 0 und T → 0 entspricht der Situation σ → ∞.
ǫF =
5
Starke Entartung, σ ≫ 1 . Das Verhalten von f5/2 (σ) und f3/2 (σ) für
σ ≫ 1 lautet
"
#
4 Z∞
5π 2
8
5/2
2
−x2
f5/2 (σ) = √
1+
+ ...
dx x ln(1 + σe ) ≃ √ (ln σ)
π 0
15 π
8 (ln σ)2
und
"
#
π2
4
8
d
3/2
√
√
1+
(ln σ)
+ ...
f3/2 (σ) = σ f5/2 (σ) ≃
dσ
3 π 15 π
8 (ln σ)2
(zu bekommen z.B. durch Sommerfeld-Entwicklung, siehe Hausaufgabe). Aus
N
= λ23 f3/2 (σ) folgt dann:
V

µ
π2
ǫF 
1−
= ln σ ≃
kT
κT
12
Damit folgt
kT
ǫF
!2

3kT V
3
5π 2

E=
f
(σ)
≃
N
ǫ
1
+
F
5/2
λ3
5
12

+ ... .
kT
ǫF
!2
Die spezifische Wärme
CV =
∂E
∂T
!
V
≃N

+ ... .
π2k2
T
2ǫF
strebt gegen 0 für T → 0 (3. Hauptsatz!).
Die thermische Zustandsgleichung lautet:
2E
=
p=
3V
Die Entropie

2N
5π 2

ǫF
1+
12
|5 V{z }
der Nullpunktdruck
kT
ǫF
!2

+ ...
1 5
N π2k2T
S=
E − µN ≃
≈ CV
T 3
2ǫF
strebt gegen 0 für T → 0 (3. HS).
Anwendungen bezüglich der Leitungselektronen in Metallen (siehe Hausaufgabe).
6
14.3.2
Das ideale Bose-Gas
Nichtwechselwirkende Bosonen. Wir betrachten den Fall s = 0. Wie gehabt,
gilt
pV
4πV Z ∞
2
dp p2 ln 1 − σe−p /2mkT
=− 3
kT
h
0
und
1
4πV Z ∞
dp p2 −1 p2 /2mkT
N= 3
h
σ e
−1
0
Führen wir die zwei Hilfsfunktionen ein:
∞
X
4 Z∞
σj
2
g5/2 (σ) = − √
dx x2 ln(1 − σe−x ) =
5/2
π 0
j=1 j
und
∞
X
4 Z ∞ dx x2
σj
d
=
.
g3/2 (σ) = σ g5/2 (σ) = √
dσ
π 0 σ −1 ex2 − 1 j=1 j 3/2
Ausgedrückt durch diese Funktionen ergibt sich
−
Ω
p
1
=
= 3 g5/2 (σ)
kT V
kT
λ
1
N
= 3 g3/2 (σ)
V
λ
√
(λ = h/ 2πmkT die thermische Wellenlänge; es wird angenommen Q = 1).
Geschlossene analytische Formen der Zustandsgleichungen gibt es nur als
Näherungen für Spezialfälle.
Schwache Entartung (σ < 1) Das Verhalten ähnelt einem klassischen
Gas, µ < 0.
σ2
N
(2)
λ3 = g3/2 (σ) = σ + 3/2 + ...
V
2
⇒
!3/2
λ3 N
λ3 N
1
σ≃
− 3/2
+ ...
V
2
V
Damit folgt
pV
V
1 λ3 N
= 3 g5/2 (σ) ≃ 1 − 5/2
+ ...,
N kT
λN
2
V
7
!
1 λ3 N
3
+ ... ,
E = N kT 1 − 5/2
2
2
V
und
CV =
∂E
∂T
!
V
!
1 λ3 N
3
+ ... .
≃ N k 1 − 5/2
2
2
V
(Andere Vorzeichen als bei einem Fermi-Gas, anderer Vorfaktor wegen dem
angenommenen Q = 1). Somit bekommt man für λ → 0 (h → 0 oder T → ∞)
die klassische Ergebnisse.
Starke Entartung (σ → 1) und die Bose-Einstein Kondensation Die
Bose-Funktion g3/2 (σ) ist eine monoton wachsende Funktion von σ und ist
stetig bei σ = 1: g3/2 (1) = 1.341.... Deswegen kann bei sehr tiefen Temperaturen und bei festen N und V die Gleichung (2)
N
h3
λ
=
= g3/2 (σ)
3/2
V
(2πmkT ) V
3N
nicht erfüllt werden, da wie wir bereits wissen, für ein System von Bosonen
µ ≤ 1 ist und deswegen σ ≤ 1. Das weist auf Defizite der vorherigen Betrachtung hin. Kommen wir zurück zu dem allgemeinen Ausdruck für die
Teilchenzahl
X
X
1
N=
ni =
.
−1
ǫ
/kT − 1
i
i
i σ e
Mit ǫ0 = 0 divergiert der Summand für i = 0 wenn σ → 1. Der muß dann
beim Übergang zum Kontinuum getrennt berücksichtigt werden, da es sonst
das Gewicht 0 (wegen p2 = 0) bekommt; mit allen anderen Gliedern können
wir wie gewohnt umgehen.
X
1
1
+
σ −1 − 1 i=1 σ −1 eǫi /kT − 1
σ
1
4πV Z ∞
≃
dp p2 −1 −p2 /2mkT
+ 3
1−σ
h
σ e
−1
0
N = N0 + Na =
⇒
N
1 σ
1
=
+ 3 g3/2 (σ)
V
V 1−σ λ
Das erste Glied N0 ist die mittlere Teilchenzahl im Grundzustand (neues
Glied!). Für σ ≪ 1 ist N0 vernachlässigbar, divergiert aber wenn σ → 1).
8
Bei vorgegebenem Wert von N/V gibt es eine Grenztemperatur
"
h2
N
Tc =
2πmk V g3/2 (1)
#2/3
so dass für T > Tc und für V → ∞ (bei der konstanten Dichte c = N/V )
N = Na = g3/2 (σ)V
N0 = 0
2πmkT
h2
3/2
und für T < Tc
Na = g3/2 (1)V
N0 = N 1 −
2πmkT
h2
3/2 T
Tc
3/2
=N
.
T
Tc
3/2
Dieser Effekt wird als Bose-Einstein-Kondensation bezeichnet.
Die Energie im Grundzustand ist null, so dass
E=
X
ǫi ni =
i
X
i6=0
ǫi
−1
ǫ
σ e i /kT
−1
was im kontinuierlichen Fall liefert
E=
⇒
3 kT V
g5/2 (σ).
2 λ3

3 kT V



g5/2 (σ) T > Tc
3
mit g5/2 (1) = 2.612....
Der Druck lautet
λ
.
E =  32 kT
V


g
(1)
T
<
T
c
5/2
2 λ3
p=

kT



g (σ) T > Tc
3 5/2
2E
λ
.
=  kT
3V


g5/2 (1) T < Tc
λ3
Damit ist der Druck für T < Tc nur noch von der Temperatur und nicht
von dem Volumen abhängig: Die Volumenänderung bei konstantem T < Tc
9
ändert nur die Anzahl der Bosonen im Grundzustand (die, mit p = 0, nicht
zum Druck beitragen können). Für T > Tc hängt der Druck von V ab, da σ
implizit von V abhängig ist.
Die Bose-Einstein-Kondensation ist mit einer cusp-artigen Singularität
der spezifische Wärme verbunden: Die spezifische Wärme ist kontinuierlich,
ihre Ableitung nach T erleidet einen Sprung.
Die spezifische Wärme in der Tieftemperaturphase (T < Tc ) ist:
CV =
∂E
∂T
!
V
2
d
= V kg5/2 (1)
3
dT
T
3
λ (T )
!
=
15 V k
g5/2 (1) ∝ T 3/2 .
4 λ3
Die Entropie lautet:
S=
1
T

5 kV



g (σ) − N k ln σ
3 5/2
5
λ
E − µN =  25 kT
2
V
3


g5/2 (1) = CV
3
2 λ
3
T > Tc
.
T < Tc
Für T → 0 haben wir S ∝ T 3/2 → 0, was im Einklang mit dem 3. Hauptsatz
ist.
Bemerkung: Die Bose-Einstein-Kondensation (BEK) verdünnter Gase (AlkaliAtome) wurde experimentell beobachtet: Nobelpreis 2001 für Eric Cornell,
Wolfgang Ketterle und Carl Wiemann (Physics Today 54 (12), Dec. 2001
p.14). Die Suprafluidität des He4 II ist ein komplexeres Phänomen, da es
in einem stark wechselwirkenden System (Flüssigkeit) stattfindet: Der λÜbergang findet bei T = 2.18K statt, ohne Berücksichtigung der WW wäre
T = 3.14K. Die Suprafluidität des He3 ist durch einfache BEK unerklärlich.
10
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