Ausgabe 2012/2013 Arbeitsblatt: Berufswelt sozialpolitik Minijobs - Segen oder Fluch? Im Jahr 2003 wurden in Deutschland die so genannten Minijobs eingeführt. Die Idee dahinter: Wer wenig verdient, muss keine Steuern und kaum Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Seit dem 1. Januar 2013 dürfen Minijobber im Monat 450 statt 400 Euro steuerfrei verdienen. Künftig sollen sie jedoch einen Beitrag zur Rentenversicherung leisten. Die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (wie die Minijobs eigentlich heißen) hat seit ihrer Einfüh­ rung kontinuierlich zugenommen. Die Gewerkschaften kritisieren, dass dadurch immer mehr Vollzeitarbeits­ plätze und Beiträge für die Sozialversicherung verloren gehen. Die Unternehmen halten mit dem Argument dage­ gen, dass dank der Minijobregelungen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. Ende 2012 gab es in Deutschland nach Angaben der Bun­ desagentur für Arbeit etwa 7,5 Millionen Minijobs, davon 2,7 Millionen als Nebenerwerb. Minijobber sollen sich künftig mit 3,9 Prozent ihres Verdienstes an der Renten­ versicherung beteiligen, das sind im Höchstfall 17,55 Euro im Monat. Sie erwerben dadurch (wenn auch geringe) An­ sprüche auf eine spätere Rente und können die Vorteile der Riester-Förderung in Anspruch nehmen (staatliche Zuschüsse zu einer privaten Altersvorsorge). Außerdem stehen ihnen die Reha-Leistungen der Rentenversiche­ rung zur Verfügung (zum Beispiel wenn sie berufsunfähig werden oder bei Erwerbsminderung). Von der Einzahlung in die Rentenkasse kann sich der Minijobber aber auch befreien lassen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet, dass die steigende Zahl der Minijobs langfristig zu mehr Alters­ armut führt: „Wegen der niedrigen Löhne und der mangelnden sozialen Absicherung sind die Minijobberinnen und Minijobber schon jetzt akut armutsgefährdet und sie gehören zu den Haupt­ risikogruppen für spätere Altersarmut. (…) Der DGB hält eine Ausweitung der Minijobs arbeitsmarktpolitisch und gleich­ stellungspolitisch für den falschen Weg. Vielmehr ist es notwendig, die Minijobmauer einzureißen und die Einkom­ menschancen von Frauen, Arbeitslosen und Geringverdienern zu verbessern.“ Deutscher Gewerkschaftsbund: Minijobs: Bundesregierung weitet Niedriglohnsektor aus, www.dgb.de, 25. Oktober 2012 Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver­ bände (BDA) vertritt die Ansicht, dass Minijobs helfen, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte in den Arbeits­ markt einzugliedern: „Die insgesamt zu hohen Lohnzusatzkosten sind eines der Haupthemmnisse für die Entstehung von Beschäftigung in Deutschland. Dies gilt vor allem auch für die unteren Lohn­ gruppen. Personen mit geringen Qualifikationen können den (Wieder-) Einstieg in den Arbeitsmarkt aber zunächst oft nur über einfache Tätigkeiten schaffen.“ Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: Themen A bis Z: Minijobs, www.bda-online.de, Stand: Januar 2013 © Stiftung Jugend und Bildung in Zusammenarbeit mit dem BMAS; Stand: 01/2013 Arbeitsaufträge 1. Beschreiben Sie anhand der oberen Grafik des Schaubilds „Minijobs“ unter www.sozialpolitik.com, wie sich die geringfügige Beschäftigung entwickelt hat. Formulieren Sie „typische Gründe“, warum Menschen Minijobs annehmen – und warum Arbeitgeber zunehmend Minijobs anbieten. Sammeln Sie dazu Stichworte an der Tafel. 2. Lesen Sie die Zitate und erläutern Sie in eigenen Worten, a) warum Minijobber nach Ansicht des DGB „akut armutsgefährdet“ sind. b) warum Minijobs nach Ansicht der BDA ein guter „Einstieg in den Arbeitsmarkt“ sein können. c) welcher Seite Sie eher zustimmen. Begründen Sie Ihre Meinung und recherchieren Sie in Zeitungen oder im Internet weitere Argumente, die Ihre Sicht unterstützen. 3. Leiten Sie aus der unteren Grafik des Schaubilds „Minijobs“ unter www.sozialpolitik.com ab, in welchen Branchen besonders viele Minijobber beschäftigt sind. Überlegen Sie, welche Gründe dies haben könnte und welche Auswirkungen es für diese Wirtschaftszweige hätte, wenn geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wieder abgeschafft würden. Mehr unter www.sozialpolitik.com Weitere Arbeitsblätter: www.jugend-und-bildung.de