Klausur Mechanik (Physik, Wirtschaftsphysik, Physik Lehramt) (WS07/08) Wolfgang v. Soden ([email protected]) Othmar Marti ([email protected]) 21. 2. 2008 Vorbemerkung 2: Skizzieren Sie Ihren Lösungsweg. Ergebnisse ohne erkennbaren Lösungsweg werden nicht anerkannt. Lösen Sie das Problem. Rechnen Sie dabei solange es geht algebraisch. Setzen Sie erst möglichst spät konkrete Zahlen ein. Vorbemerkung 3: Eine Liste mit Natur- und Materialkonstanten befinden sich am Ende der Aufgaben. Hier sind auch die Formeln der benötigten Trägheitsmomente aufgeführt. 1 Wellengleichung (3 Punkte) Aufgabe Ist die Funktion f (x,t) = d20 + x2 1 − 2xvt + v 2 t2 eine Lösung der Wellengleichung? Lösung In einer Lösung der Wellengleichung kommen Ort und Zeit nur in der Form kx ± ωt gemeinsam vor. Obige Formel erfüllt diese Bedingung (mit v = νλ = ωk ): f (x,t) = 1 k2 1 = = d20 + x2 − 2xvt + v 2 t2 d20 + (x − vt)2 k 2 d20 + (kx − ωt)2 2 Feste Rolle (3 Punkte) Aufgabe Eine Rolle (Gewicht Gr ) ist mit einem Seil an der Decke befestigt. Über die Rolle ist ein Seil geführt, das an einem Ende am Boden befestigt ist und an dessen anderen Ende ein Gewicht Gg hängt. Wie groß ist die Kraft im Befestigungsseil der Rolle? Lösung Am Befestigungsseil greift an das Gewicht der Rolle Gr , das Gewicht des Gewichtes Gg und die Kraft, mit der der Boden am Seil zieht: diese ist ebenfalls Gg , also insgesamt F = G1 + 2Gg Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 1 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Mechanik WS 2007-2008 Klausurblatt 1 2 3 Zylinder (5 Punkte) Aufgabe Ein zylindrischer Stöpsel mit Durchmesser d = 5mm und der Länge l = 10cm soll durch ein Loch mit Durchmesser D = 4,8mm gezogen werden. Welche Zugkraft wird benötigt, damit dies ohne Beschädigung des Stöpsels und des Loches gelingt? Der Stöpsel ist aus einem weichen Gummi gefertigt mit einem Elastizitätsmodul E = 10MPa und der Poissonzahl µ = 0,49. Lösung Die Querkontraktionszahl (=Poissonzahl) ist definiert zu µ= −∆d d ∆l l (3.1) und verknüpft die Verkleinerung −∆d z. B. des Durchmessers d eines Drahtes bei Verlängerung ∆l dieses Drahtes der Länge l durch eine Längsspannung σ, die diese Verlängerung bewirkt gemäß F F ∆l σ= = πd2 = E (3.2) A l 4 (3.2) in (3.1) eingesetzt ergibt, wobei nach der Aufgabestellung -∆ = d − D = 0,2mm gilt, µ= −∆d d ∆l l = −∆d d F 2 E πd4 = −∆dEπd −∆dEπd (d − D)Eπd −→ F = = = 16N 4F 4µ 4µ (3.3) Der Stöpsel muss mit einer Kraft von 16N an den Stirnflächen gezogen werden, damit sein Durchmesser so klein wird wie das Loch. 4 Zerstäubung (5 Punkte) Aufgabe Um welchen Betrag ändert sich die Energie, wenn ein Quecksilbertropfen vom Radius r1 = 3mm vollständig in Tröpfchen mit Radius r2 = 3 · 10−3 mm zerstäubt wird? Lösung 3 Die Anzahl der kleinen Tröpfchen berechnet sich zu N = rr21 Die Energie infolge Oberflächenspannung für einen Tropfen mit Radius r und spezifischer Oberflächenenergie = σ ist EO = 4πr2 . Damit ist die zu berechnende Energie 3 r1 r1 − 1 = 56mJ ∆E = N E2 − E1 = 4πr2 2 − 4πr1 2 = 4πσr1 2 (4.1) r2 r2 5 Protonen im Speicherring (6 Punkte) Aufgabe In einem Teilchen-Speicherring werden Protonen auf die Geschwindigkeit vp = 0,8c gebracht (c = Lichtgeschwindigkeit). Dann durchlaufen sie eine Teststrecke von l = 10m. Danach treffen sie auf Elektronen, die ihnen mit einer Geschwindigkeit von ve = 0,95c entgegenkommen. 1. Um wieviel Prozent vergrößert sich Masse der Protonen bei der Beschleunigung? 2. Wie lang ist die Teststrecke im Bezugssystem des Protons? 3. Welche Zeit benötigt das Proton zum Durchlaufen der Teststrecke (in seinem System)? Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 2 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 3 4. Wie groß ist die Relativgeschwindigkeit von Elektron und Proton in ihrem jeweiligen System? Lösung 1. Die beobachtete Masse von Teilchen mit der Geschwindigkeit v ist (mit m0 als Ruhemasse) m= q m0 1− (5.1) v2 c2 Die relative Massenzunahme ist demnach qm 0 ∆m m − m0 = = m0 m0 2 1− v2 − m0 c m0 1 =q 1− v2 c2 −1= p 1 1− 0,82 −1= 1 2 − 1 = ≈ 67% 0,6 3 (5.2) 2. Die Lorentzkontraktion gibt das Verhältnis zwischen beobachteter Länge l (in Bewegungsrichtung) und tatsächlicher Länge l0 wieder bei Inertialsystemen, die sich um v gegeneinander bewegen, also r l v2 (5.3) l = l0 1 − 2 bzw. l0 = q c v2 1− c2 Dabei ist l0 die Länge in eigenem System und l die Länge, die ein Beobachter im dazu bewegten System messen würde. p Damit verkürzt sich die Teststrecke für das bewegte Proton zu l = l0m 1 − 0,82 = √ 10m 0,36 = 6m. 3. Die Zeit rechnet sich mit demselben Faktor um wie die Strecken (Zeitdilatation). r t v2 t = t0 1 − 2 bzw. t0 = q 2 c 1− v (5.4) c2 Auch hier gilt, t0 ist die Zeit im eigenem System und t die Zeit, die ein dazu bewegter Beobachter wahrnehmen würde. Die Zeit im Laborsystem ist t0 = lv0 ≈ 41,7ns. Die Zeit im bewegten System ist t = q 2 l0 1 − vc2 = 25ns. Die Kontrolle für die Geschwindigkeiten liefert, dass in beiden Systev men diese gleich ist. 4. Relativistische Geschwindigkeiten u und v müssen relativistisch addiert werden, also w= ve + vp v v = 0,994c 1 + ec2 p (5.5) 6 Eisscholle (6 Punkte) Aufgabe Welche Fläche A muss eine d = 13cm dicke Eisscholle haben, damit sie einen Normmenschen tragen kann? Lösung Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 3 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 4 Beim Schwimmen ist das Gewicht der verdrängten Flüssigkeitsmenge gleich dem Gewicht des schwimmenden Körpers. Hier muss das Gewicht der Eisscholle vermehrt um das Gewicht des Menschen (und eventuell noch vermindert um den Auftrieb des Menschen in der Luft) kleiner sein als das Gewichts des Wassers mit dem Volumen der Eisscholle Ad, also L 1 − ρρm mρL Ve ρw = Adρw = Ve ρe + m − −→ A = m = 7,2m2 ρm d(ρw − ρe ) (6.1) Die Eisscholle muss mindestens eine Fläche von 7,2m2 haben 7 Dichtes Loch (6 Punkte) Aufgabe In einem Becher (Durchmesser D = 8cm, mit senkrechter Wand) mit einem Loch im Boden mit Radius r = 0,2mm soll Glyzerin von einem Ort zu einem anderen gebracht werden. Was ist die maximale Menge (Masse) an Glyzerin, die mit diesem Becher durch 4-maliges Hin- und Hergehen ohne Verluste befördert werden kann? Wenn der Becher nur 6 cm hoch wäre, liefe er beim Füllen über, bevor das Gyzerin zum Loch heraustropfte? Lösung Die Kraft infolge der Oberflächenspannung, mit der das Glyzerin im Loch gehalten wird, ist FO = 2rπσ. Die Kraft auf die Lochfläche berechnet sich aus dem Schweredruck der Flüssigkeit mit Höhe h oberhalb des Loches zu Fs = ρhgπr2 . Damit berechnet sich die maximale Höhe hmax , bis zu der der Becher gefüllt werden darf, ohne dass der Becher rinnt, aus der Gleichsetzung der Kräfte zu 2σ FO = 2rπσ = Fs = ρhmax gπr2 −→ hmax = = 5,33cm (7.1) ρgr Das transportierbare Glyzerin berechnet sich somit zu D2 2σ = hmax πD2 = πD2 = 1,07l (7.2) 4 ρgr Die transportierbare Menge ist also gut 1 Liter, die Masse 1,2kg. Wenn ein Becher mit 6cm Höhe voll gefüllt würde, würde er tropfen bevor er überläuft. V = 4hmax π 8 Differential-Flaschenzug (6 Punkte) Aufgabe Der nebenan skizzierte Differential-Flaschenzug besteht aus einem von der Decke herabhängenden drehbaren Doppelzahnkranz DZ mit 40 Zähnen außen und 32 Zähnen innen und einem losen Zahnkranz EZ mit 36 Zähnen, an dessen Achse die Last L hängt. Beide sind durch eine Endlos-Kette verbunden, an der mit der Kraft F gezogen wird. Welche Lasten können gehoben werden, wenn die Maximalkraft Fmax durch das Gewicht eines Normmenschen festgelegt ist? Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 4 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Mechanik WS 2007-2008 Klausurblatt 1 5 Lösung Umfang in DZ: grosser Zahnkranz: 40z mit z=Zahnabstand 40z = 2πR1 Daraus R1 = 20z π kleiner Zahnkranz: 32z mit z=Zahnabstand 32z = 2πR2 Daraus R2 = 16z π Rolle DZ dreht sich um dφ im Uhrzeigersinn: Wege in der Zug-Kette in Zugkraftrichtung: dlz = dlF = R1 dφ = 20z π dφ 20z Weg in der linken Tragkette nach oben: dll = R1 dφ = π dφ Weg in der rechten Tragkette nach unten: dlr = R2 dφ = 16z π dφ Halbe Differenz der beiden gibt Weg der Last nach oben: dlL = 21 (R1 − R2 )dφ = 2z π dφ 1 Arbeit an Last = aufgebrachte Arbeit: LdlL = F dlF oder L = F R12R = 10F = 7500N −R2 9 Rollende Kugel (6 Punkte) Aufgabe Berechne die kinetische Energie einer Stahl-Hohlkugel (Aussendurchmesser da = 1m, Innendurchmesser di = 0,9m), die auf einer ebenen Fläche mit der Geschwindigkeit v = 1m/s rollt. Benutze dabei die Rotation um die momentane Drehachse. Lösung Die kinetische Energie der Rotation lautet E = 21 Iω 2 , mit I = Trägheitsmoment und ω = Winkelgeschwindigkeit der Rotation. Das Trägheitsmoment einer Kugel beträgt Ik = 25 mr2 . Für eine Hohlkugel mit Außen- und Innenradius muss hier die Masse auch mit dem Radius ausgedrückt werden: m = ρ 34 πr3 . Damit ergibt sich das Trägheitsmoment einer Hohlkugel mit Außenradius ra und Innenradius ri mit Achse durch den Mittelpunkt zu 2 2 2 4 8 Ihohlkugel = ma ra2 − mi ri2 = ρ π(ra 3 ra 2 − ri 3 ri 2 ) = ρπ(ra 5 − ri 5 ) 5 5 5 3 15 (9.1) Der Mittelpunkt der Rotation ist der momentane Berührpunkt von Kugel und Unterlage. Deshalb muss mit dem Satz von Steiner das Trägheitsmoment der rollenden Kugel berechnet werden zu 4 1 8 ρπ(ra 5 −ri 5 )+ ρπ(ra 5 −ri 3 ra 2 ) = ρπ(28ra 5 −ri 3 (20ra 2 +8ri 2 )) 15 3 15 (9.2) Die Winkelgeschwindigkeit ergibt sich aus der Geschwindigkeit der Achse und dem Radius zu ω = rva . Also ist die kinetische Energie dieser rollenden Hohlkugel Irollend = Ihohlkugel +mra2 = 1 E = Irollend ω 2 = 2 = 1 v2 v2 ri 2 ρπ(28ra 5 − ri 3 (20ra 2 + 8ri 2 )) 2 = ρπ(14ra 3 − ri 3 (10 + 4 2 )) = 30 ra 15 ra 2 2 v di ρπ(7da 3 − di 3 (5 + 2 2 )) = 888J (9.3) 60 da 10 Reichweite eines Strahls (6 Punkte) Aufgabe In ein bis zum Rand mit einer Flüssigkeit gefülltes oben offenes Gefäß der Höhe H wird in eine Seitenwand ein Loch gebohrt, so dass die Flüssigkeit in einem Bogen herausströmen kann. In welcher Höhe des Gefäßes muss das Loch gebohrt werden, dass die Reichweite des Strahls, also der Abstand zwischen Auftreffen des Strahls auf dem Boden und Gefäßwand, am größten ist? Lösung Vereinbarungen: Das Gefäß habe die Gesamthöhe H0 . Das Loch wird in der Höhe y ≤ H Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 5 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 6 gebohrt. Die horizontale Reichweite des Strahls sei x Die Geschwindigkeit des Ausströmens wird durch das Gesetz von Bernoulli bestimmt p + ρgH + ρ v2 = const 2 (10.1) (p=Druck in der Flüssigkeit, ρ deren Dichte, H=aktuelle Füllhöhe, v=Ausfließgeschwindigkeit. Im Gefäß beim Ausfluss kommt der einzige Beitrag vom Schweredruck: ps = ρg(H0 − h), im 2 Ausfluß herrscht nur der dynamische Druck pd = ρ v2 . Durch Gleichsetzen dieser Drücke erhält p man die Austrittsgeschwindigkeit zu v = 2g(H0 − h) Das austretende Wasser bewegt sich auf einer Wurfparabel mit waagerechtem Abwurf. Die Zeit, bis es den Bodenq berührt, sei t. Diese ergibt sich aus dem freien Fall über die Höhe h, also aus 1 2 h = 2 gt zu t = 2h g . Die Reichweite ist nun s x = vt = p 2g(H0 − h) p 2h = 2 h(H0 − h) g (10.2) Diese Strecke soll maximal werden, und damit der Ausdruck in der Wurzel. Dieser differnziert und Null gesetzt ergibt die Höhe hm für den maximal weitreichenden Strahl H0 d(hH0 − h2 ) = H0 − 2hm = 0 −→ hm = dh 2 (10.3) Das Loch muss also genau bei der halben Füllhöhe gebohrt werden. 11 Mörteltransport (7 Punkte) Aufgabe Angemachter Mörtel soll zu einer Baustelle gebracht werden. Dazu wird eine offene quadratische Wanne mit Seitenlänge s = 1,5m und der Seitenhöhe h = 0,6m benutzt, die sich auf einem Transporter befindet. Diese Wanne wird im Baugeschäft zur Hälfte gefüllt. Welche Geschwindigkeit darf der Transporterfahrer nicht überschreiten, wenn der Mörtel bei einer Notbremsung mit dem Bremsweg w = 18m nicht über den Rand der Wanne laufen soll? (Vernachlässigen Sie hier das Hin- und Herschwappen beim Verändern der Beschleunigung, rechnen Sie also mit Gleichgewichtszuständen.) Lösung Die Mörteloberfläche stellt sich beim Bremsen so ein, dass sie senkrecht zur Gesamtkraft wird. Diese setzt sich aus dem Gewicht (wirkt senkrecht) und der Bremskraft (wirkt waagerecht) zusammen. Da beide Kräfte auf dieselbe Masse einwirken, kann hier mit den Bremsbeschleunigung b und der Erdbeschleunigung g gerechnet werden. Der Tangens des Winkels ψ der Mörteloberfläche gegenüber der Horizontalen beträgt maximal tan ψ = hs = 0,6 1,5 , da der Mörtel ja nicht überlaufen soll. Die wirksame Beschleunigung muss g senkrecht dazu sein, also cot ψ = gb , woraus folgt b = gh s = 2,5 . Der Bremsweg bei dieser Brems-Beschleunigung soll w = 18m betragen. Dieser Weg ergibt sich q zu w = 2b t2 mit der Bremszeit t = 2w b . Mit dieser ergibt sich die gesuchte Geschwindigkeit zu q q √ v = bt = b 2w 2wb = 2wgh = 12m/s = 43,2km/h b = s Die maximale Geschwindigkeit beträgt also vmax = 43,2km/h. Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 6 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 7 12 Kunstfahrer (7 Punkte) Aufgabe Als Attraktion gab (gibt) es Motorradfahrer, die gleichzeitig in einer Gitterhohlkugel in untereinander verschiedenen Ebenen fahren, ohne sich zu berühren. Wie groß muss mindestens die Winkelgeschwindigkeit eines Fahrers sein, der den horizontal größtmöglichen Kreis einer solchen Gitterkugel mit Durchmesser D = 4m fahren soll, ohne dass das Motorrad rutscht? Und welche Beschleunigung muss er in diesem Grenzfall aushalten? Nehmen Sie zur Rechnung an, dass das Motorrad samt Fahrer als Punktmasse, die sich auf der Innenfläche der Hohlkugel bewegt, aufzufassen ist. Die Haftreibungszahl zwischen dem Gummi des Motorrad-Reifens und dem Eisengitter sei µ = 0,8. Lösung Die Haft-Kraft zwischen Gummireifen und dem Eisengitter muss mindestens das Gewicht des Motorrads samt Fahrer sein, also G = mg (mit m =Gesamtgewicht Fahrer + Motorrad). Diese wird durch die Zentrifugalkraft Fz = mω 2 R (2R = D) infolge der Kreisbewegung des Motorrads aufgebracht, noch multipliziert mit dem Haftreibungskoeffizient µ, also r 2g 2D G = mg = µFz = µmω −→ ω = = 2,5s−1 (12.1) 2 Dµ Als Beschleunigung auf den Fahrer gibt es die Erdbeschleunigung g, die senkrecht nach unten zeigt, und die Zentrifugalbeschleunigung, die parallel zur Erdoberfläche ist. Die effektive Beschleunigung ist die Vektorsumme der Einzelanteile. Ihr Betrag ist, da die beiden senkrecht aufeinader stehen, über deren Quadratsummen berechenbar. s r r D 2g D 2 1 2 2 2 2 b = g + (ω ) = g +( ) = g 1 + 2 = 16m/s2 (12.2) 2 Dµ 2 µ Diese Beschleunigung wirkt unter einem Winkel von etwa π/4 gegenüber der Senkrechten. Das Motorrrad samt Fahrer muss genau diesen Winkel haben, da es sonst kippen würde. 13 Merkur (8 Punkte) Aufgabe Der Abstand des Merkurs von der Sonne beträgt im Perihel (sonnennächster Punkt) rp = 46 und im Aphel (sonnenfernster Punkt) ra = 70 · 109 m. Wie groß sind die Bahngeschwindigkeiten des Merkurs im Aphel und Perihel? Benutze, soweit benötigt, zur Berechnung den Energiesatz, die Impulssätze sowie das Gravitationsgesetz. Lösung Der Energiesatz sagt, dass die Summe von kinetischer und potentieller Energe konstant ist, sowohl im Aphel wie im Perihel, also 1 GMs mm 1 GMs mm 2GMs 2GMs Ekin + Epot = mm va 2 − = mm vp 2 − −→ va 2 − = vp 2 − 2 ra 2 rp ra rp (13.1) Der Drehimpuls des Merkurs aufgrund es Umlaufs um die Sonne muss konstant sein. Dieser Berechnet sich aus dem Trägheitsmoment und der Winkelgeschwindigkeit, und unter Benutzung von I = mr2 (Punktmasse im Abstand r) und v = rω (Kreisbewegung) Ia ωa = Ip ωp = mm rp 2 Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 vp = mm rp vp −→ ra va = rp vp rp 7 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden (13.2) Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 8 (13.2) in (13.1) eingesetzt ergibt 2GMs ra 2 2GMs 2GMs = vp 2 − = va − −→ va 2 = 2GMs va 2 − ra rp rp rp 1 ra 1− − r1p 2 = 2GMs ra rp 1 ra 1+ ra rp (13.3) Daraus folgt s va = 2GMs ra + rp r rp = 38,9km/s bzw. va = ra s 2GMs ra + rp r ra = 59,2km/s rp (13.4) 14 Gebremstes Stangenpendel (8 Punkte) Aufgabe Ein homogenes Stabpendel der Länge L und Masse M kann sich frei um eine Achse A am oberen Ende des Stabes bewegen (siehe Abbildung). Die Achse liegt in einer flachen kleinen Mulde und kann diese in horizontaler Richtung leicht verlassen. Das ausgelenkte und freigelassene Pendel prallt in vertikaler Position gegen eine vertikal verschiebbare feste Kante. Bei diesem Aufprall verlässt im Allgemeinen die Achse ihr Lager, außer bei einem ausgezeichneten Abstand x der Kante vom Schwerpunkt S. Wo ist dieser? Stangenpendel mit Anschlag Lösung Im Spezialfall muss der Stab sich nach dem Stoß in Ruhe befinden und während des Stoßes darf auf das Lager keine horizontale Kraft wirken. Ruhe heißt Impuls p(t) des Stabes und Drehgeschwindigkeit ω(t) sind nach dem Stoß der Dauer τ Null: p(t > τ ) = 0 und ω(t > τ ) = 0 (14.1) Der Impuls unmittelbar vor dem Stoß ergibt sich aus der Masse und der Geschwindigkeit des Schwerpunktes. Der Schwerpunkt ist genau in Stabmitte. Dessen Geschwindigkeit ist vs = ω(0) L2 mit ω(0) der Winkelgeschwindigkeit des Stabes unmittelbar vor dem Aufprall. Während des Stoßes, also in der Zeit 0 ≤ t ≤ τ wirkt eine horizontale Kraft F (t) auf den Stab, dessen Zeitintegral die Impulsänderung ist: Z τ L F (t)dt = p(τ ) − p(0) = 0 − M · vs = −M ω(0) · (14.2) 2 0 Andererseits wirkt auf den Schwerpunkt während des Aufprall ein Drehmoment vom Aufprallpunkt herrührend, der den Abstand x vom Schwerpunkt hat. Vom Lager darf kein Drehmoment wirken, da ansonsten die Drehachse des Stabes das Lager verlassen würde. Das Zeitintegral der 1 Drehmomente während des Aufpralls gibt die Änderung des Drehimpulses, also (mit I = 12 M L2 als Trägheitsmoment des Stabes bei Rotation um den Schwerpunkt): Z τ 1 F (t)dt = I · ω(τ ) − I · ω(0) = 0 − I · ω(0) = − M L2 ω(0) x (14.3) 12 0 (14.3) durch (14.2) dividiert ergibt x= Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 1 − 12 M L2 ω(0) −M ω(0) · 8 L 2 = L 6 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden (14.4) Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 9 Der gesuchte Ort befindet sich 1/6 der Stablänge unterhalb des Schwerpunkts. Wo ist aber der Impuls und Drehimpuls des Stabes geblieben, die beide vor dem Aufprall vorhanden waren? Beide nimmt die Wand mit dem Stoßanschlag und dem Lager des Stabes auf. 15 Schraubenfeder (2 Punkte) Aufgabe Ein dickerer Draht ist so zu einer Schraubenfeder gewickelt, das sich die Wicklungen nicht berühren. Welche Beansprachung erfährt dieser Draht bei Verkürzung der Feder? Lösung Die Beanspruchung im Draht einer Schraubenfeder ist unabhängig von der Beanspruchungsrichtung eine Torsion des Drahtes - bei kleinen Auslenkungen (und falls die Steigung des Federdrahtes klein ist). 16 Neuer Stoff (2 Punkte) Aufgabe Im Patentamt wird ein Patent angemeldet für ein neues Material mit den Moduln: G = 130GPa und E = 400GPa. Begründen Sie die Ablehnung dieser Anmeldung. Lösung Der Elastizitätsmodul E ist maximal dreimal so groß wie der Schermodul G. 17 Schwingungsfähiges System (2 Punkte) Aufgabe Mit welcher Methode und aus welcher Messgröße ermitteln Sie die Eigenfrequenz und die genaue Güte eines schwingungsfähigen Systems, wenn die Güte sehr klein ist, z.B. Q ≈ 0,2? Lösung Ich rege das System mit einer äußeren periodischen Kraft an, deren Frequenz ich ändere, und messe die Phase zwischen Anregung und Auslenkung des systems. Bei der Eigenfrequenz der Systems beträgt die Phase π2 und die Steigung dort liefert die Güte und somit die Dämpfung. 18 Wettschwimmen (2 Punkte) Aufgabe Bei einem Wettschwimmen an einem Fluss, bei dem eine gewisse Strecke geschwommen und dann wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt werden muss, haben Sie die Möglichkeit, ihre Schwimmstrecke entweder quer zur Fließrichtung oder parallel zu dieser zu wählen. Welche bevorzugen Sie, um Ihre Gewinnchancen zu erhöhen? Lösung Die Wahl quer zur Fließrichtung ist die bessere, da der Zeitverlust beim Schwimmen gegen den Strom nicht durch den Zeitgewinn beim Schwimmen mit dem Strom kompensiert werden kann. 19 Arterienverkalkung (2 Punkte) Aufgabe Ihr Arzt teilt Ihnen das Ergebnis der letzten Untersuchung mit: der innere Durchmesser Ihrer Arterien hat sich infolge Ablagerungen um 16% verringert. Aus welchen Grund ist diese relativ Klausurblatt 1 vom 21. 2. 2008 9 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Klausurblatt 1 Mechanik WS 2007-2008 10 kleine Veränderung beunruhigend? Lösung Der Durchfluss durch ein Rohr hängt (nach Hagen-Poiseuille) vom Durchmesser in der vierten Potenz ab, weswegen eine kleine Änderung im Durchmesser schon einen großen Effekt macht. Im Beispiel hier verringert sich die Durchflussmenge auf die Hälfte (bei Konstanz der anderen Einflüsse). 20 Quader (2 Punkte) Aufgabe Ein Quader mit dem Maßen a × b × c = 5 × 8 × 12cm3 wird so in die Luft geworfen, dass er anfangs beim Flug zusätzlich zu der Bewegung entlang der Flugkurve um eine der drei Hauptträgheitsachsen (diese Achsen gehen durch die Mittelpunkte paralleler Flächen des Quaders) rotiert. Bei welchen dieser Achsen kommt der Quader dabei nicht ins Taumeln? Lösung Die Achsen für die beiden extremalen Hauptträgheitsmomente sind stabile Achsen bei Rotation des Körpers, die dritte nicht. Es sind dies die, die durch die größten und kleinsten Quaderflächen, also durch bc und ab gehen. Konstanten: Naturkonstanten: Gravitationskonstante Lichtgeschwindigkeit G c 6,67 · 10−11 3 · 108 m3 /kgs2 m/s Dichten: Eis Glyzerin Luft Mensch Stahl Wasser ρe ρg ρl ρm ρs ρw 920 1200 1,25 1100 7800 1000 kg/m3 kg/m3 kg/m3 kg/m3 kg/m3 kg/m3 Oberflächenspannung: Glyzerin Quecksilber Wasser σG σQ σW 0,073 0,5 0,073 N/m N/m N/m Massen: Normmensch Sonne mn Ms 75 2 · 1030 kg kg Sonstiges: Erdbeschleunigung g 10 m/s2 Trägheitsmomente: Kugel Stange Klausurblatt 1 2 2 5 mR 1 2 12 mL vom 21. 2. 2008 m=Masse m=Masse R=Radius L=Länge 10 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden