5. BEHANDLUNG VON ENTZÜNDUNGEN Die Entzündung ist ein multifaktorielles Geschehen; bei ihrer Entstehung und ihrem Ablauf sind verschiedene Zellarten und eine Vielzahl von Wirkstoffen (Mediatoren) beteiligt. Der Mechanismus der äußerst komplexen Reaktion ist in seinen Einzelheiten nicht vollständig geklärt. Antiphlogistika sind Pharmaka, die die Entzündung hemmen können, indem sie in einzelne Reaktionen der Entzündung eingreifen, z.B. durch Stabilisierung von Membranen, Hemmung der Synthese bzw. der Freisetzung von Entzüngungsmediatoren (Prostaglandine u.a.) oder Inhibierung ihrer Aktivität, Hemmung des Bindegewebsstoffwechsels oder der sog. mesenchymalen Reaktion etc., ohne dass in jedem Fall genau bekannt ist, welches der entscheidende Angriffspunkt dieser Stoffe ist. Eine antiphlogistische Wirkung besitzen vor allem Glucocorticoide und sog. nichtsteroidale Antiphlogistika (Antirheumatika), die mit den peripheren Analgetika wirkungsverwandt sind, sowie ferner bestimmte pflanzliche Wirkstoffe (z.B. Inhaltsstoffe der Kamillenblüten). GLUCOCORTICOIDE Die Glucocorticoide (auch einfach Corticoide oder Corticosteroide genannt) sind Verbindungen, die sich von dem Nebennierenrindenhormon Cortisol (= Hydrocortison) ableiten. Sie besitzen als gemeinsames strukturelles Merkmal ein Steroidgerüst, das bei den einzelnen Derivaten unterschiedlich substituiert ist. Die verschiedenen Derivate wurden mit dem Ziel entwickelt, die Wirksamkeit in Bezug auf die erwünschten Effekte zu verstärken und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen zu unterdrücken sowie die pharmakokinetischen Eigenschaften zu verbessern, insbesondere die Resorbierbarkeit und die Wirkungsdauer. Diese Ziele haben sich z.T. erreichen lassen. Die verschiedenen Glucocorticoide sind sich in ihren Haupt- und Nebenwirkungen qualitativ sehr ähnlich; quantitativ bestehen dagegen erhebliche Unterschiede. Wirkungen und Nebenwirkungen Wie der Name besagt, betrifft die wichtigste physiologische Wirkung der Glucocorticoide den Kohlenhydratstoffwechsel: Die Glucocorticoide stimulieren die Gluconeogenese und wirken dadurch blutzuckererhöhend. Eng mit dieser Wirkung im Zusammenhang steht ihr eiweißkataboler und -antianaboler Effekt, der insbesondere bei langfristiger Gabe hoher Dosen eine Reihe von Folgeerscheinungen mit sich bringen kann, z.B. Einschmelzung von Muskulatur und von kollagenem und elastischem Bindegewebe mit Elastizitätsverlust und Atrophie der Haut, Verzögerung der Wundheilung und gestörte Narbenbildung, Osteoporose, petechiale Blutungen, ferner Atrophie des lymphatischen Gewebes mit Lymphozytopenie und Hemmung der Antikörperbildung, was eine Insuffizienz des Immunsystems beinhaltet. Aus den erwähnten Wirkungen auf das Bindegewebe und einer Reihe anderer nur z. T. aufgeklärter Mechanismen resultiert die entzündungshemmende Wirkung der Glucocorticoide, die rein symptomatisch ist. Weitere wichtige Wirkungen betreffen den Wasser- und Elektrolythaushalt: Vermehrte Retention von Natriumchlorid und Wasser (Gefahr von Ödemen und Hochdruck) bei erhöhtem Kaliumverlust (Folge: Muskelschwäche), Verminderung der Calciumresorption aus dem Darm (Folge: Osteomalazie) und Steigerung der Calciumausscheidung über die Niere (Gefahr der 55