Physikalisches Praktikum Versuch 17 Ferromagnetismus Praktikanten: Johannes Dörr [email protected] physik.johannesdoerr.de Katharina Rabe [email protected] Gruppe: 14 Datum: 08.02.2007 Assistent: Tobias Liese Oliver Schönborn [email protected] 1 Einleitung Jedes Material weist eine der unterschiedlichen Arten von Magnetismus auf. Diese verschiedenen magnetischen Eigenschaften, werden im Alltag an vielen Stellen ausgenutzt, zum Beispiel bei Speichermedian, Magnetkarten und viel mehr. Während einige Stoffe paramagnetisch und andere diamagnetisch sind, haben wieder andere ferromagnetische Eigenschaften. Diesen Ferromagnetismus wollen wir im Versuch näher kennen und verstehen lernen. 2 2.1 Theorie Magnetismus Der Magnetismus von Körpern bzw. Stoffen ist auf mikroskopische Kreisströme zurückzuführen. Im Bohrschen Atommodell kreisen Elektronen um den Atomkern, wodurch ein magnetisches Moment p entsteht, das wie folgt 1 definiert ist: ~·I . p~ = A (1) ~ die Fläche, in der die Kreisbewegung des Elektrons liegt, und I den Strom, den diese bewegte Dabei beschreibt A Ladung bildet. Ist r der Radius der Kreisbahn und v die Bahngeschwindigkeit, so hat das Elektron mit der Masse me den Drehimpuls L = me v r . (2) Den Wert für den Drehimpuls beim Elektron des Wasserstoffatoms bezeichnet man mit h̄. Der Strom I ist definiert als Ladung pro Zeit. In der Sekunde beträgt die Anzahl n der Bahnumläufe n = v/2πr. Es gilt also: I =n·e= e·v . 2πr (3) Mit A = πr2 folgt dann für das magnetische Moment pH des Wasserstoffatoms: pH = A · I = e · h̄ e · vr = := µB , 2 2me was man als Bohrsches Magneton µB = 9,2742 · 10−24 2.2 Jm2 Vs (4) bezeichnet. Magnetisierung Im normalen Zustand einer Materie sind die magnetischen Momente über das gesamte Volumen V so gerichtet, dass sie sich makroskopisch gegenseitig aufheben, also die Vektorsumme: 1 X J~ = p~i , V i (5) bezeichnet als Magnetisierung, null ergibt. Wird die Materie nun jedoch einem Magnetfeld H ausgesetzt, so richten sich die magnetischen Momente aus. Allgemein kann man in einigen Fällen annehmen, dass die so entstehende Magnetisierung J proportional zu H ist: ~ , J~ = χ H (6) die Proportionalitätskonstante χ nennt man magnetische Suszeptibilität. Bei paramagnetischen Materialien zeigt die Magnetisierung in dieselbe Richtung wie das magnetische Feld, bei Diamagnetika ist es genau entgegengesetzt und schwächt somit die magnetische Flussdichte B. Für sie gilt immer: B = µ0 (H + J) . (7) Mit der relativen Permeabilität µr = 1 + χ können wir (7) umformen: B = µ0 (H + χ H) = µ0 H (1 + χ) = µ0 µr H . (8) Die in (6) angenommene Proportionalität ist jedoch nicht immer gewährleistet. Bei ferromagnetischen Materialien kann insbesondere eine Magnetisierung M vorliegen, obwohl keine äußere Feldstärke H mehr vorhanden ist. Mit diesem Phänoment werden wir uns im Folgenden befassen. 2 Figure 1: Weiss-Bezirke und Bloch-Wände in einer ferromagnetischen Probe 2.3 Ferromagnetismus Materialien, die auch nach Abschalten des äußeren Magnetfeldes eine Magnetisierung, genannt Remanenz aufweisen, nennt man ferromagnetisch. Wie beim Paramagnetismus ist die Magnetisierung in dieselbe Richtung gerichtet wie das äußere Feld, jedoch ist sie hier noch wesentlich stärker. Betrachtet man mikroskopisch eine jungfräuliche Probe, also eine Probe, die noch nie einem Magnetfeld ausgesetzt war, so sind Bereiche zu erkennen, in denen die magnetischen Momente alle gleichgerichtet sind, bedingt durch ihre gegenseitige Beeinflussung. Diese Bereiche in einem ferromagnetischen Material nennt man WeissBezirke. Die Ausrichtung der Momente orientiert sich an der Kristallstruktur des Stoffes. Da alle Weiss-Berzirke der Probe unterschiedlich gerichtet sind und sich auf diese Weise gegenseitig aufheben, ist nach außen hin keine Magnetisierung feststellbar. Die Grenzen der Weiss-Berzirke, Bloch-Wände genannt, bilden sich an Fehlern des Kristallgitters oder an Fremdatomen aus. Da an ihnen immer zwei unterschielich gerichtete Feldlinien sehr dicht beeinander liegen, also gut kontrastieren, kann man sie auf der Oberfläche der Probe durch ein spezielles Verfahren auch sichtbarmachen. Schaltet man von außen ein Magnetfeld ein, so wachsen zunächst die Weiss-Berzirke, deren Ausrichtung der des Magnetfeldes sehr ähnlich ist, während andere Berzirke dementsprechend schrumpfen. Lässt man das äußere Magnetfeld weiter ansteigen, so passen immer mehr Weiss-Berzirke schlagartig ihre Ausrichtung dem Magnetfeld an (Barkhausensprung), verlassen also die Ausrichtung in Richtung des Kristallgitters. Die Magnetisierung steigt deshalb nicht kontinuierlich sondern treppenförmig an, was man mit einer Spule und einem daran angeschlossenen Lautsprecher auch hörbar machen kann. Ist das äußere Magnetfeld so stark, dass alle magnetischen Momente ausgerichtet sind, ist die Sättigungsmagnetisierung erreicht. Ein weiteres Vergrößern des Feldes führt zu keiner weiteren Steigerung der Magnetisierung. Fällt die Stärke des Feldes wieder ab, so ändern einige magnetischen Momente wieder ihre Ausrichtung, da seit der Auslenkung elastische Spannungen auf sie wirken und das System wieder den energetisch günstigsten Zustand sucht. Dabei verharren einige Momente in der ausgerichteten Position, weshalb auch bei komplett abgeschaltetem Feld eine remanente Magnetisierung vorhanden ist. Um sie zu auszugleichen, muss ein umgepohltes Feld eingeschaltet werden, deren Stärke man als Koerzitivfeldstärke bezeichnet. Figure 2: Hysteresekurve mit eingezeichneter Sättigungsmagnetisierung JS , Remanzenz JR und Kooerzitivfeldstärke HC sowie der Neukurve Der Verlauf der magnetischen Flussdichte bei dem eben beschriebenen Vorgehen folgt einer Hysteresekurve (Abbildung 2). Wird die Probe das erste Mal dem Magnetfeld ausgesetzt, so folgt die Magnetisierung der 3 Neukurve (oder auch ”jungfräuliche Kurve”), wenn man das Feld ansteigen lässt. Bei der Feldstärke HS ist die Sättungsmagnetisierung JS erreicht. Beim jetzigen Absenken der Feldstärke auf null ist immernoch eine Magnetisierung JR vorhanden, die erst beim umgepolten Feld der Stärke HC verschwindet. Schließlich erreicht man erneut die Sättigungsmagnetisierung mit entgegengesetzter Polarität. Mit der Gleichung: ~ = χ(H) H ~ , J~ = χ H (9) folgt also, dass χ bei ferromagnetischen Stoffen von dem äußeren Feld H abhängt, und dementsprechend auch µr : B = µ0 µr (H) H . (10) Bei Annähern an die Sättigungsmagnetisierung konvergiert µr gegen 1. Materialien, die eine hohe Remanenz aufweisen, bezeichnet man als hartmagnetisch. Sie finden dort Anwendung, wo Permanentmagneten gebraucht werden, die den Magnetismus lange speichern, wie zum Beispiel in Festplatten. Beispielsweise in Motoren verwendet man hingegen weichmagnetische Metalle, da beim Umpolen eines Hartmagneten zu viel Energie nötig ist, während beim Weichmagneten nur gegen wenig Remanenz gearbeitet werden muss. Die Hysterekurven von Hartmetallen sind demnach breiter, von Weichmetallen dagegen schmaler und zudem auch gleichmäßiger in dem Sinne, dass der Verlauf mehr an einen linearen Zusammenhang erinnert. Trägt man nicht J(H) sondern B(H) auf, so entspricht die Fläche innerhalb der Hystereseschleife der Energie E, die beim Umpolen aufgewendet werden muss, und beispielsweise bei einem Motor als Wärme verloren geht: ZHS E= B(H) dH . (11) −HS 2.4 Curie-Temperatur Eine Starke thermische Bewegung innerhalb eines Materials wirkt einer parallelen Ausrichtung der magnetischen Momente entgegen. Bei ferromagnetischen Stoffen ist diese dafür bis zu einer bestimmten, materialspezifischen Temperatur, nämlich der Curie-Temperatur TC , jedoch noch nicht stark genug. Wird sie jedoch überschritten, so verhält sich das Material nur noch paramagnetisch. Dann gilt für die magnetische Suszeptibilität, die nun von der Temperatur abhängt, das Curie-Weiss-Gesetz: χ(T ) = C , T − TC (12) dabei ist C die Curie-Konstante, die sich mit dem atomaren magnetischen Moment µ, der Avogadrokonstanten NA und der Botzmankonstanten kB aus: C = µ0 NA µ2 3kB (13) ergibt. 3 Durchführung 1. Bevor wir mit der Messung beginnen können, muss die magnetische Vorgeschichte des Eisens definiert werden - hierfür muss man die Hysteresekurve einige Male durchlaufen. Demzufolge beginnt man mit der eigentlichen Messung am oberen oder unteren Remanenzpunkt der Hysterese. Dabei sollte die Richtung, in der die erste Messung gestartet wird, notiert werden. 4 2. Als nächstes Messen wir die Galvanometerausschläge, die bei der Veränderung der Magnetisierung entstehen. Hierfür variieren wir schrittweise die Stromstärke I in der Spule mit ca. 100 Windungen von +10 bis -10 A. Sowohl die Amplitude, als auch die Richtung der Galvanometerausschläge müssen notiert werden. Bei den Maxima von I, also +/ − 10A wird für eine möglichst hohe Magnetisierung durch öffnen des Schalters die Spule mit n = 1000 für kurze Zeit dazu geschaltet. Dabei gelten sowohl das Zu- als auch das Wegschalten jeweils als ein Messpunkt. 4 4.1 Auswertung Eichung des Galvanometers (2.) Durch Anlegen einer Spannung an die Primärspule fließt dort ein Strom, der ein Magnetfeld erzeugt: B= µ0 np I , lp (14) dabei ist np die Windungszahl (np = 2800) und lp = 1m die Länge der Primärspule. In der Sekundärspule wird beim Ein- und Ausschalten des Magnetfeldes eine Spannung induziert (Ändeung des magnetischen Flusses Φ): U = Φ̇ . (15) Der maximale Ausschlag ϕmax des Galvanometers ist proportional zur Ladung Q, die dabei fließt (siehe Versuch 11). Damit folgt: Z ϕmax ∝ Q · R = U dt . (16) Mit (15) folgt dann: Z U dt = ⇒ ϕmax = Φ (17) k · Φ = k · n s · B · As , (18) mit der Querschnittsfläche As der Sekundärspule und ihrer Windungszahl ns = 600. Nun setzten wir hier (14) ein und erhalten mit d = 9cm als Durchmesser der Sekundärspule: ϕmax = k · ns · µ0 np I · As lp (19) = k · ns · µ0 np I πd2 . · lp 4 (20) Nun formen wir nach k um: k = ϕmax 4 · lp · . 2 I µ n 0 p ns πd | {z } (21) m Den ersten Faktor m erhalten wir durch Auftragen der Auslenkung in Abhängigkeit der Stromstärke, die wir in Durchführung 3 gemessen haben (Abbildung 3). Mit linearer Regression erhalten wir m = 70,7(5), für die Konstante k ergibt sich damit: k = 5264(37) Der Fehler ergibt sich aus: σk = 4 · lp · σm . µ0 np ns πd2 5 (22) Figure 3: Ausschlag des Galvanometers in Abhängigkeit vom Strom während des Eichvorgangs 4.2 Magnetisierungskurve (1., 3. und 4.) Bei der Magnetisierungskurve (Hystereseskurve) wird der magnetische Flussdichte B im Eisenkern in Abhängigkeit von der äußeren Feldstärke H aufgetragen. Aus diesem Grund ist uns nicht klar, warum man ∆H berechnen sollte. Im Folgen werden wir H anhand der Spulendaten und des Stroms H bestimmen, sowie aus den Galvanometerausschlägen zunächst ∆B und durch Aufsummierung schließlich B berechnen. Für die magnetische Feldstärke H, die eine Spule mit der Windungszahl n1 = 107 und der Länge l1 = πd = 43,4cm (Durchmesser des Eisenringes d = 13,8cm) erzeugt, wenn der Storm I durch sie fließt, gilt: H= n1 I . l1 (23) Für die magnetische Flussdichte aus der Auslenkung ϕmax verwenden wir wieder Gleichung (18): ϕmax ⇒ ∆B = k · n2 · ∆B · A2 ϕmax = k · n 2 · A2 (24) (25) (26) Dabei ist n2 = 3 die Windungszahl und A2 = 3,01 × 1,0cm2 der zweiten Spule, die ebenfalls auf dem Eisenring gewickelt ist. Um aus den so errechneten Werten für ∆B die gesamte Flussdichte B(H) zu erhalten, wird die Änderung ∆B(H) zu dem im jeweils vorigen Schritt berechneten B(H) addiert: B(Hn ) = B(Hn−1 ) + ∆B(Hn ) . 6 (27) Da wir keinen P Startwert B(H0 ) messen können, errechnen wir diesen aus dem Minimalwert ∆B(H0 ) und dem Maximalwert ∆B(Hi ), wobei Hi = max, durch Mittelwertbildung. Schließlich ist es physikalisch sinnvoll i anzunehmen, dass die Sättigungsmagnetisierungen betraglich gleich sind: B(H0 ) = X 1 ∆B(H0 ) + ∆B(Hi ) . 2 i (28) Bei der Versuchsdurchführung wurde bei I = 10A als zusätzlicher Messwert die Windungszahl n1 um 1000 erhöht. In Abbildung (5) ist dieser Messwert dargestellt, in Abbildung (4) wurde dieser hingegen weggelassen. Figure 4: Hystereseskurve ohne Messwert bei 10A, 1107 Windungen An der Magnetisierungskurve können wir nun die Werte der Sättigungsmagnetisierung BS , der Koerzitivfeldstärke HC und der Remanenz BR des Eisenkerns ablesen: Als Mittelwert aus BS,1 = 5,99T , BS,2 = 5,11T und BS,3 = 5,85T ergibt sich: BS = 5,65(27)T Als Mittelwert aus HC,1 = 148,08Am1 und HC,2 = 148,07Am1 ergibt sich: HC = 148,08(1)Am1 Als Mittelwert aus BR,1 = 2,15T und BR,2 = 1,51T ergibt sich: BR = 1,83(32)T 7 Figure 5: Hystereseskurve mit Messwert bei 10A, 1107 Windungen 8 4.3 Anzahl der ausgerichteten Elektronen im Eisenatom (5.) Für die maximale Magnetisierung J des Eisenkerns gilt: J= BS − Hmax , µ0 (29) wobei Hmax = 2468Am−1 durch die maximale Stromstärke (sowie die Windungszahl n1 = 1107) bestimmt war (siehe oben). Mit der Definition der Magnetisierung mit dem magnetischen Moment p, das bei einem (ausgerichteten) Elektron genau dem Bohrschen Magneton µB = 9,2742 · 10−24 Am2 entspricht, folgt: P pi N n µB i = , (30) J= V V wobei N die Anzahl der Atome im Volumen V und n die Anzahl der ausgerichteten Elektronen pro Atom ist. Für die Anzahl N gilt (M : Molmasse des Eisens (M = 55,85g), m : Gesamtmasse des Eisenkerns, ρ: Dichte von Eisen (ρ = 7850kgm−3 ), NA : Avogadro-Konstante (NA = 6,022 · 1023 )): N= ρV m NA = NA . M M (31) Eingesetzt in (30) ergibt sich: n= BS − Hmax µ0 · M . ρ µB NA (32) Damit erhalten wir für die Anzahl der pro Atom ausgerichteten Elektronen einen Wert von: n = 5,7(3) Aus der Angabe im Skript, dass Eisen ein magnetisches Moment von 2,2µB hat, ergibt sich für unser Ergebnis eine Abweichung von 160%. 5 Diskussion Bei der Betrachtung der Endergebnisse fallen extrem starke Abweichungen auf, die wir im Grunde genommen nur unzureichend erklären können, da der Versuch eigentlich reibungsfrei ablief. Wahrscheinlich kommt es hier auf die Summe kleinerer Fehler an, die bei der Versuchsdurchführung schwerlich zu vermeiden waren, da sie nicht weiter ins Auge gefallen sind. Da es an vielen Stellen nicht nur auf die korrekte Handhabung der Gerätschaften, sondern auch auf den richtigen Zeitpunkt ankommt, können wir hier von einer unpräzisen Handhabung des Praktikanten ausgehen. Zwar kann auch ein Fehler an den Apparaturen nicht ausgeschlossen werden, für einen solchen liegen jedoch momentan keine Hinweise vor. Sowohl systematische als auch statistische Fehler können für die Abweichungen verantwortlich gemacht werden. Zunächst nennen wir einmal die korrekte Handhabung der Stromstärke in der Spule. Diese zeigte sich an einigen Stellen ein wenig ungenau, die Anzeige sprang hin und her und oft war nicht ganz klar welche Stromstärke nun eigentlich in der Spule aktuell war. Durch diesen Fehler in den Schrittweiten der Stromstärke und die Tatsache, dass die übrige Messung eventuell zum falschen Zeitpunkt vorgenommen wurde, führt weitergehend auch zu einem Fehler in der Zuschaltung der Spule mit n = 1000. Ob diese Fehler jedoch eine Abweichung von 160% verursachen können ist fraglich und kann im Nachhinein kaum noch überprüft werden. Vielleicht muss auch eine unpräzise Justierung der Geräte oder ein weiteres, unentdecktes Problem für das eher unzufriedenstellende Ergebnisse verantwortlich gemacht werden. 9