Allgemeine Optik II Geometrische Optik Prismen – torische Elemente Blendenfunktionen Studiengang Optometrie 2007-2010 Frühlingssemester 2008 Skriptum für den Unterricht an der FHNW Fachbereich Optometrie erstellt von Dr. R. E. Joos Skriptum Allgemeine Optik II – Prismen, Zylinder, Blendenfunktionen Seite 2 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1 PRISMATISCHE ABLENKUNG BEI SCHIEF GEKREUZTEN PRISMEN / KEILEN ...................................................................................................................... 5 1.1 Prismatische Ablenkung beim Keil ...........................................................................................5 1.2 Schief gekreuzte Prismen ..........................................................................................................7 1.2.1 Schiefwinkliges Dreieck ......................................................................................................7 1.2.2 Komponentenzerlegung......................................................................................................8 2 ZYLINDRISCHE ELEMENTE UND SPHÄROZYLINDRISCHE KOMBINATIONEN................................................................................................... 10 2.1 Zylindrische Elemente ..............................................................................................................10 2.1.1 Wirkung des Planzylinders in den Hauptschnitten ...........................................................11 2.2 Sphärozylindrische Elemente ..................................................................................................16 2.3 Wirkung schief gekreuzter Zylinder ........................................................................................18 3 INSTRUMENTE ............................................................................................... 22 3.1 Arten der Vergrösserung..........................................................................................................22 3.1.1 Funktionsweise von Instrumenten ....................................................................................22 3.1.2 Definitionen der Vergrösserung ........................................................................................22 3.2 Lupen..........................................................................................................................................25 3.2.1 Die Lupenvergrösserung...................................................................................................25 3.2.2 Blendenfunktionen im System „Lupe-Auge" .....................................................................28 3.3 Mikroskop ..................................................................................................................................30 3.3.1 Einfaches und zusammengesetztes Mikroskop ...............................................................30 3.3.2 Funktionsweise des zusammengesetzten Mikroskops.....................................................31 3.3.3 Vergrösserung des Mikroskops ........................................................................................31 3.3.4 Blendenfunktionen beim Mikroskop..................................................................................33 3.3.5 Köhlersche Beleuchtung ...................................................................................................35 3.4 Fernrohre ...................................................................................................................................36 3.4.1 Das Kepler-Fernrohr .........................................................................................................36 3.4.2 Das Galilei-Fernrohr..........................................................................................................39 3.5 Feldlinsen und Okulare ............................................................................................................40 3.5.1 Einleitung ..........................................................................................................................40 3.5.2 Konzept der Feldlinse .......................................................................................................40 3.5.3 Klassifizierung von Okularen ............................................................................................44 3.5.4 Beispiele............................................................................................................................46 3.5.5 Kompliziertere Okulare .....................................................................................................48 3.5.6 Aufgaben Okulare .............................................................................................................50 3.6 Photoapparat .............................................................................................................................51 3.6.1 Einige optische Zusammenhänge beim Photoapparat.....................................................52 3.6.2 Zoomobjektive...................................................................................................................57 Skriptum Allgemeine Optik II 4 Seite 4 STRAHLENBEGRENZUNG ............................................................................ 64 4.1 Aperturblende - Ein- und Austrittspupille ..............................................................................64 4.1.1 Kombinationen von einer Linse und einer Blende ............................................................64 4.1.2 Kombination Linse - Blende - Linse ..................................................................................66 4.1.3 Systeme aus mehreren Linsen und Blenden....................................................................67 4.1.4 Definitionen .......................................................................................................................67 4.1.5 Symbole für Konstruktionen..............................................................................................69 4.2 Gesichtsfeldblende - Hauptstrahlen - Luken .........................................................................70 4.3 Skizze - Übersicht .....................................................................................................................72 4.4 Systematik der Analyse der für die Strahlenbegrenzung wirksamen Blenden..................73 4.5 Einige Beispiele.........................................................................................................................73 5 SCHÄRFENTIEFE ........................................................................................... 74 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 *Formeln zur Berechnung der Schärfentiefe ....................................................................76 Herleitung der Formeln zur Schärfentiefe.........................................................................76 Einstellung auf "Nahunendlich".........................................................................................79 Schärfentiefebreite ............................................................................................................79 5.2 Übersicht Zerstreuungskreis und Schärfentiefe ...................................................................81 5.3 Zerstreuungskreis.....................................................................................................................81 5.3.1 Schärfentiefe .....................................................................................................................82 5.3.2 Übersicht "Kreis kleinster Verwirrung" ..............................................................................83 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 5 1 Prismatische Ablenkung bei schief gekreuzten Prismen / Keilen 1.1 Prismatische Ablenkung beim Keil Vorerst rufen wir uns in Erinnerung, wie die Abbildung an einem dünnen Prisma oder Keil beschrieben werden kann. Bei einem dünnen Prisma (in Luft!) hängen der brechende Winkel ϕ , die Brechzahl n und die Strahlablenkung δ (alle Grössen sind in der unten stehenden Skizze dargestellt) wie folgt zusammen: δ ≈ (1 − n ) .ϕ Schirm Prisma / Keil ϕ JG p δ Abbildung: Verhältnisse und Grössen (Bezeichnungen) bei der Abbildung an dünnen Prismen / Keilen. Diese Formel entstammt der paraxialen Optik und ist recht brauchbar für brechende Winkel bis ca. 20°. Es ist eher üblich, statt der Strahlablenkung δ in Grad die prismatische Ablenkung p in cm/m anzugeben: p = tan (δ ) = tan ( (1 − n ) .ϕ ) = tan ( (1 − n ) .ϕ ) ⋅ 100 cm m Die Masseinheit für die prismatische Ablenkung ist cm/m; gelegentlich findet sich noch die veraltete Einheit pdpt (Prismendioptrien) für die prismatische Ablenkung. Prismatische Ablenkung, schief gekreuzte Prismen 5 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 6 Rechenbeispiel: Wir nehmen an, ein Keil habe einen brechenden Winkel von ϕ = 8.00° und sei aus einem Material mit Brechzahl n=1.6 gefertigt. Es sind der Ablenkwinkel δ und die prismatische Ablenkung p zu bestimmen. Lösung: δ ≈ − 4.8° p ≈ − 8.40 cm / m In der Brillenoptik kann ein Keil oder dünnes Prisma zur Korrektion der Winkelfehlsichtigkeit eingesetzt werden. Die Strahlablenkung bei einem Keil (in Luft) erfolgt immer zur Basis hin; soll also eine horizontale Strahlablenkung erzielt werden, muss die Basis des Prismas vertikal orientiert werden; für vertikale Strahlablenkung muss die Basis horizontal gerichtet werden etc. Dies ist in der untenstehenden Grafik versinnbildlicht. Abbilung: Orientierung von Prismen und deren prismatische Ablenkung. Die Basis der Prismen sind jeweils mit einer fetten Linie im Rechteck angedeutet. Die Pfeile stellen die prismatischen Ablenkungen inklusive deren Richtungen an. Daraus geht nun hervor, dass für die vollständige Charakterisierung der Wirkung von Prismen (Keilen) der Betrag der prismatischen Ablenkung und die Richtung im Raum (Winkel im Bereich von 0° bis 360° nach Tabo-Schema) bekannt sein müssen. Prismatische Ablenkung, schief gekreuzte Prismen 6 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 7 1.2 Schief gekreuzte Prismen Gelegentlich befinden sich mehrere Prismen (nacheinander) im Strahlengang; dabei können die prismatischen Wirkungen unterschiedliche Richtungen aufweisen. An dieser Stelle wollen wir untersuchen, wie solche Kombinationen von schief gekreuzten Prismen optisch und mathematisch gehandhabt werden können. Abbildung: Kombination von senkrecht zueinander angeordneten Prismen (links im Bild) und schief angeordneten Prismen (rechts im Bild). Man beachte, dass die Wirkungen in die einzelnen Richtungen, je nach prismatischer Ablenkung der eingesetzten Keile, unterschiedlich gross gezeichnet wurden. In der Folge werden die Keilumrandung und die Keilbasis in den Skizzen nicht mehr angedeutet. Die Kombination der schief gekreuzten Prismen kann nun einfach als Vektoraddition durchgeführt werden. Dies kann im einfachsten Fall grafisch gemacht werden (ist als Kontrolle immer zu empfehlen). Wie in der Vektormathematik haben wir grundsätzlich zwei Möglichkeiten: 1.2.1 Schiefwinkliges Dreieck JJG Wir betrachten gemäss Skizze zwei schief gekreuzte Prismen mit Wirkungen p1 und JJG p2 . Zur Berechnung müssen nur der Winkel α zwischen den beiden prismatischen Wirkungen und die Beträge p1 und p2 bekannt sein, gemäss unten stehender Skizze. JJG p2 α JJG p1 Abbildung: Prismatische Wirkungen der einzelnen Keile und eingeschlossener Winkel α . Das Resultat soll in der Form ( p; β ) angegeben werden, das heisst die Stärke p der Prismatische Ablenkung, schief gekreuzte Prismen 7 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 8 resultierenden prismatischen Ablenkung und die Richtung β der resultierenden AbJJG lenkung bezogen auf die prismatische Wirkung des ersten Prismas p1 . JG p JJG p2 β JJG p1 Abbildung: Gesuchte Grössen bei der Kombination von schief gekreuzten Prismen. Zur konkreten Berechnung gehen wir wie folgt vor: 1. Berechne α ' = 180° − α 2. p berechnen: p = p12 + p22 − 2 ⋅ p1 ⋅ p2 ⋅ cos α ' = p12 + p22 + 2 ⋅ p1 ⋅ p2 ⋅ cos α 3. β berechnen (entweder über den Sinussatz (a.) oder den Cosinussatz (b.)): p p p a. sin β = 2 ⋅ sin α ' = 2 ⋅ sin (180° − α ) = 2 ⋅ sin α p p p 2 2 2 p + p − p2 b. cos β = 1 2 ⋅ p1 ⋅ p Wir fügen ein Rechenbeispiel an: Prisma 1: 5.0 cm/m in 30°; Prisma 2: 3.0 cm/m in 120°. Lösung: p ≈ 5.83 cm / m ; β ≈ 31.0° , also Wirkung in 61.0°. 1.2.2 Komponentenzerlegung Bei dieser Variante werden einfach beide in Polarform gegebenen prismatischen Wirkungen in kartesische Koordinaten transformiert, addiert und dann wieder in Polarform umgerechnet, wie in der untenstehenden Skizze angedeutet: p1, x = p1 ⋅ cos ϕ1 p2, x = p2 ⋅ cos ϕ2 p1, y = p1 ⋅ sin ϕ1 p2, y = p2 ⋅ sin ϕ2 JG JJG JJG ⎛ p1, x ⎞ ⎛ p2, x ⎞ ⎛ p1 cos ϕ1 ⎞ ⎛ p2 cos ϕ 2 ⎞ ⎛ p1 cos ϕ1 + p2 cos ϕ 2 ⎞ ⎛ px ⎞ p = ⎜ ⎟ = p1 + p2 = ⎜ ⎟+⎜ ⎟= ⎜ ⎟+⎜ ⎟= ⎜ ⎟ ⎝ py ⎠ ⎝ p1, y ⎠ ⎝ p2, y ⎠ ⎝ p1 ⋅ sin ϕ1 ⎠ ⎝ p2 ⋅ sin ϕ 2 ⎠ ⎝ p1 ⋅ sin ϕ1 + p2 ⋅ sin ϕ 2 ⎠ p = px2 + p y2 ⎧ ⎛ py ⎞ falls px ≥ 0 ⎪ arcsin ⎜ ⎟ + k ⋅ 360°, ⎪ ⎝ p ⎠ ϕ = ⎨ ⎪180° − arcsin ⎛ p y ⎞ + k ⋅ 360°, falls px < 0 ⎜ ⎟ ⎪ ⎝ p ⎠ ⎩ Ist as rechnerische Resultat für ϕ im Bereich 0° bis 360°, so ist k=0 u setzen; ist Prismatische Ablenkung, schief gekreuzte Prismen 8 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 9 ϕ < 0 , so müssen 360° hinzuaddiert werden, also k=1. y p py ϕ px x Abbildung: Zerlegung der prismatischen Wirkung (Vektor!) in seine Komponenten Rechenbeispiel: Als Rechenbeispiel wiederholen wir das obige Beispiel. px ≈ 2.83 cm/m Lösung: p = 5.83 m/m; ϕ = 61.0° p y ≈ 5.10 cm/m Prismatische Ablenkung, schief gekreuzte Prismen 9 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 10 2 Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 2.1 Zylindrische Elemente Das einfachste zylindrische oder torische Element ist der Planzylinder. Man kann sich diese vorstellen als einen Abschnitt eines Glaszylinders (Pluszylinder) oder eines Hohlzylinders (Minuszylinder). Beispiele dafür sind in der untenstehenden Abbildung wiedergegeben. In diesen Beispielen ist jeweils eine plane Ebene der Objektseite zugewandt, was natürlich nicht zwingend so der Fall zu sein braucht. Dieser hat einen planen und einen sphärischen Hauptschnitt. Abbildung: Planplus- und Planminuszylinder; nach Roth. Abbildung: Schnitt der Planzylinder gemäss obiger Abbildung; wiederum aus Roth. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 10 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 11 2.1.1 Wirkung des Planzylinders in den Hauptschnitten Beim Planzylinder ist logischerweise im planen Hauptschnitt die Wirkung 0 vorhanden. Im anderen Hauptschnitt ist die Wirkung genau gleich wie bei einer brechenden Kugelfläche durch D plan = 0 D = 1− n r gegeben. Die damit bewirkte astigmatische Abbildung hat nur in der Richtung senkrecht zur Zylinderachse eine Wirkung. Achsenparallel einfallende Strahlenbündel ergeben paraxial anstelle eines Brennpunktes eine Brennlinie, die parallel zur Zylinderachse liegt. Dies ist in der folgenden Abbildung wiedergegeben: Abbildung: Astigmatische Abbildung beim Planpluszylinder. Damit ist die optische Wirkung des Planzylinders in seinen Hauptschnitten beschrieben. Wie ist aber dessen Wirkung in einer Ebene, die die optische Achse enthält, jedoch keinen seiner Hauptschnitte? Um dieser Frage nachzugehen denken wir uns, ein Glaszylinder werde mit einer scharfen Klinge geteilt, jedoch sei die Schnittebene nicht senkrecht zur Zylinderachse. Wäre die Schnittfläche exakt senkrecht zur Zylinderachse, so entstünde als Schnittfläche eine Kreisscheibe; in allen anderen Fällen entsteht eine Ellipse als Schnittfläche. Dies ist in den folgenden Grafiken dargestellt: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 11 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 12 Abbildung: Schnitt eines Zylinders mit nicht senkrecht zur Zylinderachse stehender Schnittebene. Es entsteht eine elliptische Schnittfläche. Abbildung: Verlauf der Schnittlinie auf dem Zylindermantel Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 12 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 13 Abbildung: Senkrecht stehende Ellipse mit eingezeichneten Scheitelkreisen. Für unsere Betrachtungen ist der grosse Scheitelkreis beziehungsweise dessen Krümmungsradius von Bedeutung Damit kann nun zumindest mathematisch die Wirkung in einer beliebigen Ebene dargestellt werden: Es sei α der Winkel zwischen der Schnittebenennormalen und und der Zylinderachse. Ist dieser Winkel α = 0 , dann entsteht wie gesagt eine Kreisfläche mit Radius r gleich dem Krümmungsradius des Zylinders. Je grösser der Winkel α wird, desto mehr wird die Ellipse in die Länge gezogen. Dabei nimmt die grosse Halbachse a der Ellipse zu, während die kleine Halbachse b immer gleich gross bleibt, nämlich gleich dem Radius r des Zylinders. Dies ist schematisch in der folgenden Abbildung wiedergegeben: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 13 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 14 Zylinderachse Normale a α b=r Abbildung: Geometrie beim Schnitt durch einen Zylinder; der Winkel α zwischen der Zylinderachse und der Normalen der Schnittebene ist zugleich auch der Winkel zwischen den beiden Halbachsen a und b. Die Grösse der grossen Halbachse a kann nun einfach bestimmt werden: a = b r = . cos α cos α Um die Optische Wirkung in dieser Ebene zu bestimmen, muss der Scheitelkrümmungsradius im flacheren Scheitel der Ellipse berechnet werden. Für die Scheitelkrümmungsradien haben wir die Formeln: a2 r0, flach = b b2 r0,steil = a Setzen wir die bekannten Werte für a und b ein, so erhalten wir: b2 2 2 a b = cos α = r0, flach = b b cos 2 α b2 b2 r0,steil = = = b ⋅ cos α b a cos α Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 14 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 15 Für unsere Betrachtung ist weiter nur der Krümmungsradius „flach“ von Bedeutung. Damit erhalten wir für die optische Wirkung: n −1 n −1 n −1 Dα = = = ⋅ cos 2 α b ro , flach r 2 cos α n −1 Setzen wir noch voraus, dass D0 = Dα =0 = die Wirkung in der Ebene senkrecht r zur Zylinderachse bedeutet, so vereinfacht sich die Formel weiter zu: Dα = D0 ⋅ cos 2 α Dies ist das sogenannte „Eulersche Gesetz“ für die optische Wirkung von Zylinderelementen. In der untenstehenden Grafik ist die Wirkung als Funktion des Winkels α dargestellt. 0.0 0.2 0.4 y 0.6 0.8 1.0 Zylinderwirkung 0 50 100 150 200 250 300 350 x Abbildung: Optische Wirkung eines (Plan-) Zylinders in Abhängigkeit vom Winkel α . Betrachten wir die obige Abbildung oder auch die Formel, so stellen wir fest, dass die Periodizität nur 180°, nicht etwa 360° beträgt. Die „mittlere Wirkung ist gerade die Hälfte der Wirkung in der Ebene, welche eine Wirkung aufweist. Rechenbeispiel: Ein Planzylinder habe eine Stärke von +4.0 dpt. Wie gross ist die Wirkung in einer Ebene, die 45° zur Zylinderachse gedreht steht? Lösung: Dα =45° = 4.0 dpt ⋅ cos 2 45° = + 2.0 dpt Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 15 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 16 2.2 Sphärozylindrische Elemente Im Allgemeinen haben wir es nicht bloss mit Planzylindern, sondern mit astigmatischen oder torischen Elementen zu tun, die für alle Richtungen eine Wirkung verschieden von Null aufweisen. Die Erweiterung auf diesen Sachverhalt dürfte hinreichend bekannt sein; wir beschränken uns deshalb darauf, die wesentlichen Elemente aufzuzählen: Man hat die beiden Hauptschnitte (bzw. deren Brechwerte) DI und DII zu unterscheiden. Diese beiden Brechwerte unterscheiden sich um den Zylinder C : DII = DI + C DI ist die Wirkung parallel zur Zylinderachse, DII die Wirkung senkrecht zur Zylinderachse. In einer beliebigen Ebene, die den Winkel α zum Hauptschnitt II aufweist, haben wir die Wirkung Dα = DI + C ⋅ cos 2 α Bezieht man den Winkel α auf den Hauptschnitt I, so ist anstelle des Cosinus der Sinus einzusetzen: Dα = DI + C ⋅ sin 2 α Bei der Abbildung an einem sphärozylindrischen Element entsteht das sogenannte „Sturmsche Konoid“. Wir fügen Abbildungen des Sturmschen Konoids an für die Abbildung eines unendlich fernen Achsenobjektpunktes beziehungsweise eines nahen Achsenobjektpunktes durch ein sphärozylindrisches Element, das in beiden Hauptschnitten Pluswirkung entfaltet. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 16 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 17 Abbildung: Sturmsches Konoid bei der Abbildung eines unendlich fernen Achsenobjektpunktes; es entstehen anstelle eines (paraxialen) Brennpunktes zwei (paraxiale) Bildlinien. Abbildungen: Sturmsche Konoide für verschiedene Bedingungen. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 17 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 18 2.3 Wirkung schief gekreuzter Zylinder Wie bei den Prismen ist es auch bei den Sphärozylindern möglich, sie mit beliebiger Achslage zu kombinieren. Dies soll in diesem Abschnitt untersucht werden. Vorerst einmal wollen wir dies auf eine experimentelle Mathematische Art tun. Wir nehmen an, wir haben zwei sphärozylindrische Wirkungen, beschreiben durch Sphärozylinder 1: S1 , C1 , A1 = α1 : D1 (ϕ ) = S1 + C1 ⋅ sin 2 (ϕ − α1 ) Sphärozylinder 2: S 2 , C2 , A2 = α 2 : D2 (ϕ ) = S 2 + C2 ⋅ sin 2 (ϕ − α 2 ) Die resultierende Wirkung beider sphärozylindrischer Wirkungen ist nun einfach die Summe, falls der Abstand zwischen den beiden Elementen genügend klein gehalten wird: D (ϕ ) = D1 (ϕ ) + D2 (ϕ ) = S1 + C1 ⋅ sin 2 (ϕ − α1 ) + S 2 + C2 ⋅ sin 2 (ϕ − α 2 ) Nach Umstellen von einigen Termen: D (ϕ ) = D1 (ϕ ) + D2 (ϕ ) = S1 + S 2 + C1 ⋅ sin 2 (ϕ − α1 ) + C2 ⋅ sin 2 (ϕ − α 2 ) Diese Vorgehensweise ist sehr einfach, nur kommen dabei nicht sehr überschaubare Formeln heraus. Die Frage stellt sich, ob es nicht möglich ist, für die obige gleichung etwas Einfacheres zu finden. Dies wollen wir in einem einfachen Beispiel anschauen: Nehmen wir an, wir haben S1 = + 1.0 dpt C1 = + 1.0 dpt A1 = α1 = 30° S 2 = + 1.0 dpt und C2 = + 0.5 dpt A2 = α1 = 60° Um einzusehen, in welcher Richtung eine Lösung zu suchen ist, betrachten wir die Angelegenheit zuerst einmal grafisch. In der folgenden Abbildung sind zuerst die Wirkungen der beiden Einzelelemente und dann von deren Kombination dargestellt. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 18 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 19 1.8 1.4 1.0 Wirkung [dpt] Zylinderwirkung Element 1 0 50 100 150 200 250 300 350 250 300 350 300 350 Winkel [°] 1.4 1.2 1.0 Wirkung [dpt] Zylinderwirkung Element 2 0 50 100 150 200 Winkel [°] 3.0 2.6 2.2 Wirkung [dpt] 3.4 Zylinderwirkung beide Elemente 0 50 100 150 200 250 Winkel [°] Abbildung: Wirkungen der einzelnen sphärozylindrischen Elemente und deren Kombination; eingezeichnet sind als horizontale Geraden jeweils die mittleren Wirkungen der Einzelelemente und der Kombination. Wir stellen fest, dass die Wirkung der Kombination wiederum sinusoidales Verhalten aufweist mit der gleichen Periodizität. Es sollte daher möglich sein, die resultierende Wirkung der Kombination darzustellen in der Art: D (ϕ ) = D1 (ϕ ) + D2 (ϕ ) = S + C ⋅ sin 2 (ϕ − α ) Zu bestimmen sind also die Werte für S, C und α, die die sphärozylindrische Kombination adäquat beschreibt. Mit einiger Trigonometrie (Additionstheoreme etc.) kann man zeigen, dass die Wirkung der sphärozylindrischen Kombination gegeben ist durch: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 19 Skriptum Allgemeine Optik II S = S1 + S 2 + C = α = Seite 20 C1 + C2 − C 2 C12 + C22 + 2 ⋅ C1 ⋅ C2 ⋅ cos ( 2 ⋅ (α1 − α 2 ) ) ⎛ C ⋅ sin ( 2 ⋅ α1 ) + C2 ⋅ sin ( 2 ⋅ α 2 ) ⎞ 1 ⋅ arctan ⎜⎜ 1 ⎟⎟ ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ α α 2 cos 2 cos 2 C C ( ) ( ) 1 2 2 ⎠ ⎝ 1 Auf den ersten Blick scheinen diese Formeln sehr kompliziert zu sein. Sie können aber (z.B. für einen Taschenrechner) sehr einfach programmiert werden. Wir verfolgen unser Rechenbeispiel von der vorangehenden Seite weiter und errechnen: S = + 2.09 dpt C = + 1.32 dpt α = 39.6° Mit diesen Werten zeichnen wir in der Grafik die resultierende Wirkung der Sphärozylinderkombination ein und stellen fest, dass die neu berechnete Kurve die alte vollständig überdeckt. Dies belegt, dass der Formelsatz für die sphärozylindrische Kombination stimmt. Im Unterricht betrachten wir noch grafische und vektormathematische Alternativen zu der rein rechnerischen Lösung, die oben wiedergegeben wurde. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 20 Skriptum Allgemeine Optik II Seite 21 1.8 1.4 1.0 Wirkung [dpt] Zylinderwirkung Element 1 0 50 100 150 200 250 300 350 250 300 350 300 350 Winkel [°] 1.4 1.2 1.0 Wirkung [dpt] Zylinderwirkung Element 2 0 50 100 150 200 Winkel [°] 3.0 2.6 2.2 Wirkung [dpt] 3.4 Zylinderwirkung beide Elemente 0 50 100 150 200 250 Winkel [°] Abbildung: Gleiche sphärozylindrische Kombination wie im vorangehenden Beispiel, allerdings jetzt mit der gerechneten Resultierenden (rot). Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 21 3 Instrumente 3.1 Arten der Vergrösserung 3.1.1 Funktionsweise von Instrumenten Vergrössernde Sehhilfen und Instrumente haben zum Zweck, die mit ihrer Hilfe erzeugten Netzhautbilder zu vergrössern. Anhand der untenstehenden Figur erkennen wir, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Netzhautbildgrösse und dem Sehwinkel σ besteht. Man beachte ferner, dass die Tatsache, dass ein Gegenstand gross ist, nicht automatisch ein grosses Netzhautbild zur Folge hat. Abbildung: Grösse der Netzhautbilder Werden Instrumente (Lupen, Mikroskope, Fernrohre) verwendet, so werden nicht die Gegenstände selber, sondern die von den Instrumenten erzeugten Zwischenbilder betrachtet (Vielfach liegen diese Zwischenbilder im Unendlichen). Entscheidend für die Wirkung eines Instrumentes ist nun, unter welchem Sehwinkel σ' dieses Zwischenbild erscheint. Der Sehwinkel σ' bestimmt schliesslich, wie gross das Netzhautbild ausfällt. Man könnte deshalb die Vergrösserung eines Instrumentes wie folgt definieren: Vergrösserung Γ' = Sehwinkel σ ' mit Instrument Sehwinkel σ ohne Instrument 3.1.2 Definitionen der Vergrösserung Leider hat man bei den Definitionen im Zusammenhang mit der Vergrösserung nicht diesen einfachen Weg beschritten, sondern hat weiter differenziert. Man hat demnach zu unterscheiden, ob ein Instrument primär für die Nähe oder für die Ferne verwendet werden soll; dies bringt zwei verschiedene Definitionen der Vergrösserung mit sich: Die oben dargestellte Vergrösserung ist die Vergrösserung eines Instrumentes für die Ferne: Vergrösserung eines Instrumentes für die Ferne (FernopZylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 22 tik): Γ' Fernoptik = Sehwinkel σ ' mit Instrument Sehwinkel σ ohne Instrument Die Vergrösserung eines Instrumentes für die Ferne ist das Verhältnis der Sehwinkel mit und ohne Instrument. Vergrösserung eines Instrumentes für die Nähe: Abbildung: Vergrösserung eines Instrumentes für die Nähe: verglichen werden die Netzhautbild mit Instrument und ohne Instrument; im Falle ohne Instrument befindet sich das Objekt in der Bezugssehweite. In der Nahoptik muss man sich vorstellen, dass der Beobachter ohne Instrument automatisch den Gegenstand in jene Entfernung (vom Auge) bringt, in der optimale Bedingungen herrschen. Dies ist per definitionem dann der Fall, wenn er den Gegenstand in die Entfernung des besten natürlichen Sehens, d.h. in die sogenannte Bezugssehweite bringt. Üblicherweise nimmt man für die Bezugssehweite eine Distanz von 25cm an. Für die Bezugssehweite verwendet man das Symbol a 0 : a 0 : Bezugssehweite, üblicherweise a 0 = -25cm Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 23 Mit σ 0 bezeichnet man den Sehwinkel, unter dem der Gegenstand dem unbewaffneten Auge in der Bezugssehweite erscheint. Wir bezeichnen diesen Winkel als Bezugssehwinkel (diese Bezeichnung hat allerdings keinen offiziellen Charakter). Mit den eben definierten Grössen a 0 und σ 0 können wir nun die Vergrösserung der Instrumente der Nahoptik wie folgt definieren: Γ 'Nahoptik = Sehwinkel σ ' mit Instrument Sehwinkel σ 0 ohne Instrument , Objekt in Bezugssehweite Es ist zu beachten und streng zu unterscheiden, dass die beiden Definitionen der Vergrösserung völlig unterschiedlich sind und nur dann die gleichen Resultate ergeben, wenn sich der Gegenstand gerade in der Bezugssehweite befindet. Gelegentlich wird die Definition der Vergrösserung für die Ferne auch für die Nahoptik angewendet. Man spricht dann von der sogenannten Vergrösserung für den subjektiven Gebrauch: Γ' subj = Γ' Fernoptik Für die Herleitung der Formeln und für Berechnungen wäre es ziemlich mühsam, immer wieder Winkel (in Grad oder Minuten) berechnen zu müssen. Man darf aber i.a. voraussetzen, dass die Winkel σ' etc. in der Regel klein sind. Dann ist das Verhältnis der Winkel etwa gleich dem Verhältnis der entsprechenden Sinus und Tangens: sin(σ ' ) tan(σ ' ) σ' ≈ ≈ σ sin(σ ) tan(σ ) Für einen Gegenstand y in der Bezugssehweite a0 ergibt sich somit: y tan(σ 0 ) = − . a0 Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 24 3.2 Lupen 3.2.1 Die Lupenvergrösserung Anhand der untenstehenden Figur stellen wir die notwendigen Überlegungen zur Berechnung der Lupenvergrösserung an. Es ist vorerst einmal klar, dass die Lupe ein Instrument für die Nähe darstellt. Die weiteren Bezeichnungen lauten: y: Gegenstandsgrösse [m] y': Grösse des Zwischenbildes [m] a: Entfernung des Gegenstandes y von der Lupe [m] a': Entfernung des Zwischenbildes y' von der Lupe [m] aE : Akkommodationsentfernung, Entfernung des Zwischenbildes y' vom Auge [m] (objektseitige Hauptebene H ). e: Entfernung Lupe - Auge (immer positiv) [m] Abbildung: Bezeichnungen und Abbildungsverhältnisse bei der Lupe Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 25 Die Berechnung der Vergrösserung läuft nun nach folgendem Rezept ab: 1. Berechnung des Tangens des Bezugssehwinkels σ 0 . y tan (σ 0 ) = − a0 2. Berechnung der Grösse und der Lage des Zwischenbildes. Dazu verwendet man am besten Gauss- und Bildgrössenformel. 3. Mit dem Ergebnis aus 2. berechnet man die Enmtfernung des Zwischenbildes vom Auge, d.h. die Akkommodationsentfernung a : a E = a '−e 4. Berechnung des Tangens des Sehwinkels σ': y' tan (σ ' ) = − aE 5. Berechnung der Vergrösserung Γ': tan(σ ' ) Γ' = tan (σ 0 ) Bemerkung: Mit ß' = y'/y erkennt man, dass die Lupenvergrösserung auch einfach mit der Formel y' − a aE y' a0 = ⋅ = β '⋅ 0 berechnet werden kann, d.h. mit Γ' = y y aE aE − a0 a0 a0 Γ' = β '⋅ = β '⋅ aE a '−e Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 26 Rechenbeispiele 1. Eine Lupe mit +18 dpt Brechwert befindet sich 4cm vor dem Auge. 5cm vor der Lupe befindet sich ein 2mm grosser Gegenstand. Bestimmen Sie die Grösse und die Lage des Zwischenbildes, den Abbildungsmaßstab,die Akkommodationsentfernung und die Lupenvergrösserung. Man bestimme auch die Vergrösserung für den subjektiven Gebrauch. 2. Eine Lupe von 10 dpt Brechwert befindet sich 20 cm vom Auge entfernt. Ein Gegenstand (unbekannter Grösse) befindet sich 10 cm vor der Lupe. Man berechne (wo möglich) die gleichen Grössen wie in Aufgabe 1. 3. Eine Lupe von 12.5dpt befinde sich 8 cm vor dem Auge. Ein Gegenstand (unbekannter Grösse) befindet sich 6 cm vor der Lupe. Man berechne (wo möglich) die gleichen Grössen wie in Aufgabe 1. 4. Eine Lupe von 20 dpt ist 15 cm vom Auge entfernt. Der betrachtete Gegenstand befindet sich in einer Entfernung von 2.5 cm vor der Lupe. Berechnen Sie die gleichen Grössen wie in Aufgabe 1. Aufgaben "Lupe I" 1. Definieren Sie die Vergrösserung eines Instrumentes für die Nähe. 2. Definieren Sie den Begriff "Abbildungsmaßstab". 3. Unterscheiden Sie "Vergrösserung" und "Abbildungsmaßstab". 4. Eine Lupe hat einen Brechwert von 12.5 dpt. Ein 2cm grosser Gegenstand befindet sich 7cm vor der Lupe; das Beobachterauge befindet sich 12cm hinter der Lupe. a) Berechnen Sie die Lage und die Grösse des Zwischenbildes. b) Berechnen Sie den Abbildungsmaßstab und die Vergrösserung in dieser Situation. 5. Eine Briefmarke befindet sich 0.87cm vor der dingseitigen Hauptebene einer starken Lupe mit 68.6 dpt Brechwert. Das Beobachterauge befinde sich 1.2cm hinter der Lupe. a) Berechnen Sie die Lage des Zwischenbildes und den Abbildungsmaßstab. b) Berechnen Sie die Vergrösserung in dieser Konstellation. 6. Die Vergrösserung einer Lupe ist 8x. Der Abstand Auge-Lupe ist 4cm. Der Brechwert der Lupe ist mit 18dpt angegeben. a) Bestimmen Sie die Gegenstandsweite. b) Wie gross ist der Abbildungsmassstab? 7. Auf der Innenseite eines mit Wasser gefüllten, kugelrunden Weinglases (als mit unendlich dünnen Wänden ausgestattet aufzufassen, Durchmesser 5.5cm) befindet sich ein Luftbläschen (Durchmesser 1.5mm). Ein weiteres Luftbläschen (Durchmesser 1.8mm) befindet sich 1cm von der (vom Beobachter weiter entfernten) Wand des Glases entfernt. Die Beobachtung erfolgt durch das Glas hindurch. Das Beobachterauge befinde sich 3cm hinter dem Glas. a) Wie gross sind die Zwischenbilder der beiden Luftbläschen und wo befinden sie sich ? b) Bestimmen Sie die Abbildungsmaßstäbe und Vergrösserungen. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 27 Aufgaben "Lupen I" ff 1. Eine Visolett-Lupe hat einen Brechwert von 15 dpt und ist aus Kronglas (n=1.523) gefertigt. a) Berechnen Sie den Krümmungsradius r und die Dicke d dieser Lupe. b) Das Auge ist 15cm von der Lupe entfernt. Bestimmen Sie die Lupenvergrösserung und die Vergrösserung für den subjektiven Gebrauch. 2. Eine modifizierte Visolett-Lupe hat einen Krümmungsradius von (betragsmässig) 4cm und ist 8cm dick. Das Lupenglas hat einen Brechungsindex von 1.62. a) Bestimmen Sie den Brechwert der Lupe, die Lage des Zwischenbildes, die Akkommodationsentfernung und den Abbildungsmaßstab. b) Bestimmen Sie die Lupenvergrösserung und die Vergrösserung für den subjektiven Gebrauch, vorausgesetzt, die Lupe befindet sich in einer Entfernung von 8cm vom Auge. 3. Ein modifizierter Lesestab aus Acryl-Glas wird aus einem runden Stab gefertigt, indem ein Viertel der Dicke des Stabes weggeschliffen wird. Der ursprüngliche Durchmesser des Stabes betrug 2cm und der Brechungsindex ist mit 1.49 angegeben. a) Bestimmen Sie den Abbildungsmassstab für diesen Lesestab. b) Wie gross sind die Akkommodationsentfernung, die "Lupenvergrösserung" und die Vergrösserung für den subjektiven Gebrauch in vertikaler und horizontaler Richtung, wenn die Entfernung Text-Auge 20 cm beträgt? 3.2.2 Blendenfunktionen im System „Lupe-Auge" Wir untersuchen die Blendenfunktionen beim System "Lupe-Auge anhand der Konstruktionsvorlage auf der folgenden Seite. Das Ergebnis unserer Untersuchung kann wie folgt zusammengefasst werden: 1. Die Aperturblende des Systems ist die Augenpupille. Sie definiert also, wieviel Licht vom Gegenstand auf die Netzhaut gelangt. 2. Die Gesichtsfeldblende des Systems ist die Lupenfassung. Die Grösse des Gesichtsfeldes ist durch die Grösse der Lupenfassung und den Abstand "Lupe-Auge" definiert. 3. Stark vergrössernde Lupen weisen oft erhebliche Abbildungsfehler auf. Diese werden bekanntlich gegen den Rand hin immer störender. In diesem Zusammenhang spricht man von einer sogenannten effektiven Gesichtsfeldblende, d.h. derjenige Bereich einer Lupe, in der die Abbildungsfehler erträglich klein sind. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 28 Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 29 3.3 Mikroskop 3.3.1 Einfaches und zusammengesetztes Mikroskop Das Mikroskop ist - wie die Lupe - ein Instrument für die Nähe. Es kommt demnach beim Mikroskop die Definition der Vergrösserung eines Instrumentes für die Nähe zur Anwendung. Bei den Lupen haben wir gesehen, dass die (Normal-) Vergrösserung eines Instrumentes um so grösser ist, desto grösser der (Gesamt-) Brechwert der Lupe ist. Das einfache Mikroskop ist nichts anderes als die Fortsetzung dieser Gesetzmässigkeit in grössere Bereiche des "Lupenbrechwertes". Einfache Mikroskope sind also Plusgläser mit grossem Brechwert. Die Mikroskopvergrösserung berechnet sich also nach der Formel: Γ' = DM − A0 Dabei ist folgendes zu bemerken: • DM bezeichnet den Gesamtbrechwert des Mikroskops. Wie bei den Lupen ist die Vergrösserung beim einfachen Mikroskop positiv, d.h. das vom Auge wahrgenommene Bild hat die gleiche Orientierung wie das Objekt (Bild aufrecht). Mit A0 bezeichnen wir wie bisher die Vergenz der Bezugssehweite a0 . Diese wird wie üblich mit -25cm angenommen, sofern nichts anderes vermerkt wird. • Weiter muss man feststellen, dass man beim einfachen Mikroskop nur die Normalvergrösserung angibt; dies rührt daher, dass man davon ausgeht, der Gegenstand befinde sich für alle praktischen Anwendungen in der dingseitigen Brennebene des einfachen Mikroskops. Wie wir wissen, hat man mit nur einer Linse nur wenig Möglichkeiten, die Abbildungsfehler unter Kontrolle zu halten; dies gilt insbesondere für die chromatische Aberration. Die einfachen Mikroskope gehören deshalb zum untersten Preissegment. Da aber der Aufbau sehr einfach ist, kann man zumindest die einzige wirksame Linse asphärisch gestalten und so wenigstens die monochromatischen Abbildungsfehler in vernünftigen Grenzen halten. Im weiteren beschränken wir unsere Diskussion auf das zusammengesetzte Mikroskop. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 30 3.3.2 Funktionsweise des zusammengesetzten Mikroskops Die Funktionsweise des zusammengesetzten Mikroskops können wir anhand der untenstehenden Skizze erkennen. Das zusammengesetzte Mikroskop demnach besteht aus zwei funktionellen Einheiten: a) Das Objektiv. Dessen Aufgabe besteht darin, ein in der Regel stark vergrössertes reelles Zwischenbild zu erzeugen. b) Das Okular. Seine Funktion besteht darin, das Zwischenbild nach Unendlich abzubilden; es dient dem Beobachterauge als Lupe zur genaueren Betrachtung des Zwischenbildes. Abbildung: Funktionsweise des zusammengesetzten Mikroskops Die Strecke zwischen dem bildseitigen Brennpunkt des Objektivs und dem dingseitigen Brennpunkt des Okulars heisst „optische Tubuslänge t“ des Mikroskops. Inzwischen hat man diese Strecke praktisch bei allen Mikroskopen auf 160mm genormt. Wenn bei einem Mikroskop die Tubuslänge nicht speziell angegeben wird, darf man annehmen, diese sei 160mm lang. Damit auch wirklich eine Vergrösserung zustande kommt, muss der Abbildungsmassstab des Objektivs (betragsmässig) grösser als 1 sein. Dies bedeutet, dass der Gegenstand in der Regel sehr nahe am dingseitigen Brennpunkt des Objektivs sein muss und dass der Brechwert des Objektivs recht gross sein muss. Ausnahmen von dieser Regel bilden Mikroskope mit geringer Vergrösserung, bei denen ein hoher Arbeitsabstand erwünscht ist wie z.B. bei Binokularen oder beim Ophthalmometer und Spaltlampenmikroskop. Bei diesen wird eine allfällige Vergrösserung vorwiegend durch das Okular erreicht. 3.3.3 Vergrösserung des Mikroskops Die Vergrösserung des zusammengesetzten Mikroskops berechnet sich nach der Formel Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 31 Γ ' M = β 'Obj Γ 'Ok d.h. in Worten: Vergrösserung des Mikroskops = Abbildungsmassstab des Objektivs x Lupenvergrösserung des Okulars Herleitung dieser Formel: Gegeben sei die wahre Grösse y des Gegenstandes. Die Grösse des Zwischenbildes berechnet sich als Gegenstandsgrösse mal Abbildungsmassstab des Objektivs, d.h. als y ' = β 'Obj ⋅ y . Der Sehwinkel, unter dem das im dingseitigen Brennpunkt des Okulars stehende Zwischenbild dem Auge erscheint, ist gegeben durch tan σ ' = − y' f Ok . Ohne Instrument würde der Gegenstand in der Bezugssehweite a0 unter einem Winkel σ0 erscheinen: tan σ 0 = y . − a0 Die Vergrösserung des Mikroskops ergibt sich daraus als: − y' y ⋅ β 'Obj a 0 f Ok a D y' a0 = ⋅ = ⋅ = β 'Obj ⋅ 0 = β '⋅ Ok = β '⋅Γ'Ok . y y − A0 f Ok y f Ok f Ok − a0 Die Lupenvergrösserung des Okulars ist in der Regel positiv, der Abbildungsmassstab des Objektivs negativ. Die Gesamtvergrösserung des Mikroskops ist demnach negativ. Dies bedeutet nicht, wie vielfach fälschlicherweise angenommen wird, dass das Mikroskop verkleinert, sondern dass das durch das Mikroskop wahrgenommene Bild auf dem Kopf steht. Im Praktikum diskutieren wir den Aufbau eines Mikroskops mit Minusokular. Wir stellen fest, dass mit einem solchen Okular recht viele Vorteile verbunden sind; so fallen insbesondere das aufrechte Bild und die kompaktere Bauweise positiv auf. Andererseits stellen wir fest, dass durch die Unmöglichkeit, die Gesichtsfeldblende ideal zu plazieren, starke Vignettierung und Distorsion auftreten. Damit verbunden sind auch weitere Abbildungsfehler schon bei relativ geringen Vergrösserungen. Da Mikroskope für die meisten Fälle mit grösseren Vergrösserungen zum Einsatz kommen, ist es nicht üblich, Minusokulare zu bauen - dementsprechend besteht für diese Okulare kein Markt. Wir schliessen daraus, dass zwar für Anwendungen im LowVision Bereich Mikroskope mit Minusokularen (bei geringer Vergrösserung) sehr sinnvoll wären, der dafür fehlende Markt aber eine Entwicklung von brauchbaren Okularen weitgehend verhindert hat. Der Abbildungsmassstab des Objektivs kann mit Hilfe der Brennweite des Okulars und der Tubuslänge ausgedrückt werden. Dazu stellen wir vorerst einmal fest, dass die Tubuslänge in der Newtonformel mit dem z' identifiziert werden kann. Andererseits wissen wir, dass der (Transversal-) Abbildungsmassstab bei den Newton-Formeln durch z' β' = − f' gegeben ist. Wir schliessen daraus Γ' = tan σ ' = tan σ 0 Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 32 t f 'Obj Die Lupenvergrösserung des Okulars schreiben wir als − a0 Γ'Ok = . f 'Ok Damit wird die Mikroskopvergrösserung: − a0 a t t Γ' M = β 'Obj ⋅Γ'Ok = − ⋅ = ⋅ 0 . f 'Obj f 'Ok f 'Obj f ' Ok Aus dieser Formel wird ersichtlich, dass die Mikroskopvergrösserung um so grösser wird, desto kürzer die Brennweiten von Objektiv und Okular sind. Im übrigen ist aber die eben hergeleitete Formel wenig sinnvoll, da bei den meisten Objektiven nicht die Brennweite, sondern direkt der Abbildungsmassstab gegeben ist. β 'Obj = − 3.3.4 Blendenfunktionen beim Mikroskop Die Blendenfunktionen untersuchen wir anhand der Konstruktionsgrundlage auf dem zweiten Teil der Seite. Wir betrachten ein Mikroskop, bei dem vereinfachend das Objektiv und das Okular als dünne Linsen mit Linsenfassungen angenommen werden. Ausser der Linsenfassungen befinden sich keine strahlbegrenzenden Objekte wie Blenden und Feldlinsen etc. im System. Daraus folgt: 1. Die Fassung des Objektivs wirkt als Aperturblende und somit auch als Eintrittspupille. Die Austrittspupille ist reell etwas hinter dem Bildbrennpunkt des Okulars. Damit ist ein einwandfreies Beobachten möglich, da die Augenpupille an den Ort der AP gebracht werden kann. 1. Die Fassung des Okulars wirkt als Gesichtsfeldblende und somit auch als Austrittsluke. Die Eintrittsluke ist etwas rechts von der zu beobachtenden Dingebene und ebenfalls reell. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 33 Abbildung: Zur Bestimmung der Blendenfunktionen beim zusammengesetzten Mikroskop Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 34 3.3.5 Köhlersche Beleuchtung Das am meisten angewandte Prinzip für die Durchlichtbeobachtung ist die sogenannte Köhlersche Beleuchtung. Sie ist in der folgenden Figur dargestellt. Figur: Köhlersche Beleuchtung - Prinzipschema Beschreibung der Funktionsweise der Köhlerschen Beleuchtung Die Glühlampenwendel wird durch den Kollektor vergrössert in eine Ebene abgebildet, in der sich sich die Aperturblende der Beleuchtungsvorrichtung befindet. Wird diese Blende mehr oder weniger geöffnet, kann natürlich entsprechend mehr oder Licht durch das System gelangen. Der hinter der Aperturblende folgende Kondensor bildet das Glühwendelbild nach Unendlich ab. Mit diesem nach Unendlich Abbilden wird dafür gesorgt, dass das Präparat gleichmässig ausgeleuchtet wird. Verfolgen wir den Strahlengang weiter, so erkennen wir, dass die Glühwendel in die bildseitige Brennebene des Mikroskopobjektives abgebildet wird. Wird die Öffnung der Aperturblende der Beleuchtungsvorrichtung zu gross gewählt, dann wirkt die Aperturblende des Mikroskopobjektivs strahlbegrenzend (als Systemaperturblende), sonst diejenige der Beleuchtungsvorrichtung (gilt nur für ungebeugtes Licht !) Dicht hinter dem Kollektor befindet sich die Leuchtfeldblende. Sie stellt die Gesichtsfeldblende des Beleuchtungsstrahlenganges dar. Sie ist mit der beobachteten Objektebene konjugiert. Demzufolge bestimmt die Leuchtfeldblende den ausgeleuchteten Objektbereich. Bei normalen Mikroskopen ist die Leuchtfeldblende kreisförmig. Beim Spaltlampenmikroskop hingegen ist diese Blende - wie der Name erkennen lässt - spaltförmig. Durch Dezentrieren der Aperturblende oder des Kondensors wie auch durch Verkippen der ganzen Beleuchtungsvorrichtung kann eine Dunkelfeldbeobachtung auf einfachste Weise realisiert werden. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 35 3.4 Fernrohre 3.4.1 Das Kepler-Fernrohr 3.4.1.1 Vergrösserung des Kepler-Fernrohres Das Kepler-Fernrohr ist aus zwei Plus-Linsen aufgebaut; die Linsen sind - wie bei jedem Fernrohr - zu einem afokalen System angeordnet. Wir müssen nun lediglich untersuchen, wie sich die Eigenschaften eines afokalen Systems auf die Sehwinkel und damit auf die Vergrösserung eines Instrumentes auswirken. Ein Fernrohr wird grundsätzlich für die Betrachtung weit entfernter Gegenstände verwendet. Für solche Instrumente und Beobachtungssituationen kommt die Vergrösserung für Instrumente der Fernoptik zur Anwendung: Γ' Fern = σ' Sehwinkel σ ' mit Instrument = σ Sehwinkel σ ohne Instrument Wir betrachten nun die Funktionsweise des Kepler-Fernrohres anhand der untenstehenden Skizze. Von einem sehr weit entfernten Gegenstand gelangen die Lichtstrahlen quasiparallel, unter einem bestimmten Winkel σ zur optischen Achse, in das Fernrohr-Objektiv. Die Wirkung des afokalen Systems besteht in einer Winkelübersetzung. Zur Anwendung kommt das eben kennengelernte Prinzip des Winkelabbildungsmaßstabes γ'. Der Sehwinkel σ wird also durch das Instrument in den Winkel σ' abgebildet: D1 σ D2 σ' F'2 F'1 = F2 y'1 F1 Abbildung: Funktionsweise des Keplerfernrohres Die Vergrösserung des afokalen Systemes wird dadurch zu: Γ' = σ' γ '⋅σ = = γ' σ σ . Die Vergrösserung eines afokalen (Kepler-) Systems ist gleich dem Winkelabbildungsmaßstab. Es gibt noch eine weitere nützliche Betrachungsweise für die Vergrösserung des Keplerfernrohres. Wir stellen uns vor, die Strahlen eines weit entfernten Gegenstandspunktes gelangen (parallel zueinander) unter einem Sehwinkel σ zur optischen Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 36 Achse auf das Objektiv. Durch dieses werden sie in einen Punkt in der bildseitigen Brennebene abgebildet. Es gilt: y ' = f 1 ⋅ tan (σ ) . Das Okular des Fernrohres dient nun dazu, das Zwischenbild vergrössert zu betrachten. Dazu bildet das Okular das Zwischenbild nach Unendlich ab. Der Winkel, unter dem die parallelen Strahlen das Okular verlassen, bilden einen Winkel σ' zur optischen Achse: y ' = f ' 2 ⋅ tan (σ ' ) . Nun berechnen wir aus den beiden eben hergeleiteten Gleichungen das Verhältnis y' f1 f '2 tan (σ ' ) . Γ' = = = y' tan (σ ) f '2 f1 Setzen wir n' n f '1 = 1 f1 = − D1 D1 und n n' f2 = − 2 f '2 = D2 D2 so wird daraus Γ' = f1 n f '1 n 1 = ⋅ = ⋅ = γ' f '2 n' f 2 n' β ' Für den besonders wichtigen Fall eines afolalen Systems in Luft (n=n’=1) können wir also schreiben: Γ' = f1 f '1 1 = = = γ' f '2 β' f2 3.4.1.2 Blendenfunktionen beim Kepler-Fernrohr Wir untersuchen die Blendenfunktionen beim Keplerfernrohr anhand der untenstehenden Konstruktionsgrundlage. Vorausgesetzt ist, dass das Objektiv die Aperturblende darstellt. Wir stellen fest, dass i.a. gilt: 1. EP = ApBl = Fassung des Objektivs AP = reelles Bild der Objektivfassung, durch Okular erzeugt. 2. AL = GfBl = Fassung des Okulars. 3. EL = reelles dingseitiges Bild der Okularfassung, durch Objektiv erzeugt. Gesichtsfeldwinkel: tan (w ) = ∅(Okular ) 2 ⋅ ( f 'Obj + f ' Ok ) (ohne Gesichtsfeldblende) Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 37 tan (w ) = ∅(GfBl ) 2 ⋅ f ' Obj (mit GfBl in Brennebene) 4. Ist die Fassung des Okulars oder die Augenpupille sehr klein, so können diese zur ApBl werden, was das ganze umkehrt. 5. Die AP ist das Systembild der EP = ApBl. Für Systeme in Luft gilt, dass der Abbildungsmaßstab gleich der reziproken Vergrösserung ist. Dies bedeutet, dass die Vergrösserung auch aus dem Verhältnis von EP und AP bestimmt werden kann: Γ' = ∅(EP ) ∅( AP ) Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 38 3.4.2 Das Galilei-Fernrohr Das Galilei-Fernrohr ist ein aus einer Plus und einer Minus-Linse zusammengesetztes afokales System. Was die Formeln für die Vergrösserung anbelangt, so gibt es dazu nichts neues dazuzufügen; die Formeln für die Vergrösserung sind für beide Arten, d.h. sowohl für Kepler- als auch für Galilei-Fernrohre gültig. Wir müssen uns aber mit den Strahlengängen und Blendenfunktionen noch etwas auseinandersetzen. Dazu betrachten und vervollständigen wir die untenstehende Konstruktionsgrundlage. Wir stellen fest: 1. Die Okularfassung (Augenpupille) ist die ApBl und AP des Systems. Die EP ist das virtuelle dingseitige Blendenbild der Okularfassung (Augenpupille), erzeugt Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 39 2. durch die Objektivfassung. Die Objektivfassung ist die Gesichtsfeldblende und damit auch die Eintrittsluke des Systems. Die Austrittsluke ist das bildseitige Blendenbild der Objektivfassung. 3. Der halbe Gesichtsfeldwinkel berechnet sich nach tan (w ) = 4. 5. 6. ∅(Objektiv ) 2 ⋅ Γ'⋅d wobei mit d der Abstand zwischen Objektiv und Okular bezeichnet ist. Wird der Durchmesser des Objektivs zu klein gewählt, kann dieses auch zur Aperturblende des Systems werden (Inversion der Blendenfunktionen). Achtung: Die obenstehende Formel für den halben Gesichtsfeldwinkel w stimmt dann nicht mehr ! Da es nicht möglich ist, eine Gesichtsfeldblende ideal zu plazieren, hat es in Galilei-Systemen immer recht viel Vignettierung. Ob dies aber immer als negativ zu beurteilen ist, möge als fraglich bezeichnet werden. Gegenüber den Kepler-Systemen fallen bei den Galilei-Systemen die kürzere Bauweise und die Tatsache, dass keine Bildumkehrsysteme benötigt werden, positiv auf. 3.5 Feldlinsen und Okulare 3.5.1 Einleitung Wenn es darum geht, die Funktionsweise von Fernrohren und Mikroskopen verständlich zu machen, wird meist nur eine einzelne Linse als Okular verwendet. Dies ist für das bessere Verständnis sicher sinnvoll, kann aber optisch wenig überzeugen. In diesem Abschnitt wollen wir darstellen, wie die optisch schlechte Lösung eines Okulars aus nur einer Linse verbessert werden kann und welche Folgen diese Verbesserungen mit sich bringen. 3.5.2 Konzept der Feldlinse Eine erste wesentliche Verbesserung bringt die Verwendung einer Feldlinse. Grundsätzlich wird die Feldlinse (theoretisch und nach Möglichkeit, siehe Erläuterungen weiter unten) in der Ebene des Zwischenbildes angebracht. Weil die Feldlinse die Funktion des Okulars erleichtert und ergänzt, wird sie zum Okular "gezählt". Die Einzellinse, die vorher das Okular darstellte, wird nun als Augenlinse bezeichnet. Unter der Voraussetzung, dass das Zwischenbild tatsächlich in der dingseitigen Hauptebene H der Feldlinse entsteht, geschieht in der Feldlinse nichts anderes als eine Abbildung im Massstab 1:1 auf die bildseitige Hauptebene H' der Feldlinse, also scheinbar nichts. Was kann nun der Sinn der Feldlinse sein ? Um dieser Frage nachzugehen untersuchen wir im unten gezeichneten Beispiel den Strahlengang (willkürlich wurde der Fall eines auf ∞ gestellten Fernrohres gewählt). Mit 1 ist der zentrale Öffnungsstrahlengang gezeichnet. 2 stellt den Hauptstrahlengang und den schiefen Öffnungsstrahlengang am Rand des Gesichtsfeldes dar und 3 ist ein Strahlenbüschel, das durch die Okularlinse vollständig ausgeblendet wird. Bereits bei Strahlenbüscheln, die nur ganz wenige Grad gegen die optische Achse geneigt sind, entsteht Vignettierung. Die Vignettierung und das Ausblenden von Strahlenbüscheln kann ohne weitere optische Elemente nur verhindert werden, Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 40 indem die Öffnung der Augenlinse (Okularlinse) vergrössert wird. Eine Alternative zu dieser wenig attraktiven Lösung (Vergrösserung der sphärischen Aberration bei grösseren Okularlinsen !) stellt das Verwenden einer Feldlinse dar. Abbildung: Strahlengang in einem Fernrohr ohne Feldlinse Am besten können wir die Funktion der Feldlinse verstehen, wenn wir von der vorerst extremen Annahme ausgehen, dass die Feldlinse das Objektiv und das Okular optisch konjugiert, d.h. dass das Objektiv durch die Feldlinse in die Augenlinse abgebildet wird und umgekehrt. Der Sinn und der prinzipielle Strahlenverlauf sollen anhand der unstenstehenden Konstruktion erläutert werden. Abbildung: Strahlengang in einem Fernrohr mit Feldlinse Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 41 Die Erkenntnisse, die sich aus und anhand dieser Konstruktion ergeben, seien in den folgenden Punkten erläutert. 1) Der Brechwert der Feldlinse kann so gewählt werden, dass die bildseitige Hauptebene der Objektivlinse (des Objektivsystems) H' auf die dingseitige Hauptebene der Augenlinse (diejenige Linse, die am nächsten beim Auge liegt; genauer: Augenlinsensystems). Dies ist eine extreme Wahl des Brechwertes der Feldlinse, erläutert aber den Sinn der Feldlinse am besten. Weiter unten werden wir dann diskutieren, wie reale Feldlinsen wirken können. Mit dieser Wahl des Brechwertes der Feldlinse sind drei weitere Fälle verbunden: 1.1) Der Durchmesser des Bildes des Objektives ist grösser als der Durchmesser der Augenlinse. Die Objektivöffnung verliert in diesem Falle die Funktion der Aperturblende; die ApBl ist nun die Augenlinse (Geldverschwendung in der Instrumentenkonstruktion). 1.2) Das Bild des Objektives ist kleiner als die Öffnung der Augenlinse. Die Funktion der Aperturblende bleibt beim Objektiv, die Grösse der Augenlinse ist jedoch zu gross wenn ökonomische Gründe beim Design von Instrumenten geltend gemacht werden sollen. 1.3) Das Bild des Objektives passt genau in die Öffnung der Augenlinse. Ideale Wahl. 2) Die Strahlen, die ohne Feldlinse ausgeblendet wurden oder zu Vignettierung führten, können nun mühelos durch das Fernrohr gelangen. Die Feldlinse bewirkt also, dass mehr Licht durch das System gelangen kann, ohne dass die einzelnen Komponenten grösser gemacht werden müssen. Genauer: Die Feldlinse verhindert weitgehend Vignettierung und „verbessert“ den Hauptstrahlengang. Die Feldlinse lenkt Öffnungs- und Hauptstrahlengang in die Augenlinse. Eine sinnvoll eingesetzte Feldlinse vergrössert das Gesichtsfeld. Die Funktionen EP und ApBl sind beim Objektiv, die AP ist die Augenlinse. Gesichtsfeldblende GfBl ist somit die Feldlinse. Daher rührt auch ihr Name: Feldlinse. Die Feldlinse wirkt also gesichtsfeldbegrenzend. 3) Ohne Feldlinse müsste die Augenlinse um einiges grösser gemacht werden, damit das gleiche Gesichtsfeld erreicht werden könnte. Allerdings wird dieser Vorteil damit erkauft, dass die Lage der Austrittspupille von ausserhalb der Augenlinse in die Augenlinse verlegt wird. Dies wirkt sich besonders bei Brillenträgern negativ aus (eingeschränktes Gesichtsfeld bei Verwendung des Instrumentes mit Brille). 4) Die Vergrösserung des Instrumentes und die Grösse der Austrittspupille bleiben unverändert. Mit der Feldlinse werden also die charakteristischen Grössen eines Instrumentes nicht verändert. Direkt beeinflusst werden durch die Feldlinse nur die Strahlengänge, das Gesichtsfeld und die Lage der Austrittspupille. 5) Die sphärischen Aberrationen nehmen mit der Stärke der Augenlinse und der Öffnung der Augenlinse zu. Will man ein bestimmtes Gerät kompakter bauen, so muss man Bauteile mit grösserem Brechwert verwenden. Dabei nehmen i.a. die sphärischen Aberrationen zu, will man nicht die Lichtstärke eines Instrumentes vermindern (indem man die Öffnungen kleiner wählt). Verwendet man eine Feldlinse, so kann man bei gleichbleibender Vergrösserung des Instrumentes das Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 42 Okular mit einem grösseren Brechwert versehen, das gesamte Instrument also kompakter bauen. 6) Bisher sind wir immer davon ausgegangen, dass der Brechwert der Feldlinse so gross ist, dass das Objektiv in die Augenlinse abgebildet wird. Diese Annahme ist sinnvoll, um die Arbeitsweise der Feldlinse im Prinzip zu verstehen; für konkrete Anwendungen wählt man aber die Feldlinse mit einem geringeren Brechwert. Die meisten Vorteile der Feldlinse bleiben dabei im wesentlichen erhalten, gewichtige Nachteile werden entschärft. Wir zählen hier die wesentlichen Folgen des Verwendens einer Feldlinse noch einmal auf: • Vergrösserung des Gesichtsfeldes. • Verringern der erforderlichen Grösse der Augenlinse. • Reduktion der Vignettierung • Verkürzen der Distanz Austrittspupille - Augenlinse 7) Welche Eigenschaften weist das System aus Feldlinse und Augenlinse auf ? Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht, dass die Lage der dingseitigen Hauptebene und des dingseitigen Brennpunktes gegenüber einem einlinsigen Okular nicht verändert werden. Dies können wir verstehen, wenn wir den Gesamtbrechwert des Systems berechnen: D = DFL + D AL − d ⋅ DFL ⋅ D AL d.h. wegen d = − f AL : D = DFL + D AL + f AL ⋅ DFL ⋅ D AL d.h. D = D AL Die Lage der Hauptebene H berechnen wir nach D D h = d ⋅ AL = d ⋅ AL = d D D AL Somit ist die Hauptebene H des Systems um h von der Feldlinse entfernt, liegt also in der Hauptebene H der Augenlinse. Die Brennweite des Systems ist gleich der Brennweite der Augenlinse selber. 8) Erstaunlicherweise werden trotzdem nur billige Instrumente mit einer Feldlinse in der oben beschriebenen Weise ausgestattet. Dafür gibt es zwei Gründe: a) Die Augenlinse wirkt wie eine Lupe, die ihre dingseitige Brennebene in der Hauptebene der Feldlinse hat. Befinden sich irgendwelche Staubteile oder Kratzer auf der Feldlinse, so stechen diese förmlich ins Auge und stören sehr. b) Will man das Okular mit einem Fadenkreuz oder einer Strichplatte für Messzwecke versehen, so ist die ideale Lage dafür der Ort des Zwischenbildes. Befindet sich dort eine Feldlinse, so ist dies natürlich nicht möglich. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 43 3.5.3 Klassifizierung von Okularen Im vorangehenden Abschnitt wurde dargelegt, dass es nicht ohne Nachteil ist, die Feldlinse direkt in der Ebene des Zwischenbildes anzubringen. Je nachdem ob nun die Feldlinse vor oder hinter der "Feldlinse" liegt, unterscheidet man zwischen den sogenannten Ramsden- oder Huygens-Okularen. Es ist klar, dass durch das Verschieben der Lage der Feldlinse die Funktion der Feldlinse etwas verändert wird. Trotzdem betrachtet man weiterhin die erste Linse des Okulars als Feldlinse. Definition Ramsden-Okular: Ein Okular vom Typ Ramsden liegt dann vor, wenn der dingseitige Brennpunkt eines zweilinsigen Systems aus Feld- und Augenlinse vor oder gerade in der Feldlinse liegt. Definition Huygens-Okular: Ein Okular vom Typ Huygens liegt dann vor, wenn der dingseitige Brennpunkt eines zweilinsigen Systems aus Feld- und Augenlinse hinter der Feldlinse liegt. Weitere Merkmale zur Unterscheidung der beiden "elementaren" Okulartypen: • Beim Ramsden-Typ entsteht das Zwischenbild vor der Feldlinse, d.h. vor dem Okular. Dieses Zwischenbild ist also reell und kann grundsätzlich durch ein reelles Objekt ersetzt werden. Dies bedeutet, dass Ramsden-Okulare als Lupen verwendet werden können. • Beim Huygens-Okular entsteht das Zwischenbild hinter der Feldlinse und ist virtuell. (Merkregel: Huygens → hinten) • In der Regel ist bei den Ramsden-Okularen der Brechwert der einzelnen Linsen geringer als der Brechwert des Okulars. • Bei den Huygens-Okularen ist der Brechwert der einzelnen Linsen (insbesondere der Augenlinse) grösser als derjenige des Systems. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 44 3.5.3.1 Bezeichnung von Okularen Okulare werden gelegentlich mit drei Zahlen charakterisiert. Beispiele: • • • • • • 3-2-1 Huygens-Okular Ramsden-Okular 2-1-2 Ramsden-Okular 2-1-1-Ramsden-Okular 3-2-3-Ramsden-Okular 10-7-4-Huygens-Okular Diese drei Zahlen bezeichnen das Verhältnis der bildseitigen Brennweite der Feldlinse, des Abstandes zwischen Feldlinse und Augenlinse und der bildseitigen Brennweite der Augenlinse. Also allgemein: x-y-z-uvw-Okular: → f ' FL :d : f ' AL = x: y:z Berechnungsbeispiele folgen weiter unten. Allgemein DOk: vorgegeben f ' +f ' d = 1 2 3 f '1 = k ⋅ f ' 2 Zusammenstellung Ramsden-Okular Standard-Ramsden-Okular DOk: vorgegeben f ' +f ' d = 1 2 3 f '1 = f ' 2 (k = 1) Allgemein DOk: vorgegeben f ' +f ' d = 1 2 2 f '1 = k ⋅ f ' 2 Zusammenstellung Huygens-Okular Standard-Huygens-Okular DOk: vorgegeben f ' +f ' d = 1 2 2 f '1 = 2.5 ⋅ f ' 2 (k = 2.5) Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 45 3.5.4 Beispiele Schliesslich wollen wir noch je ein Beispiel eines Ramsden- und eines Huygens-Standard-Okulars ansehen (berechnen): 3.5.4.1 Standard-Ramsden-Okular (10x) Das Standard-Ramsden-Okular soll eine Vergrösserung von 10 aufweisen. Wie gross sind die Linsen und deren Abstand zu wählen? Wie lautet die Bezeichnung mit den drei Zahlen ? Wo liegen die Systembrennpunkte und die Systemhauptebenen in Bezug auf die einzelnen Linsen (Konstruktion!) ? Wir halten vorerst einmal fest, dass die Vergrösserung den Brechwert des Systems festlegt: Γ'Ok = DOk − A0 d.h.: DOk = − A0 ⋅ Γ'Ok Aus den weiteren Bedingungen f '1 = f ' 2 ≡ f ' und d = f '1 + f ' 2 3 folgern wir D1 = D2 ≡ D und d = f '+ f ' 2 1 2 f' = ⋅ = 3 D 3 3 Die Gullstrandformel ergibt: 2 1 4 DOk = D1 + D2 − d ⋅ D1 ⋅ D2 = 2 D − ⋅ ⋅ D 2 = D 3 D 3 In diesem Falle ist nach dem Brechwert der Augen- oder Feldlinse aufzulösen: D = 3 3 DOk = 40dpt = 30dpt 4 4 Die Brennweiten sind also mit 1 f ' FL = f ' AL = 3 cm 3 gegeben. Für den Abstand d der beiden Linsen schliesslich berechnen wir: d = 2 2 f ' = 2 cm = 2.222cm 9 3 Die Brennweiten der Einzellinsen und der Systemabstand stehen im Verhältnis 1 10 20 10 2 1 : : f ' FL :d : f ' AL = 3 cm : 2 cm : 3 cm = = 3: 2 : 3 3 3 9 3 9 3 zueinander, d.h. die Bezeichnung für das Standard-Ramsden-Okular heisst: 3-2-3-Ramsden-Okular. Um eine Kontrolle für die Konstruktion zu haben, berechnen wir auch die Systemgrössen h und h': h = d D AL 20 30dpt 5 = cm ⋅ = cm = 1.67cm 9 40dpt 3 DOk Aus Symmetriegründen ergibt sich sofort h' = -h = -5/3cm = -1.67cm. Die Konstruktion führen wir im Maßstab 2:1 durch: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 46 3.5.4.2 Standard-Huygens-Okular (5x) Das Standard-Huygens-Okular soll eine Vergrösserung von 5 aufweisen. Wie gross sind die Linsen und deren Abstand zu wählen? Wie lautet die Bezeichnung mit den drei Zahlen ? Wo liegen die Systembrennpunkte und die Systemhauptebenen in Bezug auf die einzelnen Linsen (Konstruktion !) ? Wie schon im ersten Beispiel schliessen wir: DOk = − A0 ⋅ Γ'Ok = 20.0 dpt. Aus den weiteren Bedingungen f'1 = 2.5f'2 = 2.5f' und d = f '1 + f ' 2 7 = f' 2 4 folgern wir mit der Gullstrandformel: DOk = D1 + D2 − 7 7 f ' 2 ⋅D1 ⋅ D2 = 1.4 ⋅ D2 − 0.7 ⋅ D2 = D2 10 4 Also ist der Brechwert der Augenlinse gegeben durch: D AL = 10 DOk 7 In diesem Falle erweist es sich als die einfachste Lösung, die Brennweite der Augenlinse zu berechnen: f ' AL = 1 7 1 = ⋅ = 3.50cm 10 DOk D AL Weiter ergibt sich für die Feldlinse: f ' FL = 2.5 ⋅ f ' AL = 2.5 ⋅ 3.5cm = 8.75cm. und für den Systemabstand d aus der Achromasiebedingung: 5 f ' AL + f ' AL f ' FL + f ' AL 1 24.5cm 7 2 d = = = f ' AL = = 6 cm 8 4 2 2 4 Das Verhältnis der Brennweiten und des Systemabstandes ergibt bestimmen wir wie folgt: f ' FL : d : f ' AL = 7 5 f ' AL : f ' AL : f ' AL = 10 : 7 : 4 4 2 Es handelt sich also um ein Okular vom Typ Huygens 10-7-4. Wiederum im Sinne einer Kontrolle berechnen wir die Lage der Hauptebenen in Bezug auf die Einzellinsen: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 47 10 DOk D AL 49 10 h = d cm ⋅ = d 7 = = 8.75cm. DOk DOk 8 7 Entsprechend berechnen wir h': D AL 10 DOk DFL 49 4 h' = − d = − d 2.5 = − d 7 2.5 = − cm ⋅ = − 3.5cm. DOk DOk DOk 8 7 Die Konstruktion fügen wir unten im Maßstab 1:1 an. 3.5.5 Kompliziertere Okulare Insbesondere bei den Okularen vom Typ Ramsden, die ja ideal für die Verwendung von Fadenkreuzen oder Messplatten ist, stört es sehr, dass die Achromasiebedingung nicht erfüllt ist. Ein erster einfacher Schritt besteht darin, die Augenlinse durch ein Doublet zu ersetzen, das die chromatischen Aberrationen des ganzen Okulars korrigiert. Ein solches Okular wird dann Kellner-Okular genannt. Wir fügen unten ein Schema eines solchen Okulars an. Aus den beiden Grundtypen von Okularen ist im Laufe der Geschichte eine Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 48 Unzahl von weiteren Okularen hervorgegangen, so z.B. die Okulare nach HuygensMittenzwei und die orthoskopischen Okulare. Wir fügen Skizzen zu einigen gebräuchlichen Okularen an. Abbildung: Einige verbreitete komplexere Okulare Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 49 3.5.6 Aufgaben Okulare 1. (HFP ?) Ein Kepler-Fernrohr hat ein Objektiv mit 50 cm Brennweite und ein 4-3-2 Okular von 75 dpt. a) Welches ist die Vergrösserung des Fernrohres ? b) Berechnen Sie die Distanz zwischen den beiden Linsen des Okulars (Feldlinse Augenlinse). c) Berechnen Sie die Distanz zwischen dem dingseitigen Brennpunkt des Okulars und der Feldlinse sowie den Abstand des bildseitigen Brennpunktes von der Augenlinse. d) Zusatzfrage 1: Um welchen Okular-Typ handelt es sich ? e) Zusatzfrage 2: Ist das Okular achromatisch ? 2. (HFP 1990) Man will ein 3-2-1-Huygens-Okular von 35 dpt realisieren (Brennweite der Feldlinse 3a, Abstand Feldlinse - Augenlinse 2a, Brennweite der Augenlinse a). a) Man berechne die Brennweiten der beiden Linsen und deren Abstand. b) Man bestimme durch Konstruktion die Brennpunkte und die Hauptebenen des Okulars (des Systems). 3. Ein Kepler-Fernrohr mit einer Vergrösserung von 10x wird aus einem achromatischen Objektiv von 40cm Brennweite und einer Einzellinse aufgebaut. Der Durchmesser des Objektivs beträgt 4cm und derjenige des Okulars 6mm. a) Wie gross ist die Brennweite der Okularlinse ? b) Man berechne die Lage der Austrittspupille (Abstand von der Augenlinse). c) Wie gross ist das Gesichtsfeld auf 1000 m ? Gesichtsfeldwinkel ? Die einfache Okularlinse wird nun durch ein Okular vom Typ 2-1-2 ersetzt (Durchmesser der Augenlinse bleibt gleich, der Durchmesser der Feldlinse beträgt 2.00cm). d) Man bestimme die Brennweiten der Linsen des Okulars sowie deren Abstand. Typ des Okulars ? Wie muss die Durchbiegung der Linsen zur Verminderung der sphärischen Aberration gewählt werden ? Ist das Okular achromatisch ? e) Wo liegt nun die Austrittpupille des Fernrohrs ? f) Wie gross sind nun der Gesichtsfeldwinkel und das Gesichtsfeld auf 1000m? 4. Was ist unter dem Begriff Brillenträgerokular zu verstehen ? 5. In der Instrumentenoptik gilt der Grundsatz, dass die Austrittspupille eines Instrumentes mit der Eintrittspupille des Auges identisch sein muss für optimale Beobachtungsbedingungen. Erläutern Sie, was geschieht, wenn diese Bedingung nicht eingehalten wird. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 50 3.6 Photoapparat In diesem Abschnitt machen wir uns vertraut mit dem Aufbau und der Arbeitsweise eines Photoapparates. Dabei verwenden wir den Begriff "Photoapparat" nicht in der strengeren Bedeutung als Gerät für die Erzeugung photographischer Bilder; vom Prinzip her sind nämlich Filmkameras und Videokameras gleich aufgebaut. Die untenstehende Kamera zeigt einen Photoapparat im Querschnitt. Als erste funktionelle Einheit erkennen wir das Photoobjektiv, welches in diesem Falle aus sieben z.T. verkitteten Linsen in drei Gruppen besteht. Im Innern des Objektivs befindet sich die verstellbare Irisblende. Nachdem das Licht das Objektiv passiert hat, trifft es auf den Spiegel, welcher nur bei den sogenannten Spiegelreflexkameras vorhanden ist. Durch diesen Spiegel wird das Licht in eine Mattscheibe abgelenkt. Mittels eines Pentaprismas (eine reflektierende Fläche des Pentaprismas muss als Dachkante aufgebaut sein!) und einem Okular kann man das auf der Mattscheibe entworfene Bild beobachten. Unmittelbar beim Pentaprisma befindet sich auch der Belichtungsmesser. Für die eigentliche Aufnahme wird der Spiegel hochgeklappt und das Licht kann durch den Verschlussmechanismus für eine kurze und definierte Zeitspanne auf das Negativ fallen. Abbildung: 50mm-Photoobjektiv Die Spiegelreflexkamera hat den Vorteil, dass die Beobachtung durch das Objektiv erfolgt und dass daher weitgehend eine exakte Beurteilung des erzeugten Bildes und der Belichtung möglich ist. Ein Nachteil ist sicher darin zu erkennen, dass der Spiegelmechanismus i.a. recht laut ist und - besonders bei längeren Ver-schlusszeiten zu einer Erschütterung der Kamera führen kann (Verwackeln des Bildes). In einigen Reflexkameras hat man diesem Nachteil so Abhilfe verschafft, indem ein halbdurchlässiger Spiegel das Licht gleichmässig auf die Mattscheibe und den Film verteilt; damit verbunden ist jedoch ein beträchtlicher Lichtverlust - sowohl für die BeobachZylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 51 tung wie auch für die eigentliche Aufnahme. Im Gegensatz dazu sind bei Messucherkameras die Optiken für die Beobachtung und die Bildaufnahme getrennt. Dies hat Vorteile für die Lautstärke des Auslösevorganges und erlaubt einen einfacheren Verschlussmechanismus. Hingegen sind Aufnahmen unter speziellen Bedingungen wie z.B. Nahaufnahmen erschwert. 3.6.1 Einige optische Zusammenhänge beim Photoapparat Wir untersuchen in diesem Abschnitt einige Zusammenhänge aus der photographischen Optik. Vereinfachend wollen wir uns vorerst das Photoobjektiv als einfache Linse vorstellen. I.a. sind die durch das Objektiv abgebildeten Gegenstände sehr weit entfernt verglichen mit der Brennweite des Objektivs. Eine Ausnahme davon stellen die extremen Makroaufnahmen bzw. Makroobjektive dar, bei denen die Gegenstandsweite durchaus mit der Brennweite vergleichbare Werte annehmen kann. Ist ein Gegenstand "sehr" weit entfernt, so hängt die Bildgrösse nur von der Brennweite des Objektivs ab: y ' = f Obj ⋅ tan σ Soll bei einem gegebenen Winkel σ, unter dem ein weit entfernter Gegenstand erscheint, die vorhandene Fläche des Negatives möglichst gut durch das Bild ausgefüllt werden, so ist dies nur durch geeignete Wahl der Brennweite des Objektivs möglich. Wir skizzieren dies kurz in den beiden folgenden Schemen: Abbildung: Objektiv mit kurzer Brennweite Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 52 Abbildung: Objektiv mit grosser Brennweite Kehren wir die eben besprochene Situation um und betrachten wir die folgende Fragestellung: Wie gross ist bei gegebener Brennweite das Gesichtsfeld, bzw. der Gesichtsfeldwinkel 2w ? Bezeichnen wir mit d die Diagonale des Negatives und mit w den halben Gesichtsfeldwinkel, so lautet der Zusammenhang: d . tan w = 2 ⋅ f 'Obj Dieser Zusammenhang geht auch aus der untenstehenden Skizze nochmals hervor. Er kommt auch besonders bei den als Weitwinkelobjektiven bezeichneten Objektiven kurzer Brennweite zum Ausdruck. Abbildung: Zur Bestimmung des Gesichtsfeldwinkels Die Irisblende hat eine doppelte Funktion; einerseits steuert sie die Menge des auf das Negativ fallenden Lichtes (zusammen mit der Verschlusszeit), was wir weiter unter besprechen werden. Anhand der folgenden Skizzen rufen wir uns die wichtige Funktion der Irisblende im Zusammenhang mit der Schärfentiefe in Erinnerung. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 53 Demnach ist die Schärfentiefe um so grösser, je kleiner die Blende eingestellt ist. Abbildung: Irisblende und Schärfentiefe In der photographischen Optik werden aus den bereits dargelegten Gründen Objektive mit sehr unterschiedlichen Brennweiten eingesetzt: 18 mm: 21 mm: 24 mm-50mm 50mm-55mm >50mm 80mm-105mm >300mm Fischauge Semi-Fischauge Weitwinkelobjektive Normalobjektive Teleobjektive Portrait-Objektive Super-Teleobjektive Nun wäre es sehr unhandlich, z.B. mit einem 200mm-Objektiv zu arbeiten, das effektiv 200mm lang ist. Deshalb hat man durch die geeignete Wahl einer Plus- und einer Minuslinse versucht, die Baulänge der langbrennweitigen Objektive zu verkürzen, diejenige von Weitwinkelobjektiven zu verlängern (man beachte z.B., dass bei einem extremen Weitwinkelobjektiv von 22mm Brennweite ohne diesen Trick der Spiegel gar nicht mehr hochgeklappt werden könnte !). In den beiden folgenden Skizzen wird gezeigt, wie man sich die Verkürzung oder Verlängerung der effektiven Baulänge vorzustellen hat. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 54 Abbildung: effektive Baulänge Die Bildhelligkeit ergibt sich beim Photoapparat aus der Öffnung der Blende und aus der Brennweite: 1. Je grösser die Irisblende eingestellt wird, desto mehr Licht gelangt durch das Objektiv auf das Negativ. Für die durchgelassene Menge Licht ist die Fläche entscheidend, die Licht durch das Objektiv lässt. Diese Fläche aber ist proportional zum Quadrat des Blendendurchmessers. 2. Die Bildhelligkeit ist um so kleiner, je grösser die Fläche ist, auf die das Licht abgebildet wird. Da die Bildgrösse proportional zur Brennweite des Objektives ist (vgl. weiter oben!), nimmt die Bildfläche mit dem Quadrat der Brennweite zu. Fassen wir die Punkte 1 und 2 zusammen, so können wir feststellen, dass die BilddE ist, wobei wir mit dE helligkeit E proportional zum Quadrat des Verhältnisses f ' Obj den Durchmesser der Eintrittspupille des Objektives bezeichnen: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 55 ⎛ d E ∝ ⎜ E ⎜ f' ⎝ Obj Dieses Verhältnis ⎞ ⎟ ⎟ ⎠ 2 dE wird in der Photographie als relative Öffnung oder als Öfff ' Obj nungsverhältnis bezeichnet. Der Kehrwert davon wird als Blendenzahl oder einfach Blende bezeichnet: f 'Obj k = . dE Gängige Blendenzahlen sind: 1.4 2.0 2.8 3.5 4 5.6 8 11 16 22 32 Diese Zahlen finden sich üblicherweise am Blendenring, d.h. am Ring mit dem die Blende eingestellt wird, angeschrieben. Mit der Lichtstärke eines Objektives meint man die kleinste einstellbare Blendenzahl. Will man die Schärfentiefe erhöhen, so muss eine kleinere Blende (=grössere Blendenzahl!) eingestellt werden; damit dennoch genügend Licht auf das Negativ fällt, muss entsprechend länger belichtet werden (oder ein empfindlicherer Film verwendet werden). Was heisst "entsprechend" ? Da die Bildhelligkeit mit dem Quadrat der Blendenzahl abnimmt, muss die Belichtungszeit mit dem Quadrat der Blendenzahl multipliziert werden. Beispiel: Die eingestellte Blendenzahl ist 2.8. Nun wird statt dessen die grössere Blendenzahl 4 (5.6) gewählt. Dies bedeutet eine Verlängerung der Belichtungszeit um den Faktor 2 ⎛ ⎛ 5.6 ⎞ 2 ⎞ ⎛ 4 ⎞ ⎜⎜ ≈ 4⎟ . ⎜ ⎟ ≈ 2 ⎟ ⎜ ⎝ 2.8 ⎠ ⎟ ⎝ 2.8 ⎠ ⎝ ⎠ Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 56 3.6.2 Zoomobjektive Ein Zoomsystem ist ein System mit veränderlicher Brennweite. Verschiedene Elemente können in optischen Instrumenten als Zoomkomponenten realisiert werden, so z.B. Objektive, Okulare oder Umkehrsysteme. Mit Zoomelementen soll praktisch immer eine variable Vergrößerung oder ein variabler Bildausschnitt erreicht werden. Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf die Besprechung von Zoomobjektiven, obwohl kein grundsätzlicher Unterschied zwischen Objektiven, Umkehrsystemen und Okularen besteht ausser den mit diesen Systemen verbundenen Abbildungsfehlern, die aber hier nicht diskutiert werden. Grundsätzlich wird bei Zoomobjektiven zwischen zwei Typen unterschieden: • Mechanisch kompensiertes Zoomsystem • Optisch kompensiertes Zoomsystem. In der Regel sind mechanisch kompensierte Zoomobjektive als Drehzoom kompensiert (zur Veränderung der Brennweite wird an einem Ring gedreht), dagegen werden optisch kompensierte Zoomobjektive meist als Schiebezoom gebaut (zur Veränderung der Brennweite wird eine Linsengruppe verschoben. 3.6.2.1 Mechanisch kompensiertes Zoomsystem Die Funktionsweise des mechanisch kompensierten Zoomsystems können wir wie folgt verstehen (vgl. Skizze): P1 M P2 P3 Bildebene Abbildung: Aufbau eines mechanisch kompensierten Zoomobjektives Die Abbildung im mechanisch kompensierten Zoomobjektiv geht in folgenden Schritten vonstatten: 1. Eine Pluslinse (P1) bildet die von sehr weit parallel einfallenden Strahlen in die doppelte Brennweite einer Minuslinse (M) ab. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 57 2. Die Minuslinslinse (M) bildet mit Abbildungsmassstab –1 in die doppelte bildseitige Brennweite ab, wo die objektseitige Brennebene einer weiteren Pluslinse (P2) liegt. 3. Die Pluslinse P2 bildet nach Unendlich ab. 4. Die Pluslinse P3 bildet in die Brennebene ab, wo sich das Negativ befindet. P1 M P2 P3 Bildebene Abbildung: Bewegliche Komponenten im Zoomsystem Wie kommt nun eine variable Brennweite und damit eine variable Bildgrösse Zustande ? Dazu ist die Minuslinse verschiebbar entlang der optischen Achse angeordnet. Wenn z.B. die Minuslinse nach rechts verschoben wird, wird sie mit einem betragsmässig grösserem Abbildungsmassstab abbilden. Damit verbunden ist eine geringfügige Veränderung der Lage des Bildes, welches die Minuslinse entwirft. Genau um diese Strecke muss die Linse P2 verschoben werden. Dabei ist durch die Verschiebung der Minuslinse diejenige der Pluslinse exakt vorgegeben. Konkret wird diese Verschiebung durch eine mechanische Vorrichtung realisiert; deshalb spricht man von mechanisch kompensiertem Zoom. Als Beispiel betrachten wir einen Aufbau, den man auch auf der optischen Bank realisieren könnte: Wir wählen: f‘1 = 50 cm, f‘2 = -10 cm, f‘3 = 30 cm und f‘4 = 20 cm. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 58 Die Minuslinse muss in einer Entfernung von 30 cm von der ersten Pluslinse angebracht werden, falls sie den symmetrische Abbildung realisieren soll. In den folgenden Grafiken ist dargestellt, um vieviel die zweite Pluslinse verschoben werden muss und wie sehr sich dabei die Brennweite des Objektives verändert. Abbildung: Verschiebung der Pluslinse P2 in Abhängigkeit von der Verschiebung der Minuslinse Abbildung: Veränderung der Brennweite bei Verschiebung der Minuslinse, bezogen auf den symmetrischen Abbildungsfall der Minuslinse (Zoomfaktor = 1) Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 59 3.6.2.2 Optisch kompensiertes Zoomsystem Grundsätzlich wird bei einem optisch kompensierten Zoomsystem folgende Überlegung angestellt: Schirm Linse 1 Linse 3 Linse 2 (fest) starr verbunden verschiebbar Die Linse 2 ist fest montiert; die Linsen 1 und 3 sind fest miteinander verbunden, jedoch in Längsrichtung (axial) verschiebbar. Der Abstand von der Linse 3 zum Schirm ist die fokale Schnittweite s’ des Systems. Eine weitere Kenngrösse des Systems ist die Brennweite f’ des Systems. Diese Brennweite ist, wie auch die fokale Schnittweite, von der Position der Linsen 1 und 3 abhängig. Im folgenden führen wir die folgenden Strecken ein: Schirm Linse 1 Linse 3 Linse 2 (fest) s' d1 1 d 2 Nun wird die „Linsengruppe Linse 1 und Linse 3“ erst um einen Betrag x und dann um 2x nach rechts verschoben: Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 60 Linse 1 Schirm Linse 3 Linse 2 (fest) s' d1 2 d2 x x Linse 1 Schirm Linse 3 Linse 2 (fest) s' d1 3 d2 2x 2x Es muss nun verlangt werden, dass die fokalen Schnittweiten s’1, s’2 und s’3 gerade so gross sind, dass jeweils das Bild exakt auf dem Schirm zustande kommt. Dies ist mathematisch recht anspruchsvoll, da eine Gleichung achten Grades heraus kommt. Dieses Problem kann man z.B. mit Computer-Algebra lösen. In weiteren wurde angenommen, es stehen für das Zoom-System auf der optischen Bank Linsen mit Brennweiten f’1=+50 cm, f’2=-10cm und f’3=+20cm zur Verfügung. Weiter werde verlangt, dass das maximale Zoom-Verhältnis 3 betrage. Das Computer-Algebra System Maple V, Release 4 liefert nun folgende Werte für d1, d2 und x: d1 = 28.59 cm d 2 = 1385 . cm x = 5.49 cm Dabei kommen Systembrennweiten von 69.51 cm, 38.81 cm und 23.16 cm für Verschiebungen um 0 cm, 5.49 cm und 10.98 cm heraus. In der untenstehenden Grafik ist der Restfehler des Zoom-Systems dargestellt. Im Versuch auf der optischen Bank ist dieser Restfehler kaum wahrzunehmen; hingegen bei einem fotografischen Objektiv wäre er viel zu gross. In der darauf folgenden Grafik ist das Zoom-Verhältnis in Abhängigkeit von der Verschiebung x dargestellt. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 61 Wie aus der Grafik zu ersehen ist, sind die Restfehler um 3.0 mm doch recht gross. Bessere Resultate erhält man, wenn man sich bezüglich des Zoomfaktors etwas bescheidener gibt. Die gleiche Rechnung mit denselben Linsen ergibt, wenn man einen maximalen Zoomfaktor von 2 verlangt: d1 = 27.03 cm d 2 = 15.97 cm x = 344 . cm Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 62 Anhand der folgenden Grafiken ist zu ersehen, dass der Restfehler nun erheblich geringer ausfällt; dies natürlich zu Lasten des Zoom-Faktors. Es ist noch zu Bemerken, dass die vorliegenden Beispiele wegen der viel zu grossen Baulänge nur exemplarischen Charakter aufweisen. Zylindrische Elemente und sphärozylindrische Kombinationen 63 4 Strahlenbegrenzung (Blenden, Pupillen, Luken, Zerstreuungskreis, Schärfentiefe) In den bisherigen Überlegungen haben wir implizit immer angenommen, die optischen Elemente seien in der Dimension senkrecht zur optischen Achse unendlich ausgedehnt. Dies hätte z.B. zur Folge, dass eine Sammellinse alles Licht, das parallel zur optischen Achse eintrifft, in einen Punkt zu sammeln vermöchte. Betrachtet man dies von der physikalischen Seite, so müsste man zum Schluss kommen, dass es möglich sein müsste, mit einer Sammellinse unendlich viel Energie in einem Punkt zu konzentrieren. Aus der Physik wissen wir aber, dass damit auch ein Ansteigen der Temperatur in diesem Punkte verbunden wäre. Ein zentrales Gesetz aus der Physik besagt nun aber, dass Wärme immer nur von einem heissen zu einem kälteren Ort fliessen kann. Dies bedeutet, dass von einem bestimmten Grad der Erhitzung an die Wärme in Form von Wärme- oder Lichtstrahlung durch die Linse zurückfliessen müsste. Es ist aber gar nicht nötig, die Physik mit ihren z.T. recht schwierigen Begriffen, Konzepten und Gesetzen für dieses Problem heranzuziehen. Die in der Praxis verwendeten optischen Elemente wie Linsen, Spiegel etc. sind in ihrer Ausdehnung immer begrenzt - wie auch der auf diese Elemente auftreffende Strahl ohnehin nur von endlicher Breite ist. Für uns bleibt somit die Frage, welche Auswirkungen diese Tatsachen auf die optischen Abbildungen zur Folge haben. Man kann die Wirkung der Begrenzung der Ausdehnung der verschiedenen optischen Elemente und allfälliger zusätzlicher absichtlich hinzugefügter Blenden in den beiden folgenden Punkten zusammenfassen: 1) 2) Reduktion der Menge des Lichtes, das durch ein optisches System hindurchtreten kann. Begrenzung des Gesichtfeldes, das durch ein optisches System noch erfasst werden kann. 4.1 Aperturblende - Ein- und Austrittspupille Wir untersuchen nun die verschiedenen Arten, in denen die Wirkung von Blenden zur Geltung kommen kann. Um die Angelegenheit einigermassen übersichtlich zu halten und die Logik systematisch darstellun zu können verfolgen wir einen Weg von ganz einfachen Systemen zu komplizierteren. 4.1.1 Kombinationen von einer Linse und einer Blende Vorerst betrachten wir nur eine einzelne Blende, die mit einer (vorläufig noch) unbegrenzten Linse kombiniert wird. Fall 1: Pluslinse, Blende vor der Linse Es ist unmittelbar klar, dass die Blende die Menge des auf die Linse und damit durch sie hindurchtretenden Lichtes begrenzt. Wir müssen aber bereits in diesem einfachen Fall zur Kenntnis nehmen, dass die Wirkung der Blende (in jeder Hinsicht) von der Lage des Objektpunktes abhängig ist. Man vergleiche dazu die beiden un- Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 64 tenstehenden Skizzen. Figur 1: Kombination Blende und Pluslinse, ferner Dingpunkt Figur 2: Kombination Blende und Pluslinse, naher Dingpunkt Figur 3: Kombination Blende und Pluslinse, Wirkung im Bildraum Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 65 Es ist nun noch interessant, die Frage zu untersuchen, wie die Strahlbegrenzung auf der Bildseite wirkt. Wie äussert sich dort die Tatsache, dass das Licht in seiner seitlichen Ausdehnung begrenzt ist ? Hat man Möglichkeiten, eine quantitative Aussage zu machen ? Um in dieser Frage zu einer Antwort zu kommen, verfolgen wir einen Strahl, der die Blende auf der Objektseite streift. Dieser Strahl wird den Lichtkegel auf der Bildseite begrenzen. Wir können dies auch anders formulieren. Bilden wir nämlich die Blende durch die Linse ab, so finden wir, dass ein Strahl, der die Blende im Objektbereich streift, auch das Bild der Blende im Bildbereich streifen wird. D.h. der Lichtkegel erscheint im Bildbereich durch das Bild der Blende begrenzt zu sein. Fall 2: Pluslinse, Blende hinter der Linse Auch hier ist klar, dass die Blende die Menge des Lichtes, das durch das System hindurchtreten kann, begrenzt. Welche Strahlen können nun durch diese Kombination hindurchtreten und welche nicht ? Wir lösen dieses Problem mit einer Gedankenkonstruktion. Dazu fassen wir die (physikalisch) wirkliche Blende hinter der Linse als Bild eines Gegenstandes, der durch die Linse abgebildet wird, auf. Ein Strahl, der die physikalisch wirkliche Blende gerade noch berührt muss offensichtlich auch dieses imaginäre Objekt berühren. Damit lautet die Antwort auf unsere eingangs gestellte Frage: Das durch die Kombination "Pluslinse + Blende" hindurchtretende Licht wird durch den imaginären Gegenstand, welcher die physikalisch wirkliche Blende als Bild besitzt, begrenzt. Auch hier stellen wir fest, dass die Menge des durch das System durchtretenden Lichtes von der Lage des ausgewählten Objektpunktes abhängig ist. Figur 4: Kombination Pluslinse und Blende 4.1.2 Kombination Linse - Blende - Linse Als nächstkomplizierteren Fall müssen wir betrachten, wie die Verhältnisse aussehen, wenn eine Blende zwischen zwei - immer noch unendlich ausgedehnten Linsen liegt. Die Überlegungen, die wir im vorangehenden Abschnitt angestellt haben, können wir ziemlich unverändert übernehmen. Dies bedeutet für die erste Linse: Wir müssen die physikalisch reelle Linse als Bild einer imaginären Blende im Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 66 Objektbereich der ersten Linse auffassen. Die Lichtmenge, die in das System eintreten kann, scheint durch diese Blende begrenzt zu sein. Für die zweite Linse bedeutet dies: Wir können uns auf der Bildseite des Systems das Licht durch das Bild der Blende begrenzt denken. Die eben geschilderten Verhältnisse sind wiederum anhand der untenstehenden Skizze veranschaulicht. Figur 5: Kombination Linse, Blende und Linse 4.1.3 Systeme aus mehreren Linsen und Blenden Ist ein System komplizierter als die eben geschilderten Fälle, so muss man jede als Blende wirkende Öffnung (auch die physische Begrenzung einer Linse) auf ihre Funktion in Hinsicht auf die Begrenzung der Menge des durchgelassenen Lichtes hin untersuchen. Dies tut man am besten systematisch, indem man jede Öffnung durch das ganze System hindurch rückwärts abbildet, und untersucht, welche der sich daraus ergebenden "imaginären Blenden" im Objektbereich der ersten Linse die geringste Öffnung aufweist. Ebenso wird man, nachdem man so die "wirksame" Blende gefunden hat, diese Öffnung systematisch in den Bildbereich der letzten Linse des Systems abbilden; die Lichtmenge, die das System verlassen kann, scheint durch dieses "Blendenbild" begrenzt zu sein. Es ist auch möglich, die Blendenfunktionen in einem bestimmten Teilraum zu bestimmen. Anstelle des Objektpunktes betrachtet man dann ein Bild von diesem Objektpunkt und bestimmt die Blendenfunktionen im Teilraum bezogen auf den Bildpunkt. 4.1.4 Definitionen Es sind nun noch die gängigen Begriffe - soweit wie wir sie uns eben erarbeitet haben, also vorläufig - zu definieren. Die für die Begrenzung der Lichtmenge, die durch ein optisches System gelangen kann, wirksame reale Blende heisst Aperturblende oder Öffnungsblende. Die übliche Bezeichnung für die Aperturblende in Zeichnungen und Konstruktionen ist "ApBl". Die imaginäre Blende im Objektbereich der ersten Linse eines Systems, die Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 67 durch den Teil des Systems von der ersten Linse bis zur Linse vor der Aperturblende hindurch abgebildet die Aperturblende ergibt, heisst Eintrittspupille. Die verwendetete Abkürzung ist "EP" . Noch einfacher: Die Eintrittspupille ist das objektseitige Blendenbild der Aperturblende (oder diese selbst). Das Bild der Aperturblende, das durch das fortgesetzte Abbilden der Aperturblende durch die nach der Aperturblende im System befindlichen Linsen im Bildbereich der letzten Linse entsteht, wird als Austrittspupille bezeichnet. Die verwendete Abkürzung ist "AP". Noch einfacher: Die Austrittspupille ist das bildseitige Blendenbild der Aperturblende (oder diese selbst). Ein Strahl, der die Aperturblende berührt (oder die Ein- oder Austrittspupille, was ja das gleiche bedeutet), wird als Öffnungsstrahl bezeichnet. Ein Randstrahl ist ein Strahl, der durch den Rand einer Blende verläuft. Der Öffnungsstrahl ist also ein besonderer Randstrahl, nämlich ein Randstrahl der Öffnungs- oder Aperturblende. Bemerkungen: Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Funktion der Aperturblendeneigenschaft von der Lage des untersuchten Punktes abhängig ist. Wir können z.B. den unendlich weit entfernten Punkt auf der optischen Achse betrachten, was der am häufigsten untersuchte Fall ist. Wir können aber auch einen Punkt in endlicher Entfernung auf der optischen Achse oder sogar einen Punkt, der nicht auf der optischen Achse des Systems liegt, untersuchen. Die Eigenschaft "Aperturblende" einer Blende kann empfindlich von der Lage des untersuchten Punktes abhängig sein. Wir können deshalb weiter einschränken und definieren: Ein Randstrahl der Eintrittspupille, der vom untersuchten Objektpunkt ausgeht, heisst Öffnungsstrahl. Der Winkel u, den ein Öffnungsstrahl im Objektbereich zur optischen Achse einschliesst, heisst halber Öffnungswinkel. Der Winkel u', den ein Öffnungsstrahl in Bildbereich zur optischen Achse einschliesst, heisst bildseitiger halber Öffnungswinkel oder scheinbarer halber Öffnungswinkel. Der Verlauf der Öffnungsstrahlen vom untersuchten Punkt durch das System heisst Öffnungsstrahlengang. Liegt der untersuchte Dingpunkt auf der optischen Achse, so spricht man vom "zentralen Öffnungsstrahlengang", ansonsten vom "schiefen Öffnungsstrahlengang". Da der zentrale Öffnungsstrahlengang nacheinander durch EP, ApBl und AP verläuft, definiert man: Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 68 Die Aperturblende ist diejenige körperliche Blende, welche den zentralen Öffnungsstrahlengang begrenzt. 4.1.5 Symbole für Konstruktionen Es ist üblich, in Konstruktionen die nach DIN genormten Symbole für körperliche Blenden, Linsenfassungen, Blendenbilder etc. zu verwenden. Diese seien nachfolgend dargestellt: körperliche Blende reelles Blendenbild dicke Linse mit Fassung virtuelles Blendenbild dünne Linse mit Fassung Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 69 4.2 Gesichtsfeldblende - Hauptstrahlen - Luken Neben der Funktion der Einschränkung der durch ein System hindurch gelassenen Lichtmenge können Blenden auch noch die Funktion der Begrenzung des Gesichtsfeldes annehmen. Dies ist wie folgt zu verstehen: Mit der Aperturblende wird nur die Menge des durchgelassenen Lichtes "reguliert"; wir nehmen deshalb - vorübergehend - eine sehr geringe Aperturblende an, was bedeutet, dass nur sehr wenig Licht durch das System hindurchtreten kann. Wir denken uns also, dass das Licht nur durch den Mittelpunkt der Aperturblende hindurchtreten kann. Strahlen, die durch den Mittelpunkt der ApBl hindurchgehen, heissen Hauptstrahlen. Haben wir in einem System neben der Aperturblende noch weitere Blenden, so wird in der Regel eine dieser Blenden die Menge der durch das System durchgelassenen Hauptstrahlen begrenzen. Die entsprechende Situation ist in der untenstehenden Figur dargestellt.Die so begrenzte Menge der Hauptstrahlen bildet einen Kegel, der seine Spitze in der Mitte der Aperturblende hat und durch die erwähnte weitere Blende begrenzt ist. Die den Kegel der Hauptstrahlen begrenzende Blende heisst Gesichtsfeldblende. Die Randstrahlen, die, ausgehend von der Mitte der Aperturblende, die Gesichtsfeldblende berühren, bilden im Objektbereich der ersten Linse ebenfalls einen Kegel, dessen Spitze in der Mitte der Eintrittspupille liegt. In der untenstehenden Figur ist dieser Sachverhalt wiederum dargestellt. Dieser Kegel definiert das vom System erfasste Gesichtsfeld. Bilden wir die Gesichtsfeldblende rückwärts durch das System ab, so erhalten wir im Dingbereich der ersten Linse eine "imaginäre Blende", die das Gesichtsfeld begrenzt. Ebenso können wir die Gesichtsfeldblende in Lichtrichtung durch das System abbilden und erhalten im Bildbereich der letzten Linse des Systems ein Blendenbild, das im Bildbereich den Kegel der Hauptstrahlen, dessen Spitze in der Mitte der Auswtrittspupille liegt, begrenzt. Wir können nun feststellen und definieren: Die körperliche Blende, die für die Begrenzung des durch ein System abbildbaren Objektbereiches verantwortlich ist, heisst Gesichtsfeldblende. Die üblicherweise verwendete Abkürzung heisst GfBl. Manchmal spricht man auch einfach nur von der Feldblende, oft auch von der Sehfeldblende. Variante: Die Gesichtsfeldblende ist diejenige körperliche Blende, die für die Begrenzung des durch ein Instrument hindurch sichtbaren Objektbereiches verantwortlich ist. Die körperliche Blende, welche den Hauptstrahlengang begrenzt, heisst Gesichtsfeldblende. Die dingseitige "imaginäre Blende", die als imaginäres Objekt der Gesichtsfeldblende aufgefasst werden kann, heisst Eintrittsluke. Die übliche Bezeichnung dafür in Zeichnungen und Konstruktionen ist EL. Das dingseitige Belendenbild der Gesichtsfeldblende heisst Eintrittsluke. Das Bild der Gesichtsfeldblende heisst Austrittsluke. Die üblicherweise in Zeichnungen und Konstruktionen verwendete Bezeichnung ist AL. Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 70 Der Bereich, der durch ein optisches System wahrgenommen oder abgebildet werden kann, heisst (wahres) Gesichtsfeld oder (wahres) Sehfeld. Die offizielle Abkürzung lautet Gf. Strahlen, die durch den Mittelpunkt der Eintrittspupille und durch den Rand des Gesichtsfeldes gehen, heissen Hauptstrahlen. Der Öffnungswinkel 2w des Kegels der Hauptstrahlen im Dingbereich heisst wahrer Gesichtsfeldwinkel. Der Öffnungswinkel 2w' des Kegels der Hauptstrahlen im Bildbereich heisst scheinbarer Gesichtsfeldwinkel. Der vom Kegel der Hauptstrahlen im Dingbereich der ersten Linse herausgeschnittene Teil der Ebene, die den untersuchten Dingpunkt P enthält, heisst "wahres Gesichtsfeld". Der vom Kegel der Hauptstrahlen im Bildbereich der letzten Linse herausgeschnittene Teil der Ebene, die den Systembildpunkt P' enthält, heisst "scheinbares Gesichtsfeld". Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 71 4.3 Skizze - Übersicht Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 72 4.4 Systematik der Analyse der für die Strahlenbegrenzung wirksamen Blenden Wir schliessen eine Art Rezept an, mit dem man systematisch die Aperturblende, die Gesichtsfeldblende, die Pupillen, die Luken sowie Öffnungs- und Gesichtsfeldwinkel bestimmen kann. Schritt 1: Man bilde den Achsenobjektpunkt P, für den die Blendenfunktionen zu bestimmen sind, durch das System ab. Nun wähle man jenen Raum, in dem die Blendenfunktionen am einfachsten bestimmt werden können. Alle Blenden sind entweder bild- oder objektseitig in diesen Raum abzubilden. Schritt 2: Vom Bild P’ des Punktes P in diesem Raum wähle man dasjenige Blendenbild, das den geringsten Öffnungswinkel ergibt. Dieses Blendenbild „BlB1“ definiert die Aperturblende, d.h. diejenige körperliche Blende, welche mit diesem Blendenbild BlB1 optisch konjugiert ist. Die Eintrittspupille EP und die Austrittspupille AP ergeben sich als objekt- bzw. bildseitiges Bild der Aperturblende. Schritt 3: Man wiederhole Schritt 2, wähle nun aber die Mitte M des Blendenbildes BlB1 als Achsendingpunkt. Dasjenige Blendenbild „BlB2“, das von M aus gesehen unter dem kleinsten Winkel erscheint definiert die Gesichtsfeldblende GfBl, d.h. diejenige Blende, welche mit dem Blendenbild Blb2 optisch konjugiert ist. Eintrittsluke EL und Austrittsluke AL ergeben sich als objekt- bzw. bildseitiges Blendenbild der Gesichtsfeldblende. 4.5 Einige Beispiele 1. 2 cm vor einer Linse in Luft mit der Brennweite f' = 5 cm befindet sich eine Blende mit Durchmesser 3 cm. Man identifiziere die verschiedenen Grössen (EP, ApBl, AP) und ermittle sie mittels Konstruktion und Rechnung. 2. 5 cm hinter einer Linse in Luft mit Brennweite f' = 2 cm befindet sich eine Blende mit Durchmesser 4 cm. Man identifiziere die verschiedenen Grössen (EP, ApBl, AP) und ermittle sie mittels Konstruktion und Rechnung. 3. Zwei Pluslinsen von 20 dpt und 25 dpt befinden sich im Abstand d= 3cm. Die Linse mit 20 dpt weist einen Durchmesser von 6cm, diejenige von 25 dpt einen solchen von 3cm auf. 1cm hinter der ersten Linse befindet sich eine Blende von 4cm Durchmesser. Man bestimme die Aperturblende sowie Eintritts- und Austrittspupille für den unendlich weit entfernten Achsendingpunkt. 4. Zwischen einer 12.5 dpt-Pluslinse (Durchmesser: 8cm) und einer 50 dpt-Pluslinse (Durchmesser: sehr gross) befinden sich zwei Blenden. Die erste dieser Blenden befindet sich 2 cm hinter der ersten Linse und hat eine Öffnung von 4cm, die zweite befindet sich 1cm vor der zweiten Linse und hat eine Öffnung von 2.4cm (in beiden Fällen ist unter Öffnung der Durchmesser der Blende zu verstehen. a) Man bestimme die Aperturblende für den unendlich fernen Achsendingpunkt und den sich in 5cm vor der ersten Linse befindlichen Dingpunkt. b) Man bestimme die Eintritts- und die Austrittspupillen für beide Achsendingpunkte. Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 73 5 Schärfentiefe Die Schärfentiefe (sehr oft hört man auch den Begriff Tiefenschärfe in diesem Zusammenhang. Dies ist aber eher umgangssprachlich und nicht völlig klar definiert) ist ein Begriff, der die Beurteilung der Qualität von abbildenden Systemen erlaubt. Die Fragestellung könnte etwa wie folgt lauten: 1. Gegeben ist ein optisches System mit definierter Aperturblende (und somit Ein- tritts- und Austrittspupille). In welchem Entfernungsbereich dürfen sich die Gegenstände im Objektraum befinden, damit z.B. unser Auge bei einer Betrachtung des Bildes aus einer bestimmten Entfernung das Bild als scharf empfindet ? 2. Wiederum ist ein optisches System mit Aperturblende und Ein- und Austrittspupil- le gegeben. In welchem Gegenstandsentfernungsbereich dürfen Objekte hingebracht werden, damit auf einem Film mit definiertem Auflösungsvermögen oder auf dem CCD-Chip einer Videokamera die erwähnten Gegenstände noch getrennt wahrgenommen werden können ? Die Beantwortung dieser Fragen ist mit zwei weiteren Begriffen gekoppelt. Zum einen müssen wir uns daran erinnern, dass der physiologische Grenzwinkel, unter dem unser Auge zwei Punkte oder Linien getrennt wahrnimmt, immer dann eine Rolle spielt, wenn ein Auge das Bild einer optischen Vorrichtung wahrnimmt und somit die Beurteilung des Bildes also durch das menschliche Auge geschieht. Der physiologische Grenzwinkel beträgt im Normalfall etwa eine Bogenminute (1') für statische (ruhende) Bilder bei optimalen Beleuchtungsverhältnissen. Sind bewegte Bilder vorhanden (Film, Video) und/oder die Leuchtdichten der Bilder gering, so steigt der physiologische Grenzwinkel stark an (5' -10'). Bei einem idealen optischen abbildenden System wird aus einem Dingpunkt genau ein Bildpunkt entstehen. Dies ist nur gerade dann der Fall, wenn sich ein Gegenstand genau in der Dingebene und das Bild genau in der zugehörigen Bildweite befindet.Wird z.B. bei einem Photoapparat die Entfernung zwischen Linse und Film fest eingestellt, so gibt es nur gerade eine Entfernung, für die ein unendlich scharfes Bild entsteht. Wird ein Dingpunkt aus dieser bestimmten Gegenstandsentfernung entfernt, so wird aus dem (unendlich scharfen) Bildpunkt ein kleiner Kreis entstehen. Diesen Punkt nennt man den Zerstreuungskreis. Je weiter der Gegenstandvon der "optimalen" Gegenstandsentfernung abweicht, umso grösser wird der Zerstreuungskreis. Das visuelle System oder das die Bildqualität beurteilende System wird dann ein Bild als scharf bewerten, wenn die Zerstreuungskreise der "Bildpunkte" dem Auge unter einem Winkel, der kleiner als der physiologische Grenzwinkel ist, erscheinen. Dann also wird das Auge den Eindruck haben, es handle sich um Bildpunkte, obwohl es sich genau genommen um kleine (Zerstreuungs-) Kreise handelt. Zur Veranschaulichung untersuchen wir noch ein Beispiel. Wir nehmen an, mit einem Photoapparat sei ein Diapositiv aufgenommen worden. Dieses Diapositiv wird mit einem Projektor auf eine Leinwand abgebildet. Letztere wiederum wird aus einer bestimmten Distanz betrachtet. Wird nun einerseits die Distanz Projektor Leinwand verändert, so erhöht sich der Durchmesser der Zerstreuungskreise. Bleibt dabei die Distanz Beobachter - Leinwand konstant (nur der Projektor wird von der Leinwand entfernt, die Zuschauer bleiben sitzen), so werden die Zuschauer eine Vergrösserung der Zerstruungskreise als Herabminderung der Bildqualität empfinden. Wird aber zugleich die Projektionsdistanz und die Beobachtungsdistanz verändert (nur die Leinwand wird verschoben, der Projektionsapparat und die Zuschauer bleiben unverändert), so wird der Beobachter keine wesentlichen Veränderungen in Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 74 der Bildqualität wahrnehmen können. Definition Schärfentiefe Unter Schärfentiefe versteht man den Bereich im Gegenstandsraum, für den die Zerstreuungskreise im Bildbereich unter einem Winkel, der kleiner als der entsprechende (physiologische) Grenzwinkel ist, erscheinen. Bevor wir uns der mathematischen Untersuchung der oben geschilderten Verhältnisse zuwenden, wollen wir rein qualitativ erfassen, welche Grössen für die Schärfentiefe von ausschlaggebender Bedeutung sind. Es sind dies: a) der (physiologische) Grenzwinkel (situationsabhängig !) b) Durchmesser der Aperturblende (oder Blendenzahl) c) Brennweite des verwendeten optischen Systems (Blendenzahl) Einstellentfernung des optischen Systems (optimale Gegenstandsentfernung). d) Lage der Aperturblende Die Abhängigkeit der Schärfentiefe von der Blendenöffnung und von der Brennweite kann man - wie unten gezeigt wird - in der sogenannten Blendenzahl zusammenfassen. Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 75 5.1.1 *Formeln zur Berechnung der Schärfentiefe In diesem Abschnitt wollen wir die Formeln zur Berechnung der Schärfentiefe herleiten. In der Herleitung halten wir uns eng an die Vorlage von Jachnow ("Optische Grundlagen der Optometrie", median-verlag, Heidelberg, 7. Auflage 1988). Höchstzulässiger Zerstreuungskreisdurchmesser Wir stellen uns ein optisches System vor, das ein reelles Bild auf einer Leinwand entwirft. Dieses Bild wird von einem Auge aus einer Distanz a (Gegenstandsweite für das Auge) betrachtet. Die Grösse des Radius des Zerstreuungskreises wird mit r' bezeichnet. Den Grenzwinkel bezeichnen wir mit . Zwischen den drei Grössen σ g , r' und a haben wir den Zusammenhang σ g ≈sin(σ g )≈tan (σ g )=− 2 ⋅ r' a Wird z.B. ein Bild aus einer Entfernung von 25 cm betrachtet und vom physiologischen Grenzwinkel σ g = 1' ausgegangen, so haben wir für den Durchmesser d des Zerstreuungskreises: d = 2 ⋅ r ' = − a ⋅ tan(σ g ) ≈ 73 μm Betrachtet man hingegen ein Bild aus einer Entfernung von 10m (Projektionsleinwand), so ergibt sich für die Grösse des maximal zulässigen Zerstreuungskreises: d = 2.9 mm. 5.1.2 Herleitung der Formeln zur Schärfentiefe Vorausgesetzt wird bei der folgenden Herleitung, dass die Grösse des Durchmessers des maximal zulässigen Zerstreuungskreises in der im vorangehenden Abschnitt beschriebenen Weise bestimmt wurde, also als bekannt vorausgesetzt werden kann. Im folgenden beziehen wir uns auf die untenstehende Skizze. Wir stellen vorerst einmal fest, dass der Zerstreuungskreis im Dingbereich eine Entsprechung findet. Dieser Kreis im Dingbereich ist durch die Strahlen begrenzt, die von den Achsendingpunkten O1 und O2 ausgehen, welche wiederum die am meisten entfernten Punkte sind, für die die Grösse des Zerstreuungskreises gerade derjenigen des maximal zulässigen Zerstreuungskreises entspricht. Der zwischen O1 und O2 liegende Gegenstandsbereich wird also "scharf" abgebildet. Der Punkt O ist derjenige Dingpunkt, der in jedem Fall durch die gegebene Einstellung des Systems scharf abgebildet wird. Im weiteren verwenden wir folgende Grössen: a: a1 : a2 : 2R: 2R': r: r': Gegenstandsentfernung von O Gegenstandsentfernung von O1 Gegenstandsentfernung von O2 Durchmesser der Eintrittspupille Durchmesser der Austrittspupille Radius des Zerstreuungskreises im Dingraum Radius des Zerstreuungskreises im Bildraum D, f ,f': Brechwert bzw. Brennweiten des Systems H,H': Hauptebenen des Systems e: Abstand Hauptebene H - Eintrittspupille EP e': Abstand Hauptebene H'- Austrittspupille AP Aus der Skizze entnehmen wir mit Hilfe der Strahlensätze aus der Mathematik: r a − a2 = R e − a2 und a − a1 r =− . R e − a1 Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 76 In den beiden oben aufgestellten Formeln sind r (indirekt), R, a, und e gegeben. Somit kann nach und a1 a2 aufgelöst werden (jede der beiden Gleichungen einzeln): r r a − e⋅ a + e⋅ R. R , a = a1 = 2 r r 1+ 1− R R Störend wirkt nun aber, dass nach den bisherigen Ausführungen ja nicht der Radius r des Zerstreuungskreises im Objektraum sondern der Radius r' des Zerstreuungskreises im Bildraum gegeben ist. Wir müssen also die Bildgrössenformel verwenden, um die Grösse r durch r' zu ersetzen. Vorerst einmal stellen wir fest: y'A' = yA, d.h. Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 77 y '⋅ n' n = y⋅ a' a oder y' = y ⋅ n a' n a' ⋅ = y⋅ ⋅ . n' a a n' Bei den vorliegenden Verhältnissen wird ein reeller Gegenstand vor dem Brennpunkt F (praktisch immer gegeben) ein umgekehrtes reelles Bild erzeugen. Dies kommt in der Vorzeichenumkehr in der Bildgrössenformel automatisch zum Ausdruck. Dies bedeutet, dass wir für ein positives r ein negatives r' in der obigen Formel erhalten würden. Da aber sowohl r als auch r' positive Grössen sind, müssen wir die Bildgrössenformel etwas abwandeln: r' = − r ⋅ n a' ⋅ . n' a r = −r⋅ n' a ⋅ . n a' oder nach r aufgelöst: Wir haben nun zwar die Möglichkeit, r durch r' auszudrücken, dafür aber den Nachteil, dass in die Gleichung für r die Grösse a' hineingerutscht ist. Also müssen wir mit der Gaussformel a' ausdrücken: A' = A + D oder n' n n = − . a' a f Dies setzen wir in den Ausdruck für r ein und erhalten: ⎛ a⎞ r = − r '⋅⎜ 1 − ⎟ . f⎠ ⎝ Diesen Ausdruck für r müssen wir nun in die Gleichungen für r' ⎛ a⎞ ⋅ ⎜1 − ⎟ R ⎝ f⎠ r' ⎛ a⎞ 1 − ⋅ ⎜1 − ⎟ R ⎝ f⎠ a − e⋅ a1 = a1 und a2 einsetzen: r' ⎛ a⎞ ⋅ ⎜1 − ⎟ R ⎝ f⎠ r' ⎛ a⎞ 1 + ⋅ ⎜1 − ⎟ R ⎝ f⎠ a + e⋅ a2 = Um die Bedeutung der beiden Formeln noch etwas besser zu verstehen, formen wir den Ausdruck r'/R noch etwas um: r' 2 ⋅ r' f . = ⋅ R f EP 2 ⋅ r' Wir können nun feststellen, dass der erste Faktor verbunden ist: direkt mit dem (pysiologischen) Grenzwinkel f ( ) tan σ g = 2 ⋅ r' f . Der zweite Faktor, in dem EP den Durchmesser der Eintrittspupille darstellt, entspricht der üblichen Definition der Blendenzahl k: k= f EP Damit können wir die oben gegebenen Formeln für . a1 und a2 nochmals schreiben, indem wir also ( ) r' = k ⋅ tan σ g R verwenden: Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 78 ⎛ a⎞ a − e ⋅ k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ f⎠ ⎝ a1 = ⎛ a⎞ 1 − k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ f⎠ ⎝ ⎛ a⎞ a + e ⋅ k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ f⎠ ⎝ = . ⎛ a⎞ 1 + k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ f⎠ ⎝ ( ) ( ) a2 ( ) ( ) Es liegt auf der Hand, dass in den beiden obenstehenden Formeln beträchtliche Vereinfachungen möglich sind, falls man annimmt, dass die Eintrittspupille nur sehr wenig von der Hauptebene H entfernt ist, bzw. wenn man e ≈ 0 setzen kann (dieser Fall ist glücklicherweise für etliche optische Systeme recht gut erfüllt, so z.B. für den Photoapparat oder das Auge): a a1 = ( ) 1 − k ⋅ tan σ g a a2 = ⎛ a⎞ ⋅ ⎜1 − ⎟ f⎠ ⎝ ( ) 1 + k ⋅ tan σ g ⎛ a⎞ ⋅ ⎜1 − ⎟ f⎠ ⎝ . . 5.1.3 Einstellung auf "Nahunendlich" Sehr oft hat man - besonders bei Photoapparaten - das Problem, von unendlich weit entfernten bis möglichst nahen Gegenständen ein scharfes Bild zu erzeugen. Die optimale Ausnützung des Schärfentiefebereiches ist bei gegebener Blendenzahl offensichtlich dann realisiert, wenn a = -∞ ist. Dies wiederum ist dann der Fall, wenn der Nenner im Ausdruck für averschwindet. Wir folgern also: ⎛ a⎞ 1 + k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ = 0 f⎠ ⎝ ( ) oder ⎛ 1 a = f ⋅ ⎜⎜ 1 + ⎝ k ⋅ tan σ g ( ) ⎞ ⎟. ⎟ ⎠ Dies ist also die Entfernung, die am Objektiv des Photoapparates einzustellen ist. Bis wie weit zum Objektiv reicht nun der Schärfentiefebereich heran ? Verwenden wir ⎛ a⎞ k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ = − 1 , f⎠ ⎝ ( ) so wird aus der Formel für a1 : a1 = a+e . 2 In der Regel ist (bei der gegebenen Fragestellung "Einstellung auf Nahunendlich" sowieso) e gegenüber a vernachlässigbar und man findet: a1 = a . 2 Bei der Einstellung auf Nahunendlich reicht also die Schärfentiefe vom Horizont bis zur halben Entfernungseinstellung. 5.1.4 Schärfentiefebreite Sehr oft wird die Schärfentiefe nicht in Metern, sondern in dpt erfasst. Man spricht dann von Schärfentiefebreite - ähnlich wie von Akkomodationsbreite beim Auge. Für unsere weiteren Überlegungen Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 79 wollen wir voraussetzen, dass der Abstand e zwischen Hauptebene H und Eintrittspupille EP vernachlässigt werden könne. Aus den entsprechenden Formeln für a1 und a2 finden wir dann: ⎛ ⎛ a ⎞⎞ n ⋅ ⎜ 1 − k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ ⎟ ⎛ f ⎠⎠ ⎝ ⎛ ⎝ a ⎞⎞ n A1 = = = A ⋅ ⎜ 1 − k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ ⎟ a1 a f ⎠⎠ ⎝ ⎝ ( ) ( ) ⎛ ⎛ a ⎞⎞ n ⋅ ⎜ 1 + k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ ⎟ ⎛ f ⎠⎠ ⎝ ⎛ ⎝ a ⎞⎞ n = A ⋅ ⎜ 1 + k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ ⎟ . A2 = = a a2 f ⎠⎠ ⎝ ⎝ ( ) Durch Addition finden wir: ( ) A1 + A2 = A ( und durch Subtraktion von A + A2 ) auf beiden Seiten der Gleichung: A1 − A = A − A2 Dies bedeutet, dass der entfernteste und der nächste Punkt, die noch in den Schärfentiefebereich gehören, gemessen in dpt gleich weit von der Einstellentfernung entfernt sind. Zusammenfassung der Formeln: ⎛ ⎛ a⎞ ⎞ A 1 = A ⋅ ⎜ 1 − k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1− ⎟ ⎟ ⎝ ⎝ f ⎠⎠ ( ) ⎛ ⎛ a⎞ ⎞ A 2 = A ⋅ ⎜ 1 + k ⋅ tan σ g ⋅ ⎜ 1 − ⎟ ⎟ ⎝ ⎝ f ⎠⎠ ( ) Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 80 5.2 Übersicht Zerstreuungskreis und Schärfentiefe 5.3 Zerstreuungskreis Ein Photoapparat sei auf eine Entfernung a eingestellt, d.h. ein Punkt P, der in einer Entfernung von a auf der optischen Achse vom Objektiv liegt, wird in einen scharfen Punkt P' in der Bildebene oder Negativebene abgebildet. Ein Punkt Q, der in der Entfernung a1 vor dem Objektiv liegt, wird auf der gleichen Bild- oder Negativebene einen Zerstreuungskreis erzeugen. Der Durchmesser des Zerstreuungskreises ist um so grösser je grösser der Durchmesser der Eintrittspupille und je weiter der Punkt Q vom Punkt P entfernt ist. Für die Berechnung beziehen wir uns auf die untenstehende Skizze. Man erhält unter Anwendung der Strahlensätze: dZ = dEP a1 ' − a' a' Ein negatives Vorzeichen von d bedeutet, dass der Bildpunkt Q' vor dem Punkt P' liegt. Beim Auge ist a' immer durch die Länge des Auges gegeben. a' ist mit Hilfe der Gegenstandsweite a E und dem Gesamtbrechwert des Auges zu bestimmen (GaussFormel). Akkommodationsaufwand und Refraktionsdefizit nicht vergessen ! Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 81 5.3.1 Schärfentiefe Es sind nun d Z , d EP , a, und damit a' gegeben. Löst man die oben stehende Formel nach a' auf so erhält man je nach Vorzeichen von d Z zwei Lösungen: a1 ' = a '⋅ d EP d EP + d Z a2 '=a '⋅ d EP d EP − d Z Rechnet man a1 ' und a' nach a1 und a' um (Gauss-Formel rückwärts) so hat man die Grenzen des scharf abgebildeten Bereichs ermittelt (Schärfentiefenbereich). Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 82 5.3.2 Übersicht "Kreis kleinster Verwirrung" Wir beziehen uns auf die untenstehende Skizze. Das von einem Gegenstandspunkt P ausgehende Licht wird, bedingt durch die unterschiedlichen Brechwerte in den beiden Hauptschnitten I und II, in zwei verschiedene Bildlinien abgebildet. Zwischen den beiden Bildlinien befindet sich der Kreis kleinster Verwirrung. Die Lage der Bildlinien kann wie folgt berechnet werden: AI ' = A + DI AII ' = A + DII A: Vergenz der Gegenstandsweite [dpt] DI , DII Brechwerte in den Hauptschnitten I, II [dpt] A' I , A' II : Vergenzen der Bildweiten in den beiden Hauptschnitten [dpt] Berechnung der Lage des Kreises kleinster Verwirrung: A'V = 1 1 A' I + A' II ) = A + ( DI + DII ) ( 2 2 Die Grösse dV des Kreises kleinster Verwirrung berechnet man wie diejeinige des Zerstreuungskreises (a' durch a 'V ersetzen): dV = d EP a ' II − a 'V a ' II Beim Auge ist a' in der Regel mit der Augenlänge gleichzusetzen. (Wenn das Auge auf den Kreis kleinster Verwirrung fokussiert.) Strahlenbegrenzung – Blenden – Zerstreuungskreis - Schärfentiefe 83