Max Emanuel Cencic Concerto Köln Mittwoch 25. Dezember 2013 18:00 Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen. Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen. Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird. Max Emanuel Cencic Countertenor Concerto Köln Mittwoch 25. Dezember 2013 18:00 Pause gegen 19:00 Ende gegen 20:00 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KölnMusik wünschen Ihnen frohe und glückliche Festtage! PROGRAMM Georg Friedrich Händel 1685 – 1759 Concerto grosso C-Dur HWV 318 (1736) für zwei Violinen und Violoncello, Streicher und Basso continuo (»Alexander’s Feast Concert«) Allegro Largo – Allegro Allegro – Andante Andante non presto Alessandro Scarlatti 1660 – 1725 »In quelle luci belle« aus: Il Cambise (1719) »Care pupille« aus: Il Tigrane o vero L’egual impegno d’amore e di fede (1715) Antonio Vivaldi 1678 – 1741 Konzert für zwei Violinen, Violoncello, Streicher und Basso continuo g-Moll op. 3,2 RV 578 Adagio e spiccato Allegro Larghetto Allegro Georg Friedrich Händel »Dall’ondoso periglio« … »Aure, deh, per pietà«. Recitativo accompagnato und Arie, 3. Akt aus: Giulio Cesare in Egitto HWV 17 (1723) »Vano amore«. Arie des Alessandro, 2. Akt aus: Alessandro HWV 21 (1726) Pause 2 Georg Friedrich Händel Ouvertüre aus: Tamerlano HWV 18 (1724) Alessandro Scarlatti »Vago mio sole« aus: Massimo Puppieno (1695) »Un solo sospiro« aus: Il Tigrane o vero L’egual impegno d’amore e di fede (1715) Georg Friedrich Händel Introduzione aus: Delirio amoroso HWV 99 (1707) Kantate für Sopran, Blockflöte, Streicher und Basso continuo »Abbruggio, avvampo« »Venti, turbini, prestate«. Arie des Rinaldo aus: Rinaldo HWV 7a/7b (1710 – 11) 3 DIE GESANGSTEXTE Alessandro Scarlatti »In quelle luci belle« aus: Il Cambise (1719) Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Domenico Lalli (1679 – 1741), Akt 2, Szene 8 Ernesto In quelle luci belle del vago mio tesor, amante e vincitor, vado a bearmi; e l’alma mia desia felicità in amor, come le diè il valor in mezzo all’armi. Ernesto An jener Augen Anmut, die meine Schöne ziert, werd, wenn ich triumphiert, verliebt mich freuen; und meine Seele ersehnt sich, die Liebe möge blühn, da sie ihr Mut verliehn, wo Waffen dräuen. Alessandro Scarlatti »Care pupille« aus: Il Tigrane o vero L’egual impegno d’amore e di fede (1715), 2. Akt, 17. Szene Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Domenico Lalli Policare Care pupille belle, stelle dell’idol mio, da voi desia quest’alma il suo ristoro. Spera da voi la calma l’ardente mio desio, occhi del caro ben, che tanto adoro. Policare Ihr teuren schönen Augen, meiner Geliebten Sterne, an euch will meine Seele sich erquicken. Von euch ersehnt sich Stillung mein lohendes Begehren, Augen der teuren Braut, die mich beglücken. 4 Georg Friedrich Händel »Dall’ondoso periglio« … »Aure, deh, per pietà«. Recitativo accompagnato und Arie, 3. Akt aus: Giulio Cesare in Egitto HWV 17 (1723), 3. Akt, 4. Szene Dramma per musica in drei Akten für Soli, Chor und Orchester, Libretto von Niccoló Francesco Haym (1678 – 1729) nach Giacomo Francesco Bussani (aktiv 1673 – 1680) Cesare Dall’ondoso periglio salvo mi porta al lido il mio propizio fato. Qui la celeste parca non tronca ancor lo stame alla mia vita! Ma dove andrò? e chi mi porge aita? Solo in queste erme arene al monarca del mondo errar conviene? Cesare Aus gefährlichen Fluten trägt mein gewogenes Schicksal mich sicher ans rettende Ufer. Hier schnitt im Himmel die Parze vorerst nicht entzwei den Faden zu meinem Leben. Doch wohin soll ich gehen, wer kann mir Beistand geben? Ziemt es dem Herrscher der Welt, alleine durch sandige Ödnis zu irren und Steine? Aure, deh, per pietà spirate al petto mio, per dar conforto, oh dio, al mio dolor. Dite: dov’è, che fa l’idol del mio sen, l’amato e dolce ben di questo cor? Winde, ach, umschmeichelt sacht, umstreicht meinen Busen lindernd, o Gott, meine Schmerzen mindernd, und macht mir Mut. Sagt mir: Wo ist, was macht, mein Schatz, meines Herzens Lust, die ich liebe aus tiefster Brust und voller Glut? Ma d’ogni intorno i’ veggio sparse d’arme e d’estinti l’infortunate arene, segno d’infausto annunzio al fin sarà. Doch wohin ich auch schaue, seh ich übersät mit Waffen und mit Entseelten das unheilsbeladne Gestade; vielleicht soll mir das ein warnendes Omen sein. 5 Georg Friedrich Händel »Vano amore«. Arie des Alessandro, 2. Akt aus: Alessandro HWV 21 (1726) Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Paolo Antonio Rolli, 2. Akt, Szene 2 Alessandro Eitele Liebe, Getändel und Scherzen, nun verdrängt aus dem Herzen, wo Entrüstung regiert. Wenn vermessen, launenvergessen mich eitele Schönheit mit Häme brüskiert, wird Liebe zu Schroffheit und Hass transformiert. Eitele Liebe, … Alessandro Vano amore, Lusinga, diletto, Cedete al dispetto Che m’agita il cor. Se m’offende, Vilipende D’altera bellezza L‘istabile umor In odio ed asprezza Degenera amor. Vano amore, … Alessandro Scarlatti »Vago mio sole« aus: Massimo Puppieno (1695) Melodrama in drei Akten. Libretto von Aurelio Aureli, 1.Akt, 4. Szene Puppieno Vago mio Sole, Non lacrimar. Per sì vezzosa Bocca amorosa Che mi piagò In quel bel seno Ritornerò. Dell’empio barbaro Trionferò, Quel mostro indomito Spero atterrar. Vago mio Sole … Puppieno Meine liebliche Sonne, weine doch nicht. Deinen sanften schönen Lippen zu frönen, die ich so lieb, an deinen Busen zurück ich flieg. Den grausamen Wüterich ich stolz besieg; das tobende Scheusal ist bald gericht’. Meine liebliche Sonne … 6 Alessandro Scarlatti »Un solo sospiro« aus: Il Tigrane o vero L’egual impegno d’amore e di fede (1715), 1. Akt, 13. Szene Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Domenico Lalli Policare Ein einziger Seufzer, vom Herz ohne Zagen von Liebe getragen, er streckt ihn dahin. Mein Schwert sieht der Prahlhans, sobald ich mich wende: Verliebt, kampfbehende, den Sieg ich gewinn. Policare Un solo sospiro, ch’esalo dal core, acceso d’amore, lo può fulminar. E’l brando, se giro, vedrà quell’altero, ch’amante, e guerriero saprò trionfar. Georg Friedrich Händel »Abbruggio, avvampo« aus: Rinaldo HWV 7a/7b (1710 – 11) Opera seria in drei Akten. Libretto von Giacomo Rossi, nach Torquato Tassos »La Gerusalemme liberata«, 2. Akt, 7. Szene Rinaldo Anima mia! (Va per abbracciarla, poi si ferma.) Ma che tenti, Rinaldo! Forse sotto quel viso V’è l’inferno co’ un vel del paradiso. Rinaldo O meine Liebste! (Geht auf sie zu, sie zu umarmen, hält dann ein.) Halt, was tust du, Rinaldo? Will dies Antlitz nur lügen? Glüht die Hölle hinter himmlischen Zügen? Aria Abbrugio, avampo e fremo Di sdegno e di furor. Spero, ma sempre temo D’un infernal error. Abbrugio, avampo e fremo, … Arie Ich brenne, bebe, walle, vor Abscheu, Wut und Pein. Ich hoff - und fürcht, ich falle auf Satans Trug herein. Ich brenne … 7 Georg Friedrich Händel »Venti, turbini, prestate«. Arie des Rinaldo aus: Rwinaldo HWV 7a/7b (1710 – 11) Opera seria in drei Akten. Libretto von Giacomo Rossi, nach Torquato Tassos »La Gerusalemme liberata«, 1. Akt, 9. Szene Rinaldo (allein) Rezitativ Ein süßer Strahl Hoffnung kehrt wieder, die zagende Seele erheben; ja, meine Göttin, mein Leben! Ich eile, den Trug zu enthülln in den Dingen; o Liebe, erbarm dich, leih mir deine Schwingen! Arie Winde und Stürme: Erbarmen, eure Schwingen meinen Füßen leiht! Himmel, Götter: Helft meinen Armen gegen den, der mir Qual bereit’. … Übersetzung der Arien und Rezitative: Sebastian Viebahn Rinaldo solo Recitativo Di speranza un bel raggio Ritorna a consolar l’alma smarrita; Sì, adorata mia vita! Corro veloce a discoprir gl’inganni; Amor, sol per pietà, dammi i tuoi vanni! Aria Venti, turbini, prestate Le vostre ali a questo piè! Cieli, numi, il braccio armate Contro chi pena mi diè! Venti, turbini, prestate, … 8 ZU DEN WERKEN Georg Friedrich Händel Von Halle an der Saale nach London an die Themse – kein anderer deutscher Komponist der Barockzeit machte einen derart gewaltigen Karrieresprung wie Georg Friedrich Händel. Seine Musik war in ihrem Einfallsreichstem kaum zu überbieten, er verwirklichte außergewöhnliche Instrumentationsideen und in seinen Opern erwies er sich als Meister der Schilderung von Seelenzuständen, sei es Wut, Rache, Trauer oder Liebesschmerz. Nach der Ausbildung bei Friedrich Wilhelm Zachow, Musikdirektor an der Marienkirche in Halle, fand Händel zunächst eine Anstellung am Opernhaus in Hamburg, wo er als Tuttispieler in den zweiten Geigen, dann als Cembalist tätig war. Gleichzeitig entstanden eigene Werke. Am 8. Januar 1705 wurde in Hamburg seine erste Oper Almira uraufgeführt. Bei einem Aufenthalt in Venedig machte der Komponist die Bekanntschaft mit Prinz Ernst, dem Bruder des Kurfürsten von Hannover, was 1710 zu einer Verpflichtung als kurfürstlicher Kapellmeister führte. 1712 folgte Händel einem Ruf nach England, wo er sich ein Jahr zuvor mit der Oper Rinaldo vorgestellt hatte. Abgesehen von einigen kürzeren Aufenthalten kehrte er nicht mehr nach Deutschland zurück. 1759 fand der hochgeschätzte Händel an der Seite englischer Monarchen in der Westminster Abbey seine letzte Ruhe. Zu Ehren der Heiligen Cäcilia, der Erfinderin der Orgel und Schutzpatronin der Musik, komponierte Händel 1736 Alexander’s Feast, eine Ode für Soli, Chor und Orchester, in der das Concerto grosso C-Dur als Zwischenaktmusik vorgesehen war. John Drydens Textvorlage, die Dichtung Alexander’s Feast or the Power of Music – an Ode wrote in Honour of St. Cecilia, erzählt von einem Fest, das Alexander der Große nach einem Sieg 330 v. Chr. über die Perser in der eroberten Stadt Persepolis gab. Die Hetäre Thais stiftet den siegreichen Feldherrn an, die Zerstörung Athens durch die Perser – 150 Jahre zuvor – mit einer Feuersbrunst in Persepolis zu rächen. Alexander zeigt sich entschlossen, bis ein Sänger in ihm Mitleid mit den besiegten Persern erweckt. Mit einer kühnen Wendung wird nun die Brücke zur Verehrung der heiligen 9 Cäcilia geschlagen: Wenn schon ein heidnischer Sänger solche Macht über die Seelen zu erringen vermag, um wie viel mehr erst die erhabene Kunst der christlichen Märtyrerin Cäcilia. Einem anderen antiken Herrscher ist die 1724 erstmals in London gespielte Oper Giulio Cesare in Egitto gewidmet. Sie erzählt farbenreich vom Zusammenprall zweier Kulturen, der römischen und der ägyptischen, von den Konkurrenzkämpfen innerhalb beider Reiche und von der reizvollen Konstellation, dass bei einer Verbindung zweier Menschen, der Königin Kleopatra und dem römischen Staatsmann Julius Cäsar, erotische und politische Erwägungen Hand in Hand gehen. Händel reagierte auf das Libretto von Nicola Haym mit seiner bis dahin prachtvollsten Opernpartitur. Sie enthält Block- und Traversflöten, geteilte Fagotte und Soli für Violine, Oboe und Waldhorn. Im dritten Akt fleht Cäsar in der Arie »Aure, deh, per pietà« zu den Lüften der Nilgestade, dass er Cornelia wiederfindet, auf die er zwischenzeitlich ein Auge geworfen hat. Zehn Jahre vor der Uraufführung der Ode Alexander’s Feast wurde in London die Oper Alessandro uraufgeführt, die eine weitere Episode aus dem Leben Alexander des Großen erzählt. Der äußere Anlass war die bevorstehende Ankunft der italienischen Sopranistin Faustina Bordoni in London. Händel sah sich nun vor die Herausforderung gestellt, sowohl für sie als auch für die amtierende Primadonna Francesca Cuzzoni eine Oper mit eindrucksvollen Bravourstücken zu komponieren. Erschwerend kam hinzu, dass gleichzeitig die Ansprüche des nicht minder berühmten Kastraten Senesino (eigentlich Francesco Bernardi) in der Partie des Alessandro befriedigt werden mussten, was den Komponisten und seinem Textdichter Paolo Antonio durch eine ausgewogene Verteilung der Arien und Duette gelang. Alessandro leidet an einem verzerrten Selbstbild und glaubt, der Sohn des Gottes Jupiter zu sein. Verblendet von seiner Eitelkeit verlangt er von seinen Untergebenen, ihn als Gottheit zu behandeln. Rossane und Lisaura beobachten angstvoll das Geschehen und belauern sich gegenseitig voll Eifersucht, denn beide haben es auf Alessandro abgesehen. In der Arie »Vano amore« weist er sie darauf hin, dass die Wankelmütigkeit von Frauen dazu führen kann, dass sich seine Liebe in Hass und Strenge verwandelt. 10 Nach dem Erfolg von Giulio Cesare in Egitto lagen die Erwartungen des Londoner Publikums an Händels weitere Bühnenwerke hoch. Mit der 1724 erstmals gespielten Oper Tamerlano erntete Händel weniger Beifall, heute allerdings zählt sie zu seinen bedeutendsten Bühnenwerken. Schon die Tuttischläge zu Beginn der Ouvertüre weisen auf große Tragik hin. Düstere Tonarten, dunkle Farben in den Streichern: Musikalisch kündigt sich eine Geschichte an, die weit in den Osten zum mongolischen Eroberer Tamerlano und seinen blutigen Machtkämpfen führt. Während eines Aufenthalts in Rom 1707/08 komponierte Händel etwa 25 weltliche Solokantaten für seine Mäzene, Fürst Francesco Ruspoli und Kardinal Benedetto Pamphilj, die in sonntäglichen Privatkonzerten in ihren Palazzi zum Vortrag kamen. Der titelgebende Liebeswahn der Kantate Delirio amoroso für Sopran und Orchester bezieht sich auf die Nymphe Chloris: Sie halluziniert sich herbei, ihrem gestorbenen Geliebten Thyrsis in den Hades gefolgt zu sein, um ihn von dort aus ins Elysium zu führen. Als Händel 1711 die erste Oper für London komponierte, amtierte zu dieser Zeit der Dramatiker Aaron Hill als Direktor des Queen’s Theatre am Haymarket. Er entwarf das Libretto zu Rinaldo auf der Basis von Torquato Tassos Epos La Gerusalemme Liberata (Das befreite Jerusalem). Auf der Grundlage dieser Skizze schrieb dann der Theaterdichter Giacomo Rossi ein Textbuch auf Italienisch. Die Eroberung Jerusalems auf dem ersten Kreuzzug unter der Führung des Gottfried von Bouillon ist geglückt, doch der Versuch der Zauberin Armida, den Ritter Rinaldo für sich zu gewinnen, scheitert an seiner Tugendhaftigkeit und an seiner Treue zu Almirena. Im zweiten Akt nimmt die Zauberin die Gestalt von Rinaldos Geliebter an. Dieser schöpft jedoch Verdacht und weist Armida in der Arie »Abbruggio, avvampo« entschieden zurück. Zuvor hatte die Zauberin im ersten Akt Almirena entführt, in der von Solovioline und -fagott begleiteten Arie »Venti, turbini, prestate« gibt Rinaldo sich der Hoffnung hin, sie wiederzusehen. Für die Komposition der Oper brauchte Händel nur wenige Wochen, da er etwa fünfzehn Nummern – vollständig oder teilweise – aus den Partituren früherer in London bislang nicht gespielten Werke übernahm, insbesondere aus Agrippina und Almira, ein damals nicht unüblicher Vorgang der geschickten Zweitverwertung. 11 Alessandro Scarlatti 1660 kam in Sizilien Alessandro Scarlatti zur Welt, der Vater von Domenico Scarlatti, dem Schöpfer virtuoser Klaviersonaten. In seiner Zeit als Hofkapellmeister in Neapel schrieb Alessandro Scarlatti eine große Anzahl von Bühnenwerken, die mit Begeisterung aufgenommen wurden. Nach 1703 hielt er sich wieder in Rom auf, wo der Vatikan aufgrund moralischer Bedenken Widerstand gegen das Theater ausübte und somit das Opernleben stark reduzierte. Aus diesen Gründen stellte der geschäftstüchtige Scarlatti sein musikalisches Schaffen um, zu dieser Zeit erreichte seine Beschäftigung mit Kantaten, Oratorien und Serenaden ihren Höhepunkt. 1708 wurde er zum Kapellmeister der Capella Reale in Neapel ernannt, wo er bis zu seinem Tod 1725 auch wieder Bühnenwerke komponierte. Hat man Händels Opernkompositionen im Ohr, nimmt sich Scarlattis Musik zunächst viel weniger spektakulär aus. Die großen theatralischen Effekte und emotionalen Höhepunkte scheinen zu fehlen. Erst beim zweiten Hinhören entdeckt man den Reichtum der Partituren: Die Arien sind konzentrierter und von diskreterer Virtuosität als bei Händel, aber sie besitzen dennoch einen großen Reiz, wie etwa die Arie des Ernesto aus Scarlattis Oper Il Cambise (1719). In dem 1695 in Neapel uraufgeführten musikalischen Drama Massimo Puppieno wird der römische Kaiser Severus Alexander 253 n. Chr. in Moguntiacum (dem heutigen Mainz) bei einer Militärmeuterei ermordet. Die Soldaten huldigen dem dafür verantwortlichen Feldherrn Gaius Julius Verus Maximinus (der Massimo in Scarlattis Oper), der römische Senat ruft ihn zum neuen Kaiser aus. Die von innigen Gefühlen beseelte Arie »Vago mio sole« richtet Massimo am Ende des ersten Akts an Claudia, die Prinzessin von Laurento, der er die Hand reichen wird. In der 1715 ebenfalls in Neapel erstmals gespielten Oper Il Tigrane o vero L’egual impegno d’amore e di fede (Der gleiche Aufwand von Liebe und Treue) schlägt das Herz der Königin Tomiri für den ihr ergebenen Feldherrn Tigrane. Dieser liebt jedoch König Ciros Tochter Meroe, deren Vater in einem Kampf von der Königin getötet wurde. Meroe verlangt von Tigrane, sie zu rächen und ein 12 Attentat auf die Herrscherin zu verüben. Tigrane findet sich im Konflikt zwischen Liebe und Pflicht wieder, wird als Hochverräter enttarnt und buchstäblich in letzter Minute vor der Hinrichtung errettet. In die Handlung verwoben ist Policare, der König von Lydia, der die Königin Tomiri liebt, und dieser Zuneigung in seinen beiden Arien »Care pupille« und »Un solo sospiro« Ausdruck verleiht. Antonio Vivaldi Der künstlerische Mittelpunkt Antonio Vivaldis war Venedig, wo er 1678 geboren wurde. Eine Besonderheit des dortigen Musiklebens stellten die vier Konservatorien (Ospedali) dar. Ursprünglich mit dem Ziel der Armen- und Waisenfürsorge gegründet, führte man an diesen sozial-karitativen Einrichtungen als Teil der Kindererziehung Musikunterricht ein. Die besten Musiker wurden als Lehrer engagiert. Am ausschließlich von Mädchen bewohnten Ospedale della Pietà erhielt Vivaldi 1703 eine Anstellung als Maestro di violino und blieb dieser Institution bis 1738 kontinuierlich verbunden. Er gab Unterricht, leitete die Konzertaufführungen und komponierte dafür Instrumentalwerke. In diesem Rahmen experimentierte er intensiv an der Weiterentwicklung des instrumentalen Concerto, indem er unter anderem zwischen zwei Ecksätzen in raschem Tempo einen langsamen, sanglichen Satz mit sparsamer Begleitung einschob. 1711 veröffentlichte er eine Sammlung mit zwölf Instrumentalkonzerten unter dem Titel L’estro armonico. Wörtlich übersetzt handelt es sich hierbei um »harmonische Eingebungen«. Enthalten sind darin Konzerte für ein, zwei beziehungsweise vier Soloviolinen, Streicher und Basso continuo. Die Werke sind von origineller Themengebung und instrumentaler Frische, die Musiker produzieren ein warmes und dunkeltimbriertes Fundament, über dem sich die Solo-Violinen sicher aufgehoben fühlen dürfen. Jürgen Gauert 13 Biographien Max Emanuel Cencic Max Emanuel Cencic war bereits in jungen Jahren Mitglied und Solist bei den Wiener Sängerknaben, begann 1992 eine Solokarriere als Sopranist und wechselte 2001 in das Fach des Countertenors. Er tritt mittlerweile in Produktionen wichtiger Opernhäuser auf der ganzen Welt auf, u. a. in der Wiener Staatsoper, im Theater an der Wien, in der Bayerischen Staatsoper, der Semperoper in Dresden, der Deutschen Oper Berlin, der Frankfurter Oper, im Teatro Real in Madrid, im Gran Teatro del Liceu in Barcelona, im Théâtre des ChampsElysées in Paris, in der Opéra National de Lorraine in Nancy, im Théâtre Capitole in Toulouse, am La Monnaie in Brüssel, im Grand Théâtre von Genf sowie im Teatro Nacional de São Carlos in Lissabon. Max Emanuel Cencic hat Konzerte in der Carnegie Hall gegeben, im Barbican Centre in London, im Amsterdamer Concertgebouw, im Wiener Musikverein, im Festspielhaus Baden-Baden, in der Laeiszhalle Hamburg, in der Kölner Oper, im Palais Garnier in Paris, in der Frauenkirche in Dresden, im Hessischen Staatstheater Wiesbaden und in der Nomori-Oper in Tokyo. Zu den Dirigenten, mit denen er regelmäßig zusammenarbeitet, gehören u. a. William Christie, René Jacobs, Ottavio Dantone, Diego Fasolis, Jean-Christophe Spinosi, George Petrou, Emmanuelle Haïm, Fabio Biondi und Riccardo Muti. Ein früher Meilenstein in Max Emanuel Cencics Karriere war seine Interpretation des Nerone in Monteverdis L’incoronazione di Poppea in Basel. Weitere Rollen, die er annahm, waren die des Perseo in Vivaldis Serenade Andromeda Liberata, die Titelrolle in Händels selten aufgeführter Oper Faramondo, sowie der Herold in der Uraufführung von Aribert Reimanns Medea an der Wiener Staatsoper. Dass Max Emanuel Cencic zu den aktuell bedeutendsten Countertenöre gerechnet wird, gründet aber vor allem auf seiner Verkörperung der Titelrolle in Vivaldis Farnace, die er in der Saison 2011/12 an zahlreichen Orten vortrug. Sein umfangreicher CD-Katalog enthält etliche preisgekrönte Aufnahmen. In der Kölner Philharmonie ist er heute zum ersten Mal zu hören. 14 Concerto Köln Seit mittlerweile mehr als 25 Jahren zählt Concerto Köln zu den führenden Ensembles im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Schon kurz nach seiner Gründung im Jahr 1985 waren Publikum und Kritik vom lebendigen Musizierstil des Ensembles begeistert – und seitdem ist Concerto Köln regelmäßiger Gast in renommierten Konzertsälen und bei großen Musikfestivals rund um den Globus. Zahlreiche Tourneen führten das Ensemble, unter anderem unterstützt vom Goethe-Institut, nach Nordund Südamerika, in asiatische Länder wie China, Japan oder Südkorea sowie nach Israel und in die meisten Länder Europas. Seit Oktober 2009 besteht eine Partnerschaft mit dem High EndAudiospezialisten MBL, die sich in Konzerten, Messen und jüngst in der ersten gemeinsamen CD-Produktion zeigt. Insbesondere seine Heimatstadt liegt Concerto Köln am Herzen. So ist es regelmäßiger Gast in der Kölner Philharmonie, unterhält seit knapp sechs Jahren eine Konzertreihe im Börsensaal der Industrie- und Handelskammer zu Köln und ist Initiator des Kölner Zentrums für Alte Musik, das 2012 in die Obhut der neu gegründeten Kölner Gesellschaft für Alte Musik übergeben 15 wurde. Mit seinem »Hörpiraten«-Programm hat Concerto Köln fast 5.000 Schüler aus der Kölner Region mit der Alten Musik in Berührung gebracht. Im Dezember vergangenen Jahres feierte Leonardo Vincis Artaserse gemeinsam mit den Countertenören Philippe Jaroussky und Max Emanuel Cencic seine international umjubelte Premiere an der Kölner Oper. Concerto Köln spielte mittlerweile über 60 Aufnahmen ein, von denen ein Großteil mit Preisen wie dem Grammy Award, dem ECHO Klassik, dem MIDEM Classical Award und dem Diapason d’Or ausgezeichnet wurde. Aktuelle Projekte sind die Gesamtaufnahme der Brandenburgischen Konzerte Johann Sebastian Bachs, der Violinkonzerte Joseph Haydns (mit Midori Seiler) und Johann Sebastian Bachs (mit Giulano Carmignola) sowie eine Einspielung von Verdi- und Mozart-Arien (mit Simone Kermes). Die künstlerische Leitung liegt seit 2005 in den Händen von Flötist Martin Sandhoff. Neben Markus Hoffmann, dem Konzertmeister aus eigenen Reihen, werden zu ausgewählten Projekten auch externe Konzertmeister wie Shunske Sato oder Mayumi Hirasaki engagiert. Zu den weiteren künstlerischen Partnern zählen 2013 unter anderem Kent Nagano, Peter Dijkstra, Nuria Rial, Max Emanuel Cencic, Andreas Staier, die Chöre des NDR und BR sowie der RIAS Kammerchor und die Regensburger Domspatzen. Concerto Köln hat seit 2005 seinen Sitz im Kölner Stadtteil Ehrenfeld, wobei es vom Land Nordrhein-Westfalen, der Kunststiftung NRW, der Stadt Köln, dem TÜV Rheinland, dem Landschaftsverband Rheinland, der Bauwens Group, RIMOWA und der RheinEnergieStiftung Kultur gefördert wird. 2012 wurde Concerto Köln von der Generaldirektion Bildung und Kultur der EU-Kommission zum kulturellen Botschafter der Europäischen Union ernannt. Als weltweit erstes Ensemble hat Concerto Köln ein Qualitätsmanagement nach ISO 9001 eingeführt und ist nun offizieller Träger der »TÜV Rheinland-Plakette«. In der Kölner Philharmonie war Concerto Köln zuletzt im Oktober dieses Jahres zu Gast. 16 Concerto Köln wird unterstützt von: 17 Die Besetzung von Concerto Köln Violine I Markus Hoffmann Konzertmeister Jörg Buschhaus Stephan Sänger Antje Engel Hedwig van der Linde Oboe Pier-Luigi Fabretti Peter Tabori Violine II Sylvie Kraus Chiharu Abe Monica Waisman Horst-Peter Steffen Bettina von Dombois Laute Michael Dücker Fagott Lorenzo Alpert Cembalo Marta Dotkus Viola Antje Sabinski Aino Hildebrandt Claudia Steeb Violoncello Jan Kunkel Ulrike Schaar John Semon Kontrabass Jean-Michel Forest Roberto Fernandez de Larrinoa 18 9.3.2014: Oper am Dom 20 50668 Köln 21 KölnMusik-Vorschau Dezember DO 26 20:00 2. Weihnachtstag Gaby Goldberg voc Bibi Johns voc Greetje Kauffeld voc MO 30 20:00 Lenneke Ruiten Sopran Les Musiciens du Louvre Grenoble Marc Minkowski Dirigent Wiener Klänge von Johann Strauß Operette und ... 2 New York Voices Ute Mann Singers Die Allstar-Formation »The Best« Ack van Rooyen tp Claus Reichstaller tp Peter Weniger sax Gustl Mayer sax Jiggs Whigham tb Paul Kuhn Big Band Jiggs Whigham ld Hommage an Paul Kuhn Paul Kuhn ist am 22. September ­verstorben. Wie in den vergangenen 26 Jahren hatte er sein traditionelles Gastspiel zu Weihnachten in der Kölner Philharmonie zugesagt. Wir werden im Konzert am 26. Dezember an den großen Jazz-Pianisten und Entertainer erinnern. DI 31 18:00 Silvesterkonzert Anne Schwanewilms Sopran Ingeborg Danz Alt Maximilian Schmitt Tenor Markus Butter Bass Vokalensemble Kölner Dom Gürzenich-Orchester Köln Markus Stenz Dirigent Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln Januar SA MI 28 01 20:00 18:00 Neujahr Chilly Gonzales p Kaiser Quartet SO 29 15:00 Filmforum Der Lieblingsfilm von Chilly Gonzales Amadeus Milos Forman Regie ČSSR, 1984, 160 Min. Medienpartner: choices KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln Erika Stucky Vocals, Mini-Akkordeon, Trash-Movies David Coulter Klavier, Multiinstrumentalist Terry Edwards Bass, Saxophon, Multiinstrumentalist Michael Blair Schlagzeug, Multiinstrumentalist Black Widow Die amerikanische Wahl-Schweizerin Erika Stucky ist ein Mensch gewordenes Naturereignis. Schließlich bewegt sich die Tochter von kalifornischen Hippies mit ihrer Stimme irgendwo zwischen Pop und Dada, zwischen Jazz, Folklore und Wahnsinn. Pünktlich zum neuen Jahr bringt die geborene Entertainerin, Sängerin und Akkordeonistin ihr neuestes Band-Projekt »Black Widow« mit. Lange Mozartnächte Mozart 1784 Dienstag 4. Februar 2014 20:00 Mittwoch 5. Februar 2014 20:00 Cappella Andrea Barca András Schiff Klavier und Leitung Foto: Priska Ketterer Wolfgang Amadeus Mozart Konzerte für Klavier und Orchester Sonate für Klavier und Violine B-Dur KV 454 Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott Es-Dur KV 452 Zehn Variationen G-Dur über die Ariette »Unser dummer Pöbel meint« Sonate für Klavier c-Moll KV 457 Streichquartett B-Dur KV 458 »Im Jahr 1784 ist so unglaublich viel passiert, ich möchte zeigen, wie großartig und virtuos Mozart quer durch alle Gattungen komponiert hat«, so András Schiff über den genialen Komponisten und virtuosen Pianisten Mozart, dem er zwei Abende ausschließlich mit Werken aus dem Jahr 1784 widmet. Philharmonie-Hotline 0221 280 280 ­koelner-­philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner ­Philharmonie! Kulturpartner der Kölner Philharmonie Herausgeber: KölnMusik GmbH Louwrens Langevoort Intendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH Postfach 102163, 50461 Köln ­koelner-­philharmonie.de Redaktion: Sebastian Loelgen Corporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbH Textnachweis: Der Text von Jürgen Gauert ist ein Original­­­beitrag für dieses Heft. Fotonachweise: Harald Hoffmann S. 15; Parnassus ARTS Productions/Julian Laidig S. 14 Gesamtherstellung: adHOC ­Printproduktion GmbH Jean Sibelius Finlandia op. 26 Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 Anton Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106 Ricardo Chailly Dirigent Foto: Mat Hennek Christian Tetzlaff Violine Wiener Philharmoniker koelner-philharmonie.de 0221 280 280 Donnerstag 16.01.2014 20:00