Aufgabe 3: Glutarazidurie Typ I bei den Amish

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Übungsaufgaben
Molekulare Grundlagen: Proteinbiosynthese und Genwirkketten
Angewandte Genetik: Gensonde als Werkzeug der Gentechnik
Aspekte der Cytogenetik: Stammbaumanalyse
Aufgabe 3: Glutarazidurie Typ I bei den Amish
Einleitung
Die Glutarazidurie Typ I (GA I) ist eine sehr seltene Stoffwechselerkrankung, die weltweit mit einer Häufigkeit von 1 auf 100 000 Neugeborenen vorkommt. Dagegen leidet
eins von 400 Kindern bei den Amish an dieser Erbkrankheit. Die Amish gehören einer
Glaubensgemeinschaft an, die heute vornehmlich in den USA und Kanada lebt. Sie
sind bekannt dafür, dass sie viele Formen des technischen Fortschritts ablehnen und
Neuerungen nur nach sorgfältiger Überlegung akzeptieren. Sie legen großen Wert
auf Familie, Gemeinschaft und Abgeschiedenheit von der Außenwelt. Überwiegend
stammen sie von Südwestdeutschen oder Deutschschweizern ab und sprechen untereinander meist Pennsylvaniadeutsch.
Aufgabenstellung
1.Ermitteln Sie mithilfe der Hardy-Weinberg-Formel p2 + 2 pq + q2 = 1 den Anteil
homozygoter und heterozygoter Merkmalsträger für das Gen für Glutarazidurie
Typ 1
(a) weltweit und
(b) bei den Amish.
(c) Erklären Sie die abweichenden Ergebnisse bei den Amish.
2.Beschreiben Sie die Erbkrankheit Glutarazidurie Typ I durch Auswertung der Materialien M1 bis M5 und begründen Sie Ihre Schlussfolgerungen. Benennen Sie
auch den genetischen Defekt.
3.Ermitteln Sie mithilfe der Materialien M5 und M7 die Unterschiede im Bau der
Glutaryl-CoA-Dehydrogenase von Gesunden und GA I-Patienten.
4.Untersuchen Sie den Erbgang der Glutarazidurie Typ I aufgrund von M6, benennen und erläutern Sie ihn.
5.Erläutern Sie, wie mithilfe der Amniozentese und einer Gensonde festgestellt
werden kann, ob ein menschlicher Embryo die Krankheit Glutarazidurie Typ I in
den ersten Lebensjahren ausbilden oder nicht ausbilden könnte.
6.Begründen Sie mithilfe von M1, wie bei einem Neugeborenen die Krankheit Glutarazidurie Typ I biochemisch festgestellt werden könnte.
7.Beurteilen Sie die Aufnahme eines Glutarazidurie-Tests in die Testverfahren, die
jedes Neugeborene durchlaufen muss (Neugeborenenscreening).
8.Stellen Sie eine Hypothese auf für eine Glutarazidurie-Typ I-Therapie.
Genetik
Material
M1 Ausschnitt aus dem Aminosäurestoffwechsel
Tryptophan
Hydroxylysin
Lysin
Ketoadipinsäure
3-Hydroxyglutarsäure
KetoglutaratDehydrogenase
Glutaryl-CoA
Glutaconyl-CoA
Glutaryl-CoADehydrogenase
Glutaconsäure
Crotonyl-CoA
Glutarsäure
+ Carnitin
Acetyl-CoA
Glutarylcarnitin
M1 Abbauwege der Aminosäuren Tryptophan, Lysin und Hydroxylysin. Das Abbauprodukt Acetyl-CoA kann z. B. im Citratzyklus weiterverarbeitet werden. Bei Patienten
mit GA I kommt es zur Anreicherung von
Glutaryl-CoA. Im Urin dieser Kranken findet
man vor allem das harmlose Glutarylcarnitin,
aber auch die giftigeren Stoffe Glutarsäure,
Glutaconsäure und die besonders gefährliche
3-Hydroxyglutarsäure. Hinweis: Enzyme in
blauer Schrift
M2 Symptome von GA I-Patienten
Die meisten Patienten mit GA I erleiden in den ersten Lebensjahren eine einzige enzephalopathische Krise. In wenigen Minuten werden dabei bestimmte Neurone im
Bewegungszentrum des Gehirns zerstört. Die Folge ist eine äußerst schwere Bewegungsstörung. Die Intelligenz der Kinder dagegen ist weitgehend unbeeinträchtigt.
Bleibt die Erkrankung unbehandelt, entwickelt sich in späteren Jahren oft zusätzlich
eine geistige Retardierung. Ungefähr 25 Prozent der Patienten erleiden keine enzephalopathischen Krisen, sondern entwickeln schleichend eine Bewegungsstörung
unterschiedlichen Ausmaßes.
M3 Strukturelle Ähnlichkeit des Neurotransmitters Glutamat
COOH
COOH
CH2
HCNH2
HCOH
CH2
CH2
CH2
COOH
3-Hydroxyglutarsäure
COOH
Glutaminsäure
M3 Das Salz der Glutarsäure Glutamat ist
ein wichtiger erregender Neurotransmitter
im Gehirn. Die Glutarsäure ist der 3-Hydroxyglutarsäure strukturell sehr ähnlich.
19p13.2
M4 Lokalisation des Gens für das Enzym Glutaryl-CoA-Dehydrogenase
M4 Chromosoms 19 (schematisch): Das Gen
für das Enzym Glutaryl-CoA-Dehydrogenase
GCGH befindet sich auf dem kurzen Arm (p)
des Chromosoms 19 an Position 13.2.
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