PDF - Schwarzwald

Werbung
kreis und region 33
SÜDKURIER NR. 243 | V
M I T T W O C H , 21. O K T O B E R 2 015
Physik und Mediiziin
arbeiten
Das ist die
Strahlentherapie
Hand in Hand
Unser Klinikum: Mit hoch
präzisen Röntgenstrahlen
zerstört die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Schwarzwald-BaarKlinikum Tumore
VON ROLAND SPRICH
................................................
In der Klinik für Strahlentherapie und
Radioonkologie am SchwarzwaldBaar-Klinikum werden Patienten mit
bösartigen, aber auch gutartigen Tumoren bestrahlt – eine lokale, nicht
operative Behandlung, bei der Strahlenschutz großgeschrieben wird, weswegen die Therapien hinter dicken
Mauern und tonnenschweren Stahltüren stattfinden. Unter der Leitung von
Direktor Stephan Mose sind Mediziner
daher genauso in die Therapie eingebunden wie Physiker.
➤ Eng verzahnt: Medizin und Physik
sind in der Strahlentherapie zum Wohl
des Patienten eng miteinander verzahnt. Manfred Alraun, Leitender Medizinphysiker, erläutert das genauer:
„Der Arzt sagt, welche Organstruktur
bestrahlt werden soll. Der Physiker berechnet dann, wie am besten bestrahlt
werden kann“, erklärt er. Das heißt, es
wird zunächst am Computer millimetergenau berechnet, wie der Röntgenstrahl später positioniert werden muss,
damit er hochdosiert und möglichst effizient auf das zu bestrahlende Gewebe
trifft und gleichzeitig so wenig wie möglich gesundes Gewebe betroffen ist. Dazu wird vom Patienten zunächst ein
dreidimensionales Planungs-CT gefertigt, das nicht nur die Lage des Tumors,
etwa im Gehirn, anzeigt, sondern darüber hinaus auch Dichte- und Gewebsinformationen zur präzisen Berechnung
der Strahlendosis gibt.
➤ Indikation und Entscheidung für Bestrahlung: Die Indikation für eine mögliche Tumorbestrahlung wird grundsätzlich interdisziplinär getroffen. In speziell dazu eingerichteten Tumorkonferenzen, an der Strahlentherapeuten,
Radiologen, Chirurgen, Hämatologen
und Pathologen teilnehmen, wird jeder
Fall spezifisch betrachtet und die geeignete Therapie empfohlen. Letztendlich
muss dann der Strahlentherapeut zusammen mit dem Patienten die Entscheidung treffen, ob und wie die Strahlentherapie bei ihm vorgenommen
wird.
➤ Die Hauptkriterien: Stephan Mose
macht deutlich, dass bei der Entscheidungsfindung mehrere Faktoren eine
Rolle spielen. „Eine Fragestellung ist,
ob wir das Organ bei voller Funktionsfähigkeit erhalten können oder ob die Bestrahlung als Ergänzung zur Operation
gemacht wird.“ Alles muss stimmen:
Zielsetzung, medizinisch-technische
Durchführung und die Mithilfe des Patienten. Immerhin dauert eine Bestrah-
➤ Bettenzahl: Die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie hat zehn
Betten. Pro Jahr werden zwischen 250
und 300 Patienten stationär behandelt, weil sie zeitgleich andere Therapien erhalten oder weil der Allgemeinzustand des Patienten eine stationäre Aufnahme erforderlich macht.
➤ Patientenzahlen: Der weitaus größere Teil der Patienten wird ambulant
behandelt. Die Patientenzahlen nehmen stetig zu. Zwischen 2004 und
2014 stieg die Patientenzahl von 950
auf 1600. Bis Ende dieses Jahres werden rund 1850 Patienten erwartet.
➤ Gute Heilungschancen: Vor 20 Jahren
konnte knapp die Hälfte aller Tumorpatienten durch Operation und/oder
Strahlentherapie sowie auch - in
geringerem Maße - Chemotherapie
geheilt werden. Heute sind es zwischen 55 und 60 Prozent.
➤ Rechtzeitig behandeln lassen: Je
kleiner der Tumor, desto größer sind
die Heilungschancen. Etwa 70 Prozent der Patienten mit einem bösartigen Tumor werden mit dem Ziel,
sie zu heilen, bestrahlt. 20 Prozent der
Patienten werden aufgrund von Metastasen behandelt, also in einer
Situation, in der der Tumor bereits
gestreut hat. Für sie kann durch die
Bestrahlung eine Optimierung der
Lebensqualität erreicht werden. Ein
kleiner Teil der Patienten wird auch
zur Schmerzbehandlung, beispielsweise bei Gelenkbeschwerden (Arthrose), bestrahlt. (spr)
Röntgenassistent
Reza Farid bereitet
einen Patienten für
eine Strahlentherapie vor. Zur
Fixierung des Kopfes
trägt der Patient eine
Maske. Im Hintergrund ist der grüne
Laserstrahl für die
genaue Positionierung des Kopfes zu
erkennen.
B I L D : R O L A N D S P RI C H
Führung für Leser
➤ Diese Serie:
Das neue
SchwarzwaldBaar-Klinikum ist
zwei Jahre in
Betrieb. Wie
bewährt sich das
Haus im Alltag?
Wie profitieren
Patienten und
SÜDKURIER
Mitarbeiter von
der Groß-Investition? Diese Fragen
beantworten wir in unserer großen
Serie, Abteilung für Abteilung.
➤ Exklusive Leser-Führung: Für
unsere Leser gibt es am Montag, 26.
Oktober, von 17 bis 18.30 Uhr eine
exklusive Führung durch die Klinik für
Strahlentherapie und Radioonkologie in
Villingen-Schwenningen. Professor
Stephan Mose und Leitender Physiker
Manfred Alraun stellen den Bereich
persönlich vor und stehen für Fragen
der Leser zur Verfügung. So sind Sie
dabei: Einfach bis Freitag, 12 Uhr, die
0 13 79 – 370 500 82 anrufen (50 Cent
aus dem Festnetz der Telekom, Mobilfunkpreise abweichend). Hinterlassen
Sie das Stichwort „Strahlentherapie“,
Name und Rufnummer. Die Gewinner
werden vom SÜDKURIER benachrichtigt.
Unser
Schwarzwald-Baar-
lungseinheit je nach Verfahren zwischen zehn und 45 Minuten.
➤ Schwerpunkte: Die Behandlungsmöglichkeiten in der Strahlentherapie
decken – abgesehen von der Bestrahlung im OP-Saal – das gesamte Spektrum von Tumorerkrankungen ab. Bestrahlungen können beispielsweise im
gynäkologischen, im Kopf-Brust-Wirbelsäulen- und HNO-Bereich und der
Lunge gemacht werden. Das Schwarzwald-Baar Klinikum ist für die verschiedenen Anwendungsbereiche mit verschiedenen Geräten (Linearbeschleuniger, Brachytherapie, Cyber-Knife)
sehr gut aufgestellt.
➤ Das passiert bei der Bestrahlung: Mit
den Röntgenstrahlen wird die DNS im
Zellkern des Tumors geschädigt, so dass
er sich nicht weiter teilen kann. Das
Wachstum des Tumors wird gestoppt,
die bösartigen Zellen werden Stück für
Stück vernichtet.
➤ Dauer der Behandlung: Bei der konventionellen Bestrahlung wird der Patient in Abhängigkeit von der Zielsetzung über einen Zeitraum von zwei bis
neun Wochen fünf Mal pro Woche für
jeweils fünf bis zehn Minuten bestrahlt.
Mit dem neuen Cyber-Knife Centrum
Süd steht den Medizinern zudem ein
weiteres hochmodernes Gerät zur Verfügung, das seine Strahlendosis aus
noch mehr unterschiedlichen Richtungen auf den Tumor abgibt. Hier muss
der Patient nur zwischen ein und fünf
Mal über rund 30 bis 45 Minuten bestrahlt werden. Das ist bei speziell ausgesuchten Tumorsituationen die Methode der Wahl.
➤ Unterschied zur medikamentösen
Therapie (beispielsweise Chemotherapie): Bei der Bestrahlung geschieht nur
dort etwas im Körper, wo auch bestrahlt
wird. „Wenn ein Patient beispielsweise
am Knie bestrahlt wird, hat das nirgendwo anders am Körper Auswirkungen“, so Mose.
➤ Nebenwirkungen: Schwerwiegende
und langwierige Nebenwirkungen können dank hochmoderner Technologien
heute weitestgehend vermieden werden. Im Gegensatz zu den Krebszellen
besitzen gesunde Zellen die Fähigkeit,
sich innerhalb weniger Stunden zu erholen.
Klinikum
Millimeterarbeit ist auch hier oft entscheidend für das Wohl der Patienten
1
Professor Stephan Mose (rechts)
und Leitender Physiker Manfred
Alraun vor dem Cyber-Knife, einem
der modernsten medizinischen Geräte in der Klinik für Strahlentherapie
und Radioonkologie.
2
Das Cyber-Knife kann kleine
Tumore aus vielen verschiedenen
Richtungen mit höchster Präzision
bestrahlen. Zuvor wird mit dem Computer millimetergenau berechnet, wie
der Strahl positioniert wird.
3
Mit den Laserstrahlen wird der
Patient exakt positioniert. Eine
Bestrahlungseinheit dauert je nach
Verfahren bis zu 45 Minuten. Mit
Röntgenstrahlen wird die DNS im
Zellkern eines Tumors beschädigt.
4
Die Linearbeschleuniger sind
hochtechnologisierte Geräte.
Während der Patient nur eine verkleidete Front sieht (links), ist hinter
dicken Türen das eigentliche Gerät
mit jeder Menge Technik versteckt.
5
Hier berechnet Physiker Christoph Baum (links), wie der Tumor
im Kopf eines Patienten so bestrahlt
werden kann, dass möglichst wenig
umliegendes Gewebe geschädigt wird.
Rechts Oberarzt Georgius Skuzikis.
Herunterladen