Avantgarde und Masse. Politische Grundlagen zur Frage der

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Avantgarde und Masse. Politische Grundlagen zur Frage der
Führung und des Kampfes gegen den Opportunismus. [Vorwort]
I. In welcher Epoche leben wir?
Die Epoche in der wir leben, kann seit Beginn des 20. Jahrhunderts und der damit
zusammenfallenden endgültigen Herausbildung des Imperialismus als Weltsystem,
allgemein als das Zeitalter des Imperialismus und der proletarischen Revolution
beschrieben werden. Der diesbezügliche Nachweis, dass es sich um eine neue Epoche mit
speziellen allgemeinen Charakteristika sowie um ein Weltsystem handelt, und dass sich die
Frage des Klassenkampfes damit einhergehend nicht auf das Proletariat in den
kapitalistischen Ländern und die jeweiligen Bourgeoisien reduziert, sondern die Völker der
halbkolonialen-halbfeudalen Länder sowie die unterdrückten Nationen in ihren Kämpfen
um Befreiung und Unabhängigkeit nunmehr einzig im Lager der proletarischen
Weltrevolution stehen, wurde wesentlich von Lenin in seiner Analyse „Der Imperialismus
als höchstes Stadium des Kapitalismus“, jedoch in der Nebenseite auch in Bucharins
„Imperialismus und Weltwirtschaft“ sowie allgemein politisch popularisiert in Stalins
„Über die Grundlagen des Leninismus“ geführt. Die Herausbildung des Imperialismus als
Weltsystem veränderte die internationale Lage des Klassenkampfes, die Bedingungen und
Voraussetzungen für die proletarische Revolution, und unterschied sich daher wesentlich
von der Epoche des vor-imperialistischen Kapitalismus, in der Marx und Engels wirkten,
wenngleich der Kapitalismus damit nicht gänzlich aufgehoben wurde, sondern sich
weiterentwickelte zu seinem höchsten, bzw. letzten Stadium. Diese Veränderungen waren
die Voraussetzung für den Leninismus, der den Marxismus bei Eintritt der Epoche des
Imperialismus und der proletarischen Revolution darstellt: „Die ganze Wahrheit über den
Leninismus besteht darin, dass der Leninismus den Marxismus nicht nur wiederbelebt
hat [im Kampf gegen allerlei Abweichungen und Verfälschungen – Anm. RFK], sondern
auch einen Schritt vorwärts getan und den Marxismus weiterentwickelt hat unter den
neuen Bedingungen des Kapitalismus und des Klassenkampfes des Proletariats.“ (Stalin,
Über die Grundlagen des Leninismus) Damit war die Ideologie des Proletariats, gemäß den
Verhältnissen des Weltsystems, ebenso zu einer höheren Stufe entwickelt; aus dem
Marxismus wurde der Marxismus-Leninismus, der den Marxismus bei Eintritt der Epoche
des Imperialismus und der Proletarischen Revolution darstellt.
Lenin kämpfte entschieden gegen jene revisionistischen Strömungen, welche die Theorie
über den Imperialismus zwar formal weitgehend anerkannten, ihn jedoch nicht als letztes
Entwicklungsstadium des Kapitalismus anerkennen wollten. Es waren Figuren wie Karl
Kautsky, die von einem „Ultraimperialismus“ als nächst höherem Stadium phantasierten,
denen Lenin jedoch die ökonomische und daraus folgend politische Unmöglichkeit ihrer
opportunistischen „Theorien“ nachwies. Lenin bestritt jedoch nicht, sondern hob
gegenteilig gerade im Streit mit Kautsky sowie in diversen anderen Auseinandersetzungen
hervor, dass sich der Imperialismus durchaus noch entwickeln muss, wenn auch natürlich
unmöglich über sich selbst hinaus. Der Imperialismus musste sich seit Lenin deshalb noch
entwickeln, da die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts nur die erste Periode der
Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution waren, es handelte sich um
einen noch jungen, allgemein aufstrebenden Imperialismus der gerade erst seine erste
große zwischenimperialistische Auseinandersetzung mit sich brachte: den Ersten
Weltkrieg. Seither ging die Geschichte jedoch weiter, es entstanden neue Formen des
Imperialismus, wie der Sozialimperialismus (die sich ihrem ökonomischen Wesen nach
jedoch qualitativ nicht entscheidend vom Imperialismus unterschieden) und das Kapital
drang weiter als jemals zuvor in die von ihm abhängig gehaltenen Länder vor. Die
internationale Reaktion hat mit zunehmender Entwicklung des Imperialismus immer
weniger Spielraum, das Entstehen neuer Imperialisten ist durch das Verschwinden der
sozialistischen Staaten mit entsprechenden Möglichkeiten (und der damit aktuell nicht
gegebenen Gefahr der Restauration des Kapitalismus) ausgeschlossen und schon die
kleinsten Konflikte müssen zunehmend zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den
imperialistischen Mächten führen. Dieser höchste Punkt an Zuspitzung der Widersprüche
des imperialistischen Weltsystems bringt es mit sich, dass es in seinem gegebenen
Abschnitt keinerlei historische Stabilität mehr besitzt, selbst wenn es sich derzeit noch in
einer Periode der relativen Stabilität befindet. Solche Perioden widersprechen dem
gegenwärtigen Charakter unserer Epoche aber nicht, sondern treten als eine Seite der
Widersprüche auf, die jedoch die Nebenseite bildet.
Aufgrund der Entwicklung des Imperialismus und dem Umstand, dass sich innerhalb der
Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution seine höchste Konzentration
an Widersprüchen, sein letzter historischer Abschnitt herausgebildet hat, erscheint uns die
Bemerkung der chinesischen GenossInnen der damals noch wirklich kommunistischen
KPChinas als überaus bedeutend, dass wir „in der Epoche, in welcher der Imperialismus
seinem totalen Zusammenbruch und der Sozialismus seinem weltweiten Sieg
entgegengeht“ (Lin Piao, Bericht auf dem IX. Parteitag der KP Chinas) leben. Die
wissenschaftliche Ideologie des Sozialismus in dieser Epoche ist, so die KP Chinas, der
Marxismus-Leninismus-Maozedongideen, welche heute, wesentlich durch die
Revolutionäre Internationalistische Bewegung (RIM) zum Marxismus-LeninismusMaoismus entwickelt wurde.
II. Die Kommunistische Partei und die Entwicklungen im Klassenkampf
Die Kommunistische Partei ist keine Partei wie alle anderen. Im Gegensatz zu den ersten
Parteien der ArbeiterInnenbewegung, den Sozialdemokratischen Parteien, ist die
Kommunistische Partei nicht auf Wahlen als hauptsächliche Kampfform ausgerichtet,
sondern ist unmittelbares Produkt dessen, dass für das Proletariat spätestens seit dem
Eintritt der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution die Frage der
Machtergreifung auf der Tagesordnung stand. Sie war Produkt einer neuen historischen
Periode: „Die neue Periode ist die Periode offener Zusammenstöße der Klassen, die
Periode revolutionärer Aktionen des Proletariats, die Periode der proletarischen
Revolution, die Periode der direkten Vorbereitung der Kräfte zum Sturz des
Imperialismus, zur Ergreifung der Macht durch das Proletariat.“ (Stalin, Über die
Grundlagen des Leninismus) Diese historischen und nicht nur zeitweiligen Umstände und
Erfordernisse, welche die Kommunistische Partei hervorbrachten, bestimmen ihr gesamtes
Wesen, ihren Charakter. Lenin erwarb sich große Verdienste um die Theorie des Aufbaus
der Kommunistischen Partei und definierte wesentlich im Werk „Was tun?“ (das in
Auszügen in dieser Broschüre abgedruckt ist) einen neuen Typus von Parteiorganisation.
Gehen wir ideologisch von der leninistischen „Partei neuen Typs“ aus und berücksichtigen
wir die historischen Bedürfnisse die sie hervorbringen, nämlich den Kampf des
Proletariats um die Macht, so sehen wir, dass sich die Kommunistische Partei vor der
Revolution (und erweitert auch danach) wesentlich über drei Merkmale definiert:
a) Sie ist der Vortrupp der ArbeiterInnenklasse
b) Sie ist der organisierte Trupp der ArbeiterInnenklasse
c) Sie ist die höchste Form der Klassenorganisation des Proletariats
In diesen drei Punkten wird deutlich, dass Klasse und Partei nicht dasselbe sind. Die
Kommunistische Partei (KP) ist Teil der ArbeiterInnenklasse, doch sie umfasst die Klasse
nicht als Ganzes, sondern nur einen Teil derselben. Das Verhältnis der KP zur
ArbeiterInnenklasse ist jenes der Avantgarde zu den Massen, auch die Avantgarde kann
nicht alle umfassen, sondern nur die Fortgeschrittensten, was jedoch die Arbeit unter den
weniger fortgeschrittenen Teilen der ArbeiterInnenklasse und der Massen nicht
ausschließt, sondern schlichtweg in nach einem speziellen Verhältnis bestimmt: „Überall
teilen sich die Massen in der Regel in drei Gruppen: die relativ Aktiven, die eine
Mittelstellung einnehmen und die relativ Rückständigen. Deshalb müssen die leitenden
Funktionäre es verstehen, eine kleine Anzahl von Aktivisten zur führenden Gruppe
zusammenschließen und, auf sie gestützt, die Aktivität der mittleren Gruppe heben und
die rückständigen Menschen zu gewinnen.“ (Mao Zedong, Einige Fragen der
Führungsmethoden). Das bedeutet, dass die Kommunistische Partei, die Avantgarde, kein
Zirkel einzelner „Auserwählter“ sein darf, sowie die sich auch niemals von den Massen
abschotten darf. Im Gegenteil, sie muss es verstehen eine Kraft innerhalb der Massen zu
werden und diese in wesentlichen Fragen als entschiedenster Teil der ArbeiterInnenklasse
führen zu können, sich mit ihnen für die Aufgaben im Klassenkampf zu vereinen, selbst
rückständige Teile der Massen in den Kampf hinein zu führen und ihr politisches Niveau
zu heben. Dies jedoch alles zugleich machen zu wollen, noch dazu in einer Situation wo
noch keine Kommunistische Partei besteht, wäre gemäß des wissenschaftlichen
Sozialismus ein opportunistischer Unfug. Es geht nicht darum die verschiedenen Aufgaben
der politischen Arbeit so zu behandeln, dass die Arbeit unter den Massen der
ArbeiterInnenklasse und des Volkes auf den St. Nimmerleinstag verschoben wird, sondern
darum, dass bei all der anfallenden politischen Arbeit immer die Frage der Schaffung eines
führenden Kerns, der gemäß den Prinzipien des Kommunismus agiert und aufgebaut ist,
an erster Stelle steht. Wird das nicht so gehandhabt, kann weder die Massenarbeit noch
der Aufbau der Partei erfolgreich verlaufen.
In der kommunistischen Ideologie ist die Frage der korrekten Führung im Klassenkampf
entscheidend um überhaupt Verankerung in der ArbeiterInnenklasse und den
Volksmassen erzielen zu können. Es geht darum, dass sich jene die heute schon
KommunistInnen sind, soweit festigen, sich ihrer historischen Rolle soweit bewusst
werden und Verantwortung übernehmen, dass sie fähig sind ihre allgemeine politische
Linie kreativ und konkret in Beschlüsse und deren Umsetzung, in die Erarbeitung von
korrekten Direktiven und richtiger Leitung zu „übersetzten“. Nur so können vom
Standpunkt des Kampfes um die Macht der ArbeiterInnenklasse aus die Tagesfragen des
Proletariats, sowie andere alltägliche Arbeit der KommunistInnen in einer Weise
aufgegriffen werden, die der Verankerung in der Klasse dienlich ist und es erlaubt die
Massen zu mobilisieren. Nur wenn die führenden Kräfte ein entsprechendes Niveau
besitzen und mit der wissenschaftlichen Ideologie und Theorie des Kommunismus
genügend ausgestattet sind, lässt sich auch der Opportunismus, die Politik des
Nachtrabens hinter Bewegungen bzw. des Verlust des Kontakts mit ihnen, vermeiden und
eine vorwärtstreibende Rolle einnehmen. Nur so kann ausgehend von den real
vorgefundenen Bedingungen, die konsequente Perspektive der sozialen Revolution
gewiesen, entschieden aufgegriffen und festgehalten werden. Die KommunistInnen
müssen dabei jede Überheblichkeit und jedes Hinwegsetzen über die Massen ablegen und
bekämpfen, denn sie müssen sich mit den Massen verbinden und gleichzeitig zu ihrer
führenden Rolle auch Schüler der Massen sein. Nur so ist zu vermeiden, was all zu oft
schon Wirklichkeit wurde: dass angebliche Kommunistische Parteien Klassenkämpfe
ablehnten, geringschätzten oder ihnen direkt feindlich gegenüberstanden, bürokratisch an
ihren Führungsansprüchen festhielten, während die ArbeiterInnenklasse und die Massen
aufrecht und entschieden kämpften. Daher müssen KommunistInnen verstehen, dass sie
nicht die Fortgeschrittensten sind weil sie sich KommunistInnen nennen, sondern dass
diese Position erkämpft werden muss, was wiederum ein richtiges Verständnis des
Verhältnisses von Avantgarde und Massen voraussetzt.
Wie weiter oben schon beschrieben, erleben wir derzeit eine Phase der relativen Stabilität
des Imperialismus „westlicher“ Prägung, d.h. jenes imperialistischen Systems mit den USA
als führender imperialistischer Macht. Diese relative Stabilität beginnt mit der
zunehmenden Einverleibung der vom sowjetischen Sozialimperialismus abhängigen
Länder, der „Politik der Öffnung“ der 1980er Jahre (auch des damaligen chinesischen
Sozialimperialismus) und erlebte mit dem Zusammenbruch des sowjetischen
Sozialimperialismus und der Möglichkeit die von ihm kontrollierten Märkte weitgehend
unter Kontrolle der „westlichen“ Spielart des Imperialismus zu bringen, einen erneuten
Schub. Heute ist die Lage anders, mehrere imperialistische Blöcke stehen sich gegenüber
(die besonders auf Neuverteilung drängenden aufstrebenden chinesischen und russischen
Imperialisten und ihre imperialistischen Konkurrenten EU, Japan und USA) und ein
ähnlicher „Zusammenbruch“ von einem der imperialistischen Blöcke wie 1991, ist
natürlich nicht absehbar. Die Konkurrenz zwischen den Imperialisten verschärft sich, die
Gefahr eines neuen Weltkriegs wächst. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und
der von den Imperialisten vorangetriebenen verstärkten Ausbeutung und Unterdrückung
der ArbeiterInnenklasse und Volksmassen entwickeln sich jedoch zunehmend
Bewegungen des Proletariats und des Volkes, die gegen die kapitalistische Verwertung in
ihren konkreten Formen, ja teilweise auch gegen den imperialistischen Kapitalismus selbst
gerichtet sind. Innerhalb der Massen vollzieht sich ein zunehmender
Radikalisierungsprozess, neue politische Organisationen und Gruppen die sich zum
Maoismus
bekennen
entstehen
ebenso,
wie
zahlreiche
kämpferische
Massenorganisationen. Es ist klar ersichtlich, dass die relative Stabilität des Imperialismus
sichtbare Risse bekommt.
Die jedoch nach wie vor bestehende relative Stabilität des Imperialismus, führte und führt
auch zu großer ideologischer und politischer Verwirrung innerhalb der
ArbeiterInnenbewegung, welche durch den Sieg des „westlichen“ Imperialismus über den
sowjetischen Sozialimperialismus grotesker Weise noch verstärkt wurde. Der
Opportunismus hat starken Einfluss auf die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung,
die zum großen Teil von Perspektivlosigkeit und Defätismus gekennzeichnet sind, was dem
Rechtsopportunismus und Ökonomismus Tür und Tor öffnet, also jenen Strömungen, die
politische und ökonomische Klassenkämpfe nicht unter dem strategischen Ziel der
proletarischen Revolution zusammenführen und leiten, sondern sie nach wie vor
schematisch trennen und das Politische hinter die Tagesinteressen und die ökonomischen
Fragen stellen. Andererseits wird die Situation ebenfalls zunehmend (wenn auch weniger
oft) mit einem „linken“ Opportunismus beantwortet, der die politischen Bewegungen der
Massen in fortwährender Offensive sieht, jedoch keinerlei Verbindung zur
ArbeiterInnenklasse hat und nicht bestrebt ist, in den tagespolitischen
Auseinandersetzungen der Massen für die Hebung des politischen Niveaus zu kämpfen.
Soziale Stütze dieser opportunistischen Strömungen, sind wesentlich jene Massen an
Kleinbürgertum, die (im Verlauf der Krise verstärkt) in die ArbeiterInnenbewegung und
das Proletariat gestoßen wurden oder sich diesen zumindest annäherten. Außerdem, und
das ist keinesfalls zu unterschätzen, bringt innerhalb der ArbeiterInnenklasse deren
korrumpierte oberste Schicht, die Arbeiteraristokratie, im Kampf um ihre Privilegien und
wohl eingerichteten Positionen den Opportunismus hervor. Je weiter sich der Riss in der
relativen Stabilität des Imperialismus vertieft, desto häufiger sind die KommunistInnen
und die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung mit Fragen der proletarischen- und
Volksbewegungen konfrontiert, wo sie gezwungen sind Antwort zu geben und Führung zu
übernehmen. In dieser Entwicklung stellen wir neben dem allgemeinen Einfluss
unterschiedlicher „links“ und rechtsopportunistischer Einflüsse auch ein Wiederaufkeimen
anarchistischer Einflüsse sowie des Luxemburgismus als spezielle Form des
Opportunismus fest.
So sehr Rosa Luxemburg als Vorkämpferin und Vordenkerin der Internationalen
Kommunistischen
Bewegung
gegen
alle
trotzkistisch-sozialdemokratischen
Vereinnahmungsversuche verteidigt werden muss, so sehr muss man auch ihre Fehler
sehen, die wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der proletarischen Revolution in
Deutschland und deren schlussendlicher Niederlage hatten. Einige ihrer in der heutigen
konkreten Situation wohl wichtigsten Fehler, waren einerseits eine falsche
Herangehensweise an die Frage von Organisation und Massen, sowie auch im Verhältnis
von Spontaneität und Bewusstheit, wobei der Luxemburgismus Abweichungen in Richtung
der Unterschätzung des technischen Moments und der Führungsrolle der Organisation,
jedoch eine Überschätzung der Spontaneität mit sich bringt (Dazu: „Thesen über die
Bolschewisierung der kommunistischen Parteien“, angenommen auf der V. erweiterten
Tagung des EKKI, 1925). Dies sind heute ernsthaft gefährliche Tendenzen die bekämpft
werden müssen, wenn sich die KommunistInnen nicht in den Massenbewegungen
verlieren wollen, sondern ihre historische Aufgabe als führende Kraft wahrzunehmen
verstehen sollen. Die Kommunistische Internationale propagierte u.a. gegen die Fehler des
Luxemburgismus (jedoch auch gegen mehrere andere „links-“ und rechtsopportunistische
Strömungen) die Bolschewisierung der Kommunistischen Parteien. Mit der
Bolschewisierung sollten die KommunistInnen ihre Verankerung innerhalb der
ArbeiterInnenklasse vertiefen und sich gerade in der Zeit der relativen Stabilität des
Imperialismus auf eine Periode revolutionärer Stürme und großer politischer
Umwälzungen vorbereiten. Wesentlich war in diesem Prozess u.a. ein Interview, welches
Stalin 1925 einem Vertreter der KPD gab. In diesem charakterisiert er die 12
wesentlichsten Punkte der Bolschewisierung, die als notwendig erachtet wurden, um
anarchistisch-luxemburgistische Fehler zu überwinden und auf die auch Mao Zedong sich
in seinem Text „Einige Fragen der Führungsmethoden“ bezieht. Im Vertrauen darauf,
dass die LeserInnenschaft es versteht diese Bedingungen kreativ und den derzeitigen
Bedürfnissen gemäß anzuwenden und davon ausgehend, dass diese Text auch heute
wichtige politische Grundlagen für die KommunistInnen darstellen, wurden beide Texte in
vorliegende Broschüre aufgenommen.
III. Demokratischer Kampf und Klassenstandpunkt
In Zeiten der relativen Stabilität des Imperialismus und (vor allem für unsere Situation in
den imperialistischen Ländern gesprochen) sich allgemein zunehmend entwickelnder,
jedoch noch immer schwacher Klassenkämpfe, sowie des tiefgehenden Einflusses des
Opportunismus, erscheint es manchen AktivistInnen der ArbeiterInnen- und
Volksbewegung schon grandios, wenn sie auf andere Kräfte stoßen, die den Klassenkampf
anerkennen. Das ist jedoch nicht das Entscheidende und stellt für sich genommen in
Wirklichkeit selbst schon eine opportunistische Position dar: „Das Wesentliche an der
Lehre von Marx ist der Klassenkampf. Das sagt und schreibt man sehr oft. Aber das ist
unrichtig, und aus dieser Unrichtigkeit ergibt sich auf Schritt und Tritt eine
opportunistische Entstellung des Marxismus, eine Verfälschung in einem Geiste, der ihn
für die Bourgeoisie annehmbar macht. Denn die Lehre vom Klassenkampf ist nicht von
Marx, sondern schon vor ihm von der Bourgeoisie geschaffen worden, und sie ist,
allgemein gesprochen, für die Bourgeoisie annehmbar. Wer nur den Klassenkampf
anerkennt, der ist noch kein Marxist, der kann noch in den Grenzen bürgerlichen
Denkens und bürgerlicher Politik geblieben sein. Den Marxismus auf die Lehre vom
Klassenkampf zu beschränken, heißt den Marxismus beschneiden, ihn verballhornen, ihn
auf das zu reduzieren, was für die Bourgeoisie annehmbar ist. Ein Marxist ist nur, wer
die Anerkennung des Klassenkampfes bis zur Anerkennung der Diktatur des Proletariats
ausdehnt. Hierin besteht der tiefste Unterschied des Marxisten vom gewöhnlichen Klein(und auch Groß-) Bourgeois. Das ist der Prüfstein für das wirkliche Verstehen und
Anerkennen des Marxismus.“ (Lenin, Staat und Revolution) Diese Position wurde in
Anbetracht der Erfahrungen der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China durch
die Revolutionäre Internationalistische Bewegung (RIM) in ihrer Zusatzdeklaration von
1993 noch erweitert um die „Anerkennung der objektiven Existenz von Klassen, der
antagonistischen Klassenwidersprüche, der Bourgeoisie in der Partei und der
Fortsetzung des Klassenkampfes unter der Diktatur des Proletariats während der
gesamten Periode des Sozialismus bis hin zum Kommunismus.“ Wesentlich erscheint uns
hier die grundsätzliche Feststellung, dass sich die fortgeschrittensten Kräfte des
Proletariats nicht nur um den Klassenkampf heute kümmern dürfen, sondern immer ihr
Ziel der proletarischen Macht vor Augen haben müssen.
Dies ist ein wichtiger Punkt gegenüber häufigen opportunistischen Abweichungen im
demokratischen Kampf heute. Oftmals nimmt der demokratische Kampf dabei die
unglückliche Rolle eines Ventils ein, welches zum ablassen der vorhandenen
rechtsopportunistischen Tendenzen Nutze ist. Das ist von Grund auf falsch! Der
demokratische Kampf wird von weitaus breiteren Kräften als nur den KommunistInnen
getragen. Er hat dabei auch andere Aufgaben als den Kampf um das strategischprogrammatische Ziel der Diktatur des Proletariats. Diese ist weder einfach über den
demokratischen Kampf zu erreichen, noch kann der Kampf darum mit einem
demokratischen Programm alleine geführt werden. Vielmehr verfolgt der demokratische
Kampf den Zweck die Bedingungen für die Durchführung der Revolution zu erleichtern, er
bereitet das Proletariat und dessen Bündnispartner auf die Revolution vor und formuliert
gewisse Ziele, welche die Massen dem Sozialismus näherbringen. Dies sind Charakteristika
des demokratischen Kampfes, sofern er tatsächlich demokratisch ist. All das schließt mit
ein, dass dieses Feld des Kampfes dem strategischen Ziel der Errichtung des Sozialismus
untergeordnet ist, ja, sich sogar das ganze Wesen des demokratischen Kampfes erst aus
dieser unterstützenden Unterordnung unter den Kampf um die Diktatur des Proletariats
ergibt. Daher ist der demokratische Kampf auch kein Reformismus, wie es jene scheinbar
„linken“ Opportunisten behaupten, die in ihrer ganzen Klassenfeindlichkeit von der
„proletarischen“ Revolution als utopischem Akt träumen der nicht weiter vorbereitet
werden muss, sondern hat eine konkrete und klar begrenzte Funktion im Kampf um die
politische Macht des Proletariats. Das wiederum setzt voraus, dass der demokratische
Kampf vom proletarischen Klassenstandpunkt aus geführt wird. Quelle vieler rechter
Abweichungen und opportunistischer Herangehensweisen im demokratischen Kampf ist,
dass jene die daran teilnehmen nicht von den Interessen der Mehrheit, also nicht vom
Proletariat ausgehen. Ihnen fehlt somit der Klassenstandpunkt. Damit negieren sie jedoch
in Wirklichkeit den demokratischen Charakter dieses Kampfes und nehmen die
berechtigten demokratischen Anliegen des Proletariats und der Mehrheit des Volkes ins
Schlepptau der Bourgeoisie! Ideologisch liegt dieser überaus schädlichen Abkehr vom
Proletariat eine falsche Haltung gegenüber der Frage der Demokratie zu Grunde, welche
ihre sozialen Träger im Kleinbürgertum und der Arbeiteraristokratie findet: „Das Gerede
der Kautsky und Konsorten über allgemeine Gleichheit, über „reine“ Demokratie, über
„vollkommene“ Demokratie usw. ist eine bürgerliche Verschleierung der unzweifelhaften
Tatsache, dass eine Gleichheit zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten unmöglich ist.
Die Theorie der „reinen“ Demokratie ist eine Theorie der Oberschicht der Arbeiterklasse,
die von den imperialistischen Räubern gezähmt und gefüttert wird.“ (Stalin, Über die
Grundlagen des Leninismus).
Der fortgeschrittenste Standpunkt des Proletariats ist der Kommunismus, denn er
bedeutet die Perspektive der proletarischen Bewegung. Dies ist eine ideologische,
politische und historische Tatsache, die schon Marx und Engels im „Manifest der
Kommunistischen Partei“ betonen, weshalb der betreffende Abschnitt in die vorliegende
Broschüre aufgenommen wurde. Im demokratischen Kampf muss vom Klassenstandpunkt
des Proletariats ausgegangen werden, ansonsten kommt es zu schweren politischen und
ideologischen Fehlern, was auch grundsätzlich für die antiimperialistische Bewegung gilt,
die ebenso ohne eine korrekte Linie gegenüber der Frage der ArbeiterInnenklasse als
Zentrum ihrer Politik in ihrem Kampf bestenfalls kleinbürgerliche Positionen einnehmen
kann. Deshalb ist es nicht nur für KommunistInnen die den demokratischen und
antiimperialistischen Kampf führen wichtig die vorliegende Broschüre zu studieren,
sondern für alle, die sich als demokratische und antiimperialistische KämpferInnen an der
Seite der ArbeiterInnenklasse und der unterdrückten Völker und Nationen verstehen. Für
alle aufrechten DemokratInnen und AntiimperialistInnen die gewillt sind vom Standpunkt
der Mehrheit auszugehen, d.h. den Kampf um Demokratie und gegen Imperialismus unter
der Roten Fahne des Proletariats zu führen, enthalten die in der Broschüre gesammelten
Texte vielerlei politische Anregungen und können wohl auch das Verständnis dessen,
warum eine kommunistische Führung allgemein politisch auch im demokratischen und
antiimperialistischen Kampf wichtig ist, vertiefen.
In diesem Sinne soll die vorliegende Broschüre auch ein Beitrag dazu sein, alle konsequent
demokratischen Kräfte im Kampf gegen den Legalismus und Reformismus, gegen all jene
wachsenden Tendenzen zu unterstützen, die den demokratischen Kampf als Spielwiese des
Rechtsopportunismus behandeln und damit die Interessen der ArbeiterInnenklasse und
des Volkes verraten.
Wir hoffen mit der Auswahl der Texte eine für die beschriebenen Zwecke brauchbare
Zusammenstellung vorlegen zu können und auf diesem Weg das Studium für all jene zu
erleichtern, die in Zeiten wie diesen gerade am Anfang ihrer Politisierung stehen oder auch
um die Ausrichtung ihrer politischen Linie kämpfen und sich ehrlich auf den Boden des
Klassenstandpunkts des Proletariats stellen wollen. Wir wollen daran erinnern, dass sich
die rote proletarische Linie nur im Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus, um
die korrekte Führung und Klassenlinie, herausbildet und fordern dazu auf, diese Broschüre
in diesem Sinn zu nutzen.
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