Der Beschluß des OGH im Originalwortlaut (pdf

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Gerichtstyp
OGH
Datum
19940919
Geschäftszahl
4Ob549/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten
Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die
Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl
und Dr.Griß als weitere Richter in der Unterbringungssache des Felix
G*****, vertreten durch die Patientenanwältin Mag.Martina Wagner,
Wien 14., Baumgartner Höhe 1/O-Gebäude, infolge Revisionsrekurses der
Patientenanwältin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien
vom 26.April 1994, GZ 44 R 346/94-18, womit der Beschluß des
Bezirksgerichtes Hietzing vom 18.März 1994, GZ 11 Ub 89/94w-13,
teilweise als nichtig aufgehoben und teilweise bestätigt wurde,
folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der über den Antrag
der Patientenanwältin auf Überprüfung einer besonderen Heilbehandlung
gefällten Entscheidungen aufgehoben und die Rechtssache an das
Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung
zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Felix G***** leidet an einer paranoiden Psychose mit Wahnideen und
Halluzinationen sowie damit verbundenen imperativen Stimmen. Er wurde
bereits vier Mal im Psychiatrischen Krankenhaus der Stadt Wien,
Baumgartner Höhe, behandelt. Am 16.2.1994 stieß er sich in
Selbstmordabsicht ein Messer in den Bauch; am 18.2.1994 wurde er von
der Intensivstation des Unfallkrankenhauses Meidling in das
Psychiatrische Krankenhaus überstellt. Am 24.2.1994 verließ er die
Abteilung; er wurde jedoch von seinem Vater am selben Tag
zurückgebracht. Am 25.2.1994 erhielt Felix G***** neben der täglichen
Medikation eine Depotinjektion von 400 mg Cisordinol (Wochendosis).
Die Kombination eines akut wirksamen Mittels in einem Depot ist eine
anerkannte Methode der medizinischen Wissenschaft. Die Felix G*****
verabreichte Dosis war so hoch, daß ihn die dadurch eingetretene
Sedierung hinderte, die Station zu verlassen. Felix G***** war auch
zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, Grund und Bedeutung der
Behandlung zu verstehen. Die Alternative zur Depotinjektion wäre die
Fixierung des Kranken im Netzbett gewesen.
Am 9.3.1994 stellte die Patientenanwältin mehrere Anträge; Gegenstand
des Revisionsrekursverfahrens ist nur der Antrag auf Überprüfung
einer besonderen Heilbehandlung in Form einer Depotinjektion ohne
Wissen und Zustimmung des Patienten.
Felix G***** habe sich bei der Patientenanwältin wegen der vielen
Injektionen beklagt. Er habe nicht gewußt, auch eine Depotinjektion
erhalten zu haben. Eine Depotinjektion sei eine Dauermedikation, die
für den Patienten kurzfristig nicht korrigierbare zusätzliche schwere
Leiden mit sich bringen könne. Sie bedeute für den Patienten eine
außerordentliche Belastung; eine Depotinjektion sei daher eine
besondere Heilbehandlung, die gegen den Willen des Patienten bzw ohne
sein Wissen nicht zulässig sei.
Das Erstgericht erklärte die Unterbringung für zwei Monate ab
18.2.1994 für zulässig (Punkt 1 des Beschlusses), es wies den Antrag
auf Überprüfung einer besonderen Heilbehandlung in Form einer
Depotinjektion ohne Wissen und ohne Zustimmung des Patienten ab
(Punkt 2 des Beschlusses); gleichzeitig stellte es fest, daß der
Patient durch Verabreichung einer sedierenden Neuroleptika-Medikation
am 25.2.1994 in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt wurde (Punkt 3
des Beschlusses).
Bei der Depotinjektion handle es sich um eine einfache Heilbehandlung
im Sinne des § 35 UbG. Sie sei zu ihrem Zweck nicht außer Verhältnis
gestanden. Es sei jedoch festzustellen, daß die Injektion den
Patienten in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt habe. Die
Beschränkung sei weder in der Krankengeschichte vermerkt noch dem
Patientenanwalt gemeldet worden.
Das Rekursgericht hob Punkt 3 des erstgerichtlichen Beschlusses aus
Anlaß des Rekurses als nichtig auf und wies den Antrag der
Patientenanwältin auf Überprüfung der Beschränkung der
Bewegungsfreiheit durch Verabreichung einer primär sedierenden
Neuroleptika-Medikation zurück. Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses
wurde bestätigt; Punkt 1 erwuchs mangels Anfechtung in Rechtskraft.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.
Medikamente mit stark sedierender Wirkung könnten zwar die
Bewegungsfreiheit des Patienten einschränken; dies sei aber keine
physische (räumliche) Beschränkung. Nach § 33 Abs 3 UbG unterlägen
aber nur weitere physisch-räumliche Beschränkungen der
Bewegungsfreiheit einer gerichtlichen Überprüfung. Die "Ruhigstellung
eines Patienten" durch stark sedierende Medikamente sei ärztliche
Behandlung im Sinne der §§ 35 ff UbG. Die vom Erstgericht in Punkt 3
des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung sei weder im
Gesetz vorgesehen noch von der Patientenanwältin beantragt worden. Da
die Entscheidungsbefugnisse des Unterbringungsgerichtes im Gesetz
taxativ aufgezählt seien, unterliege die Verabreichung von
Medikamenten mit sedierender Wirkung als Maßnahme zur Beschränkung
der Bewegungsfreiheit keiner gerichtlichen Überprüfung. Der Rechtsweg
sei demnach unzulässig.
Die Verabreichung von Medikamenten als ärztliche Heilbehandlung sei
hingegen vom Gericht zu überprüfen. Könne der Kranke, wie im
vorliegenden Fall, den Grund und die Bedeutung der Behandlung nicht
einsehen und habe er keinen gesetzlichen Vertreter oder
Erziehungsberechtigten, so habe das Gericht auf Verlangen des Kranken
oder seines Vertreters über die Zulässigkeit der Behandlung
unverzüglich zu entscheiden; besondere Heilbehandlungen einschießlich
operativer Eingriffe bedürften der Genehmigung des Gerichtes (§ 36
Abs 2 UbG). Während eine einfache Heilbehandlung nur auf Antrag vom
Gericht zu überprüfen sei, dürfe eine besondere Heilbehandlung
grundsätzlich nur nach vorheriger gerichtlicher Genehmigung
vorgenommen werden, außer bei Gefahr im Verzug (§ 37 UbG).
Die Depotinjektion einer Wochendosis Cisordinol sei eine einfache und
nicht eine besondere Heilbehandlung, weil die Wirkungsdauer die Dauer
der Unterbringung nicht überschritten und demnach die Integrität des
Patienten nicht über diesen Zeitraum hinaus beeinträchtigt habe.
Weder dem psychiatrischen Gutachten noch dem übrigen Akteninhalt
könne entnommen werden, daß die Depotinjektion mit erheblichen
Nebenwirkungen, etwa einer Persönlichkeitsänderung über die
Unterbringungsdauer hinaus, verbunden gewesen wäre. Die
Patientenanwältin habe den Eintritt solcher Nebenwirkungen auch gar
nicht behauptet. Es sei nicht Aufgabe des Gerichtes und der
Patientenanwaltschaft, sich in einen medizinischen Schulenstreit
einzumischen. Eine Behandlungsmethode könne grundsätzlich so lange
als fachgerecht angesehen werden, als sie von einer anerkannten
Schule der medizinischen Wissenschaft vertreten werde. Über die
Zulässigkeit der Depotinjektion als einfache Heilbehandlung wäre nur
auf ausdrücklichen Antrag zu entscheiden gewesen; einen solchen
Antrag habe die Patientenanwältin nicht gestellt.
Der gegen Punkt 2 dieser Entscheidung gerichtete ordentliche
Revisionsrekurs der Patientenanwältin ist zulässig und berechtigt.
Die Patientenanwältin vertritt die Auffassung, daß die Heilbehandlung
schon deshalb unzulässig gewesen sei, weil der Kranke, obwohl er
einsichts- und urteilsfähig war, gegen seinen Willen behandelt worden
sei und weil die Heilbehandlung zu ihrem Zweck außer Verhältnis
gestanden sei. Es habe sich dabei aber auch um eine besondere
Heilbehandlung gehandelt, weil eine Depotinjektion die Integrität des
Kranken längerfristig beeinträchtige. Jedenfalls wäre aber über die
Zulässigkeit der Behandlung als einfache Heilbehandlung zu
entscheiden gewesen.
Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen war der Kranke
bei der Verabreichung der Depotinjektion nicht in der Lage, den Grund
und die Bedeutung der Behandlung einzusehen. Die Behandlung ist daher
nicht schon deshalb unzulässig, weil der Kranke gegen seinen Willen
behandelt worden wäre (§ 36 Abs 1 UbG). Ebensowenig kann die
Auffassung der Patientenanwältin geteilt werden, daß die Behandlung
unverhältnismäßig gewesen wäre. Nach § 35 Abs 1 Satz 2 UbG ist eine
Behandlung nur insoweit zulässig, als sie zu ihrem Zweck nicht außer
Verhältnis steht. Dieser Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist sowohl
hinsichtlich der Art und der Schwere des Eingriffs und seiner Folgen
als auch hinsichtlich der Dauer einer Behandlung zu beachten.
Abzuwägen sind dabei der mit der Behandlung verbundene Eingriff in
die Persönlichkeitsrechte des Kranken einerseits und das
therapeutische Ziel der Behandlung andererseits (Hopf-Aigner,
Unterbringungsgesetz § 35 UbG Anm 7). Aus dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit wird geschlossen, daß ohne Zustimmung
vorgenommene Maßnahmen nur bei besonderer Dringlichkeit zulässig
sind, und die Unterbringung nicht dazu verwendet werden darf, den
Patienten über das unbedingt notwendige Maß hinaus einer umfassenden
medizinischen "Fremdbestimmung" zu unterwerfen. Dadurch werden vor
allem unfreiwilligen Behandlungen auf nicht psychiatrischem Gebiet
Grenzen gesetzt (Kopetzki, Unterbringungsgesetz Rz 511).
Rechtssatz
Bevor auf die Ausführungen der Patienenanwältin eingegangen wird, ist
die Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses zu prüfen. Die Unterbringung
wurde am 11.4.1994 beendet; die Zulässigkeit des Rechtsmittels setzt
auch im Verfahren außer Streitsachen (§ 12 Abs 2 UbG) voraus, daß der
Rechtsmittelwerber auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über sein
Rechtsmittel durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Das
ist in Fällen, in welchen der gerichtliche Beschluß das Grundrecht
des Menschen auf persönliche Freiheit berührt, nach ständiger
Rechtsprechung zu bejahen, weil dem in diesem Grundrecht
Beeindträchtigten auch noch nach Aufhebung freiheitsbeschränkender
Maßnahmen ein rechtliches Interesse an der Feststellung zugebilligt
werden muß, daß die freiheitsbeschränkende Vorkehrung zu Unrecht
erfolgt sei (SZ 60/12; zum Unterbringungsgesetz insbes 1 Ob 549/91,
teilweise veröffentlicht in NRsp 1991/163; 1 Ob 518/93; 1 Ob 584/93).
Das gleiche gilt, wenn über die Zulässigkeit von Zwangsbehandlungen
entschieden wurde. Wegen der damit möglicherweise verbundenen Gefahr
einer die Menschenwürde beeinträchtigenden gröblichen Mißachtung des
Betroffenen als Person ist insbesondere Art 3 EMRK zu beachten; bei
Verletzung des darin festgelegten Rechtes auf Achtung der
Menschenwürde gewährt Art 13 EMRK dem Verletzten das Recht, vor einer
nationalen Instanz wirksame Abhilfe gegen die Verletzung zu suchen.
Bei behaupteten Verstößen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und
der Achtung der Menschenwürde iS des Art 3 EMRK hat demnach der davon
Beeinträchtigte auch noch nach Beendigung der gegen ihn gesetzten
Maßnahmen ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob die an
ihm vorgenommene Behandlung zu Recht erfolgt ist (2 Ob 512/92 mwN).
Nach dem Akteninhalt wurde Felix G***** die Depotinjektion in der
Erwartung verabreicht, daß sich dadurch die Erkrankung nicht in dem
Maß verschlechtern werde, wie es unter einer alleinigen oralen
Therapie eher zu befürchten gewesen wäre. Die ohne Zustimmung des
Kranken vorgenommene Behandlung betraf daher seine psychiatrische
Erkrankung; ihr Ziel war es, die Symptome dieser Erkrankung zu
lindern und längerfristig zu einer Heilung zu führen (AS 49). Die
Dringlichkeit einer solchen Behandlung ergibt sich schon aus dem
festgestellten Zustandsbild, war der Kranke doch nach einem
Selbstmordversuch eingeliefert worden, den er offenkundig wegen
seiner auch in der Folge noch andauernden akustischen Halluzinationen
unternommen hatte. Entgegen der Auffassung der Patientenanwältin
stand der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Kranken demnach
nicht außer Verhältnis zum therapeutischen Ziel der Behandlung.
War diese Behandlung eine besondere Heilbehandlung, so hätte sie nur
nach Genehmigung durch das Gericht vorgenommen werden dürfen: Nach §
36 Abs 1 UbG dürfen besondere Heilbehandlungen einschließlich
operativer Eingriffe nur mit schriftlicher Zustimmung des einsichtsfähigen - Kranken durchgeführt werden. Besondere
Heilbehandlungen an nicht einsichtsfähigen Kranken dürfen mit
schriftlicher Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nur oder
Erziehungsberechtigten durchgeführt werden. Hat der Kranke - wie hier
- keinen gesetzlichen Vertreter oder Erziehungsberechtigten, dann hat
das Gericht auf Verlangen des Kranken oder seines Vertreters über die
Zulässigkeit der Behandlung unverzüglich zu entscheiden; besondere
Heilbehandlungen einschließlich operativer Eingriffe bedürfen der
Genehmigung des Gerichtes (§ 36 Abs 2 UbG).
Das Gesetz definiert den Begriff der "besonderen Heilbehandlung"
nicht. Nach dem Bericht des Justizausschusses wird bei der Abgrenzung
zwischen "einfachen" und "besonderen" Heilbehandlungen vom Zweck des
Gesetzes, dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Kranken,
auszugehen sein. Behandlungen, die die körperliche Integrität des
Betroffenen in besonderer Weise beeinträchtigen, wie etwa
"Elektroschocks", werden in diesem Sinn als "besondere
Heilbehandlungen" anzusehen sein. Bei Behandlungen, mit denen
Persönlichkeitsveränderungen verbunden sind, wird zu unterscheiden
sein: Behandlungen, die auf die Heilung (und damit die Veränderung)
der kranken Persönlichkeit selbst abzielen, werden nicht schlechthin
"besondere Heilbehandlungen" sein. Wenn eine Behandlung aber über das
Ziel einer solchen Heilung hinaus - vorübergehende oder dauernde Veränderungen der Persönlichkeit des Kranken, andere erhebliche
Nebenwirkungen oder sonst schwerwiegende Beeinträchtigungen der
körperlichen oder psychischen Verfassung nach sich zieht, wird eine
"besondere Heilbehandlung" vorliegen. Nach diesen Grundsätzen wird
auch der Einsatz der Psychopharmaka, insbesondere der Neuroleptika,
vor allem durch "Depotinjektion", zu beurteilen sein (JAB 1202 BlgNR
17. GP 11 f). Kopetzki (aaO Rz 521) wertet die Verabreichung von
Depotneuroleptika jedenfalls dann als besondere Heilbehandlung, wenn
nach Art und Dosierung des Medikaments mit erheblichen Nebenwirkungen
zu rechnen ist und/oder wenn die Behandlungsdauer die vorgesehene
Unterbringungsdauer übersteigt.
Ob eine "besondere Heilbehandlung" vorliegt, hängt demnach davon ab,
in welchem Maß die Behandlung geeignet ist, die physische oder
psychische Verfassung des Kranken zu beeinträchtigen. Ist mit
schwerwiegenden Beeinträchtigungen (z.B.) wegen erheblicher
Nebenwirkungen zu rechnen, so erfordert es der Zweck des Gesetzes der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Kranken -, die
Heilbehandlung von den vom Gesetz für besondere Heilbehandlungen
vorgesehenen Zustimmungs- und Genehmigungserfordernissen abhängig zu
machen (s 6 Ob 631/93: Elektroheilkrampfbehandlung als besondere
Heilbehandlung). Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes wird das
Vorliegen einer besonderen Heilbehandlung nicht schon dadurch
ausgeschlossen, daß ihre Wirkung nicht über die Unterbringungsdauer
hinaus anhält. Das Unterbringungsgesetz will die
Persönlichkeitsrechte des Kranken gerade während der Dauer der
Unterbringung und nicht erst für den Zeitraum danach schützen.
Ebensowenig reicht es aus, daß die Heilbehandlung von einer
anerkannten Schule der medizinischen Wissenschaft angewandt wird,
setzt doch schon § 35 Abs 1 UbG - ganz allgemein und damit für
einfache und besondere Heilbehandlungen - fest, daß der Kranke nur
nach den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen
Wissenschaft ärztlich behandelt werden darf.
Im vorliegenden Fall fehlen Feststellungen, ob und in welchem Maß die
Depotinjektion die physische oder psychische Verfassung des Kranken
beeinträchtigt hat. Daß Depotneuroleptika geeignet sind, schwere
Beeinträchtigungen nach sich zu ziehen, hat die Patientenanwältin
bereits in ihrem Antrag vom 9.3.1994 (ON 5) vorgebracht. Davon
abgesehen, hätte das Erstgericht auch von Amts wegen erheben müssen,
welche Wirkungen mit der dem Kranken verabreichten Depotinjektion
verbunden sind, hängt doch die Qualifikation als besondere
Heilbehandlung und damit die Beantwortung der darin liegenden
Rechtsfrage von der mit einer solchen Heilbehandlung verbundenen
Beeinträchtigung ab. Da die hiezu notwendigen Feststellungen fehlen,
sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben; die Rechtssache
ist an das Erstgericht zurückzuverweisen. Das Erstgericht wird durch
Vernehmung eines Sachverständigen zu klären haben, in welchem Maß die
Depotinjektion von 400 mg Cisordinol geeignet war, die physische oder
psychische Verfassung des Kranken zu beeinträchtigen. War die
Beeinträchtigung (z.B.) wegen der Nebenwirkungen schwerwiegend, so
wird festzustellen sein, daß die dem Kranken verabreichte
Depotinjektion als besondere Heilbehandlung im Sinne des § 36 Abs 2
UbG nur nach Genehmigung des Gerichtes zulässig gewesen wäre.
Anmerkung
E36513
Dokumentnummer
JJT/19940919/OGH0002/0040OB00549/9400000/000
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