Neuer Mini-Sensor misst Magnetfelder des Gehirns

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29. Mai 2012
Neuer Mini-Sensor misst Magnetfelder des Gehirns
Neues optisches Magnetometer besteht Praxistest in der PTB und beweist sein Potenzial für
preisgünstigere Gehirnstromuntersuchungen für die neurologische Diagnostik und die
Grundlagenforschung
Ein neuer Magnetfeldsensor in Würfelzuckergröße soll
in Zukunft die Messung von Hirnaktivität erleichtern.
Im „magnetisch stillsten Raum der Welt“ der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in
Berlin hat der Sensor jetzt eine wichtige technische
Prüfung bestanden: Mit ihm konnten erfolgreich
sowohl spontane als auch gezielt hervorgerufene
Magnetfelder des Gehirns gemessen werden. Damit
beweist er sein Potenzial für medizinische
Anwendungen, wie z.B. die Untersuchung der
Gehirnströme beim Lösen kognitiver Aufgaben als
Basis einer neurologischen Diagnostik. Der entscheidende Unterschied zur bisher genutzten Kryoelektronik
Magnetfeldsensoren von der Größe
eines Stückes Zucker mit elektrischen ist das Wegfallen einer aufwendigen Kühlung, da die
und optischen Zuleitungen. Foto: PTB vom US-amerikanisches Institut NIST gefertigten
optischen Magnetometer bei Raumtemperatur arbeiten. Die Ergebnisse sind in einer
aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Biomedical Optics Express veröffentlicht.
Chip-scale Atomic Magnetometer (CSAM) nennen die Wissenschaftler den
hochempfindlichen Magnetfeldsensor, der neben der Mikrooptik ein Gas aus RubidiumAtomen enthält, deren Spinänderung für die Messung genutzt wird. Sie können direkt am
Körper angebracht werden. Entwickelt wurde der CSAM in vielen Jahren gezielter
Forschungs- und Entwicklungsarbeit am NIST (National Institute of Standards and
Technology), dem US-amerikanischen Schwesterinstitut der PTB. Die PTB bot den USKollegen einzigartige Voraussetzungen für einen Praxistest. Dazu zählen unter anderem der
magnetisch ruhigste Raum der Welt und eine wissenschaftliche Mannschaft, die in
zahlreichen Forschungsprogrammen große Erfahrung bei der Messung biomagnetischer
Felder des Menschen mittels SQUIDs erwerben konnte.
Bisher werden für die Messung extrem schwacher Magnetfelder kryoelektrische Sensoren,
sogenannte supraleitende Quanteninterferometer, kurz SQUIDs, verwendet. Sie gelten als
eine Art „Goldstandard“ im Bereich der Magnetfeldmessung. Ihr Nachteil: Erst bei extrem
tiefen Temperaturen von –269 Grad Celsius arbeiten sie optimal und ihre Anwendung ist
daher teuer und unflexibel. Die Nutzung von CSAM-Sensoren könnte das ändern. Zwar ist
ihre Empfindlichkeit noch etwas geringer als die der SQUIDs, doch haben sie das Potenzial
Physikalisch-Technische Bundesanstalt
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Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Tel.: (0531) 592-3006
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Internet: http://www.ptb.de
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„Neuer Mini-Sensor misst Magnetfelder
des Gehirns“ vom 29.5.2012
für vergleichbar genaue Messungen bei verringerten Kosten. Während SQUIDs wegen der
kryogenen Kühlung immer einige Zentimeter von Körper entfernt bleiben müssen, können
CSAMs direkt am Körper platziert werden. Das magnetische Feld der physiologischen
Körperströme nimmt stark mit dem Abstand ab, sodass jeder Zentimeter einen großen Gewinn
an Signalstärke bringt.
Eine wichtige Anwendung ist die Messung der Magnetfeldverteilung um das Gehirn herum,
das sogenannte Magnetenzephalogramm (MEG). Es ermöglicht es, die elektrische Aktivität
von Neuronen zu charakterisieren. Derartige funktionale Untersuchungen spielen heute eine
immer größere Bedeutung in der Neurologie und der Neurowissenschaft. Sowohl bei
psychischen Erkrankungen aller Altersgruppen wie auch bei altersbedingten Erkrankungen
besteht ein dringender Bedarf an objektivierbaren elektrophysiologischen Messgrößen, die die
klinische Diagnostik unterstützen.
Die Wissenschaftler von NIST und PTB hatten bereits 2010 einen Vorläufer des jetzigen
CSAM für Magnetfeldmessung am menschlichen Herzen erfolgreich getestet. Diesmal
wurden die CSAM-Sensoren in vier Millimeter Abstand vom Kopf gesunder Testpersonen in
Position gebracht. Am Hinterkopf konnten bei wachen Personen sogenannte Alphawellen
gemessen werden – ein Grundrhythmus der elektrischen Hirnaktivität, der sich spontan bei
Entspannung einstellt. In einer weiteren Versuchsreihe konnte mit den CSAM-Sensoren
sogar die Verarbeitung von Berührungsreizen im Gehirn durch das damit verbundene, sehr
schwache Magnetfeld aufgezeichnet werden. Zur eindeutigen Validierung der
Messergebnisse wurden zu allen CSAM-Messungen parallel MEG-Aufzeichnungen mit den
bewährten SQUID-Sensoren durchgeführt. if/ptb
Presseinformation des NIST
http://www.nist.gov/pml/div688/brain-041912.cfm
Wissenschaftliche Veröffentlichungen
•
Gemeinsames aktuelles Experiment von PTB und NIST:
T. Sander-Thömmes, J. Preusser, R. Mhaskar, J. Kitching, L. Trahms, S. Knappe:
Magnetoencephalography with a Chip-Scale Atomic Magnetometer. Biomedical Optics
Express Vol. 3 Issue 5, pp.981-990 (2012)
http://www.opticsinfobase.org/boe/issue.cfm?volume=3&issue=5
•
PTB-NIST-Experiment von 2010:
S. Knappe, T.H. Sander, O. Kosch, F. Wiekhorst, J. Kitching and L. Trahms. Crossvalidation of microfabricated atomic magnetometers with SQUIDs for biomagnetic
applications. Applied Physics Letters. 97, 133703 (2010); doi:10.1063/1.3491548. Online
publication: Sept. 28, 2010.
Ansprechpartner
Dr. Tilmann Sander-Thömmes, PTB-Arbeitsgruppe 8.21 Biomagnetismus,
Tel. (030) 3481-7436, E-Mail: [email protected]
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