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Agenda 2000:
Was bringt sie der Umwelt?
Europa und Umwelt - wie geht´s voran ?
Das Jahr 1998 und das erste Halbjahr 1999 waren für die Zukunftsentwicklung von Europa sehr
bedeutsam. Vier wichtige Ereignisse sind dabei besonders gut in Erinnerung geblieben.
Chronologisch gestaffelt sind es: der Beginn der offiziellen Beitrittsverhandlungen mit den mittelund osteuropäischen Staaten, der Rücktritt der EU-Kommission, die Verabschiedung der Agenda
2000 sowie das Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages.
Besonders die Verabschiedung der Agenda 2000 wurde der oft wenig informierten und, wie die
Wahl zum EU-Parlament zeigte, wenig interessierten Öffentlichkeit als absolut zukunftsweisend
verkauft. Man habe bewiesen, daß man trotz des Rücktritts der Kommission handlungsfähig sei,
und die Beschlüsse seien für die Zukunft Europas, auch was die Integration der mittel- und
osteuropäischen Staaten angeht, wegweisend.
Doch ob dies wirklich so ist, ob die vom Amsterdamer Vertrag geforderte Integration des
Umweltschutzes in die anderen Politikbereiche mit der Agenda 2000 den notwendigen push erfährt,
daran sind Zweifel erlaubt. Dabei hatte es aus Sicht des Umweltschutzes gar nicht einmal so
schlecht ausgesehen, als im Juli 1997 von der Kommission die ersten Entwürfe zur Agenda 2000
vorgelegt wurden.
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16
Drei umweltpolitisch sinnvolle Vorschläge ...
Drei zentrale Vorschläge im 97er Agenda Entwurf fielen Umweltschützern und sicherlich auch so
manchen Verfechter bäuerlicher Interessen positiv auf.
Der erste betraf die Begrenzung der Höhe der Ausgleichszahlungen, sprich der Direkteinkommen,
die den Landwirten als Ausgleich für die Senkung der Garantiepreise weiterhin gewährt werden
sollen. In der Vergangenheit waren es die agrarischen Großbetriebe, die von den Agrarmilliarden
aus Brüssel am meisten profitierten. Damit wollte man in Brüssel Schluß machen. Kein Betrieb, so
lauteten die ersten Gedanken, sollte mehr als 100.000 Euro an Ausgleichszahlungen bekommen.
Diese Vorschläge der Kommission fanden Rückendeckung beim Europäischen Rechnungshof: „Die
öffentlichen Beihilfen“, so schrieben die Luxemburger EU-Haushaltswächter in einem
Sonderbericht zur Agenda 2000, sollen „nicht zu einer unangemessenen Aufstockung der im
Rahmen normaler Handelsoperationen erwirtschafteten Gewinne beitragen. Nach Auffassung des
Hofes ist es nicht gerechtfertigt, die öffentlichen Beihilfen ohne Differenzierung ... zu gewähren“.
Eine klare Ohrfeige an die bislang betriebene Politik, deren Resultat es u.a. war, daß z.B. ein
einziger Betrieb in Ostdeutschland allein 6,6 Millionen DM aus Brüssel einstrich und sich auch die
britische Queen als Großgrundbesitzer über den Geldsegen aus Brüssel stärker freuen konnte als
österreichische Kleinbauern.
Der zweite Vorschlag der Kommission, der mit Freude aufgenommen wurde, betraf ebenfalls die
Ausgleichszahlungen. Es könne dem Steuerzahler nicht länger vermittelt werden, daß eine
Berufsgruppe Geld aus den öffentlichen Haushalten bekommen soll, ohne hierfür eine
Gegenleistung zu erbringen. Deshalb wollte man die Gewährung dieser Ausgleichszahlungen an die
Einhaltung ökologischer Mindestauflagen koppeln. Der Steuerzahler sei sehr wohl bereit, für die
umweltgerechte Landwirtschaft Subventionen zu akzeptieren, meinte man in den Brüsseler
Amtsstuben.s
Und der dritte Vorschlag betraf die Förderung einer speziellen Frucht. Man plante, die bislang
gewährte sogenannte Silomaisprämie zu streichen. Es ist bekannt, daß gerade der Mais ein
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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ökologisches Problem darstellt. Nicht nur, daß mit der Förderung des Mais die ökologisch
wesentlich vorteilhaftere Grünlandwirtschaft ökonomisch uninteressanter wird.
Mais an sich ist ein Problem: der Boden bleibt lange Zeit Witterungseinflüssen ausgeliefert, oft sind
Erosionen die Folge. Auch richten schwere Erntemaschinen häufig Bodenverdichtung an. Und dort,
wo der Mais als Synonym für die intensive Tierhaltung anzusehen ist, findet man auch höchste
Gewässerbelastungen mit Nitraten. Kein Wunder also, daß beispielsweise der Europäische
Rechnungshof in einem Sonderbericht zur Gewässerpolitik Mitte 1998 die finanzielle Förderung
des Mais seitens der EU-Agrarpolitik als „inkohärent“ bezeichnete. Es mache keinen Sinn, so der
Rechnungshof, auf der einen Seite mit der Nitratrichtlinie den Versuch zu unternehmen,
Gewässerbelastungen zu reduzieren, und gleichzeitig just jene Frucht besonders zu fördern, von der
am ehesten Nitratbelastungen ausgehen.
Die Kommission bekam folglich von der Umweltseite ein dickes Lob für den Vorschlag, zukünftig
nicht mehr 1,2 Milliarden Euro (also fast 2,5 Milliarden (!) DM) jährlich für die Förderung des
Mais ausgeben zu wollen. Das Umweltglück war fast perfekt, als die Kommission zusätzlich
ankündigte, ihren Kofinanzierungsanteil in den Gebieten, die hohe Naturschutzwerte aufweisen, um
10% höher zu gestalten als in ökologisch nicht so wertvollen Gebieten.
... zur notwendigen sozialeren und ökologischeren Ausrichtung der
Agrarpolitik ...
Diese angekündigte ökologischere Ausrichtung der Agrarpolitik war auch überfällig. Denn viele
EU-Studien beweisen immer wieder, daß die Landwirtschaft nach wie vor eines der zentralen
Umweltprobleme in Europa darstellt. Dabei den einzelnen Landwirten die Schuld zu geben wäre
falsch. Denn die Bauern sind aufgrund der Rahmenbedingungen ebenso Opfer der Agrarpolitik wie
Natur und Umwelt auch. Alle 2 Minuten geht in der Landwirtschaft ein Arbeitsplatz verloren, man
nennt dies Strukturwandel. Schuld an dieser auch heute noch anhaltenden massiven
Arbeitsplatzvernichtung hat die Gemeinsame Agrarpolitik, deren Ziel es nach wie vor ist,
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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die Produktivität der landwirtschaftlichen Betriebe weiter zu erhöhen. Diese ständige
Produktivitätserhöhung geht letztlich zu Lasten der Arbeitsplätze, zu Lasten der Umwelt, der
Nutztiere und oft auch der Produktqualität. Nur wenige Bauern, man sollte lieber sagen:
Agrarindustrielle, gehören zu den Gewinnern dieser Politik, die mit der Agenda also eine Wende
erfahren sollte.
... und was daraus wurde
Doch was interessieren sozial- und umweltgerechtere Vorschläge aus Brüssel und kritische Töne
aus Luxemburg, wenn es um Pfründe geht, die sich einige wenige Profiteure der Agrarpolitik mit
ihrer Lobbyarbeit in Brüssel über Jahre hinweg gesichert haben? Die Lobbyisten begannen nach
Vorlage der Kommissionsvorschläge schnell mit ihrer Arbeit. Und diese endete für sie erfolgreich
in Berlin auf dem EU-Gipfel. Besonders die Agrarlobby aus den Ländern, die am intensivsten vom
Geldsegen profitierten, u.a. Frankreich und Deutschland, machten mächtig Druck.
Zuerst fiel die Obergrenze ....
Als erstes wurde der Vorschlag, eine Obergrenzen bei den Ausgleichszahlungen einzuführen,
gestrichen. Statt dessen wurde eine Degression vorgeschlagen. Betriebe, die einen Anspruch an
Ausgleichszahlungen von mehr als 100.000 Euro haben (in Österreich beispielsweise mag es
hiervon nicht viel mehr als 10 geben), sollten genau ab dieser Höhe nicht mehr den vollen Betrag,
sondern eine um 20% verminderte Summe ausgezahlt bekommen. Ab 200.000 Euro sollte der
Abschlag sogar 25% betragen. Doch auch damit gaben sich die Lobbyisten nicht zufrieden, und
letztlich wurde auch dieses Degressionsmodell von den Staats- und Regierungschefs ersatzlos zu
den Akten gelegt. Den Steuerzahler wird`s schmerzen: die zuerst vorgesehene Obergrenze bei den
Ausgleichszahlungen hätte den EU-Haushalt um 2,3 Milliarden Euro pro Jahr entlastet, die später
vorgeschlagene Degression
immerhin noch um 400 Mill Euro. Doch nun bleibt es bei der
bestehenden, sozial ungerechten Verteilung der Ausgleichszahlungen: nur 4% der Bauern zocken
gleich 40% der Mittel ab, und gerade die klein- und mittelbäuerlichen Familienbetriebe, denen das
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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Wasser bis zum Hals steht, gehören nicht hierzu. Für den Europäischen Rechnungshof Anlaß genug
festzustellen, daß „die Agenda ... keine Vorschläge (enthält), wie die ungleiche Verteilung der
Beihilfen an die Landwirtschaft berichtigt werden könnte“.
... dann der Rest
Die geplante Aufgabe der Zahlung der Silomaisprämie wurde aufgrund des politischen Drucks aus
Deutschland und Frankreich ebenso gestrichen wie die geplante obligatorische Bindung der
Ausgleichszahlungen an ökologische Auflagen. Freiwillig könnten die Mitgliedstaaten dies tun,
meldete Brüssel, man werde ihnen dabei keine Steine in den Weg legen. Doch was heißt das:
Verlangt ein Mitgliedstaat von seinen Bauern höhere ökologische Standards als ein anderer, so
geraten dort die Bauern wirtschaftlich ins Hintertreffen. Und so ist klar, daß von dieser Option wohl
nicht ein einziger Mitgliedstaat Gebrauch machen wird. Und da man sparen wollte, u.a. um die
Großstrukturen besser zu bedienen (s.o.), kassierte man auch gleich noch den geplanten höheren
Finanzbetrag der EU für ökologisch sensible Gebiete ein.
Die falsche Politik richtig verkaufen
Dem geneigten Leser der Agenda 2000 wurde dennoch der große Wurf, eine ganz tolle Sache
angekündigt, nämlich ein „europäisches Agrarmodell“. Das soll eine „wettbewerbsfähige
Landwirtschaft (sein), der es gelingt, sich auf dem Weltmarkt ohne übermäßige Subventionen zu
behaupten“,
gleichzeitig
„eine
Landwirtschaft
mit
gesunden,
umweltgerechten
Produktionsverfahren, die die von den Verbrauchern erwarteten Qualitätsprodukte liefert“, „eine
vielgestaltige, traditionsreiche Landwirtschaft, deren Aufgabe nicht nur darin besteht zu erzeugen,
sondern auch die Schönheiten unserer Landschaften und lebendige ländliche Gemeinschaften zu
erhalten, die Arbeitsplätze schaffen und sichern“. Das hört sich gut an, doch die rauhe Agrarrealität
hat damit nichts zu tun.
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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Denn analysiert man die Politik und das Agenda-Papier genauer, so stellt man fest, daß das
„europäische Agrarmodell“ nicht viel mehr sein kann als Verbalakrobatik. Jeder weiß, daß der
österreichische Bergbauer, der umweltverträglich wirtschaftet, der Rücksicht auf seine Umwelt und
seine Tiere nimmt, nicht weltmarktfähig ist. Er kann beispielsweise nicht mithalten mit der
amerikanischen Rindfleischproduktion, wo schon einmal Zehntausende auf engstem Raum
zusammengeferchte Tiere mit gespritzten oder implementierten Hormonen in Rekordtempo auf
Schlachtgewicht gebracht werden.
Keine wirkliche Änderung der Agrarpolitik in Sicht
Nein, die Agenda 2000 ändert die Ausrichtung der Europäischen Agrarpolitik im Kern nicht. Einige
wenige Betriebe sollen fit gemacht werden für den Weltmarkt, der absolut überwiegende Teil der
bäuerlichen Betriebe wird keine Chance haben. Die Agrarindustrie wird sich freuen, denn sie gehört
weiter zu den Gewinnern. Die einst so glücklichen Gesichter der Umweltschützer, die auf eine
bessere Zukunft gehofft hatten, sind im Laufe der Verhandlungen um die Agenda 2000 lang und
länger geworden. Sie müssen weiter mit ansehen, wie in Brüssel viel über Umweltschutz geredet,
aber wenig gehandelt wird.
Zu den Verlierern dieser Politik gehören aber auch die Verbraucher. Sie leiden unter dieser
Agrarpolitik, die an Großstrukturen Maß nimmt. Genau diese von der Politik gewünschten und
geförderten Großstrukturen sind es, die ihm buchstäblich den Appetit verderben. Großstrukturen,
die extrem anfällig für Probleme sind.
Schweinepest und Dioxinfleisch - Folge der Gemeinsamen Agrarpolitik
Zwei Beispiele hierfür: als 1997 in den Niederlanden die Schweinepest ausbrach, verbreitete sich
die Krankheit aufgrund des intensiven Austauschs von Tieren zwischen den Betrieben
epidemieartig.
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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Keine Verordnung der EU wurde in dem Jahr häufiger geändert als die, mit der die
niederländischen Behörden darüber informiert wurden, wieviel Schweine zu keulen, sprich: zu
töten, wären. Die Verordnung trug den Titel „Sondermaßnahmen zur Stützung des
Schweinemarktes in den Niederlanden“ und sie regelte, daß insgesamt über 9 Millionen (!) Tiere
zum Abdecker geführt und, wie es in der Beamtensprache so schön heißt, vom Markt genommen
wurden. Ca. 110 Mio Schweine werden in der EU gehalten, 9 Mio fielen der Schweinepest allein in
den Niederlanden zum Opfer. Anfälliger kann ein System kaum sein, und teurer auch nicht. Der
entsprechende
Haushaltsposten
im
EU-Haushalt
mit
dem
Titel
„außergewöhnliche
Marktstützungmaßnahmen bei Schweinefleisch“ wurde gleich um das 41-fache überschritten, statt
der vorsorglich eingeplanten 9,7 Millionen Euro wurden 410 Millionen Euro an die betroffenen
Schweinemäster ausgezahlt; der Haushaltsplan der EU als Versicherungsagentur für die
industrialisierte Landwirtschaft.
Es ist kein Zufall, daß die Skandale im Tierbereich fast immer dort ihren Ursprung haben, wo die
Tierdichte am höchsten und die Massentierhaltung am ausgeprägtesten ist. In den Niederlanden hat
der durchschnittliche Schweinemastbetrieb über 600 Tiere im Stall, in Belgien sind es fast 600.
Deutschland rangiert bei der Durchschnittsgröße mit 113 Tieren pro Betrieb auf Rang 10 der EUGrößenskala, Österreich mit 35 Tieren auf Rang 13. Anstatt solche Kleinstrukturen zu stärken,
anstatt die ländlichen Räume aktiver zu fördern, sie ein Stück weit gegen die Ramschware der
global agierenden Lebensmittelindustrie zu schützen, orientiert sich die Politik an eben diesen
Großstrukturen. Und dann zeigt sich die Politik betroffen und verwundert, wenn wie im Fall der
Dioxin-Belastung in belgischen Produkten, mein Beispiel Nummer 2, vieles so gründlich und
umfangreich in die Hose geht. Übrigens: lange bevor der belgische Dioxinskandal hoch kochte,
wurde
bekannt,
daß
in
67%
der
Schweinefleischproben
Belgiens
Rückstände
von
Beruhigungsmitteln nachweisbar sind.
Die Kernfrage wird nicht angesprochen
Es ist das zentrale Dilemma der beschlossenen Agenda 2000, daß die Intensität der
landwirtschaftlichen Produktion immer noch nicht in Frage gestellt wird. Die Agenda 2000
resultiert nicht aus einer kritischen Analyse der ausufernden ökologischen oder sozialen
© Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Info 16/1999
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Konsequenzen der Gemeinschaftlichen Agrarpolitik. Die Agenda 2000 hat welthandels-, allgemeine
finanz- und wirtschaftspolitische Hintergründe, aber stellt keine Wende hin zu einer bauern-,
umwelt- oder tiergerechteren Landbewirtschaftung dar. Sie ist ein Spiegelbild vielfältigster
Wirtschaftsinteressen.. Bäuerliche Interessen und Umweltanforderungen werden nachgeordnet.
Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie letztlich die Beschlüsse der
Agenda
2000
zu
Stande
gekommen
sind.
Knallharte
Verhandlungspositionen
einiger
Mitgliedstaaten verhinderten von vornherein wirkliche Reformen. So machte Frankreich deutlich,
daß man nicht bereit sei, über die Kofinanzierung der Agrarpolitik auch nur ansatzweise zu reden.
Für Italien war klar, daß man nur zustimmen würde, wenn die Milchquote um 2% erhöht würde
(was gravierende Auswirkungen auf die Überproduktion und somit die Stabilität der Märkte und
der Preise hat). Spanien machte klar, daß eine Kürzung der Fördermittel aus dem Kohäsionsfonds
unannehmbar sei, Toni Blair zeigte keine Bereitschaft, über den britischen Beitragsrabatt zu
diskutieren, und Deutschland wollte seinen Nettobeitrag reduziert sehen. So etwas sind doch
optimale Voraussetzungen für Reformdiskussionen?! Wenn die Verhandlungsspielräume von
vornherein durch einige Teilnehmer so eingeengt werden, muß den anderen am Tisch sitzenden
Parteien die Zustimmung zu einem eher faulen Kompromiß deutlich versüßt werden. Und dies
geschah dann auch, in dem dem einen oder anderen Gipfelteilnehmer ein kräftiger Zusatzschluck
aus der Brüsseler Subventionspulle gegönnt wurde: Beispielsweise bekam Portugal 500 Mio. Euro
zusätzlich für die Region Lissabon (was die regionalen Disparitäten im Lande vergrößern wird),
Nordirland 500 Mio Euro in Anerkennung der Bemühungen für den Friedensprozeß, Irland im
Rahmen des Ziel 1 der Strukturfonds 550 Mio Euro, zur „Berücksichtigung der Besonderheiten der
Beschäftigungslage in den Niederlanden“ wurden 500 Mio Euro bereit gestellt, Deutschland
wurden 100 Mio zusätzliche Euros „zur Berücksichtigung der besonderen Probleme Ostberlins“
zuerkannt, Schottland „in Anbetracht der besonderen Strukturprobleme der Highlands“ 300 Mio
Euro usw. Auch Österreich wurde bedacht. Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen wird ein
Gesamtbetrag von rund 350 Mio Euro bereitgestellt. Da sage noch einer, daß das Sprichwort
„money makes the world go round“ nicht stimmt.
Im Amsterdamer Vertrag, der im Mai 1999 in Kraft trat, steht geschrieben, daß der Umweltschutz
als integraler Bestandteil in alle Politikbereiche der EU zu verankern ist. Auf dem Gipfel der EU
Staats- und Regierungschefs in Cardiff Mitte 1998 wurde der Beschluß gefaßt, einmal die
Verkehrs-, die Energie- und Agrarpolitik der EU dahingehend abzuklopfen, ob diese Integration
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bereits ausreichend vollzogen sei. Ein erster Zwischenbericht hierzu wurde dem EU-Gipfel in Wien
im Dezember 98 präsentiert. Das Ergebnis war ernüchternd, ja niederschmetternd. Und auch der 2.
Bericht der Europäischen Umweltagentur macht deutlich, daß die intensive Landwirtschaft nach
wie vor entscheidend zur Zerstörung von Natur, Landschaft und Umwelt beiträgt. Die Agenda 2000
ist deshalb eine zutiefst unbefriedigende Antwort auf eine Herausforderung, die für das Wohl der
europäischen Bürger und der Zukunft Europas von zentraler Bedeutung ist.
Dieser Artikel entstand als Beitrag des Autors für das Jahrbuch 1998 der Freiheitlichen Akademie
in Österreich.
Autor: Lutz Ribbe, Erstveröffentlichung: Juni 1999
Eine Informationsschrift der Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR)
Koblenzerstr. 9, 53359 Rheinbach.
Tel: 02226-2045, Fax: 02226-17100.
e-mail: [email protected]
V.i.S.d.P.: Lutz Ribbe
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