Hands on Particle Physics Masterclass Oliver Grünberg 1 Fahrplan 1. Einführungsvortrag (45 Min.) 2. Diskussion & Pause (20 Min.) 3. Einführung in die Messungen (30 Min.) 4. Datenauswertung & Pause (75 Min.) 5. Ergebnisanalyse & Diskussion (15 Min.) 6. Abschlussquiz (20 Min.) 7. Vorstellung des Netzwerkes Teilchenwelt (10 Min.) 2 1. Teil EINFÜHRUNG IN DIE TEILCHENPHYSIK 3 Wozu Teilchenphysik? Klärung der Grundfragen der Physik ◦ ◦ ◦ ◦ Welche elementaren Teilchen gibt es ? Welche Kräfte gibt es ? Wie entstand unser Universums ? Gibt es eine Weltformel ? 4 Von groß nach klein Auflösung bis ca. 1mm Auge Auflösung bis ca. 1µm = 0,001mm Lichtmikroskop …. und weiter ? 5 Wie sehen wir Strukturen? Sehen = Abbilden ! Wir sehen nur ein Abbild des Objekts Photonen „tasten“ Oberfläche des Objekts ab Objekt Lichtquelle Detektor Genauigkeit des Abbilds ist begrenzt durch Eigenschaften der „Lichtquelle“ und des Detektors 6 Auflösung von Strukturen Ziel: Unterscheidung von zwei Punkten Detektor 1. 2. 3. Keine Auflösung der Punkte/Lücke falls „Photonen > Struktur“ 7 Auflösung von Strukturen Ziel: Unterscheidung von zwei Punkten Detektor 1. 2. 3. Kleine Strukturen „kleine“ Photonen Größe der Lichtteilchen gegeben durch Wellenlänge λ Sichtbares Licht: λ= 400 – 800 nm Auflösung für Auge somit stark begrenzt! 8 Neue Wege zur Untersuchung Benutze anderes Teilchen als Photon Quantenphysik sagt uns: ◦ h – Planckkonstante ◦ p – Impuls des Teilchens: p=m*v h p Folgerung: Teilchen mit hohem Impuls haben kleine Wellenlänge: ◦ Nutze schnelle Elektronen statt Photonen ◦ Elektronenmikroskop 9 Virus Siliziumkristalle 10 Entdeckung der Atomstruktur Rutherford Streuexperiment (1910) 0,1 10 14 m + Elektron + Atomkern 11 Entdeckung der Quarks Beschuss von Protonen mit schnellen Elektronen Streuung der Elektronen an Quarks Detektor 12 Grundlagen 10 3 m 10 9 m 10 10 m 10 14 m 10 15 m 10 18 m 1803: Elemente bestehen aus unteilbaren Einheiten (Atomen) 1897: Entdeckung des Elektrons 1910: Atome haben Kern und Schale 1935: Kern besteht aus Protonen & Neutronen 1960er: Protonen & Neutronen bestehen aus Quarks 13 Bekannte Materieteilchen Bekannte Materie besteht aus Teilchen der 1. Familie Je höher die Familie desto schwerer die Teilchen 2. und 3. Familie nur kurz nach dem Urknall vorhanden 14 Bewegungsgesetze Wir wissen jetzt woraus Materie besteht, aber wie verhält sie sich? ◦ Bsp: Flugkurve beim Kugelstoßen m y m g x 0 Newtonsche Mechanik: Ansatz : F Lösung : g 2 y t vy t 2 x v x t x0 y0 15 Bewegungsgesetze Kräfte sind die Ursache für Bewegungen (Dynamik) Es gibt 4 bekannte Kräfte im Universum ◦ Gravitation, Elektromagn., starke Kraft, schwache Kraft Langsam ( v<<c ) Schnell ( v~c ) Groß Newtonsche Mechanik Einsteins Relativitätstheorie Klein Quantenmechanik Quantenfeldtheorie Ab 1925: Quantenmechanik (Atome, Moleküle) Ab 1928: Quantenfeldtheorie für schnelle Teilchen (Teilchenbeschleuniger) 16 Kräfte und Ladungen Zu jeder Kraft gehört eine Ladung Teilchen tragen Ladungen Kräfte koppeln an die Ladung eines Teilchens (Bsp. F=m*g Gravitation ~ Masse) Kräfte können abstoßend oder anziehend sein Kraftwirkung = Übertragung von Energie und Impuls durch Kraftteilchen Photon Elektron Elektron 17 Ladungen von Teilchen 4 fundamentale Wechselwirkungen 4 fundamentale Ladungen: ◦ ◦ ◦ ◦ 1. Farbladung Starke Wechselwirkung 2. Elektr. Ladung Elektromagnetismus 3. Schw. Ladung Schwache Wechselwirkung 4. Energie, Masse Gravitationskraft Summe der Ladungen bleibt erhalten Ladungen eines Teilchens beeinflussen sich nicht gegenseitig 18 Bsp.: die 3 Gesichter eines Quarks 19 Die elektromagnetische Kraft Eigenschaften ◦ ◦ ◦ ◦ Ladung: elektrische Ladung Q Kraftteilchen: Photon Empfänger: Quarks, Elektronen, Protonen Reichweite: RE , Stärke: S E 1 Beispiele: Laser, Radiowellen, Röntgenbilder, chemische Bindungen 20 Die starke Kraft Eigenschaften ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Ladung: 3 Farbladungen - rot, grün, blau Kraftteilchen: Gluon Empfänger: Gluon, Quark, Proton, Neutron 15 R 10 m Reichweite: S Stärke: SS 20 S E Beispiele: stabile Atomkerne, Quarkbindung zu Proton: u u d Pion: d u 21 Die schwache Kraft Eigenschaften ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Ladung: schwache Ladung (T = 1/2,0) Kraftteilchen: W±, Z0 Empfänger: Quarks, Leptonen Reichweite: RW 10 18 m Stärke: SW 1/ 100 SE Beispiele: Beta-Zerfall von Neutron und Proton 22 Die Gravitation Ladung: Energie, Masse Kraftteilchen: Graviton(?) Stärke: SG 10 40 S E Reichweite: RG Beispiele: Erdanziehung, Planetensysteme, Schwarze Löcher 23 Zusammenfassung Kräfte Kraft Starke Kraft Rel. Stärke Kraftteilchen Masse Reichweite 20 8 Gluonen 0 RS 10 15 m 1 Photon 0 1/100 W±,Z0 85× bzw. 96× m(Proton) Graviton 0 EM-Kraft Schwache Kraft RS 10 18 m Gravitation 10 40 24 Feynman-Diagramme Darstellung der Wechselwirkungen Berechnungen anhand der Graphen möglich Bsp. W- Elektron-Elektron Streuung Elektromagn. WW. Myon-Antimyon Vernichtung Elektromagn. WW. Myon-Zerfall Schwache WW. 25 Zusammenfassung: Teilchen & Kräfte Basis der Quantenfeldtheorie: starke Kraft (Atomkern) + schwache Kraft (Beta-Zerfall) + Elektromagnetismus (Licht, Radiowellen) Zerfälle und Wechselwirkungen berechenbar „Standardmodell der Teilchenphysik“ (SM) 26 Offene Fragen 1. Frage: Wo kommt die Masse her? Higgs-Mechanismus ◦ Im SM sind alle Teilchen masselos ◦ WW des Higgs-Teilchen mit anderen Teilchen verleiht Masse Vakuum: Higgs-Teilchen alleine reelles Teilchen „zieht“ HiggsT. an Teilchen wird massiv 27 Offene Fragen 2. Frage: Wie entstand unser Universum? 28 Offene Fragen 3.Frage: Woraus besteht unser Universum? ◦ bekannter Materie macht nur 4% unseres Universums aus 29 Offene Fragen 4. Frage: Gibt es eine Weltformel? ◦ Zusammenführen von Theorien schon teilweise gelungen! Elektrostatik Magnetostatik Elektrodynamik Schwache Wechselwirkung QED Starke Wechselwirkung Gravitation Elektroschwache Wechselwirkung 2010 Große Vereinheitlichung Weltformel – „Theory of Everything“ 30 Offene Fragen 5. Haben Quarks Unterstrukturen? 6. Weitere Elementarteilchen? 7. Weitere Dimensionen? … es gibt noch viel zu tun! 31 2.Teil MESSUNG DES Z0-ZERFALLS 32 Das Opal-Experiment Vielzweck-Experiment am CERN von 1989 bis 2000 Ziel: Erforschung des Z0 und seiner Zerfälle Grundprinzip: Kollision von e+ und eund Erzeungung von Z0 33 Das Z0-Boson 1960er: Vorhersage in der Theorie der elektroschwachen Kraft 1983: 1. direkter Nachweis am CERN 1990er: genaue Erforschung durch OPAL Eigenschaften: ◦ Masse = 91,2 GeV/c² … GeV/c²? 34 Masse und Energie Einstein sagt: E=mc² m=E/c² 27 Umrechnung: m( p ) 1,67 10 kg 1,5 10 Nutze Einheit Elektronenvolt: 1eV 1,6 10 Typische Größe: 1`000`000 eV = 1MeV ◦ Bsp. m(γ)=0 MeV/c² m(e-) = 0.5 MeV/c² m(µ-) = 106 MeV/c² m(p+) = 938 MeV/c² m(Z0) = 91200 MeV/c² = 91,2 GeV/c² 10 J / c² 19 J 35 Das Z0-Boson 1960er: Vorhersage in der Theorie der elektroschwachen Kraft 1983: 1. direkter Nachweis am CERN 1990er: genaue Erforschung durch OPAL Eigenschaften: ◦ ◦ ◦ ◦ Masse = 91,2 GeV/c² ≈ 97 H-Atome Elektrisch neutral 25 Lebensdauer: 1,3 10 s Unterliegt der schwachen WW und Gravitation 36 Zerfälle von Teilchen Fast alle Teilchen sind instabil und Zerfallen (außer Proton, Photon, Elektron) Art und Weise der Zerfälle durch Naturkräfte bestimmt Teilchenphysiker rekonstruieren Teilchen aus seinen langlebigen Zerfallsprodukten Bsp: Betazerfall: n → p + e- + ν Wichtig für alle Zerfälle: n ◦ Messung von Energie & Impuls ◦ Energie- & Impulserhaltung E(n) P(n) E( p) E(e ) E( ) P( p) P(e ) P( ) e p 37 Ergebnis der Neutronrekonstruktion Lebensdauer (τ) und Energiebreite (σ) sind 34 verknüpft: h 6.6 10 J s 38 Lebensdauer und Zerfallsbreite Die Lebensdauer/Zerfallsbreite eines Teilchens ist abhängig von Zahl der möglichen Zerfälle („Zerfallskanäle“) n 3 1 „Je mehr Löcher desto schneller ist der Eimer leer“ ~ 1/ n 2 Je mehr Zerfälle desto breiter das Energiespektrum 1/ ~ ~n 39 Bedeutung des Z0 Zentrale Frage: Wieviele Teilchen -Generationen gibt es? Besonderheit des Z0: Es zerfällt nur in Teilchen einer Familie! 40 Zerfallsbreite des Z0 • Breite gibt Aufschluss über Zahl der Familien = Zahl der Neutrinos Zerfallsbreite des Z0 spricht für 3 Neutrinosorten 3 Teilchenfamilien 41 Zerfallswahrscheinlichkeit Heute: Messe die Zerfallswahrscheinlichkeiten des Z0 Definition: P( Z 0 Betrachte 4 Zerfallsmöglichkeiten: ◦ ◦ ◦ ◦ xx ) N xx NZ 0 1. Z0 e+ e2. Z0 µ+ µ3. Z0 τ+ τ4. Z0 quark anti-quark 42 Z0 Zerfälle im OPAL-Detektor 43 Z0 Zerfälle im OPAL-Detektor 44 Z0 Zerfälle im OPAL-Detektor Kalorimeter aus Bleiglas MyonenDetektor 45 Z0 Zerfälle im OPAL-Detektor 46 Backup 47 Der Teilchenzoo 48 Quantenphysik & Relativität Energie-Masse Äquivalenz: E=mc² ◦ Genauer: E 2 (mc 2 )2 ( pc)2 m2 ◦ Falls: p mv 0 E mc 2 ◦ Masse: unveränderlicher Teil der Gesamtenergie (Bsp. Kugel) p2 E² = m² + p² E p m 49 Lebensdauer und Zerfallsbreite 1. Schwere Teilchen zerfallen immer in leichtere, wenn möglich! 2. Der Zerfall eines Teilchens ist ein statistischer Prozess! Manche Z0 leben länger als andere N0 N Zerfallsgesetz: 37% N0 0 N0 e t/ t 50 Quantenphysik & Relativität Teilchen-Welle-Dualismus: ◦ auch massive Teilchen haben Welleneigenschaften (Interferenzeffekte) Klassisch 51 Quantenphysik & Relativität Teilchen-Welle-Dualismus: ◦ auch massive Teilchen haben Welleneigenschaften (Interferenzeffekte) Modern 52 Quantenphysik & Relativität Teilchen-Welle-Dualismus: h p ◦ auch massive Teilchen haben Welleneigenschaften (Interferenzeffekte) Modern 53 Streuversuche 54