Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 1 Forum 9 Grundlagen des Classroom-Managements Prinzipien effektiver Klassenführung zur Prävention von Unterrichtsstörungen 21.09.2016 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem „Störungsfreier Unterricht ist eine didaktische Fiktion!“ (Lohmann, 2003, S. 13) Daher bedarf es proaktiver (Prävention/Antizipation) wie auch reaktiver (Intervention/ Problemlösung) Strategien. 2 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 3 Die Lehrperson- Persönlichkeit und Expertise (vgl. Angebot-Nutzungs-Modell der Wirkweise des Unterrichts nach Helmke 2009, S. 73 ff.) Didaktische Kompetenz Fachliche Kompetenz Diagnostische Kompetenz Klassenführungskompetenz Pädagogische Orientierungen Erwartungen und Ziele Engagement, Geduld, Humor Professionswissen Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Der „Klassiker“ des Classroom Management: Dimensionen der Klassenführung nach Kounin (1976/ Reprint: 2006) • Allgegenwärtigkeit und Überlappung • Reibungslosigkeit und Schwung • Aufrechterhaltung des Gruppen-Fokus hinsichtlich Gruppenmobilisierung und Rechenschaftsprinzip • Valenz und intellektuelle Herausforderung • Programmierung abwechslungsreichen Lernens bei Stillarbeiten 4 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 5 Kriterien des Classroom-Managements nach Evertson (2009) – Schwerpunktsetzung gemäß Helmke (2009) – PROAKTIVE STRATEGIEN REAKTIVE STRATEGIEN Klassenraum vorbereiten Regeln und Verfahrensweisen planen Konsequenzen festlegen Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten Regeln und Prozeduren unterrichten Aktivitäten zu Schulbeginn Strategien für potentielle Probleme Beaufsichtigen/ Überwachen Vorbereiten des Unterrichts Verantwortlichkeit der Schüler Unterrichtliche Klarheit Helmkes Auflistung ergänzend, darf die Umsetzung kooperativer Lernformen als weiteres bedeutsames, zwölftes Kriterium Nennung erfahren (vgl. Evertson 2009). Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem I. Vorbereitung des Klassenraums 6 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 7 Vorbereitung des Klassenraums …was es grundsätzlich zu berücksichtigen gilt (Evertson & Emmer, 2012; Wong & Wong, 2009 und Hennemann & Hillenbrand, 2010) • • • • • • • • unterrichtliche Ziele und vorrangige unterrichtliche Aktivitäten berücksichtigen Staus an viel frequentierten Orten vermeiden => „Routenplanung“ machen alle SuS sehen können häufig genutzte Unterrichtsmittel müssen für die SuS leicht zugänglich sein dem Raum Struktur geben und alle relevanten Materialstandorte deutlich mit Kennzeichnungen und Inventarlisten versehen relevante Visualisierungen müssen eingesehen werden können Reizüberflutungen im Sinne von Überdekorierungen vermeiden eine positive Arbeitsatmosphäre – unter Einbeziehung von Schülerwünschen - gestalten Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem II. und III. Regeln und Verfahrensweisen planen und unterrichten 8 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 9 Verfahrensweisen sind… häufig wiederkehrende Abläufe Sicherheit Reibungslosigkeit mehr aktive Lernzeit Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 10 Effektive Regeln nach Lohmann (2003, S. 121) wenige vernünftig verständlich positiv verbindlich beobachtbar kompatibel durchsetzbar Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Beispiele für Verfahrensweisen Routenplanung in der Klasse Ablauf des Aufschreibens der Hausaufgaben Einholen von Hilfe Toilettengang während des Unterrichts Stellen eines Sitzkreises Vorgehen beim Raumwechsel Dokumentation der Wochenplanarbeit Tätigkeit während Wartephasen Bildung von Paaren oder Gruppen 11 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Regeln und Verfahrensweisen planen» Erarbeitung von Klassenregeln I, Klasse 5/6 12 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Regeln und Verfahrensweisen planen» Ein Beispiel zur Partnerfindung nach „Tempoduett “ (Peterßen 2001, S. 282) 13 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Schulweite Vereinbarungen zu Ritualen und Verfahrensweisen im Schulalltag Schulbeginn Begrüßung Wege in der Schule / außerhalb der Schule vom Schulhof in die Klasse… Gruppenbildung Stuhlkreisbildung Ruhezeichen Lärmampel Lerntagebuch … 14 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Regeln und Prozeduren unterrichten» ...eine mögliche Verfahrensweise zur Gruppentischbildung 15 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem IV. Konsequenzen festlegen 16 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 17 «Konsequenzen festlegen» Sammlung bekannter und häufig angewandter Konsequenzen ★ Welche Konsequenzen sind Ihnen aus dem Schulalltag bekannt? Bringen Sie Ihre Einfälle ins Plenum ein. 10 min Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 18 Konsequenzen: Beispiel „Belohnungen“ (Lohmann, 2011) Punktesysteme Auszeichnungen Elternbriefe Privilegien materielle Belohnungen gemeinsame Aktivitäten Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 19 Konsequenzen festlegen Klassenebene: Konsequenzen sind nötig, um positives Verhalten zu stärken, um Unterrichtsstörungen zu vermeiden, zu unterbinden um transparent und konsequent agieren zu können die Konsequenzen müssen dem Verhalten / der Störung angemessen sein Schulebene: Vereinbarung auf schulweite Konsequenzen geben den Kindern Struktur und Sicherheit erleichtern allen Fachkräften die Arbeit machen die Arbeit für Eltern und Schüler transparent halten den Lehrern / Lehrerinnen den Rücken frei Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 20 V. Aktivitäten zu Schulbeginn Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Aktivitäten zu Schulbeginn» „Before you plan Classroom activities for the first week, you need to have your room and materials ready and to have identified your rules, procedures, and consequences.“ (Evertson 2009, S. 64) 21 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem VI. Kooperative Lernformen 22 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 23 «Kooperative Lernformen» Übung zum Basiselement 1: Soziale Fertigkeiten/Teamkompetenz (Weidner 2006, S. 45) Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterrichtliche Klarheit» Sozialziele einer Klasse 5/6 24 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 25 VII. Beaufsichtigen und Überwachen Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Beaufsichtigen und überwachen • • „teacher’s discipline problems are directly proportional to the teacher’s distance from the students“ (Wong & Wong, 2009, S. 97) „Guter Unterricht basiert auf höchster Präsenz des Lehrers – von der ersten Sekunde bis zur letzten.“ (Eichhorn, 2008, S. 149) 26 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 27 «Beaufsichtigen und überwachen» auch im Sinne einer pädagogischen Geschlossenheit am Beispiel der `He´ - Grenze plus Pädagogik • Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von A. Bäumer 0 plus Aggression Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 28 VIII. Unterrichtliche Klarheit Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 29 Unterrichtliche Klarheit (nach Helmke, 2014) Klarheit und Verständlichkeit akustisch (Verstehbarkeit) Strukturierung sprachlich (Prägnanz) inhaltlich (Kohärenz) unterrichtliche Klarheit fachlich (Korrektheit) Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterrichtliche Klarheit» Dienstplan einer Klasse 5b 30 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterrichtliche Klarheit » Schaffung von Transparenz hinsichtlich des geplanten Stundenablaufs 31 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterrichtliche Klarheit» Material/ Aufgabenplan der Klasse 5b • Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von N. Kehl 32 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterrichtliche Klarheit» Material/ Hausaufgabenplan einer Klasse 5/6 33 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 34 IX. Verantwortlichkeit der Schüler Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Schülerverantwortlichkeit • Verantwortung für das eigene Verhalten übernehmen → z.B. Selbstbeobachtungsbögen/ SelbsPnstrukPon/.. • Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen → z.B. durch Übernahme von Klassendiensten, Eröffnung echter Partizipationsmöglichkeiten • Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen → z. B. durch selbstregulierte Lernformen 35 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 36 «Verantwortlichkeit der Schüler» → Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen Projektunterricht Werkstattunterricht Arbeit mit Kompetenzrastern Freie Arbeit Wochenplanunterricht Lernen an Stationen Selbstverantwortliche Gestaltung des eigenen Lernprozesses Arbeit mit Lernportfolios Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Verantwortlichkeit der Schüler» → Verantwortung für die GemeinschaG übernehmen Der Klassenrat: Ein ritualisiertes Unterrichtskonzept „... sich auf Klassenrat als neues Element in der Schule einzulassen, heißt mehr als eine Stunde in der Woche über Probleme sprechen. Es heißt den Umgang miteinander, das Lernklima, die Klassenkultur und die Schulkultur zu verändern.“ (Giese/ Schmermund/ Haufe 2004, S. 1) 37 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Verantwortlichkeit der Schüler» – Der Klassenrat Definition „Der Klassenrat ist eine regelmäßig stattfindende Gesprächsrunde, in der sich Schüler und die Klassenlehrkraft gemeinsam mit konkreten Anliegen der Klassengemeinschaft (z.B. Ausflüge oder Projekte, Organisationsfragen wie Dienste und Regeln, Probleme und Konflikte) beschäftigen und dafür möglichst einvernehmliche Lösungen finden.“ (Blum/Blum 2006, S. 10) 38 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Verantwortlichkeit der Schüler» – Der Klassenrat Eine mögliche Tagesordnung und Rollenverteilung 39 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem X. Unangemessenes Schülerverhalten unterbinden 40 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 41 Reaktiv Modell einer effektiven (De)Eskalationsleiter (nach Lohmann, 2011) Proaktiv Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten» Wann, wie und in welcher Art interveniere ich? (Lohmann 2003, S. 156 f.) „Regel 1 Der von der Intervention ausgehende störende Einfluss sollte nicht größer sein, als die Störung, gegen die sie gerichtet ist. Regel 2 Fertigen Sie eine Liste für „Null-Toleranz-Politik“ an, auf der Sie für sich und die Klasse festhalten, welche Verhaltensweisen Sie unter keinen Umständen im Klassenraum durchgehen lassen, z. B. Mobbing Regel 3 Wann immer sie intervenieren, tun Sie es konsequent! [...] Regel 4 Halten Sie die Stufen der Eskalationsleiter ein ... 42 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten» Wann, wie und in welcher Art interveniere ich? (Lohmann 2003, S. 156 f.) Regel 5 Nicht ermahnen, sondern Ich-Botschaften oder beschreibende Rückmeldungen geben. [...] Regel 6 Nicht drohen. Kündigen Sie niemals etwas an, was Sie nicht umsetzen können oder wollen. Regel 7 Nicht erpressen! Lassen Sie den Schülern echte Wahlmöglichkeiten, damit Sie lernen, für sich Entscheidungen zu treffen. 43 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem «Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten» Wann, wie und in welcher Art interveniere ich? (Lohmann 2003, S. 156 f.) Regel 8 Was immer Sie an Interventionen, Konsequenzen oder Strafen vorhaben, sprechen Sie es mit der Klasse ab. Regel 9 Statt zu strafen konfrontieren Sie die Schüler sachlich mit logischen Konsequenzen. Regel 10 Wenn Sie strafen, dann muss es auch weh tun.“ (Lohmann 2003, S. 156 f.) 44 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 45 «Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten» ... Direkte Bitte oder Aufforderung Umstrukturieren Ignorieren Nonverbale Zeichen Appelieren Herausnehmen (Time-out) Verhaltens modifikation Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem 46 Ich fülle meinen Handwerkskoffer.... Prävention (Planung) Antizipation (Unterstützung) Proaktive Strategien Classroom-Mangement! Vorausplanende Prävention: • • • • • • • Regeln früh einführen Routinen einüben Anreize für Regeleinhaltung schaffen Sanktionen für Verstöße klarstellen Vereinheitlichung der Regeln und Konsequenzen im System Eigene Regeln ernst nehmen vorbereiteter Klassenraum Breite Aktivierung: • Lebendige Stimme, Mimik, Gestik • anregende Inhalte, Methoden, Medien • Fragen erkennbar der ganzen Klasse stellen, ausreichend Zeit zum Nachdenken (mehr als 3Sek!)/ • verständliche Texte, klare Aufgabenformulierung/ häufig kleine Leistungskontrollen/ • positive Rückmeldungen Unterrichtsfluss: • • • • • Warten der Schüler vermeiden Unterbrechungen vermeiden! Zügiger Wechsel von einer Aktivität zur Nächsten Keine langweilenden langen Dialoge führen Eigene Störungen unterlassen Präsenzsignale: • Standort mit gutem Einblick in die ganze Klasse wählen • Blickkontakt zum Einzelnen und zur Gruppe halten • im Raum bewegen Problemlösung (Veränderung) Reaktive Strategien •Motivation und Ermutigung • Loben • Spiegeln • Umlenken • Umgestalten • Umstrukturieren • Blickkontakt • Nonverbale Zeichen • Sich nähern • Berühren • Versprechen – Belohnen • Verhaltensmodifikation •... Intervention (Aktion) • Ignorieren • Direkte Bitte oder Aufforderung mit Begründung und Hinweis auf die geltenden Regeln • Nonverbale Zeichen (Blickkontakt, sich nähern, Berührung,...) • Appellieren • Humor • Konfrontation • Herausnehmen (Time out) • Konsequenzen aufzeigen • Symptomverschreibung • Verhaltensmodifikation • Umgestalten • Umstrukturieren • ... • Konfliktgespräche (z. B. LehrerSchüler-Konferenz nach Gordon) • Verhaltensmodifikation (Kontingenzverträge/ Kooperative Verhaltensmodifikation nach Redlich und Schley) • ... Strategien entnommen aus: Bergsson/ Luckfiel 1999; Braun/ Schmischke 2006/ Lohmann 2003/ Nolting 2008 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem XI. Strategien für potentielle Probleme und mehr… 47 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Strategien für potentielle Probleme nach Evertson & Emmer, 2012 und Hennemann & Hillenbrand, 2010) individuelle Tokenprogramme Gruppenkontingenzverfahren Time-Out-Raum individuelle Absprachen zu Time-Out-Maßnahmen kollegiale Unterstützungssysteme Schülercoaching/Schülersprechstunde Sozial-kognitive Trainingsprogramme ... 48 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Ein Wort zum Schluss… Einige der kennen gelernten Kriterien ... „mögen auf den ersten Blick trivial erscheinen. Entscheidend ist jedoch das Gesamtmuster: Lehrkräfte, die sich mit Erfolg an diesen Prinzipien orientieren und sich auf diese Weise prospektiv-vorausschauend und proaktiv (statt intervenierend und reaktiv) verhalten, haben nachweislich wesentlich weniger Schwierigkeiten mit der Klasse und gewinnen somit mehr Zeit und Ressourcen, die den eigentlichen Lehraufgaben zugute kommen.“ (Helmke 2014, S. 184) 49 Auf dem Weg zum inklusiven Schulsystem Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 50 Literaturempfehlungen zum Forum 9: Classroom-Managment • Eichhorn, Christoph: Classroom-Management. Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. 8. Aufl. 2015. Klett-Cotta. 16,95 € • Nolting, Hans-Peter: Störungen in der Schulklasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung. 13 Aufl. 2016. Beltz. 12,95 € • Blum, Eva & Blum, Hans Joachim: Der Klassenrat: Ziele, Vorteile, Organisation. 2012. Verlag an der Ruhr. 24,99 € • www.derklassenrat.de Informationen und bestellbare Materialpakete zur Gestaltung eines Klassenrats. • Blumenthal, Carnein, Hartke, Vrban: Schwierige Schüler - Sekundarstufe: 64 Handlungsmöglichkeiten bei Verhaltensauffälligkeiten. 3. Aufl. 2016. Persen. 22,95 €