Methoden der Materialcharakterisierung HS 2014 Lösung Serie 3, 01.10.2014 1. Die Indikatrix von SbSI (Antimonthiojodid) SbSI Kristalle sind optisch zweiachsig. Die Hauptbrechungsindizes sind stark voneinander verschieden: n1 = 2.7, n2 = 3.2 und n3 = 3.8. Zeichnen Sie den Schnitt der Indikatrix mit der 1,3-Ebene im geeigneten Massstab auf ein Blatt Papier, und lesen Sie daraus die Richtung der optischen Achsen ab. Überprüfen Sie das Resultat durch Rechnung. Achtung: Die Richtung von n2 verläuft entlang von x2, also aus dem Bild heraus, und steht im zweiachsigen Fall immer senkrecht auf die optische Achse (siehe Skript Abb. 3.1.2-4). Die Schnittfläche ist ein Kreis mit Radius n2 (rot, durchgezogen in Seitenansicht, gestrichelt in Frontansicht). Der skizzierte Schnitt durch das allgemeine Ellipsoid (blau) kann durch eine Ellipsengleichung beschrieben werden: 2 2 ⎛ x1 ⎞ ⎛ x3 ⎞ ⎜ ⎟ +⎜ ⎟ =1 ⎝ n1 ⎠ ⎝ n3 ⎠ (1) Für den Winkel α muss man nun in der x1,x3-Ebene den Schnittpunkt der Ellipse mit dem Kreis mit Radius n2, x12 + x32 = n22 , (2) finden. Laboratorium für Kristallographie 1/4 Methoden der Materialcharakterisierung HS 2014 Aus der Zeichnung liest man ab: sin α = (3) x1 n2 x1 ist noch unbekannt, deswegen sucht man durch einsetzen von Gl. (1) in Gl. (2) einen Ausdruck für x1/n2, der nur von den Brechungsindizes abhängt: 2 ⎡ ⎛ x ⎞2⎤ ⎛ x1 ⎞ 2 2 2 2 1 x = n − x = n − ⎢1− ⎜ ⎟ ⎥ n3 = n2 − n3 + n3 ⎜ ⎟ ⎢ ⎝n⎠ ⎥ ⎝ n1 ⎠ 1 ⎣ ⎦ 2 1 2 2 ⇒x − 2 1 2 3 x12 n32 2 1 n 2 2 = n22 − n32 ⎡ ⎛ n ⎞2⎤ ⇒ x ⎢1− ⎜ 3 ⎟ ⎥ = n22 − n32 ⎢ ⎝n⎠ ⎥ 1 ⎣ ⎦ 2 2 ⎡n − n ⎤ ⇒ x12 ⎢ 1 2 3 ⎥ = n22 − n32 ⎢⎣ n1 ⎥⎦ n2 − n32 2 2 2 ⇒ x1 = n1 2 n1 − n32 2 1 ⇒ ⇒ x12 n22 x1 n2 = n12 (n22 − n32 ) n22 (n12 − n32 ) =± n12 (n22 − n32 ) n22 (n12 − n32 ) Durch einsetzen in (3) erhält man für α = 40.3°. Damit ist der Winkel der optischen Achse relativ zu x3: 90° - 40.3° = 49.7°. Laboratorium für Kristallographie 2/4 Methoden der Materialcharakterisierung HS 2014 2. Doppelbrechung in Quarz, λ/4-Platte a) Ein linear polarisierter Lichtstrahl Acos(ωt – kx) mit einer Wellenlänge von λ = 589.3 nm fällt auf die y,z-Fläche einer Quarzplatte (orthogonales kristallphysikalisches Bezugssystem). Die Welle geht entlang der x-Achse (senkrecht zur optischen Achse) durch die Platte hindurch und die Polarisationsebene nimmt zur optischen Achse einen Winkel von 45° ein. Wie dick muss die Platte sein, damit sich der ordentliche (no = 1.544) und ausserordentliche (ne = 1.553) Strahl um λ/4 verschieben? Wie ist der austretende Strahl polarisiert? Polarisation beim Austritt aus der Platte: Da ordentlicher und ausserordentlicher Strahl parallel verlaufen, wenn sie senkrecht zur optischen Achse in den Quarzkristall eingestrahlt werden, überlagern sie sich beim Austritt aus dem Kristall kohärent. Da sie senkrecht zueinander polarisiert sind und eine Phasenverschiebung von π/2 aufweisen, ergibt sich zirkular polarisiertes Licht. Die Ausbreitung einer cos-Welle in x-Richtung kann durch den Term Acos(ω t − kx) beschrieben werden, wobei kx die Phasenverschiebung bestimmt. Es gilt: k = 2π ν ν = 2π = 2π n = k0 n λ v c λ ist die Wellenlänge, ν ist die Frequenz, v die Ausbreitungsgeschwindigkeit im dielektrischen Medium, c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, und n ist der Brechnungsindex. Da die Strahlrichtung beim Auftreffen auf die Quarzplatte senkrecht zur optischen Achse steht, gilt: E y = Ay cos(ω t − k y x) = Ay cos(ω t − k0 no x) E z = Az cos(ω t − k z x) = Az cos(ω t − k0 ne x) . Begründung: Die Felder von ordentlichem und ausserordentlichem Strahl sind zueinander orthogonal, daher kann man das Koordinatensystem so legen dass Ey dem ordentlichen Strahl entspricht (senkrecht zur optischen Achse), und Ez dem ausserordentlichen. Dabei sind no und ne die Brechungsindizes des ordentlichen respektive des ausserordentlichen Strahles. Die Phasenverschiebung zwischen den beiden Komponenten des elektrischen Feldes ergibt sich als Δϕ = k z xQuarz − k y xQuarz = (k z − k y )xQuarz = (k0 no − k0 ne )xQuarz = k0 (no − ne )xQuarz = … 2π (n − ne )xQuarz λ o Eine Verschiebung um λ/4 entspricht einer Phasendifferenz von π/2. Damit bekommt man für Quarz xQuarz = 16.4 µm. …= Laboratorium für Kristallographie 3/4 Methoden der Materialcharakterisierung b) HS 2014 Auf die bereits beschriebene Quarzplatte fällt (i) zirkular polarisiertes Licht und (ii) linear polarisiertes Licht mit beliebiger Polarisationsrichtung. Wie ist das Licht nach dem Austritt aus der Platte polarisiert? (i) zirkular polarisiertes Licht: vor der Platte: E y = Ay cos(ω t − kx) E z = Az sin(ω t − kx) = Ay sin(ω t − kx) (da Ay = Az für zirkulare Polarisation) nach der Platte: E y = Ay cos(ω t − kx) E z = Az sin(ω t − kx − π / 2) = − Az cos(ω t − kx) à Das Licht ist linear polarisiert. (ii) linear polarisiertes Licht mit beliebiger Polarisationsrichtung vor der Platte: E y = Ay cos(ω t − kx) E z = Az cos(ω t − kx) Nach der Platte: E y = Ay sin(ω t − kx) E z = Az cos(ω t − kx) à Ey und Ez schwingen um π/2 phasenverschoben und mit unterschiedlichen Amplituden Ay ≠ Az. Es ergibt sich also elliptisch polarisiertes Licht. Laboratorium für Kristallographie 4/4