TU BS Marketing Report WS06/07

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TU BS Marketing Report WS06/07
Inhalt
Termine
Aktuelles Lehrangebot
Thema: Neuromarekting
Studium
WWW
Literatur
Lehrstuhl
Impressum
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6
Mi, 14.03.07
Hauptdiplomklausur im Fach Marketing
WS06/07.
27.-28.03.07
2. Termin für die mündlichen Prüfungen im
Fach Marketing.
Hinweis: Die Termine können sich noch kurzfristig ändern!
Aktuelles Lehrangebot
Übersicht:
Termine
Hauptstudium
Mo, 30.10.06
Beginn der Lehrveranstaltungen WS06/07.
Mi, 01.11.06
Beginn der Marketing Lehrveranstaltungen
WS06/07.
Mi, 01.11.06
Einführungsveranstaltung im Rahmen der
internationalen E-Mail Debate mit Anmeldung und Gruppeneinteilung, 11.30 Uhr
im Hörsaal PK 11.1. (näheres s. unter
„Lehrangebot“).
Mi, 08.11.06
Gastvortrag von Herrn Cords, fischerAppelt
zum Thema „Du bist Deutschland – eine
Kampagne, die die Nation bewegt“ um 13.15
Uhr im Hörsaal PK 11.1.
04.-11.12.06
Online-Anmeldung zu den Klausuren (BWL
III/IV und Vertiefung im Hauptstudium) und
mündlichen Prüfungen im Fach Marketing im
WS06/07.
Zeit
Hörsaal
Vorlesung:
Käuferverhalten und MarketingForschung
Do 9.45-11.15
PK 4.7
Vorlesung:
Internationales Marketing
Do 13.15-14.45
PK 11.1
Seminar zum Marketing
Mi 13.15-14.45
PK 11.1
Übung:
Ausgewählte Themen des Marketing
Mi 11.30-13.00
PK 11.1
Übung:
Internationale E-Mail Debate
weitere Infos s.u.
Hinweise zur internationalen E-Mail Debate im WS06/07:
In der E-Mail Debate werden in Gruppenarbeit ausgewählte
aktuelle Themen via E-Mail mit Studierenden an der University
of Rhode Island (USA) diskutiert. Die Form der Diskussion
orientiert sich hierbei an der angelsächsischen Tradition der
Debatte und wird in englischer Sprache durchgeführt. Die
Teilnahme an der E-Mail Debate beinhaltet die selbständige
Ausarbeitung der Argumente und deren Austausch mit den
Diskussionspartnern, die Zusammenstellung eines Abschlussberichts sowie die Präsentation der zentralen Ergebnisse der
E-Mail Debate. Bei einer mindestens ausreichenden Leistung
wird ein Übungsschein erteilt. Ansprechpartnerin für diese
Veranstaltung ist Frau Dipl.-Kff. Wencke Gülow.
Mi, 20.12.06
Gastvortrag von Frau Wilke, Deloitte Consulting,
zum
Thema
„Multi-ChannelMarketing – Aktuelle Entwicklungen und
Anwendung in der Praxis“ um 13.15 im Hörsaal PK 11.1.
17.-24.01.07
Online-Anmeldung zur Klausur zur Marketing-Übung im WS06/07.
Mi, 31.01.07
Gastvortrag von Herrn Kondo, Japan Laser
Corporation um 13.15 im Hörsaal PK 11.1.
Das Thema wird noch bekannt gegeben.
Mi, 07.02.07
Klausur zur Marketing-Übung WS06/07,
11.30 Uhr im Hörsaal PK 11.1.
09.-13.02.07
(bis 15 Uhr)
Online-Anmeldung zum Marketing-Seminar
SS07.
Mi, 14.02.07
Gruppeneinteilung und Themenvergabe
für das Marketing-Seminar SS07, 11.30 Uhr
im Hörsaal PK 11.1.
Sa, 17.02.06
Ende der Lehrveranstaltungen WS06/07.
Das Konsumentenverhalten aus dem Blickwinkel des
Neuromarketing
20.-21.02.07
1. Termin für die mündlichen Prüfungen im
Fach Marketing.
von Boban Ćeranić und Bettina Lorenz
Mo, 05.03.07
Klausur BWLIII/IV WS06/07.
Nr. 8
Die E-Mail Debate wird im WS06/07 in der Zeit vom Ende
Januar bis Anfang April 2007 stattfinden. Die Einführungsveranstaltung, in der sowohl die Anmeldung als auch bereits
die Gruppeneinteilung und Themenvergabe vorgenommen
wird, findet am 01.11.07 im Hörsaal PK 11.1 um 11.30 Uhr
statt. Für Teilnahmeinteressierte an der E-Mail Debate besteht
Anwesenheitspflicht. Weitere Informationen zur E-Mail Debate
entnehmen Sie bitte unserer Webseite.
Thema
Mit der Erforschung des Konsumentenverhaltens befassen
sich viele Wissenschaften. Dabei nehmen insbesondere die
Psychologie sowie die klassische Marktforschung für sich in
Anspruch, das Verhalten erklären zu können. Durch Beobach-
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TU BS Marketing Report WS06/07
tungen, Panels und insbesondere Befragungen sollen hierbei
Erkenntnisse über den Konsumenten gewonnen werden. Bedient man sich jedoch derartiger Methoden, so sind deren
hinlänglich bekannten Defizite ein Grund, weshalb man noch
nicht weiß, was im Kopf des Konsumenten vorgeht.
Abb. 1: Beispiel für neuroökonomische Methoden [1]
Um Erkenntnisse über die wahren Hintergründe des Konsumentenverhaltens zu erlangen, was den Konsumenten antreibt
und wie dieser Entscheidungen fällt, sind Einblicke in das
Gehirn des Konsumenten nötig. Eines der Verfahren, die sich
dafür anbieten, ist die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI). Dieses bildgebende Verfahren ermöglicht es, die
Aktivierung verschiedener Gehirnareale während psychischer
Vorgänge am Computerbildschirm zu verfolgen. Die dabei
gewonnenen bildhaften Ergebnisse werden in der Fach- und
Publikumspresse unter dem Stichwort „Neuromarketing“ publiziert. Aus diesem Blickwinkel ergeben sich völlig neue Chancen, das Verhalten des Konsumenten besser zu verstehen.
Untersuchungsgegenstand des Neuromarketing ist die Beziehung zwischen Marketing-Stimuli, Gehirnaktivitäten und
dem Konsumentenverhalten, wie z. B. Kaufentscheidungen
oder Markenpräferenzen. Hierbei werden die neuronalen Vorgänge identifiziert, welche das Verhalten maßgeblich prägen
und steuern. Dazu bedient man sich neuroökonomischer Methoden und interdisziplinärer Erkenntnisse aus der modernen
Gehirnforschung sowie der Psychologie. Das Grundlagenfach
der Gehirnforschung ist die Neurobiologie, welche zugleich
das theoretische Fundament des Neuromarketing bildet. Durch
die Erforschung neurobiologischer Gehirnaktivitäten im Rahmen der Neurowissenschaften können unbewusste und emotionale psychische Vorgänge identifiziert und analysiert werden.
Damit erweitert man die Grenzen der Kognitionswissenschaften, die bis dato lediglich bewusste und kognitive psychische
Vorgänge zufrieden stellend beschreiben konnten. Ziel ist es,
durch das Studieren sowie Beobachten des Gehirns und seiner Aktivitäten zukünftig Marketingtätigkeiten effektiver und
effizienter zu gestalten.
Der Entscheidungsvorgang im Kopf des Konsumenten
Täglich werden sowohl in der Geschäftswelt als auch in der
Konsumwelt unzählige Entscheidungen getroffen. Stellt man
den Wirtschaftsteilnehmern die Frage, ob sie sich rational oder
eher emotional entschieden hätten, bekommt man
überwiegend Antworten, die ein völlig falsches Menschenbild
wiedergeben. Nämlich das Menschenbild des Homo Oeconomicus, dessen Entscheidungen das Resultat rationaler und zu
100% bewusster psychischer Vorgänge sind. Demzufolge
Nr. 8
basieren ihre Entscheidungen auf der Vernunft (lateinisch:
rationabile) und folgen dem Prinzip eines Kosten-NutzenRechners oder dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Diese
Theorie kann allerdings viele Facetten des Konsumentenverhaltens nicht erklären – beispielsweise warum etwas gekauft
wird, was nicht wirklich gebraucht wird oder warum manchmal
harmlose Schaufensterbummler zu umsatzträchtigen Käufern
avancieren.
Max Grundig, der als erfolgreichster deutscher Nachkriegsunternehmer gilt, wurde einst gefragt: „Herr Grundig, wie treffen
Sie eigentlich Ihre Entscheidungen?“ Nachdem er etwas nachdenklich schaute, lehnte er sich zurück, tippte leicht mit dem
Finger an seine Stirn und deutete danach mit der Hand auf
seinen Solarplexus: „Ich überlege und mein Bauch entscheidet“.
Tatsächlich werden über 70% aller Entscheidungen unbewusst
und emotional, sozusagen aus dem Bauch heraus getroffen.
Emotionen spielen im Kopf des Konsumenten eine wichtige
Rolle. Sie wirken hauptsächlich im limbischen System, in unbewussten Bereichen des Stamm- und Zwischenhirns. Das
limbische System ist das wirkliche Machtzentrum im Kopf des
Konsumenten. Der in der Entwicklungsgeschichte weitaus
jüngere Gehirnbereich ist das Großhirn bzw. der Neokortex. Im
Neokortex ist der Sitz unseres Wissens und Gedächtnisses
sowie der Ratio und nicht zuletzt daher auch unseres Bewusstseins. Wie diese beiden Hirnbereiche interagieren und
damit das Konsumentenverhalten steuern, wird im Folgenden
anschaulich (s. Abbildung 2) dargestellt.
■ visueller
6. Handeln
Kortex
■ limbisches System incl.
Neokortex
5. Entscheiden
4. Gefühle
1. Reizaufnahme
(bspw. am Auge)
Nucleus
accumbens
orbitofrontalem Kortex
3. Erfahrung +
präfrontaler
emotionale Bewertung
Kortex
motorischer
Kortex
■
■
2. Wahrnehmen
Amygdala
Hippocampus
Abb. 2: Im Kopf des Konsumenten – Wie das Gehirn emotional entscheidet [2]
Im ersten Schritt nimmt ein Konsument Marketing-Stimuli
durch seine fünf Sinnesorgane auf. Diese werden im zweiten
Schritt in den verschiedenen sensorischen Arealen des Gehirns wahrgenommen. Vereinfacht wird im Folgenden davon
ausgegangen, dass es sich um visuelle Reize (z.B. eine lilafarbene Werbetafel am Point of Sale (POS)) handelt. Diese
werden – genauso wie auditorische oder haptische Reize – im
Neokortex wahrgenommen, allerdings im Areal des visuellen
Kortex, welcher sich am Hinterkopf befindet. Der visuelle Reiz
wird nun im dritten Schritt über den Hippocampus mit Erfahrungen angereichert. Aufgrund dessen bewertet das limbische
System mittels der Amygdala und des orbitofrontalen Kortex
das Objekt nach seiner emotionalen Bedeutung, also ob es mit
dem individuellen emotionalen Motivfeld des Konsumenten
übereinstimmt. Ist dies der Fall, entsteht im vierten Schritt
eine positive Erwartungshaltung im Kopf des Konsumenten,
d.h. das Belohnungssystem wird aktiviert. Dieses treibt den
Konsumenten an, macht ihn euphorisch, neugierig und verleiht
ihm schließlich ein angenehmes Gefühl. Neurochemisch ist
dafür der Anstieg des Transmitters Dopamin im Nucleus ac-
2
TU BS Marketing Report WS06/07
cumbens verantwortlich. Der bisherige Entscheidungsvorgang
lief überwiegend ohne willentliche Kontrolle des Bewusstseins
ab. Ursache dafür ist die spezifische Arbeitsweise des Gehirns. Das Gehirn strebt aufgrund der Vielzahl von Sinneseindrücken nach Komplexitätsreduktion. Um dies zu erreichen,
wird ein Großteil der Hirnaktivitäten unbewusst und schnell
abgewickelt. Dabei wird nur ein Viertel der Energie benötigt,
die dem Gehirn stoffwechselphysiologisch zugeteilt wird. Im
fünften Schritt werden nun im präfrontalen Kortex die Gefühle, die im limbischen System basierend auf Emotionen und
Erfahrungen entstanden sind, mit rationalen Erwägungen gekoppelt, um eine Entscheidung zu treffen. Der wesentliche
Punkt hierbei ist, dass die Gefühle letztlich den Ausschlag
beim Treffen der Entscheidung geben. Im sechsten und letzten Schritt setzt anschließend der präfrontale Kortex das Ergebnis dieses Vorgangs in konkretes Handeln um, indem er
mit bioelektrischen Impulsen den motorischen Kortex aktiviert.
Der Konsument greift dann beispielsweise mit seiner Hand
nach der Milkaschokolade im Regal.
Geburtsstunde des Neuromarketing bezeichnet. Montague
überwachte mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) die Gehirnaktivitäten der Probanden während des gesamten Entscheidungsvorgangs. Bei der Blindverkostung von Pepsi leuchtete das Belohnungszentrum der Probanden fünfmal stärker auf als bei Coca-Cola. Wurde die Marke jedoch enthüllt, so änderten sich nicht nur, wie bereits bekannt, die angegebene Präferenz der Probanden, sondern
auch deren Hirnaktivitäten. Der Markenname Coca-Cola aktiviert zusätzlich den medialen präfrontalen Kortex. Dies ist ein
Hirnareal im Stirnhirn, welches für kognitive psychische Vorgänge und vor allem für das Selbstbild eines Menschen zuständig ist. Die Probanden verbinden offensichtlich mit der
Brause aus Atlanta (Coca-Cola) positive Assoziationen und
Selbstwertgefühle. Diese wirken schließlich stärker auf die
Markenpräferenz von Konsumenten als der reine Geschmack.
Die Erkenntnisse dienen als Beweis für die Wirkungsweise von
Marken, beispielsweise hinsichtlich der Identifikationsfunktion
der Konsumenten mit der Marke oder hinsichtlich der Orientierungsfunktion bei Kaufentscheidungen.
Pepsi vs. Coca-Cola, reine Geschmacksache?
Leistungsvermögen des Neuromarketing
Die wertvollste Marke der Welt ist seit vielen Jahren CocaCola. Der Markenwert von Coca-Cola wird von Interbrand auf
70 Mrd. US $ geschätzt. In den 70er und 80er Jahren wurde
von DeChernatony und McDonald der berühmte Pepsi- vs.
Coca-Cola-Geschmackstest mehrmals durchgeführt. Ziel war
es, die Präferenz von Probanden für diese beiden Marken zu
bestimmen. Bei der Blindverkostung der beiden Brausen (d.h.
die Marken waren den Probanden unbekannt) kam man regelmäßig zum gleichen Ergebnis: Die Mehrzahl der Probanden
gab an, dass ihnen Pepsi besser schmecken würde. Enthüllte
man jedoch die Marke, so änderte sich die Präferenz zugunsten von Coca-Cola. Auf einmal wurde Coca-Cola von denjenigen Probanden bevorzugt, die noch zuvor bei der Blindverkostung Pepsi-Anhänger waren (s. Abbildung 3).
Abb. 3: Ergebnisse des berühmten Pepsi- vs. Coca-ColaGeschmackstests von DeChernatony und McDonald [3]
Dieses bekannte, aber ungeklärte Phänomen beschreibt ein
paradoxes Konsumentenverhalten. Warum sich das Entscheidungsverhalten der Konsumenten zwischen Blindtest und
aufgedeckten Marken dermaßen ändert, kann nun dreißig
Jahre später mit Hilfe neuroökonomischer Methoden erklärt
werden.
Aufbauend auf den Testergebnissen von DeChernatony und
McDonald testete der texanische Hirnforscher Read Montague
vor einigen Jahren wiederholt Pepsi vs. Coca-Cola. Die Ergebnisse seiner Untersuchung gingen 2003 durch die Medien
und sorgten für einen wahren Aufmerksamkeitsboom innerhalb
der neuroökonomischen Forschung. Dies wird als die offizielle
Nr. 8
Obwohl sich Neuromarketing als neue Forschungsrichtung
noch am Anfang seines Leistungsvermögens befindet, werben
bereits jetzt verschiedene Consulting-Unternehmen und Werbeagenturen mit diesem neuen Begriff und bieten viel versprechende Dienstleistungen an. Welche Versprechen aufgrund
der Potenziale eventuell gehalten werden können und welche
Grenzen es noch zu überwinden gilt, wird in den weiteren
Ausführungen diskutiert.
Potenziale des Neuromarketing
• Steigerung der Effektivität und Effizienz im Marketing
Die bekannten Defizite der klassischen Marktforschung sind
ein wesentlicher Grund für die hohen Erwartungen, die an das
Neuromarketing gestellt werden. Denn wenn man davon ausgeht, dass Konsumenten ihre Entscheidungen zu über 70%
unbewusst und überwiegend emotional treffen und nur einen
verschwindend geringen Anteil (0,004 %) aller Informationen
(Reize und Signale) aus ihrer Umwelt bewusst wahrnehmen
und entsprechend ihr Verhalten, ohne es zu merken, ausrichten, dann kann man nicht erwarten, bspw. aus Befragungen,
die wahren Motive ihres Handelns zu erfahren. Schließlich sind
es oftmals sozial erwünschte, rationalisierte und vor allem
bewusste Antworten auf meist unbewusste psychische Vorgänge. Hier setzt das Neuromarketing an, indem es mittels
neuroökonomischer Methoden und Erkenntnissen aus der
modernen Gehirnforschung Potenziale bietet, das herkömmliche Marketing und hierbei insbesondere die Marktforschung
sowie die Marketinginstrumente effektiver und effizienter zu
gestalten.
• Empfehlungen für die Gestaltung
Bereits im 19. Jahrhundert erkannte der Kaufhauspionier und
Verkaufskönig John Wanamaker, dass die Hälfte seiner Werbebudgets zum Fenster hinaus geworfen wurde, um welche
Hälfte es sich handelte, wusste er jedoch nie. Hier bietet das
Neuromarketing eine weitere Möglichkeit, indem es mittels
funktioneller bildgebender Verfahren die Akzeptanz von Werbemotiven, Werbespots, aber auch von Produktdesign und
Verpackung bei den Konsumenten prüft. Diesbezüglich können anschließend neurowissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Gestaltung gegeben werden. Das hilft zum einen,
die Werbung zu optimieren und zum andern, die Flopraten von
Produktneueinführungen zu senken.
3
TU BS Marketing Report WS06/07
• Validierung und Neuentwicklung von Theorien
Ein weiteres Potenzial des Neuromarketing besteht darin,
existierende Theorien zu überprüfen und neue Theorien zu
entwickeln. So muss beispielsweise nach aktuellen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen die Hemisphärentheorie des
Nobelpreisträgers Roger Sperry aus den 80er Jahren zumindest ergänzt werden. Des Weiteren ist das Menschenbild vom
Homo Oeconomicus eher als Mythos und realitätsferne Verhaltenstheorie zu werten, welches dem komplexen Konsumentenverhalten nicht gerecht wird. Durch die moderne Gehirnforschung entstehen neue Theorien, wie die des Psychologen
und Gedächtnisforschers Hans J. Markowitsch. Dieser geht
von fünf Gedächtnissystemen aus, deren neuronale Korrelate
bereits identifiziert sind. Damit müssen wiederum alte Gedächtnismodelle, wie das 3-Speicher-Modell kritisch hinterfragt
werden.
• „Gehirngerechter Aufbau“ des POS
Des Weiteren können Erkenntnisse der Gehirnforschung im
Rahmen des Neuromarketing für den POS genutzt werden. In
der Praxis sollten die Verkaufsräume und die Warenpräsentation an die Arbeitsweise des Gehirns angepasst werden. Beispielsweise sollte die Wegeführung dem natürlichen Rechtsdrall der Konsumenten gerecht werden, die Produkte sollten
durch positive emotionale Hintergrundstimmung (Licht, Geruch, Musik) inszeniert werden und die Regalanordnung sollte
dem Tagesablauf (z. B. Frühstück, Mittag- und Abendessen)
entsprechen. Diese Beispiele sind nur eine kleine Auswahl der
Möglichkeiten, wie mit einem gehirngerechten Aufbau des
Point of Sale ein Mehrumsatz erzielt werden kann.
Neben den hier beschriebenen Potenzialen des Neuromarketing existieren, ähnlich wie bei jeder neuen Forschungsrichtung, auch Grenzen. An welche Grenzen das Neuromarketing
stößt, wird im Folgenden diskutiert.
Grenzen des Neuromarketing
• Ist das ethisch korrekt?
Das Neuromarketing weist nach Meinung von Verbraucherschutzorganisationen ein ethisches Problem auf. Es wird befürchtet, dass durch das Scannen von menschlichen Gehirnen
Erkenntnisse gewonnen werden, mit denen das Verhalten von
Menschen bzw. Konsumenten manipuliert werden kann. In den
USA hat sich bereits ein beachtlicher Widerstand gegen die
Zusammenarbeit der Werbeindustrie mit der neuropsychologischen und -biologischen Wissenschaft formiert. Die Angst wird
durch Veröffentlichungen von Büchern wie z.B. „Die geheimen
Verführer“ des Amerikaners Vance Packard geschürt. Demnach sollen Unternehmen durch unterschwellige Werbebotschaften bei Kinofilmen den anschließenden Konsum der Besucher gesteigert haben. Auch Magazine und Zeitschriften
gehen der beängstigenden Frage nach, ob nicht in näherer
Zukunft der „Buy-button“ im Kopf des Konsumenten identifiziert
wird und folglich auch der „Gläserne Konsument“ Wirklichkeit
wird. In Deutschland nehmen deswegen die Neurowissenschaftler der Universität Münster im Vorfeld neuroökonomischer Studien Kontakt mit einer extra berufenen Ethikkommission auf.
• Finanzielle und zeitliche Ressourcen
Das Interesse am Neuromarketing wurde nicht zuletzt aufgrund seiner neuroökonomischen Methoden geweckt. Um
jedoch die bildhaften Ergebnisse beispielsweise einer fMRIStudie zu erhalten, muss man vor der Anwendung finanzielle
und zeitliche Grenzen überwinden. Eine fMRI-Studie kostet bis
zu 250.000 Euro und kann bis zu vier Monate dauern. Die
hohen Kosten sind zum einen durch die mehrere Millionen
teuren Magnetresonanztomographen und zum andern durch
Nr. 8
das entsprechend ausgebildete Expertenteam (Mediziner
und/oder Neurowissenschaftler) begründet. Synergetische
Forschungsprojekte der Wissenschaft und Industrie könnten
hierbei zum gegenseitigen Nutzen beitragen, in der Form, dass
sowohl klinische als auch ökonomische Fragestellungen erforscht werden. Diesbezüglich wäre beispielsweise die Untersuchung unterschiedlicher Suchtverhalten (z.B. Konsum- und
Kaufsucht) ein potenzielles Anwendungsgebiet.
• Interpretation der gemessenen Ergebnisse
Werden die Grenzen hinsichtlich des Widerstands von
Verbraucherorganisationen und hinsichtlich der finanziellen
und zeitlichen Ressourcen überwunden, so besteht immer
noch das größte Problem, nämlich das der Fehlinterpretation
gewonnener Ergebnisse. Das menschliche Gehirn ist aufgrund
seiner komplexen Struktur noch nicht vollständig erforscht.
Viele Neurowissenschaftler haben sich mit eigenen DenkModellen auf enge Spezialgebiete fokussiert. Diese Tatsache
beeinflusst die Interpretation z.B. der fMRI-Scans. Erst wenn
Einigkeit darüber herrscht, wie Gehirnareale zusammenarbeiten und welche Funktionen sie dabei erfüllen, welche emotionalen Motivfelder im Kopf existieren und wie emotionale sowie
kognitive psychische Vorgänge ablaufen, erst dann steht ein
solides Fundament zur Interpretation der gemessenen Ergebnisse. Bis dato sollte der Untersuchungsaufbau auf mehrere
methodische Säulen gestützt werden und zusätzlich ein interdisziplinäres Forschungsteam zusammengestellt werden,
bestehend aus Neurowissenschaftlern, Medizinern, Psychologen und Marketing-Fachleuten, die zumindest Grundkenntnisse der anderen Wissenschaftsgebiete aufweisen können.
Fazit und Ausblick
Die Gehirnforschung hat im Hinblick auf den Erkenntniszuwachs einen Quantensprung in den vergangenen Jahren erzielt. Dies ist vor allem auf die modernen neuroökonomischen
Methoden zurückzuführen. Ein derartiger Erkenntnisgewinn
wird wohl für das Marketing in näherer Zukunft nicht zu erwarten sein. Obwohl Neurowissenschaftler der Universitäten
Bonn, Ulm und München bereits mit Unternehmen wie Deutsche Post, Daimler-Chrysler und BBDO Germany zusammenarbeiten, werden deren Forschungsprojekte überwiegend im
Rahmen der Grundlagenforschung angelegt sein. Somit befindet sich das Neuromarketing trotz bestehender Potenziale
noch am Anfang seines Entwicklungsstadiums. Die klassische
Marktforschung hat im Vergleich zu neuroökonomischen Methoden einen Vorsprung von Jahrzehnten. Daher werden auch
in Zukunft Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zum
Konsumentenverhalten immer noch durch Befragungen und
Beobachtungen ergänzt werden. Ein großer Verdienst des
Neuromarketing ist jedoch seine spezielle neurobiologische
Perspektive. Die Idee, hierbei unbewusste psychische Vorgänge wie Emotionen, Gefühle, Erinnern und Entscheiden am
Ort des Geschehens, nämlich dem Gehirn, zu beobachten, ist
folgerichtig, denn wenn man über das bewusste und verbalisierte Antwortverhalten von Konsumenten hinausgeht und
Forschungsobjekte wieder mehr beobachtet, wird man auch
das Verhalten von Konsumenten besser verstehen. Insgesamt
hat das Neuromarketing zumindest eine leise Revolution eingeleitet. Daher ist es zu empfehlen, Ergebnisse neuroökonomischer Studien sowie das Neuromarketing allgemein im Auge
zu behalten – ganz im Sinne der These des Wirtschaftswissenschaftlers und Nobelpreisträgers Vernon L. Smith:
„New brain imaging technologies have motivated neuroeconomic studies of the internal order of the mind […]. We are
only at the beginning of this enterprise, but its promise suggests a fundamental change in how we think observe and
model decisions in all its contexts.“
Vernon L. Smith, Nobelpreisrede, Stockholm 2002
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TU BS Marketing Report WS06/07
Quellen:
[1] Schäfer (2004): Im Gehirn des Verbrauchers, in: Gehirn
und Geist, Nr. 3, 2004, S. 15
[2] In Anlehnung an: o.V. (2006): Hirnforscher entdecken die
Macht der Intuition, in: Spiegel, Nr. 15, 2006, S. 161; Berens/Rosenhagen (2005): Neuromarketing – Der Blick in
die Kristallkugel „Konsument“?, in: Marketing Journal:
Neuromarketing, Nr. 38, 2005, S. 25
[3] Esch (2005): Strategie und Technik der Markenführung,
3.Aufl., München 2005, S. 10
Studium
WS
06/07
SS07
WS
07/08
Arbeitsberichte:
jedes SS
x
x
Investitionsgütermarketing
jedes SS
?
x
Internationales
Marketing
jedes WS
Internet-Marketing und
Electronic Commerce
jedes SS
Hauptstudium
Käuferverhalten und
Marketing-Forschung
Strategisches
Marketing
Management des
Marketing Mix
x
x
x
x
Aktuelle Empfehlungen:
eine jedes
WS
Neu erschienen sind u.a.:
unregelmäßig
x
Marketing-Übung
jedes
Semester
x
E-Mail Debate
jedes WS
x
Seminar zum
Marketing
jedes
Semester
x
x
?
x
x
Blackwell, R.D./Miniard, P.W./Engel, J.F.: Consumer Behavior,
th
10 ed., Mason (OH) 2006
Esch, R.: Wirkung integrierter Kommunikation : ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz für die Werbung, 4. Aufl.,
Wiesbaden 2006 (UB: 2854-5042)
x
x
x
x
Änderungen vorbehalten.
WWW
WWW-Tipp: <e>Market
<e>Market, das Webmagazin für Online-Marketing und ECommerce, ist ein Ableger der Zeitschrift Werben und Verkaufen und hat sich auf Themen rund um das Internet-Marketing
spezialisiert. Auf der Webseite findet der interessierte Leser
neben aktuellen Meldungen und ausgewählten Fachartikeln
auch zahlreiche Auszüge aus Studienergebnissen rund um
das Thema Internet-Marketing. Ein geeigneter Einstieg bei
Recherchen zu diesem Themenbereich.
Nr. 8
Fritz, W./Kempe, M./Hauser, A.:
Werbewirkung von Layer-Ads – Ergebnisse eines OnlineExperiments, AP-Nr. 06/02, TU Braunschweig 2006
Die Arbeitsberichte können Sie in unserem Online-Shop unter
www.wiwi.tu-bs.de/marketing/shop bestellen.
x
unregelmäßig
URL: http://www.emar.de
Fritz, W./Graf, A.:
Der Multikanalvertrieb in der Automobilwirtschaft, AP-Nr.
06/03, TU Braunschweig 2006
x
Marketing öffentlicher
Betriebe
Existenzgründung und
Betriebsübernahme,
Dr.-Ing. habil. B. Hake
Ab sofort im Buchhandel:
SS08
Grundstudium
Marketing
(BWL IV)
Neuerscheinungen aus der Abteilung (Auswahl):
Fritz, W./v.d. Oelsnitz, D.:
Marketing, Elemente marktorientierter
Unternehmensführung, 4. Aufl., KohlhammerVerlag Stuttgart, Ladenpreis: 27,00 EUR
Das Lehrangebot in den kommenden Semestern:
Intervall
Literatur
Greifeneder, H.: Erfolgreiches Suchmaschinen-Marketing,
Wiesbaden 2006 (UB: 2860-6088)
Homburg, Ch./Krohmer, H.: Marketingmanagement, 2. Aufl.,
Wiesbaden 2006 (UB: 2861-8241)
Kleinaltenkamp, M. (Hrsg.): Markt- und Produktmanagement:
die Instrumente des Business-to-Business-Marketing, 2.
Aufl., Wiesbaden 2006 (UB: BW L 763)
Kotler, P./Armstrong, G./Saunders, J., Wong, V./Walther, W.:
Grundlagen des Marketing, 4. Aufl., München 2007
Kotler, P./Pfoertsch, W.: B2B Brand Management, Heidelberg
2006
Meffert, H./Bruhn, M.: Dienstleistungsmarketing, 5. Aufl.,
Wiesbaden 2006 (UB: BW L 900)
Wirtz, B.W.: Medien- und Internetmanagement, 5. Aufl., Wiesbaden 2006
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TU BS Marketing Report WS06/07
Lehrstuhl
News:
Wir begrüßen ganz herzlich unsere neuen Kolleginnen Frau
Dipl.-Kff. Wencke Gülow und Frau Dipl.-Wirtsch.-Inf. Jessica Dettmann.
Frau Dipl. Oek. Hilke Schulenburg ist seit Juli 2006 nicht
mehr an unserem Lehrstuhl tätig. Für die ausgesprochen gute
Zusammenarbeit in den letzten Jahren danken wir ihr ganz
herzlich und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
Kontakt:
Abt. Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing
Institut für Wirtschaftswissenschaften | TU Braunschweig
Abt-Jerusalem-Str. 4 | 38106 Braunschweig
Fax: 0531-391-8202 | www.wiwi.tu-bs.de/marketing
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Fritz
Tel.: 0531-391-3202/3 | E-Mail: [email protected]
Sprechzeit: nach Vereinbarung
EG
Sekretariat: Frau Birker
Tel.: 0531-391-3202 | E-Mail: [email protected]
Sprechzeit: Di. - Do., 10-12 Uhr
EG
Dipl.-Wirtsch.-Inf. Jessica Dettmann
Tel.: 0531-391-3206 | E-Mail: [email protected]
2.OG
Dipl.-Kff. Wencke Gülow
Tel.: 0531-391-3201 | E-Mail: [email protected]
2.OG
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Michael Kempe
Tel.: 0531-391-3204 | E-Mail: [email protected]
2.OG
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Bettina Lorenz
Tel.: 0531-391-3208 | E-Mail: [email protected]
EG
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sebastian Röthele
Tel.: 0531-391-3207 | E-Mail: [email protected]
EG
Sprechzeit der MitarbeiterInnen: Mi., 10-11 Uhr
Impressum
Herausgeber:
Abt. Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing
Institut für Wirtschaftswissenschaften, TU Braunschweig
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Fritz
Abt-Jerusalem-Str. 4 | 38106 Braunschweig
Tel.: 0531-391-3202 | Fax: 0531-391-8202
E-Mail: [email protected] | URL: www.wiwi.tu-bs.de/marketing
Redaktionell verantwortlich: Michael Kempe
Erscheinungsweise: 2x jährlich, jeweils zum Ende der Semesterferien
Erscheinungsdatum dieser Ausgabe: 01.11.2006
Preis: kostenlos; zu beziehen unter www.wiwi.tu-bs.de/marketing/newsletter
© 2006 TU Braunschweig, Inst. f. Wiwi, Abt. Marketing
Nr. 8
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