Wintersemester 2015/16 Vorlesung „Ethik in der Medizin“ Einführung in die (Medizin-)Ethik Prof. Dr. Alfred Simon Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin Fallbeispiel Frau K. leidet an einem Mamakarzinom mit Lungen- und Knochenmetastasen. Die kausale Therapie ist ausgeschöpft. Angesichts sich häufender Luftnot- und Panikattacken, die immer schlechter behandelt werden können, bittet Frau K. den Stationsarzt, ihr ein Mittel zu besorgen, mit dem sie ihr Leben und damit ihr Leiden beenden kann. Soll der Arzt der Bitte von Frau K. nach Beihilfe zum Suizid nachkommen? A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Moralisches Handeln Begründung durch ethische Reflexion Bewertung aufgrund moralischer Überzeugung Handlung: Was soll ich/was sollen wir tun? A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Moral und Ethik Moral (Ethos) Gesamtheit der moralischen Normen und Werte, die von einer Person oder Gruppe als verbindlich anerkannt werden Ethik Theorie der Moral; das systematische Nachdenken über (fraglich gewordene) moralische Normen und Werte A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Medizin- und Bioethik Medizinethik Ethik in der Medizin; Anwendung ethischer Theorien auf Fragen im Umgang mit menschlicher Krankheit und Gesundheit Bioethik Ethik in den Biowissenschaften (Medizinethik, Tierethik, „grüne“ Bioethik ...) A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Ethik als Theorie der Moral Deskriptive Ethik beschreibt bestehende Moralvorstellungen Normative Ethik sucht nach Begründungen für moralische Normen und Urteile A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Begründungsansätze Konsequentialistische Theorien Bewerten Handlungen danach, wie gut oder erstrebenswert ihre Folgen sind Deontologische Theorien (gr. deon = Pflicht) Leiten Handlungsnormen aus grundlegenden Prinzipien bzw. Pflichten ab A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Konsequentialistische Theorien Utilitarismus (lat. utilitas = Nutzen) Optimierung des Nutzens für alle von einer Handlung Betroffenen Maßstab für Nutzen? Klassischer Utilitarismus (Bentham): Lust, Vermeidung von Unlust Präferenzutilitarismus (Singer): Individuelle Präferenzen Schmerzvermeidung Überleben A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Deontologische Theorien Kategorischer Imperativ (Kant) „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“ „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Deontologische Theorien Diskursethik (Apel, Habermas) Was ethisch richtig ist, kann sich nur im Diskurs zwischen kompetenten Gesprächspartnern gemeinsam herausbilden Voraussetzungen: faire Regeln gegenseitige Anerkennung „herrschaftsfreier Diskurs“ A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Deontologische Theorien Prinzipienethik (Beauchamp, Childress) Verzichtet auf ein oberstes Moralprinzip Geht von Prinzipien mittlerer Reichweite aus: Autonomy (Autonomie) Beneficence (Wohltun/Nutzen) Non-maleficence (Nichtschaden) Justice (Gerechtigkeit) A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Weitere Ethiktheorien Tugendethik Ausrichtung an menschlichen Tugenden (z.B. Mut, Wahrhaftigkeit, Empathie) Beziehungsethik (z.B. Care-Ethik) Ausrichtung an Beziehungen und daraus resultierenden Verantwortlichkeiten A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16 Zusammenfassung Ethik: Theorie der Moral Moral: Gesamtheit moralischer Normen und Werte Begründung moralischer Normen Handlungsfolgen Prinzipien bzw. Pflichten Beziehungen und Tugenden A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2015/16