1 Muskulatur 1.1 Grundlagen 2 Komponenten des Cytoskeletts – Mikrotubuli (s. 5. Klasse) und Actinfilamente – generieren Zellbewegung. Beide Strukturen bestehen aus globulären Proteinen, die sich zu fädigen Filamenten zusammenlegen. Actinfilamente bestehen aus Actin. Gemeinsam mit dem Protein Myosin generieren Actinfilamente die Kontraktionskräfte (z.B. auch bei Zellteilung, amöboider Bewegung, Endocytose). 1.2 Muskelkontraktion In Muskelzellen sind Actin- und Myosinfilamente zusammen mit anderen Proteinen zu komplexen Einheiten organisiert (Sarkomere, s.u.). Actinfilamente bestehen aus einer verdrillten Doppelkette von globulären Actin-Untereinheiten. Myosinfilamente sind Bündel aus vielen Myosinmolekülen. Actin- und Myosinfilamente sind parallel zueinander angeordnet. Bei Kontraktion gleiten diese Filamente teleskopartig aneinander vorbei. Man unterscheidet bei Wirbeltieren glatte Muskulatur, Herzmuskulatur und Skelettmuskulatur. 1.2.1 Glatte Muskulatur Innere Organe (Verdauungstrakt, Blutgefäße, Harnblase); Einzelne Muskelzellen, lang, spindelförmig. Da Actin- und Myosinfilamente in ihnen nicht so regelmäßig angeordnet sind wie in den anderen Muskeltypen, fehlt ihnen die unter dem Mikroskop sichtbare Querstreifung. Die Zellen des Verdauungstrakts sind in Schichten angeordnet, in denen die Zellen durch gap junctions verbunden sind. Daher breitet sich ein Aktionspotenzial, das in einer Zelle generiert wird, auf alle Zellen in der Gewebsschicht aus. Außerdem reagiert ihre Membran empfindlich auf Dehnung. Wenn die Wand des Darms gedehnt wird (z.B. durch Nahrung), so generieren die gedehnten Zellen Aktionspotenziale, die eine Kontraktion der Zellen bewirken. Acetylcholin bewirkt Kontraktion, Noradrenalin Entspannung. 1.2.2 Herzmuskulatur quergestreift; Zellen verzweigen sich, und die Zweige benachbarter Zellen verschränken sich zu einem Geflecht, das Herzmuskelzellen sehr reißfest macht. Zu ihrer Stärke tragen auch Glanzmuskelstreifen, die eine starke Verbindung zwischen benachbarten Zellen bewirken. Wie bei glatten Muskelzellen stehen die einzelnen Zellen in einer Schicht Herzmuskulatur untereinander in elektrischem Kontakt. Gewisse spezialisierte Herzmuskelzellen, so genannte Schrittmacher, lösen die rhythmische Kontraktion des Herzens aus. Das autonome Nervensystem modifiziert lediglich die Entladungsrate der Schrittmacherzellen. 1.2.3 Skelettmuskulatur führt Willkürbewegung aus; Hb D:\DatenWinword\Biologie\6. Klasse\Muskeln11kurzohneGrafikV1.docx 1 von 5 Skelettmuskelzellen, so genannte Muskelfasern, sind sehr schmal und lang und besitzen mehrere Zellkerne (Unterschied zu den anderen Typen!), weil sie durch Verschmelzen vieler Einzelzellen gebildet werden (Syncytium). Viele Muskelfasern werden durch Bindegewebshüllen zu zahlreichen Muskelfaserbündeln zusammengefasst. Jede Muskelfaser ist vollgepackt mit Myofibrillen – hoch organisierten kontraktilen Fäden, die aus Actin, Myosin und weiteren Proteinen bestehen. In allen Myofibrillen finden sich dünne Actin- und dicke Myosinfilamente. Betrachtet man die Fibrille in ihrer Längsrichtung, wird der Grund für die Querstreifung ersichtlich: Die Myofibrille besteht aus sich wiederholenden Grundelementen, den Sarkomeren, welche die Kontraktionseinheit darstellen. Sie bestehen aus überlappenden Actin- und Myosinfilamenten. In glatten Muskelzellen befinden sich nur lose Actin- und Myosinfilamente, die im Plasma eine Wechselwirkung mit dichten Körperchen eingehen und durch so genannte Adhäsionsplaques mit der Plasmamembran verknüpft sind. 1.2.4 Gleitfilamenttheorie Jedes Sarkomer ist von Z-Scheiben begrenzt (Verankerung der Actinfilamente). In der Mitte des Sarkomers liegt die breite A-Bande (Bereich der Myosinfilamente). Die H-Zone und die IBande, die hell erscheinen, sind Bereiche, wo Actin- und Myosinfilamente im entspannten Muskel nicht überlappen. Der dunkle Streifen Innerhalb der H-Zone wird als M-Linie bezeichnet – sie enthält Proteine, die dafür sorgen, dass die Myosinfilamente ihre regelmäßige Anordnung behalten. Innerhalb des Sarkomers werden die Myosinfilamentbündel von einem Protein namens Titin zentriert gehalten. Titin ist wahrscheinlich das längste Polypeptid des Körpers und hat die Eigenschaften eines Bungee-Seils. Wenn sich der Muskel kontrahiert, verkürzt sich das Sarkomer. Die H-Zone und die I-Bande werden viel schmaler, und die Z-Scheiben bewegen sich auf die A-Bande zu , als ob die Actinfilamente in den Bereich hineingleiten würden. Dies veranlasste zur Entwicklung der Gleitfilamenttheorie, d.h. dass sich die Actin- und Myosinfilamente nicht verkürzen, sondern aneinander vorbeigleiten. Myosinfilamente bestehen aus langen Ketten, die alle in einem Myosinkopf enden. Ein Actinfilament besteht aus 2 Ketten Actinmonomeren, die miteinander verdrillt sind. In den dadurch gebildeten Rillen liegt ein weiteres fadenförmiges Protein, das Tropomyosin, und auf diesem sitzt in regelmäßigen Abständen ein globuläres Protein, das Troponin. Die Myosinköpfe können Actin binden und weisen ATPase-Aktivität auf, d.h. sie können durch Zerlegung von ATP Energie freisetzen, die zu einer Veränderung der Orientierung des Myosinkopfs führt. Bei Erregung werden aus endoplasm. Reticulum Ca2+-Ionen freigesetzt - diese binden sich an Troponin, das seine Form verändert → drängt Tropomyosinfäden auseinander → Bindungsstellen für Myosin werden frei → Bindung an Myosinkopf, der dabei umklappt (→ Verkürzung). Durch wiederholtes Abknicken und Aufrichten gleiten Aktin- und Myosinfilamente eineinander: Hb D:\DatenWinword\Biologie\6. Klasse\Muskeln11kurzohneGrafikV1.docx 2 von 5 Die nötige Energie kommt aus ATP, das zum Lösen der Myosin-Aktin-Bindung gebraucht wird (vergleichbar einer Mausefalle). Fehlen von ATP: Bindung bleibt bestehen ⇒ Muskel wird starr (Totenstarre) In glatten Muskeln (ohne Troponin-Tropomyosin-Mechanismus!) binden Ca2+-Ionen an das Protein Calmodulin, das ein Enzym aktiviert, das die Myosinköpfe bindungsfähig macht. Das Spannungsniveau, das von einem Muskel erzeugt wird, hängt von 2 Faktoren ab: • Wie viele der zuständigen Motoneuronen feuern (räumliche Summation) • Mit welcher Rate feuern sie (zeitliche Summation. 1.3 Muskelkraft und Muskelleistung 1.3.1 Muskelfasertypen Typ-I-Fasern (ST-Fasern, slow twitch) sind langsame Muskelfasern; sie kontrahieren langsam aber mit großer Ausdauer Typ-II-Fasern (FT-Fasern, fast twitch) sind schnelle Muskelfasern, ermüden aber rasch. Muskeln, die reich an ST-Fasern sind, werden auch als rote Muskeln bezeichnet, weil sie viel O2-bindendes Myoglobin sowie zahlreiche Mitochondrien enthalten und gut durchblutet sind. Solche Muskeln eignen sich für aerobe Ausdauerleistungen (d.h. bei ausreichender O2Zufuhr; z.B. Langstreckenlauf, Radtourenrennen) Muskeln, die reich an FT-Fasern sind, werden als weiße Muskeln bezeichnet (z.B. Fleisch von Haushühnern; Gewichtheber, Sprinter) 1.3.2 Training erhöht in der Regel nicht die Zahl der Muskelfasern, sondern entweder (bei Krafttraining) die Zahl der Myofilamente und damit die Dicke der Muskelfasern, oder (bei Ausdauertraining) ihre oxidative Kapazität (s.u.). Neben dem Training kommt es sehr darauf an, wie viele Fasern von jeder Sorte von vornherein vorhanden sind (Vererbung!!!). 6. Aerobe körperliche Betätigung führt zu einer Erhöhung der Mitochondrienzahl, einer Erhöhung der Enzyme, die bei der Energienutzung eine Rolle spielen, einer Erhöhung der Kapillardichte und einer Erhöhung der Myoglobindichte, was insgesamt dazu führt, dass mehr O2 in den Muskel gelangt bzw. mehr O2 gespeichert werden kann (=Erhöhung der oxidativen Kapazität). Beim anaeroben Training (Krafttraining) werden bestimmte Muskeln immer wieder bis zur völligen Erschöpfung belastet (möglicherweise bis zu kleinen Schäden – Muskelkater). Eine derartige Belastung induziert die Bildung neuer Actin- und Myosinfilamente. 1.3.3 Vordehnung Wenn ein Muskel gedehnt wird, kommt es zunächst zu einer besseren Überlappung zwischen Actin- und Myosinfilamenten; wenn sich die Sarkomere jedoch weiter verlängern, verringert sich das Maß der Überlappung immer mehr. Daher können sich immer weniger Querbrücken ausbilden, und es wird entsprechend weniger Kraft entfaltet. Werden die Sarkomere zu stark gedehnt, dann überlappen Actin- und Myosinfilamente gar nicht mehr, und die Faser kann keinerlei Kraft mehr entwickeln (die 2 schwierigen Punkte beim Hb D:\DatenWinword\Biologie\6. Klasse\Muskeln11kurzohneGrafikV1.docx 3 von 5 Klimmzug: der Start und die letzten Zentimeter!). Eine optimale Vordehnung führt also zu maximaler Kraftentfaltung. 1.3.4 Energienachschub Das notwendige ATP kann über 3 Stoffwechselwege beschafft werden: 1. Sofortsystem: Gespeichertes ATP und Kreatinphosphat 2. Glykolytisches System: Anaerober Abbau von Kohlenhydraten zu Lactat und Pyruvat 3. Oxidatives System: Aerober Abbau zunächst von Kohlenhydraten und dann von Fetten Kreatinphosphat (KP): Dieses Molekül speichert Energie in einer Phosphatbindung, die es auf ADP übertragen kann. Die Gesamtenergie, die in allen Körpermuskeln in Form von ATP und KP verfügbar ist, beträgt nur etwa 10 kcal (nach Sekunden erschöpft). Das glykolytische System kann schnell mit einer hohen Flussrate (freisetzbare Energie pro Zeiteinheit) einspringen. Nachteile sind die Ineffizienz der Glykolyse, die geringe Kapazität und die Ansammlung von Lactat, was den Prozess verlangsamt (reicht für 1 Minute). Der oxidative Stoffwechsel kann in 1 Minute aktiviert werden und große ATP-Mengen liefern. Die Flussrate ist allerdings geringer (weiter Weg bzw. Diffusion nötig). Zunächst werden KH-Reserven veratmet, doch dann kommt es darauf an, wie stark die Belastung ist. Bei einer anstrengenden Dauerbelastung (über 70% der max. Sauerstoffaufnahme) sind KH der Hauptenergielieferant, bei moderater Dauerbelastung (unter 60% der Sauerstoffaufnahme) wird Körperfett zum Hauptenergielieferanten. Nach einer gewissen Dauerleistung sind die Glykogenreserven erschöpft und der Körper stellt endgültig auf „Fettverbrennung“ um. (Wichtig für Trainingsprogramme, die dem Abnehmen dienen!) 1.4 Bewegungstypen • • • • • • Hb Muskelparenchymbewegung: Gitter von Muskelfasern; Zunge, Schneckenfuß, Plattwürmer; vielseit. Formänder. möglich Schlauchmuskelbewegung: Uterus Pumpbewegung: Herz, Qualle Schlängelbewegung: Kontraktion aller Längsfasern einer Seite; Rundwürmer (Spulwurm) Peristaltische Bewegung: abwechselndes Zusammenziehen der Längs- und Ringmuskulatur entlang eines Muskelschlauches; Darm, Ringelwürmer (Regenwurm), Speiseröhre; 134.2 Antagonistische Bewegung: 2 Muskeln bilden Gegenspieler; Beuger-Strecker D:\DatenWinword\Biologie\6. Klasse\Muskeln11kurzohneGrafikV1.docx 4 von 5 Inhaltsverzeichnis 1 Muskulatur ............................................................................................................................................ 1 1.1 Grundlagen .................................................................................................................................... 1 1.2 Muskelkontraktion ........................................................................................................................ 1 1.2.1 Glatte Muskulatur ................................................................................................................. 1 1.2.2 Herzmuskulatur ..................................................................................................................... 1 1.2.3 Skelettmuskulatur ................................................................................................................. 1 1.2.4 Gleitfilamenttheorie .............................................................................................................. 2 1.3 Muskelkraft und Muskelleistung ................................................................................................... 3 1.3.1 Muskelfasertypen .................................................................................................................. 3 1.3.2 Training .................................................................................................................................. 3 1.3.3 Vordehnung ........................................................................................................................... 3 1.3.4 Energienachschub ................................................................................................................. 4 1.4 Bewegungstypen ........................................................................................................................... 4 INDEX Acetylcholin 1 Actin 1, 2, 3 Actinfilamente 1, 2 ATP 2, 3, 4 Calmodulin 3 Diffusion 4 Endocytose 1 Enzym 3 gap junctions 1 Glanzmuskelstreifen 1 Hb Glykolyse 4 Herz 4 Kohlenhydrate 4 Kreatinphosphat 4 Mikrotubuli 1 Myofibrillen 2 Myoglobin 3 Myosin 1, 2, 3 Noradrenalin 1 Protein 1, 2, 3 Sarkomer 2 Sarkomere 1, 3 Schrittmacher 1 Stärke 1 Stoffwechsel 4 Syncytium 2 Titin 2 Tropomyosin 2, 3 Troponin 2, 3 D:\DatenWinword\Biologie\6. Klasse\Muskeln11kurzohneGrafikV1.docx 5 von 5