160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April Mechanische Schwingungen Dorn-Bader 12/13 S. 97 ff Metzler S. 108 ff 1. Beschreibung von Schwingungsvorgängen Versuch: Federpendel Ein einfaches Federpendel zeigt die typischen Merkmale einer Schwingung: An das untere Ende einer elastischen Schraubenfeder wird ein geeigneter Körper angehängt. Durch die Gewichtskraft G = m g des Körpers dehnt sich die Feder, bis die Gleichgewichtsbzw. Ruhelage erreicht ist. Zieht man den Körper in vertikaler Richtung aus der Ruhelage nach unten und lässt ihn los, so führt er eine periodische Bewegung um die Ruhelage aus !"#$%&'()*+,-./0123456789:;<=>?@ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ[\]^_`abcdefghijklmnopqrstuvwxyz{|}~ 0 unbelastete Feder Ruhelage ~Fs ~Fs ~ G ~F ~Fs ~ G ~F ~ G A BB . 1 Durch die zusätzliche Dehnung der Feder über die Gleichgewichtslage hinaus wird die Federkraft Fs größer als die Gewichtskraft des Körpers G. Beim Loslassen zieht die Feder den Körper beschleunigt nach oben. Die beschleunigende Kraft nimmt wie die Federdehnung stetig ab, bis die Gleichgewichtslage erreicht ist. Dabei nimmt die Geschwindigkeit nach oben ständig zu und erreicht in der Gleichgewichtslage ihren größten Wert. Durch die Trägheit bewegt sich der Körper weiter nach oben. Oberhalb der Gleichgewichtslage ist die Gewichtskraft G größer als die Federkraft Fs und der Körper wird bis zur Ruhe im oberen Umkehrpunkt abgebremst. Dort hat die rücktreibende Kraft F = G − Fs ihren größten Betrag. Sie beschleunigt den Körper nach unten und der Bewegungsvorgang wiederholt sich in umgekehrter Richtung, bis der untere Umkehrpunkt wieder erreicht ist. Dann setzt die zweite Periode der Schwingung ein. Definition: Führt ein Körper periodische Hin- und Herbewegungen durch eine Ruhelage aus, so nennt man diesen Bewegungsvorgang eine Schwingung. 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April Charakteristische Größen: 1. Die Schwingungs- oder Periodendauer T ist die Zeit für einen vollen Hin- und Hergang. Sie ist die Zeitdauer zwischen zwei aufeinanderfolgenden gleichen Schwingungszuständen. 2. Die Frequenz f ist der Quotient aus der Anzahl der n Schwingungen und der dazu benötigten Zeit t f = n 1 = . t T Einheit [ f ] = 1 s−1 = 1 Hz 3. Die momentane Auslenkung oder Elongation s = s(t) gibt den Weg an, um den sich der schwingende Massenpunkt aus der Ruhelage entfernt hat. Für die Ruhelage ist die Elongation Null, sie heißt daher auch Nullage. Da die Auslenkungen nach beiden Seiten von der Nullage erfolgen, unterscheidet man sie im Vorzeichen voneinander. 4. Die Amplitude b s ist die größte Elongation einer Schwingung. Sie wird immer positiv angegeben. Sie ist die Entfernung zwischen Nullage und einem Umkehrpunkt. Hinweis: Bleibt die Amplitude einer Schwingung konstant, so heißt die Schwingung ungedämpft. Nimmt die Amplitude mit der Zeit ab, so heißt die Schwingung gedämpft. 2. Harmonische Schwingung Im Folgenden sollen die Schwingungen ungedämpft sein. Versuch: 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April An einem langen Faden wird ein Massestück (MS) zwischen zwei Schraubenfedern aufgehängt. Der Faden ist sehr lang, so dass bei kleinen Auslenkungen das MS sich nur horizontal bewegt. Man lenkt das MS aus und lässt es anschließend los: Das MS führt eine (gedämpfte) mechanische Schwingung aus. Vor diesem Oszillator lässt man mit Hilfe eines Motors ein Korkenstück eine gleichförmige Kreisbewegung ausführen und regelt die Drehzahl des Motors, die Amplitude und die Federspannung des Schwingers so, dass in der Projektion beide Schatten zu gleicher Zeit die gleiche Endlage erreichen. Im Schattenwurf erkennt man, dass sich die Bewegungen des schwingenden MS und des auf einem Kreis umlaufenden Korkens decken. Hinweis zum Experiment: Durch Veränderung der Federlängen kann die Schwingungsdauer des Pendels empfindlich verändert werden. Es besteht offensichtlich eine eindeutige Zuordnung zwischen der gleichförmigen Kreisbewegung und der betrachteten mechanischen Schwingung. Definition Eine mechanische Schwingung, die mit der Projektion einer gleichförmigen Kreisbewegung übereinstimmt, heißt harmonische Schwingung. Durch Parallelprojektion der gleichförmigen Kreisbewegung können die Bewegungsgesetze der harmonischen Schwingung abgeleitet und mathematisch beschrieben werden (Dorn-Bader Abb. B1-B4 S. 100/101). Zu einer bestimmten Zeit t entspricht ein Bewegungszustand der Kreisbewegung einer Elongation s der Schwingung. y y s r s=y ϕ b s=r x O A BB . 2 Die Phase ϕ einer Schwingung zu einem bestimmten Zeitpunkt t ist der Winkel, den der Radiuspfeil in der zugehörigen Kreisbewegung mit der positiven x-Achse einschließt. Der Radius r der Kreisbewegung entspricht der Amplitude b s der Schwingung. Umlaufzeit T und Frequenz f der Kreisbewegung entsprechen Periodendauer T und Frequenz f der Schwingung und die Winkelgeschwindigkeit ω = 2π f der Kreisbewegung der (sogenannten) Kreisfrequenz ω = 2π f der Schwingung. 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April Die Projektion des Radiuspfeils r liefert bei der Anfangsbedingung t = 0 s, s = 0 m die Elongation s = b s sin ϕ = b s sin ω t. Ist zum Zeitpunkt t = 0 s die Auslenkung s maximal, dann gilt s = b s cos(ω t). Allgemein Ist für t = 0 s die Phase ϕ0 , d. h. s(0) = b s sin ϕ0 , dann gilt für die Elongation s = b s sin(ω t + ϕ0 ) Ergebnis: Die harmonische Schwingung ist eine Sinus-Schwingung! Da man die Kreisbewegung nach dem Überlagerungsprinzip der Mechanik z.B. in zwei unabhängige Bewegungen längs der x- und y-Achse zerlegen kann, lassen sich auch Geschwindigkeit und Beschleunigung des schwingenden Massenpunktes aus der Projektion ableiten. y ~vt ~r s,v,a ~vy ~v ~ar ~ay ωt ~a ωt ~s ωt x A BB . 3 Sei o.B.d.A. bei t = 0 s die Elongation s = 0 m, also s = b s sin ω t. Dann gilt für die Geschwindigkeit v des harmonisch schwingenden Körpers: vy = v(t) = ωb s cos ωt und für die Beschleu2 s sin ωt. nigung a des schwingenden Körpers ay = a(t) = −ω b Hinweis: Die Bewegungsgesetze der ungedämpften harmonischen Schwingung lassen sich nach den bekannten Regeln (Geschwindigkeit v(t) = ṡ(t) und Beschleunigung a(t) = v̇(t) = s̈(t)) aufstellen (!beachte die Kettenregel beim Ableiten!) Für die Bewegungsgesetze der ungedämpften harmonischen Schwingung mit der Anfangsbedingung t = 0 s, s = 0 m gilt: 1. Zeit-Weg-Funktion s=b s sin(ω t) 2. Zeit-Geschwindigkeit-Funktion v = ṡ(t) = ω b s cos(ω t) 3. Zeit-Beschleunigung-Funktion s sin(ω t) = −ω 2 s(t) a = v̇(t) = s̈(t) = −ω 2 b 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April 3. Die rücktreibende Kraft bei der harmonischen Schwingung Bei harmonischen Schwingungen ist die Beschleunigung und somit nach dem newtonschen Grundgesetz F = m · a auch die Rückstellkraft proportional zur Elongation und stets auf die Ruhelage hin gerichtet. a = −ω 2 s =⇒ F = m a = −m ω 2 s = − D s Der Proportionalitätsfaktor D heißt Richtgröße des schwingenden Systems. Dieses einfache Elongations-Kraftgesetz kann auch zur Definition der harmonischen Schwingung benutzt werden. (vgl. 4) Die Richtgröße D des schwingenden Systems und die Masse m bestimmen als charakteristische Größen des harmonischen Oszillators die Kreisfrequenz ω bzw. die Frequenz f und damit die Periodendauer T folgendermaßen: r r r 1 ω 1 D D m 2 mω = D ⇒ ω = ⇒ f = = ⇒ T = = 2π m 2π 2π m f D Definition Eine Schwingung ist genau dann harmonisch, wenn sie das lineare Elongations-Kraftgesetz F = − D s erfüllt. DierPeriodendauer T eines Schwingers der Masse m und der Richtgröße D beträgt T = m 2π D Merke: Der Zusammenhang zwischen harmonischer Schwingung und gleichförmiger Kreisbewegung wird zur Zeigerdarstellung von Schwingungen verwendet. Man lässt einen Pfeil der Länge r (=Zeiger) mit der Winkelgeschwindigkeit ω um den Ursprung des Koordinatensystems rotieren und erhält aus seiner Projektion auf die s-Achse die Elongation s. 4. Die Schwingungsgleichung Bei der Herleitung der Gesetze der harmonischen Schwingung geht man vom ElongationsKraftgesetz F = − D s aus. Mit der Newtonschen Grundgleichung der Mechanik F = m a folgt: m a = − D s oder D s( t) m := Differentialgleichung (DGl) zweiter Ordnung! m s̈(t) = − D s(t) =⇒ s̈(t) = − ←− Schwingungsgleichung Die allgemeine Sinusfunktion s(t) = b s sin(ω t + ϕ0 ) ist eine Lösung. 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April Begründung: 2 s sin(ωt + ϕ0 ) = −ω s̈(t) = −ω 2b r s(t). Durch Einsetzen in die DGl D D D erhält man −ω 2 s(t) = − s(t) =⇒ ω 2 = =⇒ ω = . Mit diesem ω ist die DGl für m m m alle t erfüllt. b s, ϕ0 werden durch die Anfangsbedingungen festgelegt. Ist zum Zeitpunkt t = 0 s die Elongation s = 0 m, dann ist die Lösung s(t) = b s sin(ω t). Ist zum Zeitpunkt t = 0 s die Elongation s = b s, dann ist die Lösung s(t) = b s sin(ω t + π2 ) = b s cos(ω t). ṡ(t) = ωb s cos(ωt + ϕ0 ) 5. Der Energiesatz bei Schwingungen Wird ein Körper bei einer mechanischen Schwingung aus seiner Gleichgewichtslage ausgelenkt, so muss an ihm Arbeit gegen die Rückstellkraft verrichtet werden. Das System gewinnt Elongationsenergie. Nach dem Loslassen des Körpers nimmt die Elongationsenergie WElong ab und die kinetische Energie Wkin zu. Ist keine Dämpfung vorhanden, so wandeln sich die beiden Energieformen periodisch ineinander um. Ihre Summe bleibt nach dem Energiesatz erhalten. Für die ungedämpfte harmonische Schwingung lässt sich dies beweisen: 1 2 1 1 1 Ds = D ŝ2 sin2 ωt Wkin = mv2 = m ω 2 ŝ2 cos2 ωt 2 2 2 2 1 1 D ist, folgt Wkin = D ŝ2 cos2 ωt und somit WElong + Wkin = D ŝ2 (sin2 ωt + cos2 ωt) = Da ω 2 = m 2 2 1 2 D ŝ = konstant. 2 1 Hinweis: Mit D = m ω 2 wird die Konstante zu mω 2 ŝ2 . Die Gesamtenergie des harmonischen 2 Schwingers ist also den Quadraten der Amplitude und der Frequenz (ω = 2π f ) proportional. WElong = Beispiele harmonischer Schwingungen Das Feder-Schwere-Pendel Nach dem Hookeschen Gesetz ist die Dehnung einer Schraubenfeder der dehnenden Kraft proportional. Wählt man die positive Richtung der Auslenkung nach unten, so gilt: • In der Gleichgewichtslage hebt die nach oben gerichtete Spannkraft Fs = − D y0 die nach unten gerichtete Gewichtskraft G auf: G = − Fs • Wird der Körper um die Strecke s > 0 nach unten ausgelenkt, dann vergrößert sich die Zugkraft Fs = − D (y0 + s) der Feder. Es ergibt sich eine resultierende Kraft F = − D (y0 + s) + G = − D y0 − D s + D y0 = − D s nach oben. • Wird der Körper um die Strecke s < 0 nach oben ausgelenkt, dann verkleinert sich die Zugkraft Fs = − D (y0 + s) (s < 0) der Feder. Es ergibt sich eine resultierende Kraft F = − D (y0 + s) + G = − D y0 − D s + D y0 = − D s nach unten. 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April 0 ~Fs ~s ~Fs y0 ~ G ~s ~Fs ~F ~ G s<0 0 s>0 ~F y ~ G s = y − y0 A BB . 4 Für die Rückstellkraft F ergibt sich in beiden Elongationsrichtungen dasselbe lineare ElongationsKraftgesetz: F = − D s. Das Feder-Schwere-Pendel schwingt also harmonisch. Das Fadenpendel Eine kleine Kugel ist an einem dünnen Faden aufgehängt (=Fadenpendel). Als Elongation der schwingenden Kugel misst man die Länge s des Bogens, auf dem sich die Kugel bewegt. O.B.d.A. kann sie links vom Nullpunkt positiv, rechts davon negativ gerechnet werden. Diese Vorzeichenregelung kann auch für Geschwindigkeiten und Kräfte getroffen werden. Die rücktreibende Kraft liefert die auf den Pendelkörper der Masse m wirkende Gewichtskraft G = m g. Die Gewichtskraft G wird in zwei Komponenten zerlegt. Die Komponente Fr in Richtung des Fadens wird durch seine Spannkraft kompensiert. Die Komponente Ft tangential an den Kreisbogen ist der Elongation entgegengerichtet, sie ist die rücktreibende Kraft. Für sie gilt: mg sin ϕ Ft =− . Ft = −mg sin ϕ. Mit s = ℓ ϕ (ϕ im Bogenmaß) wird s ℓ ϕ Ft Schwingt ein Fadenpendel harmonisch? Dazu müsste der Quotient konstant sein. Da sich s sin ϕ sin ϕ nicht kürzen lässt, liegt keine Konstante vor. Für kleine Winkel ϕ ist jedoch ≈ 1 ϕ ϕ (für ϕ < 10◦ ist der Unterschied zwischen sin ϕ und ϕ kleiner als 0,5%). In diesem Bereich ist Ft mg ≈ =konstant. Man kann in diesem Winkelbereich das Fadenpendel als harmonischen s ℓ s Schwinger der Richtgröße D = mg betrachten. Für die Periodendauer gilt dann T = 2π ℓ ℓ . g 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April ϕ ℓ x ϕ ~Fr ~Ft s ~ G A BB . 5 Hinweise: • Um bei einem schwingungsfähigen System zu überprüfen, ob es harmonisch schwingt, F genügt es - ohne Rücksicht auf Vorzeichen - zu untersuchen, ob =konstant ist. s • Für kleine Auslenkungen ist s ≈ x, d. h. gleich der horizontalen Auslenkung. Somit kann auch beim Fadenpendel für kleine Auslenkungen die Elongationsenergie mit W = 1 1 mg 2 2 2 Dx = 2 · ℓ x ausgedrückt werden. Übungen Beispiel: • Dorn-Bader S. 102 Berechnungen am Federpendel • Dorn-Bader S. 103-V1 Schwingende Flüssigkeit im U-Rohr. • Dorn-Bader S. 105 Der horizontale Federschwinger (Musteraufgabe: Dorn-Bader S. 106) Aufgaben S. 102 A1, A2; S. 104 A2/A3; S. 107 A2, A6 bis A8 Reihenschaltung und Parallelschaltung von Federn Fs . April 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX < = 0 > 1 2 ? 3 @ ;4 5 6 /7 8 9 :.A -B + ,C *# D $ % )"E (F !& G 'K JH L M IN ~ O }P |m Q u w v{zyxtR sln ko p q rS T jU g h V ià b d ce W f_ ^]X \Y Z [ s 10 20 D 1 D 1 D 2 s D 2 D 2 D 1 D 2 D 1 F F s F A BB . 6 Reihenschaltung s1 + s2 = s ⇒ F 1 1 1 F F + ⇒ = + = D1 D2 D D D1 D2 Parallelschaltung F = F1 + F2 ⇒ D · s = D1 · s + D2 · s ⇒ D = D1 + D2 6. Gedämpfte Schwingungen vgl. Dorn-Bader S. 112/113 Experimente dazu können im Praktikum durchgeführt werden. Wird eine harmonische Schwingung durch eine konstante Reibungskraft gedämpft, so nehmen die Amplituden linear ab. Bei einer zur Geschwindigkeit proportionalen Reibungskraft, nehmen die Amplituden exponentiell ab. Übungen Dorn-Bader S. 113 A1 und A2 7. Rückkopplungsschaltung vgl. Dorn-Bader S. 114 V1 und V2 Experimente dazu können im Praktikum durchgeführt werden. 160407Ph4-Jg12MechanischeSchwingungen.TEX . April 8. Erzwungene Schwingungen vgl. Dorn-Bader S. 116 V1 Experimente dazu können im Praktikum durchgeführt werden.