Elia – Psychogramm eines Gotteskriegers Ein Versuch Von: Helge Martens, erschienen im Deutschen Pfarrerblatt, Ausgabe: 11 / 2016 Vornehmliche Funktion der Religion ist es, das Leben in seiner Kontingenz, besonders in deren traumatisierenden Anteilen, zu bewältigen. Ausgehend von diesem Religionsverständnis analysiert Helge Martens die literarische Figur des Elia. Dabei gelangt er zum Psychogramm eines manisch-depressiven Gotteskriegers, dessen verhängnisvolle Tendenz zur Gewalt Martens bis in die Gegenwart hinein identifiziert und kritisiert. Mein Interesse gilt der literarischen Figur Elia, nicht einer möglichen historischen Person(1). Ich gehe dabei von folgendem Religionsverständnis aus: Religion ist die Überführung von Resonanzerfahrungen in Sinnkonstruktionen. Eine vornehmliche Funktion der Religion ist dabei, das Leben in seiner Kontingenz, besonders in deren traumatisierenden Anteilen, zu bewältigen. Auf die Eliaerzählungen bezogen, scheint es mir insbesondere um Sinnkonstruktion angesichts konkurrierender Sinnkonstruktionen in Krisensituationen zu gehen. Leitfragen sind dabei: Auf welche Erfahrungen reagiert "Elia", wie er reagiert bzw. agiert? Wie konstruiert er seine "Wirklichkeit"? Welche seelische Disposition spielt dabei welche Rolle? Es ist der Versuch, einen anderen Verstehenszugang zu den Eliageschichten zu finden, und insofern Geschichten immer auch exemplarische Geschichten sind, Zugang zum Handeln bestimmter Menschen in bestimmten Situationen. Ich nehme dabei nicht alle Erzählungen in den Blick, sondern den Hauptstrang, den Konflikt mit den Baalspropheten und dessen Voraussetzungen und Folgen sowie den Tod des Elias und Andeutungen zum Fortgang der Geschichte. Affektive Störungen Verständnis von Texten ist abhängig von dem Verstehenshintergrund des Lesenden, je nachdem, welche "Brille" man aufsetzt, offenbart der Text andere mögliche Zugänge. Dabei ist nicht von Bedeutung, welches der "richtige" Zugang ist (das setzte eine Metaperspektive voraus, die nicht menschenmöglich ist), sondern es geht darum, verschiedene Zugangsmöglichkeiten zu eröffnen und so immer wieder neu Geschichten "zur Sprache" zu bringen. Mir scheint, die Eliaerzählungen weisen einige Aspekte auf, die verständlicher werden, wenn man das Tun und Ergehen des "Elia" mit Hilfe der ICD 10 der WHO(2), der derzeit gültigen Liste von "Krankheiten"(3), zum Verstehen hinzuzieht. Das Kapitel V. mit den Untergruppen F 00 - F 99 behandelt die psychischen und Verhaltensstörungen, besonders aufschlussreich scheint mir für das Verständnis der Eliaerzählungen F 30: Affektive Störungen. Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 1/10 Die Hauptsymptome affektiver Störungen bestehen in "Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder ohne begleitender Angst - oder zur gehobenen Stimmung." Auslöser sind oft belastende Ereignisse oder Situationen (F 30). Wenn die Stimmungen schwanken, handelt es sich um eine bipolare affektive Störung (F 31), Schwankung zwischen Manie mit und ohne psychotischen Symptomen (F 30.1 und 30.2) und depressiven Episoden mit und ohne psychotischen Symptomen (F 32.2 und 32.3). In den manischen Episoden ist die Stimmung "situationsinadäquat gehoben", etwa verbunden mit "Überaktivität" und "Rededrang", die "Selbsteinschätzung ... mit Größenideen oder übertriebenem Optimismus häufig weit überhöht." Der "Verlust normaler sozialer Hemmungen kann zu einem leichtsinnigen, rücksichtslosen oder in Bezug auf die Umstände unpassenden und persönlichkeitsfremden Verhalten führen" (F 30.1). Hinzukommen können "Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen (zumeist Stimmen, die unmittelbar zum Betroffenen sprechen)". Dabei können die "Erregung, die ausgeprägte körperliche Aktivität und die Ideenflucht ... so extrem sein, daß der Betroffene für eine normale Kommunikation unzugänglich wird." (F 30.2) Die manischen Episoden wechseln - bei bipolarer Störung - ab mit depressiven Episoden, gekennzeichnet durch "Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und -handlungen" (F 32.2), in schweren Fällen verbunden mit "Halluzinationen, Wahnideen, psychomotorische(r) Hemmung" und "Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafter Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme" (F 32.3). Ich habe auch deshalb die knappen Ausführungen der ICD 10 vorangestellt, weil ich vermute, auch so sind dem einen oder anderen Leser einige "passende" Eliaepisoden eingefallen. Ich gehe nun den Haupterzählstrang des Eliazyklus (1. Kön. 17,1 - 2. Kön. 2,11), der Erzählung des Konfliktes Elias mit König Ahab, dessen Gattin Isebel und den Anhängern des Baalskultes, entlang. Die Suche nach dem Schuldigen Die Erzählung beginnt mit der Ankündigung einer Dürreperiode. Elia, der sich als im Dienste JHWHs stehend beschreibt, kündigt Tau oder Regen erst wieder für die Zeit an, die er ansagen werde (1. Kön. 17,1). Wir gehen davon aus, dass damals in der Tat eine mehrjährige Dürreperiode(4) herrschte, die Bibel spricht von einer "langen Zeit", erst im "dritten Jahr" werde Jahwe es wieder regnen lassen (1. Kön. 18,1). Längere Dürreperioden sind in einer agrarischen Gesellschaft lebensbedrohlich: "Die Hungersnot aber war groß in Samaria (1. Kön. 18,2)". Sie lösen schwere Krisen aus, psychisch als Lebensangst, sozial, indem sie zu schweren Konflikten führen können. Das gilt heute noch in gleicher Weise. Einer der Gründe etwa für den Bürgerkrieg in Syrien dürfte die Versorgungslage aufgrund der Dürreperiode 2006 bis 2010 gewesen sein.5 Elia selbst könnte in besonderer Weise betroffen gewesen sein, insofern er möglicherweise zu den Besitzlosen gehört hat, die Ärmsten trifft es am härtesten. Dafür spricht, wenn man mit dem hebräischen Text (17,1) "mitoshabe gilad", Beisasse aus Gilead, also Besitzloser liest.(6) Dafür spricht auch, dass Elia an einem Bach haust, nur durch ein Wunder zu essen hat (1. Kön. 17,3-6), und, als der Bach versiegt, von den spärlichen Speisen einer Witwe mit ernährt wird und diese, ihr Sohn und Elia auch nur durch ein Wunder überleben (17,7ff). Dafür sprechen auch die Angaben über die wenig zivile Kleidung, zottiges Fell und Ledergürtel, Elias (2. Kön. 1,8). Möglicherweise also war Elia von dieser Dürre in besonderer Weise selbst betroffen. Es entspricht dem menschlichen Bedürfnis, die "Ursachen" bedrohlicher Lagen zu verstehen, um ihnen dann entgegenwirken zu können. Eine solche "Verstehensmöglichkeit" ist die Suche nach einem "Schuldigen". Das kann man Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 2/10 selber sein. Israel hat seine militärischen Katastrophen, aber auch Naturkatastrophen wie die Sintflut, als Strafgericht Gottes gegen Israel bzw. die Menschheit gedeutet. Indem man erlebte Ohnmacht in Katastrophen sich selber als Schuld attribuiert, gewinnt man Handlungskompetenz zurück, "denn dem Schuldigen bleibt die Möglichkeit, die Schuld abzubüßen oder begnadigt zu werden und die Gewissheit, er bräuchte sich das nächste Mal nur anders zu verhalten und würde so der traumatisierenden Katastrophe entgehen können".(7) Es gibt aber auch einen anderen, vielleicht bevorzugt beschrittenen Weg: Die anderen sind schuld! Das entlastet einen selbst, klärt trotzdem den Kausalnexus - und sei er noch so illusionär - und lässt Handlungskompetenz zurückgewinnen, nämlich indem man die "Feinde", die die Katastrophe verschuldeten, bekämpft, dadurch die "Ursache" der Katastrophe beseitigt und das Land in bessere Zeiten führt. Religionspolitik Der "Lösungsweg" des Elia ist der letztere: In der Begegnung mit König Ahab, der Elia vorwirft, er sei der "Verderber" Israels (18,17), stellt Elia aus seiner Sicht klar: "Nicht ich habe Israel ins Unglück gestürzt, sondern du und das Haus deines Vaters, da ihr die Gebote des HERRN verlassen habt und da du den Baalen nachgelaufen bist" (18,18). Der Vorwurf bezieht sich auf die Errichtung eines Baalsaltars in der Hauptstadt des Nordreichs, Samaria (16,29ff), eigentlich ein außenpolitisch kluger Schachzugs Ahabs, der sich mit einer Tochter des Königs von Sidon vermählt hatte und ihr einen Tempel errichtete als Zeichen der "Ehrerbietung vor dem Hauptgott des verbündeten Nach­bar­volkes".(8) Möglicherweise war die Residenz Samaria stärker an Baal orientiert und eine zweite Residenz Ahabs, nämlich Jesreel, stärker an Jahwe, jedenfalls förderte Ahab, aus bündnispolitischen Gründen, eine dyotheistische Religiosität im Lande.(9) Dass Ahab persönlich den Baalskult bevorzugte, ist eher unwahrscheinlich, die Namen aller seiner Söhne z.B. haben einen JHWH-Bezug10 , aber die Förderung des Baalskultes und die ethnischen und sozialen Konflikte in Israel "verschmolzen zu einem explosiven Gemisch".(11) Ahab und die Baalsanhänger sind also "schuld" an der Dürre, die Elia als Strafe Gottes für die Errichtung des Baalsaltares deutet: eine inadäquate Interpretation, die aber insofern Handlungskompetenz ermöglicht, als die Vernichtung der Feinde die Aufhebung der Strafe beinhalten müsste. Sie ist bei Elia von Anfang an verbunden mit einer übersteigerten Selbsteinschätzung. Wohl beschreibt er sich als in JHWHs Dienst stehend, aber die Dürre solle so lange währen, bis er, Elia, anderes ansagt. Das ist in der Formulierung ein kleiner, feiner Unterschied zu vergleichbaren Prophetenreden, etwa Jer. 2,2: "Geh und rufe in die Ohren Jerusalems: So spricht der HERR: ..." Der erste Auftritt Elias in 1. Kön., also überhaupt, beginnt mit dieser selbstmächtigen Ansage, erst in 17,2-4 folgt ein Wort JHWHs, das indirekt die Ansage Elias bestätigt.(12) Schuld also sind die anderen, aber Elia ist der Mächtige, der ansagen wird, wann und ob Regen kommt. Man könnte bereits hier vom Beginn einer Stimmung sprechen, die nach ICD 10 als überhöhte Selbsteinschätzung mit Größenideen zu bezeichnen wäre. Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 3/10 Inszenierter Konflikt Konflikte treiben auf Lösungen zu, nicht selten gewalttätige. Elia inszeniert einen solchen Konflikt, indem er auf eine Entscheidung auf dem Berge Karmel drängt - Anhänger JHWHs gegen Baalsanhänger, Rechtgläubige gegen Abtrünnige (18,19f). Elia wendet sich an das versammelte Volk mit den Worten: "Wie lange wollt ihr auf beiden Seiten hinken? Ist Jahwe Gott, so haltet euch zu ihm; ist’s aber Baal, so haltet euch zu ihm" (18,21). Das lässt sich so formulieren, weil der Ausgang klar ist. Die Voraussetzung aber ist eine Fiktion: Es gibt nicht "das" Volk, sondern es leben in Kanaan verschiedene Volksgruppen mit unterschiedener Identität und Religion. Die (falsche) Annahme, "Israel" sei "ein" Volk unter "einem" Gott führt dazu, die einen als Rechtgläubige, die anderen als die Abtrünnigen zu betrachten, und führt bei Elia zu Handlungen, einen Zustand herstellen zu wollen, der der Fiktion entspricht. Das kann Vernichtung der anderen, z.B. "Andersgläubigen", mindestens aber deren Repräsentanten, bedeuten. Das passiert in Krisenzeiten und ist heute im Grundsatz nicht anders als damals: der Genozid an den Juden im 20. Jh., der Genozid an den Armeniern, der Konflikt Protestanten - Katholiken (eigentlich Engländer - Iren in Nordirland) über viele Jahrhunderte, Türken und Kurden in der Türkei oder Syrien, Alawiten und Sunniten in Syrien. Ja, auch die Pegida-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland beruht auf der Fiktion eines homogenen "Volkes" und versucht die Wirklichkeit (z.T. auch gewaltsam) dieser Fiktion anzupassen. Elia provoziert eine Entscheidung am Berg Karmel, ein Gottesurteil solle die Wahrheit ans Licht bringen: Jahwe oder Baal. Ein Stier sei zu opfern ohne Feuer zu legen, nur durch Anrufung der Gottheit solle der Holzstoß des Opfertieres entzündet werden (18,23f). Die Mühen der Baalspropheten verspottet Elia (V. 27), er befindet sich in zunehmend gehobener, situationsinadäquater Stimmung und verströmt übersteigerten Optimismus, möglicherweise Anzeichen einer beginnenden Manie. Elias Stimmung schaukelt sich immer weiter auf. Er lässt, Ausdruck übersteigerter Gewissheit, das zu entzündende Opferholz mit Wasser übergießen, um dann zur Zeit der Speisopferdarbringung (V. 36) durch ein Gebet den Holzstoß entflammen zu lassen. Elia hat Erfolg, das "Volk" bekennt sich zu Jahwe (V. 39) und damit könnte die Geschichte zu Ende sein. Die manische Episode steigert sich aber noch weiter: Elia lässt die Baalspropheten ergreifen, führt sie an den "Bach Kison und schlachtete sie daselbst" (V. 40), die manische Phase mündet in einen Blutrausch sondergleichen.(13) Absturz in die Depression Nun kann man einwenden, der bisherige Gang der Erzählung ließe sich auch ohne die Annahme einer affektiven Störung des Protagonisten erklären, religiöse oder politische Ideologen würden in Krisenzeiten nicht selten mit blutiger Gewalt agieren(14), das derzeit sprechendste Beispiel wären die Attentate und Zerstörungen durch den sogenannten IS, aber auch Attentate fundamentalistischer Christen auf Abtreibungsärzte in den USA gehören hierher. Allein der Fortgang der Erzählung spricht dagegen. Auf die manische Phase Elias folgt, wie es bei bipolaren Störungen der Fall ist, die depressive. Elia flieht, um sein Leben zu retten (19,3) und verbirgt sich in der Wüste, um dort in tiefe Depression mit suizidaler Absicht zu verfallen: "Es ist genug! So nimm nun, Herr, mein Leben hin, denn ich bin nicht besser als meine Väter" (19,4). Eben noch feiert er sich als Sieger im Auftrag JHWHs über den Baalskult, und nun will er nicht mehr leben. Die Verfolgungsandrohung durch Isebel (19,2) reicht nicht hin, das zu erklären, denn in der Tat kann man ihr ja entkommen - wie jene JHWH-treuen Propheten, die Obadja vor ihr versteckte und versorgte (18,4f)(15); und er hat doch obsiegt in der Auseinandersetzung mit Baal und ist von Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 4/10 JHWH bestätigt worden. Elia aber will sterben. Die Begründung: Er sei nicht besser als seine Väter. Das kann nur bedeuten, er sei insofern nicht erfolgreich gewesen, als er nicht alle Anhänger des Baalskultes auszurotten vermochte, dass es sie in der Person der Isebel und ihrer Gefolgschaft immer noch gebe. Dahinter steht ein Selbstbild schwer zu überbietenden Größenwahns, auf den zwangsläufig die Depression erfolgen muss, mit allen Merkmalen nach ICD 10: "Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und -handlungen" (F 32.2), in schweren Fällen verbunden mit "Halluzinationen, Wahnideen, psychomotorische(r) Hemmung", und "Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafter Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme" (F 32.3). Warum aber dieser Weg ersehnten Suizids als Bitte an JHWH? Er hätte sich ja auch von Isebel gefangen nehmen lassen können, um von ihr hingerichtet zu werden, wie sie es ihm androhen ließ (19,2). Das aber wäre der völlige Kontrollverlust für Elia gewesen, dann hätte Isebel, und damit Baal, über ihn gesiegt. Kontrollverlust ist für Menschen höchst destabilisierend, Orientierung und Kontrolle gehört zu den Grundbedürfnissen menschlichen Wertgefühls.(16) Indem Elia sich entschließt, JHWH zu bitten, ihm sein Leben zu nehmen, gewinnt er die Kontrolle über sein Leben zurück, denn er entscheidet ja. Und zugleich gibt er die Verantwortung ab, indem er sie JHWH in die Hand legt, lädt auf seine "Schuld" nicht auch noch die "Schuld" des Suizids. Halluzinatorisches Ringen Elia ist erschöpft(17) (V. 5), leidet unter Schuldgefühlen und will sterben (V. 4), nimmt keine Nahrung zu sich bis ein "Engel" ihn nötigt (V. 5.6). Die depressive Phase schwächt sich ab, Elia macht sich auf den Weg zum Horeb, um sich dort in einer Höhle zu verbergen, von Suizidgedanken ist nichts mehr erwähnt, aber eben auch nicht Teilnahme am Leben, sondern: sich verstecken. Das Wirklichkeitserleben des Elia scheint dabei nach wie vor nicht adäquat, wenn er nun klagt, er habe geeifert für Gott, den Israel verlassen habe, dessen Altäre es zerstörte und dessen Propheten es tötete, und er sei der einzige Überlebende (19,10). Diese Sicht passt nicht zu den Schilderungen der vorangegangenen Kapitel, aber zu einer Depression(18). In ihr ringt Elia mit seiner Sinnkonstruktion von Wirklichkeit, er ringt um sein Gottesbild. Erschien in Kap. 18 JHWH als der Baal überlegenen Naturgott, der allein Blitz und Regen garantieren könne, ureigene "Aufgaben" des Baal, so zerschlägt in dem "Höhlenversteck" des halluzinatorischen Erlebens dieses Bild: Gott ist weder in Sturm noch Erdbeben noch Feuer (19,11f). Aber Gott ist auch nicht in dem Schweigen, flüsternden Schweben, Hauch von Stille oder wie auch immer man übersetzen will. Diese Ruhe bedeutet das halluzinatorische Ringen zwischen Depression (Höhle) und Manie (Bilder). Elia tritt aus sich, aus dem Versteck, heraus, wiederholt seine der Wirklichkeit nicht angemessene Klage über sein Schicksal(19) als letzter noch lebender Kämpfer für JHWH und überholt sie zugleich in der "Gottesantwort". In der wird Elia aufgefordert, er solle sich auf den Weg machen und Hasael und Jehu zu Königen von Syrien bzw. Juda und Elisa zum Propheten salben (V. 15.16); und das Morden werde weitergehen durch diese und nur 7000, die Baal nicht dienten, sollten überleben (V. 17.18)(20). Aus der Depression führt der Weg wieder in manische Phantasien, den nächsten Blutrausch.(21) Alles auf der literarischen Ebene, daran sei noch einmal erinnert. Diese Ansage lässt sich auch als vaticinium ex eventu lesen: Die tödlichen Konflikte gingen weiter (vgl. etwa 2. Kön. 10), wenn auch nur annähernd so wie prophezeit, vor allem aber schließt die eine Sicht die andere nicht aus: "Wahnsinnige" Zeiten produzieren "wahnsinnige" Ideen und "wahnsinnige" Ideen haben "wahnsinniges" Tun zur Folge, ein dialektischer Prozess, politische und sozioökonomische Bedingungen prägen Verhalten und Verhalten Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 5/10 wiederum prägt die Bedingungen.(22) Das Morden geht weiter Das maßlose Morden geht weiter. Ahasja, König Israels nach dem Tode Ahabs, verunglückt und will seine Genesungsaussichten beim Baalsorakel in Ekron befragen (2. Kön. 1,1ff) lassen. Seine Abgesandten kehren um, da Elia ihnen auf Geheiß eines Engels entgegentrat, den Tod Ahasias anzusagen, da dieser sich an Baal statt an JHWH wenden wollte. Daraufhin lässt Ahasia zweimal Hauptmänner mit 50-Mann-Truppen aussenden, Elia zu ihm zu holen, die auf Geheiß Elias - "Nun, wenn ich ein Gottesmann bin, falle Feuer vom Himmel und verzehre dich und deine Fünfzig" (V. 10.12) - mit Feuer vom Himmel vernichtet werden. Erst beim dritten Trupp, dessen Hauptmann nicht befehlend, sondern unterwürfig bittend zu Elia kommt (V. 13.14), lenkt dieser auf Geheiß eines "Engels" ein: "Geh mit ihm hinab und fürchte dich nicht vor ihm" (V. 15a). Ein möglicher Motor von Gewaltspiralen ist die Angst. Ahasja hat Angst vor dem Tod und will Elia mit militärischer Gewalt zu sich holen lassen, sicher in der Hoffnung, das durch Elia angesagte Wort JHWHs, Ahasja werde sterben, widerrufen lassen zu können. Elias Angst vor den Truppen Ahasjas ist der Motor seines Vernichtungswunsches. Erst das "fürchte dich nicht vor ihm" des "Engels" durchbricht diese Spirale.(23) Aber das JHWH-Wort bleibt gültig, Ahasja stirbt (V. 17). Solche tödlichen Konflikte erschöpfen zu Tode. Das anschließende Kapitel (2. Kön. 2) erzählt Elias Tod. Elia geht von Gilgal aus über Bethel und Jericho an den Jordan, begleitet von seinem Schüler Elisa, der sich nicht abschütteln lässt. Unterwegs weisen Prophetenschüler Elisa jeweils darauf hin, dass JHWH "heute" seinen Herrn entrücken werde (V. 3.5). Dieser Weg ist an einem Tag kaum zu schaffen und eine merkwürdige Streckenführung, geht man davon aus, dass Gilgal etwas nord-nord-westlich von Jericho lag. Es klingt wie eine bewusste Abschiedstour, im Zeitraffer erzählt, eine Abschiedstour, von der jeder weiß, dass sie Elias Weg in den Tod bedeutet. Dieser Weg symbolisiert noch einmal geografisch den "Weg" einer bipolaren Störung in ihrer Grundform: Erst geht es bergauf (von Gilgal nach Bethel), dann - und erst ab hier weisen Prophetenschüler auf den bevorstehenden Tod Elias hin - nur noch bergab, über Jericho an den Jordan. Elia geht ins Wasser Die Erzählung spricht davon, Elia ginge durch das Wasser hindurch und beschreibt das in Bildern zweier heilsgeschichtlicher Topoi, dem Durchzug durchs Schilfmeer (Ex. 14) und dem Einzug in das gelobte Land (Jos. 3). Das aber widerspräche nicht der Möglichkeit, Elias Tod als Suizid zu deuten: Der Durchzug durchs Schilfmeer war der Weg Israels aus der Sklaverei(24), der Tod Elias ist der Befreiungsweg aus der Bedrückung des Wechselkampfs bipolarer Störung. Die Erzählung vom Einzug in das gelobte Land wäre hier genau umgekehrt worden: Elia verlässt das gelobte Land, jenseits des Jordans liegt die Wüste. Mit Elia geht es bergab in die Depression; die Prophetenschüler Bethels und Jerichos benennen es indirekt in ihren Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 6/10 Warnungen an Elisa nicht mitzugehen, und gehen doch selber mit, in sicherer Distanz bis an den Jordan (V. 7). Und Elia geht ins Wasser, verlässt das gelobte Land, entflieht der Bedrückung: So oder so ist an Suizid zu denken.(25) Was Elia in 1. Kön. 19,4 erbat, dass JHWH sein Leben hinnehmen möge, wird ihm jetzt zuteil (2. Kön. 2,9).26 Das Bild der Entrückung Elias' im Feuerwagen gen Himmel unterstreicht, dass dieser Suizid im Einklang mit JHWH geschah. Und gleichzeitig fassen die Bilder - Elia geht ins Wasser und Elia wird im Feuerwagen in den Himmel gerissen - die ganze Dramatik der bipolaren Störung noch einmal zusammen: Depression und manischer Abschluss. Und es geht weiter: Elisa, der von Elia am Jordan den Erstgeborenenanteil an Elias Geist für sich erbat (V. 9), geht "bergauf" nach Bethel. Auf dem Wege verspotten ihn Knaben als Kahlkopf. Elisa verflucht sie, woraufhin zwei Bären aus dem Walde kommen und 42 der Kinder zerreißen (2. Kön. 2,23-24). Und wer ist Gott? Wer aber ist Gott in dieser "Biografie" des Elia? Diese Frage lässt sich nicht beantworten, weil sie nicht beantwortbar ist, grundsätzlich nicht. Aussagen "über" Gott sind nicht menschenmöglich, da "Gott" kein Erkenntnisobjekt sein kann. Aussagen sind nur möglich über das Gottesbild eines Menschen, d.h. über die Sinnkonstruktionen, mit denen er seine Existenz zu gestalten bzw. zu bewältigen sucht. Bei Elia "verschwimmen" Selbst- und Gottesbild in bestimmter Weise ineinander, scharf formuliert: bei Elia wird das Gottesbild zur Apotheose seiner eigenen Allmachtsphantasien. Das funktioniert aber in gleicher Weise anders herum: Ist er der Diener JHWHs, partizipiert er an der "Allmacht" Gottes. Die Vorordnung Elias lässt schon dessen erster "Auftritt" erkennen in 17,1: Elia sagt als Diener Gottes die Dürre an, die erst beendigt würde, wenn er, Elia, es sage. Erst danach, in V. 2, kommt "Gott" zu Wort. Es ist ein starkes Konstrukt: Die Dürre ist Fakt; Schuld daran sind in der Sicht Elias Ahab und seine Leute, die JHWH verließen zugunsten Baals (18,18); Ansager und Beender der Dürre ist Elia - im Namen "Gottes". Im Gebet fordert Elia "Gott" auf, den Holzstoß des Opferstieres zu entzünden, damit alles Volk erkenne, dass "Gott" der wahre Gott Israels sei (18,36-37) - und "Gott" handelt (V. 38); er könnte auch gar nicht anders als Elia zu entsprechen, stünde er doch sonst nicht als "wahrer" Gott da. Elia ist der Akteur, der "Gott" in seinem Handeln an sich bindet. "Gott" ist die Bestätigung der Sicht Elias auf die Dürrekatastrophe - schuld sind die Baalsanhänger - und die Bestätigung seiner Handlungsoption: Vernichtet die Feinde "Gottes". Diese Konstruktion ist eine mögliche der Daseinsbewältigung in einer Krise. Ihr Charakter ist national-chauvinistisch. Sie unterscheidet sich nicht von den "religiösen" Sinnkonstruktionen des "Islamischen Staates" im Nahen Osten zurzeit und wenig von der Sicht der "Retter des christlichen Abendlandes", der Pegida und ihrer Ableger. Es gab aber auch zu Elias Zeit schon eine "aufgeklärtere" Möglichkeit, mit der Tatsache unterschiedlicher kultischer Ausrichtungen umzugehen, nämlich Baals-, Ashera- und JHWH-Kult als mögliche, legitime Formen der Religionsausübung zu achten. So praktiziert etwa durch Ahab, der selber offensichtlich JHWH zuneigte, etwa ausweislich der JHWH-haltigen Namen seiner Söhne, aus diplomatischen Gründen aber die anderen Kulte duldete oder vielleicht förderte, durchaus im nationalen Interesse Israels. Dass aber Internationalität durchaus im nationalen Interesse sein kann, werden national-chauvinistische Kräfte nie begreifen. Elia verfällt nach seiner manischen Explosion, der Tötung der 450 Baalspriester, in tiefe Depression. In dieser Phase ist die "Funktion" "Gottes", ihn durch dieses "tiefe Tal" hindurchzutragen, eine nachträgliche Deutung der Erfahrung, in dieser suizidalen Krise nicht ums Leben gekommen zu sein (19,4-7). Es folgt die Bestätigung der bisherigen Überzeugungslinien Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 7/10 Elias. Die Gotteserscheinung am Horeb (19,11f) lässt sich natürlich auch verstehen als Absage an ein Gottesverständnis JHWHs als einer Wettergottheit ähnlich dem Baal, aber auch als religiöse Codierung der inneren Kämpfe Elias. An deren Ende steht die Apotheose der bisherigen Sicht Elias: Im Gotteswort wird verkündet, der blutige Kampf gehe weiter (19,15-18). Darauf liegt der Akzent und nicht darauf, dass letztlich Gottes barmherziges Handeln das Ziel sei27, da 7000 überleben werden, alle die, derer Knie sich nicht vor Baal beugten. Aber auch das wäre nicht Barmherzigkeit, sondern Belohnung von (vielleicht auch nur angstinduziertem) Wohlverhalten. Die letzte "göttliche" Bestätigung des Kampfes Elias ist seine Aufnahme in den Himmel (2. Kön. 2, 11). Elisa hat das verstanden, seine Sinnkonstruktion verläuft wie die des Elia: Das Töten geht weiter, das Töten bleibt die von "Gott" her gerechtfertigte Maß­nahme. Ein Gegenentwurf Nun ließe sich einwenden, die Gewaltansagen reflektieren lediglich post eventu die faktische Gewalt. Aber das ist zum einen nur teilweise richtig und zum anderen übersieht man dabei, dass die faktischen Gewalttätigkeiten ja auch einer bestimmten Haltung entsprangen und nicht zwanghaftes Schicksal waren und, indem sie "theologisch" gerechtfertigt wurden, stilbildend wurden für spätere Zeiten: "Gott" ist ein gewalttätiger Eiferer. Allerdings teile ich nicht die Auffassung, dass der Monotheismus in die Gewalt führe, um die Einzigartigkeit "Gottes" zu verteidigen, denn wer überzeugt ist, es "gebe" nur einen Gott, kann die Verehrung von Nicht-Göttern eher gelassen nehmen: Der (ja alleinige) "wahre Gott" wird es schon richten. Das Problem ist vielmehr die Monolatrie, in der es um die Durchsetzung der alleinigen Verehrung eines "Gottes" geht - im bedrohlichen Wissen um die Existenz vieler weiterer "Götter". Die Wirkungsgeschichte des Elia zeigt, wie naheliegend immer wieder die religiöse Verstärkung von Gewalt war, auch im NT ist Elia der gottesfürchtige Prophet par exellence. Es ist Jesus, der diese Sicht durchbricht, und die Deutung, er sei (einer wie) Elia, ablehnt (Mk. 8,27ff parr). Darauf folgt die erste Leidensankündigung. Also nicht: "Gott" ist Gewalt, sondern "Gott" ist Identifikation mit den Gewaltopfern. Das Kreuz durchkreuzt die Apotheose menschlicher Machtwünsche und entlarvt sie als solche. Das Kreuz beinhaltet die Negation des Gottesbildes von "Gott" her, es ist die Teilhabe "Gottes" an der Ambivalenz und darin eben auch der Negativität des Daseins. Oder anders: Das Kreuz Christi bedeutet anzuerkennen und damit leben zu lernen, dass dieses Leben auch sinnlos ist. Ostern und Himmelfahrt (!) sind die religiöse Bestätigung dieser Sicht. Sie ist der radikale Gegenentwurf zur Elia-Religion. Anmerkungen: 1 Das bedeutet auch, dass alle (bis heute strittigen) Operationen, die Eliaerzählungen in verschiedene Schichten zu Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 8/10 zerlegen, verschiedenen Zeiten zuzuordnen, z.T. der Elisa-Tradition zuzurechnen, hier nicht berücksichtigt werden. Literarkritische, redaktions- und überlieferungsgeschichtliche Analysen ausführlich bei S. Otto, Jehu, Elia und Elisa. Die Erzählung von der Jehu-Revolution und die Komposition der Elia-Erzählungen, Stuttgart 2001. 2 www.icd-code.de. 3 Ich setze "Krankheiten" in Anführungszeichen, denn auch was unter "Krankheit" verstanden wird, ist Konstruktion. Als z.B. Anfang der 1990er Jahre Homosexualität aus der Liste der "Krankheiten" der WHO gestrichen wurde, wurden mit einem Federstrich hunderte Millionen Menschen weltweit "gesund". 4 Hinweise bei Josephus, dazu bei F. Crüsemann, Elia - die Entdeckung der Einheit Gottes, Gütersloh 1997, 30, und R. Albertz, Elia. Ein feuriger Kämpfer für Gott, Leipzig 2006, 46. E. Drewermann, Tiefenpsychologie und Exegese, Band II, Olten 1985, 562, deutet die Dürre psychologisch, "damit das Volk merken sollte, wie es buchstäblich verdurstet, wenn es die irdischen Lebensmittel mit der Quelle des Lebens verwechselt". 5 Vgl. u.a. Süddeutsche Zeitung vom 4.3.2015: www.sueddeutsche.de " Wissen " Klimawandel. 6 R. Albertz, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit 1, ATD Ergänzungsreihe Band 8/1, Göttingen 1996², 235 und Anm. 35. 7 H. Martens, Am Anfang war das Trauma. Zur Interpretation von Ohnmachtserfahrungen als Schulderleben, in: DPfBl 2/2011, 60. 8 Albertz, Elia, 39. 9 Dazu H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen 2, ATD Ergänzungsreihe Band 4/2 2001³, 300. 10 Albertz, Elia, 40. 11 Crüsemann, Elia, 23. 12 Crüsemann, 32, konstruiert hieraus einen - bei aller Nähe - feinen Unterschied zwischen Elia und JHWH und versucht so, JHWH vor dem unerträglich gewalttätigen Gottesbild des Elia zu schützen. 13 Der übertrifft die Merkmale einer Manie nach ICD 10, F 30.1 und F 30.2 weit. Die Tat enthält alle Merkmale einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach F 60.2: "Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten, durch das der betreffende Patient in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten ist. Hier hinein gehört auch die soziopathische Persönlichkeitsstörung." 14 Und die wird dann auch noch verharmlost, z.B. R. Albertz, Elia, 137, meint, sehe man "einmal von der blutigen Form der Auseinandersetzung ab, dann ist dem biblischen Erzähler darin Recht zu geben, dass das monotheistische Bekenntnis ... auch gesellschaftliche Auswirkungen haben musste." Mir ist schleierhaft, wie man angesichts von 450 Opfern - so ja jedenfalls die Erzählung - von der blutigen Form absehen kann. 15 Falls es eine derartige Verfolgung überhaupt je gab, was angesichts der Religionspolitik Ahabs wenig wahrscheinlich ist. Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 9/10 So auch Donner, 203. 16 Vgl. etwa Klaus Grawe, Neuropsychotherapie, Göttingen 2004, im Anschluss an Seymour Epstein, bes. 186ff. 17 Manche deuten die Erschöpfung als "burnout", Folge eines großen Engagements. Dieses "Engagement", das eigenhändige Abschlachten von 450 Baalspropheten, ist aber von deutlich anderer Qualität und die Depression Elias mehr als eine Erschöpfungsdepression wie "burnout"; bipolare Störung erfasst das Erleben und Verhalten Elias adäquater. 18 Ähnlich Crüsemann, 59, der die Klage "als eine von der Verzweiflung bestimmte Übertreibung" versteht. 19 So Crüsemann, 59. Andere, wie Jack Miles, Gott, München 1996, 213, halten die Wiederholung für eine Dittographie. 20 Miles, 217f, versteht die Szene als "Antitheophanie", die Ereignisse offenbare, "die dann nicht stattfinden", eine Skepsis, deren Kühnheit darin bestünde, dass sie nicht von Elia, sondern vom Herrn ausgesprochen würde. Allerdings ist die "Beschreibung" in der Ankündigung historisch nicht nur falsch. 21 Crüsemann, 66, will das Gottesbild der Erzählung dadurch retten, dass das Ziel nicht Vernichtung, sondern Rettung, nämlich die Bewahrung der 7000 sei, aber der Preis scheint mir denn doch zu hoch. 22 In dem Wort "Wahnsinn" steckt das Wort Sinn, auch das sind mögliche Sinnkonstruktionen und ihre Deutung als Wahn-Sinn ist diejenige derer, die sie ablehnen. 23 So auch Crüsemann, 131f. 24 So jedenfalls beschreiben es die biblischen Erzähler. Man kann den Exodus aber besser verstehen als Vertreibung der "Israeliten" aus Ägypten während wirtschaftlich prekärer Lage in das tödliche Leben in der Wüste. Vgl. dazu H. Martens, Am Anfang war das Trauma II, Exodus und Ostern als Reframing existentieller Krisen, in: DPfBl 3/2012, 137ff. 25 Wohl nicht zufällig ist "über den Jordan gehen" ein Euphemismus für "sterben". 26 Beide Male steht das Verb "lakach". 27 Anders Crüsemann, 66. Deutsches Pfarrerblatt, ISSN 0939 - 9771 Herausgeber: Geschäftsstelle des Verbandes der ev. Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V Langgasse 54 67105 Schifferstadt Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts. Seite 10/10