Das CMS - Experiment 1. Einleitung: Der Large Hadron Collider LHC Der LHC wird seit dem Ende des LEP Experiments im Jahr 2000 im LEP-Ringtunnel am CERN in Genf aufgebaut und voraussichtlich Ende 2007 fertig gestellt sein, um im April 2008 in Betrieb gehen zu können. Es handelt sich um einen Proton-Proton-Collider, in dem zwei gegenläufig zirkulierende Protonenstrahlen mit einer Schwerpunktsenergie s = 14TeV an vier Wechselwirkungspunkten kollidieren werden. Zusätzlich ist ein Betrieb auch mit schweren Ionen vorgesehen. Die hohen Teilchenenergien machen Strahlrohre notwendig, in denen Magnetfelder von 9T herrschen müssen. Dies ist nur mit supraleitenden Magneten möglich die bei einer Temperatur von 1,9K betrieben werden. An den Wechselwirkungspunkten sind die vier Hauptexperimente aufgebaut. Dies sind die Detektoren Atlas, CMS, Alice und LHCb. Bei CMS und Atlas handelt es sich um Universaldetektoren während Alice die genauere Untersuchung von Schwerionenkollisionen ermöglichen soll und LHCb speziell für die Messung der CP-Verletzung an B-Mesonen ausgelegt ist. 2. Ziele des LHC - Entdeckung des Higgs-Bosons und Messung seiner Eigenschaften Entdeckung supersymmetrischer Teilchen zur Bestätigung des supersymmetrischen Modells als Erweiterung des Standardmodells der Teilchenphysik Nachweis eines Quark-Gluonen Plasmas als neuen Materiezustand für hohe Energiedichten Messung der CP-Verletzung an B-Mesonen Generelle Suche nach „neuer Physik“ jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik 2.1 Quark Gluonen Plasma Das Quark Gluonen Plasma ist ein bis jetzt noch hypothetischer Zustand der Materie bei dem die Energiedichten so hoch sind, dass das Confinement der Quarks aufgehoben ist und in dem sich Quarks und Gluonen wie freie Teilchen bewegen können. In der Natur kommen Quarks aufgrund der Eigenschaften der starken Wechselwirkung nicht einzeln vor. Es muss immer Ladungsneutralität nach außen gewährleistet sein und ein einzelnes Quark trägt nun mal eine Farbladung. Das Plasma ist nach außen hin auch farbneutral aber in ihm können sich die Quarks dann frei bewegen und wechselwirken nur noch durch elastische Stöße mit den restlichen Partonen im Plasma. Dieser Zustand könnte kurz nach dem Urknall im Universum geherrscht haben, weshalb seine Erforschung auch für die Kosmologie interessant ist. 2.2 CP-Verletzung an B-Mesonen Die CP Transformation ist die Hintereinanderausführung einer C und einer P Transformation. Die C Transformation ist die Ladungskonjugation bei der Teilchen durch ihre Antiteilchen ersetzt werden. Die P Transformation ist die Raumspiegelung. Die CP-Symmetrie ist nicht exakt erhalten. Die Verletzung wurde bereits 1964 am Zerfall der neutralen Kaonen entdeckt und soll nun an B Mesonen näher erforscht werden, bei denen der Effekt stärker sein sollte. Die CP-Verletzung könnte eine Erklärung dafür geben warum es im Universum nur noch Materie und keine Antimaterie mehr gibt. 2.3 Das Higgs Boson Um die Massen der Elementarteilchen zu erklären führt man ein skalares Feld, das Higgs Feld, ein das überall im Raum auftritt. Durch die Wechselwirkung mit diesem Feld erhalten die Teilchen dann ihre Masse. Eine direkte Einführung ist nicht möglich da Massenterme in der Lagrangedichte die lokale Eichinvarianz verletzen würden. Daher müssen die Eichbosonen masselos sein. Da die W und Z Bosonen der schwachen Wechselwirkung nun aber Massen besitzen muss man diese über den Higgs Mechanismus, d.h. die Einführung des Higgsfeldes, im nachhinein hinzufügen. Der Higgsmechanismus bewahrt die lokale Eichinvarianz und führt gleichzeitig zu massiven W und Z Bosonen. 2.4 Supersymmetrie Um verschiedene Ungereimtheiten des Standardmodells auszuräumen nimmt man in der supersymmetrischen Theorie an, dass es eine neue Symmetrie nämlich zwischen Fermionen und Bosonen geben sollte. Dies führt dazu, dass man jedem Teilchen aus dem Standardmodell einen supersymmetrischen Partner zuweist, der für Fermionen ein Boson und für die Eichbosonen des Standardmodells ein Fermion ist. Da man annimmt dass supersymmetrische Teilchen nicht in normale Teilchen zerfallen können, führt man eine neue Quantenzahl ein, die R-Parität: 3B + L + 2S R = ( -1) mit der Baryonenzahl B, der Leptonenzahl L und dem Spin des Teilchens S. Diese Definition führt dazu, dass Teilchen des Standardmodells R-Parität +1 und ihre supersymmetrischen Partner R-Parität –1 haben. Da Susy-Teilchen also nicht in Teilchen des Standardmodells zerfallen muss dann das leichteste supersymmetrische Teilchen stabil sein und wäre damit ein idealer Kandidat für die dunkle Materie die man im Universum vermutet. Das supersymmetrische Modell ermöglicht auch die Vereinheitlichung der elektromagnetischen, schwachen und starken Wechselwirkung, da es das Problem behebt dass sich die Kopplungskonstanten der drei Kräfte im Standardmodell nicht in einem Punkt treffen. Außerdem lassen sich mit seiner Hilfe quadratische Divergenzen die im Standardmodell + Higgs Mechanismus auftreten, abschwächen oder ganz eliminieren. Des Weiteren bietet die supersymmetrische Theorie einen Ansatzpunkt wie die Gravitation in das Standardmodell der Teilchenphysik eingebunden werden kann. 3. Das CMS Experiment 3.1 Genereller Aufbau Der Compact Muon Solenoid (CMS) Detektor ist von innen nach außen wie folgt aufgebaut: In der innersten Schale direkt um den Kollisionspunkt sind Pixeldetektoren angebracht Um diese herum kommt eine Schale mit Streifendetektoren Diese Detektoren sollen Spurmessungen des Teilchens und zusammen mit dem Magnetfeld auch Impulsmessungen erlauben. Es schließt sich ein elektromagnetisches Kalorimeter an das aus PbWO4 besteht. Noch weiter außen kommt dann das hadronische Kalorimeter und die Driftkammern zur Myonendetektion. Das Magnetfeld ist mit 4 Tesla relativ stark um den Detektor nicht zu groß bauen zu müssen und dennoch eine gute Impulsmessung der Myonen möglich ist. Die Kalorimeter müssen zudem eine volle Winkelabdeckung gewährleisten, dass fehlende transversale Energie gemessen werden kann. Die Spurmessungen mit den genauen Pixeldetektoren sollen eine Identifizierung von Sekundärvertizes erlauben. 3.2 Detektoren Die Pixel und Streifendetektoren sind Silizium Halbleiterdetektoren. Sie arbeiten im Prinzip wie eine in Sperrrichtung betriebene Diode. Durch eine angelegte Spannung wird die Grenzschicht zwischen dem positiv dotierten Teil und dem negativ dotierten Teil wieder ladungsneutral und es bildet sich ein elektrisches Feld aus. Wenn ein Teilchen in diesem Bereich nun Elektron Loch Paare erzeugt, so werden sie im E-Feld zur Anode, bzw. Kathode gezogen und erzeugen so eine Spannungsänderung die gemessen werden kann. Dadurch erhält man den Ort an dem das Teilchen den Detektor passiert hat. Bei den Pixeldetektoren erhält man so gleich zwei Koordinaten auf einmal da der Pixel nur eine kleine Ausdehnung hat. Bei den Streifendetektoren hat man das Problem dass sie in eine Richtung relativ lang sind und daher in dieser keine genaue Ortsbestimmung erlauben. Man behilft sich damit, dass man eine zweite Lage von Streifen unter einem gewissen Winkel zu der ersten Lage anbringt die dann in Kombination wieder eine relativ gute Ortsauflösung ergeben (wenn auch nicht so gut wie die für Pixeldetektoren). Die Kalorimeter werden zur Bestimmung der Energie der Teilchen eingesetzt. Beim Durchtritt von Strahlung durch Materie kommt es zu zahlreichen Wechselwirkungen, die die Primärteilchen abbremsen. Für Elektronen und Photonen bildet sich ein elektromagnetischer Schauer aus da die Elektronen durch Bremsstrahlung Photonen emittieren und diese wiederum (sofern ihre Energie noch hoch genug ist) Elektron Positron Paare erzeugen. Die Energie eines Elektrons nimmt dabei auf einer Strahlungslänge X0 um einen Faktor 1/e ab. Die Strahlungslänge der verwendeten PbWO4 Kristalle beträgt weniger als 1 cm was es ermöglicht den Detektor viele Strahlungslängen groß zu machen um eine vollständige Absorption zu gewährleisten. Das verwendete Material PbWO4 hat außerdem noch den Vorteil, dass es recht Strahlenhart ist was bei den hohen Ereignisraten von 1 ns-1 dringend nötig ist. Die Energie des Primärteilchens ist proportional zu der Intensität der Fluoreszenzstrahlung die bei der Ausbildung eines Schauers entsteht. Diese wird mit Hilfe von Photomultipliern gemessen. Im hadronischen Kalorimeter bilden sich ebenfalls Schauer aus die diesmal allerdings aus Teilchen bestehen die der starken Wechselwirkung unterliegen. Es werden verschiedene Mesonen produziert was den Schauer ungleich komplexer macht wie im Fall des elektromagnetischen Kalorimeters. Es erweist sich hier auch als besser das Schauer- und das Nachweismedium zu trennen. So besteht das Kalorimeter aus sich abwechselnden Lagen von 5cm Kupfer und 5 mm Plastikszintillator in dem dann die Fluoreszenzstrahlung nachgewiesen wird. Ein solches Kalorimeter nennt man Samplingkalorimeter. Die äußerste Schicht bildet der Myonendetektor der aus vier aufeinanderfolgenden Driftkammern besteht zwischen denen sich die return jokes für das Magnetfeld befinden. Die Driftkammern sind mit einem Gasgemisch aus Ar-Co2 gefüllt und mit Kathoden und Anodendrähten durchzogen. Beim Durchgang eines Teilchens wird das Gas ionisiert und die Elektronen bewegen sich zu den Anodendrähten. Ihre Geschwindigkeit ist dabei im wesentlichen konstant sodass man durch die Messung der Driftzeit die Ortsauflösung verbessern kann. Da sich die Driftkammern auch noch im Magnetfeld befinden kann hier die Impulsmessung verbessert werden. 3.3 Datenanalyse Die Daten die vom Detektor produziert werden sind zu viele als dass man sie alle speichern könnte. Es wird daher von einem Trigger eine Vorsortierung durchgeführt die die Datenrate von 40 MHz bereits auf 100kHz senkt. Da dies immer noch zu viel ist um direkt auf Speichermedien geschrieben zu werden werden weitere Zwischenstufen eingebaut die den Datenfluss sukzessive reduzieren. Am Ende fallen immer noch riesige Mengen an Daten an. In einem Jahr werden ca. 15 Petabyte erzeugt die vom Rechenzentrum des CERN gespeichert werden müssen.