Das Brustkrebsmagazin www.mammamia-online.de Das Brustkrebsmagazin 1/2012 Januar bis März D/A: 4,50 € | LU: 5,30 € PSYCHE AUFBRUCH IN EIN NEUES LEBEN PORTRÄT MIT DER KRAFT DER BERGE ERNÄHRUNG ERNÄHRUNGSKONZEPTE SPORT KIESER TRAINING BRUSTREKONSTRUKTION Verschiedene Methoden im Überblick 1/2012 Mit Mamma MIA! fördern Sie Forschung und Aufklärung Wir unterstützen mit dieser Ausgabe das Projekt „Kompetenz gegen Brustkrebs“. Inhalt Januar bis März 2012 Psychologie 10 10 MIT DER KRAFT DER BERGE Ich möchte kämpfen – für das Leben 14 AUFBRUCH IN EIN NEUES LEBEN Den ersten Schritt wagen Medizin 18 DIE REACT-STUDIE Verminderung des Rückfallrisikos nach Brustkrebstherapie? 19 DIE PREFHER-STUDIE Trastuzumab (Herceptin) subkutan als neue Darreichungsform 20 BRUSTREKONSTRUKTION Das Ärzteteam ist entscheidend für den Erfolg 22 ES MUSS NICHT IMMER EIGENGEWEBE SEIN Ein Plädoyer für das Implantat 24 MYTHEN & FAKTEN Folge 21: Muss ich meine Brust amputieren lassen? 26 GENANALYSE. NEUES VERFAHREN IN DER PATHOLOGIE Pathologisches Gutachten als Basis der Therapieentscheidung 27 GENANALYSE UNTERSTÜTZT THERAPIEENTSCHEIDUNG Weniger Chemotherapie durch bessere Risikoabschätzung 28 DAS MAMMAKARZINOM DES MANNES Eine oft vergessene Erkrankung 30 TÄTOWIERUNG UND PERMANENT-MAKE-UP Eine Kontraindikation für MRT? 31 MAMMA MIA! MEDIZIN Nachrichten in aller Kürze Mit der Kraft der Berge. Ausgerechnet in den Bergen beim Skilaufen entdeckt Claudia Erhard einen Knoten in ihrer Brust. Die Diagnose: Krebs. Mit den Therapien beginnt für die junge, 32-jährige Frau eine Sinnsuche, an deren Ende die Gewissheit steht „Ich liebe dieses Leben“. Verfolgen Sie gemeinsam mit uns ihren Weg. Seite 10 20 Brustrekonstruktion. Das Ärzteteam Reise ist entscheidend für den Erfolg Auch wenn heute mehr als zwei Drittel der von Brustkrebs betroffenen Frauen brusterhaltend operiert werden, muss doch knapp ein Drittel den schmerzlichen Verlust der Brust hinnehmen. Es gibt 38 BARCELONA Trendige Metropole und Hauptstadt Kataloniens 41 MAMMA MIA! LESERREISE Yoga, Nordic Walking & Meditation an der Nordsee vom 28.04. bis 05.05.2012 42 MAMMA MIA! REISETIPPS Die Welt in aller Kürze verschiedene Möglichkeiten, die Brust aufzubauen. Eine grundsätzliche Entscheidung ist dabei, ob eine Eigengewebs- oder Implantatsrekonstruktion besser ist. Wir zeigen Ihnen die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten auf. Seite 20 4 Januar bis März 2012 www.mammamia-online.de © 2012 BBSG Verlag Ich möchte kämpfen – für das Leben Das Mamma Mia! Titelbild: Claudia Erhard, 33 Jahre alt, Diagnose 2010, verheiratet, zwei Kinder. Ernährung 45 ALTERNATIVE ERNÄHRUNGSFORMEN TEIL 1 Vegetarismus, Veganismus und Ayurveda 48 MAMMA MIA! REZEPTE Gesund und Lecker 38 BARCELONA. TRENDIGE METROPOLE UND HAUPTSTADT KATALONIENS Barcelona ist die zweitgrößte Stadt Spaniens – und eine quicklebendige Stadt, die Sport eine gelungene Symbiose von modernem und vergangenem Leben schafft. Neben spannender Architektur, neuester Mode und gutem Essen gibt es vieles Weiteres zu 50 KIESER TRAINING Mehr Kraft und Gesundheit, ein Leben lang Wellness 53 NARBEN UND LYMPHSTAU Tape, eine Behandlungsalternative 54 NARBEN Spiegel unserer Verletzungen 56 MAMMA MIA! MAGAZIN Mode und Kosmetik in aller Kürze Mamma Mia! Rubriken 3 6 7 8 16 44 58 62 63 64 66 70 Editorial Leserbriefe Betroffene fragen Betroffene Expertendialog Projekt: 10 Jahre „Kompetenz gegen Brustkrebs“ Rätsel Spezial: Zwischen den Polen Surftipps Literaturtipps Rückblick Veranstaltungstipps Impressum entdecken. Und zum Entspannen lädt ein Spaziergang an der Uferpromenade oder über die stets belebte Flaniermeile ein. Seite 38 AUF EINEN BLICK – DIE EXPERTEN DIESER AUSGABE DR. PETER KERN Oberarzt Brustzentrum Düsseldorf Luisenkrankenhaus und Frauenklinik des Universitätsklinikums Essen 8 PROF. DR. GUNTER VON MINCKWITZ, German Breast Group; Neu Isenburg 18 PROF. DR. VOLKMAR MÜLLER, Gynäkologische Onkologie Uniklinik; Hamburg-Eppendorf 19 Prof. DR. DR. AXEL-MARIO FELLER, Gemeinschaftspraxis Feller und Heitmann; München 20 DR. MAHDI REZAI, Luisenkrankenhaus; Düsseldorf 22 PROF. DR. INGO. J. DIEL, Schwerpunkpraxis für gynäkologische Onkologie, Mannheim 24 PROF. DR. MANFRED DIETEL, Universitätsklinikum Charité; Berlin 26 PROF. DR. MARION KIECHLE, Frauenklinik der Technischen Universität; München 27 PROF. DR. FRANK FÖRSTER, Schwerpunkpraxis für gynäkologische Onkologie & Palliativmedizin, Chemnitz 28 © 2012 BBSG Verlag PROF. DR. MARKUS MÜLLER-SCHIMPFLE, Klinik für Radiologie und Neuroradiologie; Frankfurt am Main Höchst 30 DR. TILLA RUF, Nationales Zentrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg 45, 48 DR. MARTIN WEIß, Kieser Training; Rosenheim 50 DR. RUEDIGER DAHLKE, Arzt und Psychotherapeut; A - Hitzendorf 58 www.mammamia-online.de Januar bis März 2012 5 Medizin Genanalyse: Neues Verfahren in der Pathologie PATHoLoGISCHES GUTACHTEN ALS BASIS DER THERAPIEENTSCHEIDUNG Mamma Mia!: Herr Professor Dietel, die gesamte Brustkrebstherapie basiert auf den Untersuchungen der Pathologen, dennoch wissen die Betroffenen meist wenig über den Pathologen. Könnten Sie Ihr Aufgabenfeld kurz skizzieren? Prof. Dr. Manfred Dietel: Nun, die Hauptaufgabe der Pathologen bestand lange Zeit im Wesentlichen darin, herauszufinden, ob es sich bei einer Gewebeveränderung um eine bösartige Krebserkrankung handelt oder nicht. Im Zuge der Etablierung zielgerichteter Therapien speziell bei Brustkrebs untersuchen wir heutzutage durch die Bestimmung bestimmter Rezeptoren außerdem, welche Therapie wirksam ist und welche nicht. Die neueste Entwicklung in der Brustkrebsbehandlung ist nun die Genanalyse, die uns Auskunft über die Aggressivität des Tumors und somit das Rückfallrisiko bei Frauen mit einer bestimmten Tumorkonstellation (Östrogenrezeptor positiv/HER2 negativ) gibt. So können wir die Frauen mit einem niedrigen Rückfallrisiko identifizieren und bei ihnen möglicherweise auf eine Chemotherapie verzichten. Mamma Mia!: Informationen über eine neue Genanalyse, den so genannten EndoPredict-Test, machen die Runde. Wie beurteilen Sie als Pathologe dieses neue Analyseverfahren? Prof. Dr. Manfred Dietel: Dieser Test hat uns Pathologen absolut überzeugt, die Datenlage ist hervorragend. Es 26 Januar bis März 2012 www.mammamia-online.de gab zwei große klinische Studien aus Österreich (ABCSG 6 und 8), die die Zuverlässigkeit des Tests belegen. Zunächst zu dessen Hintergrund: In der Entwicklungsphase wurden an fast 1.000 Gewebeproben acht Gene identifiziert, die Einfluss auf das Wachstums- und Streuverhalten eines Tumors haben. Nun wurde überprüft, ob diese genetische Analyse tatsächlich eine verlässliche Einschätzung des Rückfallrisikos erlaubt. Dies ist definitiv der Fall. So wurde aus einer Gruppe von 1.702 Patienten mit Hilfe der klassischen Prognosefaktoren (Grading, Tumorgröße, et cetera) eine Gruppe von 248 Patientinnen mit einer sehr guten Prognose als „low-risk“-Patientinnen eingestuft. Das bedeutet, 1.454 wurden als „high-risk“ bezeichnet. Unter Anwendung der Genanalyse konnten von den vermeintlichen Hochrisikopatientinnen durch den EndoPredict-Test weitere 843 Frauen als „low-risk“ identifiziert und eingestuft werden. Die Korrektheit dieses Ergebnisses zeigt sich darin, dass nur drei Prozent dieser Frauen ein Rezidiv erlitten, wie sich aus rückblickender Aufarbeitung der Verlaufsdaten ergab. Bei dieser Gruppe würde man heute auf eine Chemotherapie verzichten können. In der durch den Test ermittelten „highrisk“-Gruppe hatten 16,5 Prozent ein Rezidiv. thologen eine Art „Black Box“ darstellt. Mit dem EndoPredict-Test liegt nun ein Verfahren vor, das unter Mitwirkung der Charité in Deutschland entwickelt wurde und das im Prinzip jeder Pathologe mit entsprechenden molekularen Kenntnissen und der notwendigen Technologie durchführen kann. Es gab dazu bereits einen Ringversuch mit sieben teilnehmenden Pathologien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Ergebnisse der Institute waren identisch, was zeigt, dass der Test multizentrisch durchgeführt werden kann. Ein wesentlicher Punkt aus Sicht der Patientin ist natürlich, dass die Kosten für den Test von den Krankenkassen übernommen werden. Mamma Mia!: Würden Sie auch Proben von Patientinnen untersuchen, die nicht in Ihrem Hause behandelt werden? Prof. Dr. Manfred Dietel: Selbstverständlich! Jeder Pathologe, der den Test nicht selbst durchführt, kann uns das in Paraffin eingebettete Tumorgewebe für die Testung schicken. Die Betroffenen können die sehr einfache Logistik mit ihrem behandelnden Arzt beziehungsweise dem zuständigen Pathologen klären. es KoNTAKT Mamma Mia!: Es gibt ja schon seit einiger Zeit Genanalysen am Markt, bisher wurden sie aber nur sehr selten durchgeführt. Woran liegt das? Prof. Dr. Manfred Dietel: Es stimmt, es gibt einige gute Testverfahren. In der Durchführung gab es jedoch verschiedene Probleme, weshalb sie sich nicht wirklich durchsetzen konnten. Zum einen erfordern sie Frischgewebe, was mit einem hohen Aufwand verbunden ist, zum anderen werden sie im Ausland durchgeführt, was sehr kosten- und zeitintensiv ist und für die hiesigen Pa- Prof. Dr. Manfred Dietel Universitätsklinikum Charité Institut für Pathologie Charitéplatz 1 10117 Berlin Tel.: 030 450 536 002 Fax: 030 450 536 900 E-Mail: [email protected] © 2012 BBSG Verlag Bei der Behandlung bösartiger Tumoren gibt es keine Therapieentscheidung ohne das Gutachten des Pathologen. Auch neuere Verfahren, die Genprofile der einzelnen Tumoren erstellen, werden von Pathologen durchgeführt. Mamma Mia! sprach mit Professor Manfred Dietel über die Bedeutung von Genanalysen in der Brustkrebstherapie. Medizin Genanalyse unterstützt Therapieentscheidung WENIGER CHEMoTHERAPIE DURCH BESSERE RISIKoABSCHäTZUNG An der Frauenklinik der Technischen Universität München wird seit November ein neuer Gentest zur Risikoabschätzung eingesetzt. Was diese neue Möglichkeit aus Sicht der Klinik bedeutet, erläutert Professorin Marion Kiechle im Gespräch mit Mamma Mia!. © 2012 BBSG Verlag Mamma Mia!: Frau Professorin Kiechle, lange haben an Brustkrebs erkrankte Frauen darauf gewartet, dass es einen Tumortest zur Risikoabschätzung gibt, der verlässlich ist, flächendeckend angeboten wird und darüber hinaus bezahlbar ist. Werden diese Hoffnungen durch den neuen EndoPredict®-Test erfüllt? Prof. Dr. Marion Kiechle: Dieser Gentest bietet uns in der Tat die Möglichkeit, das Rückfallrisiko unserer Patientinnen besser einschätzen zu können. Die klassischen Prognosefaktoren wie Grading, Tumorgröße oder Hormonrezeptor-Status reichten bei der überwiegenden Mehrheit der Patientinnen nicht zur Risikoabschätzung aus. Etwa 60 Prozent der Betroffenen mit einem hormonrezeptorpositiven Tumor hatten diesen Faktoren zufolge ein „mittleres“ Rückfallrisiko. Um auf der sicheren Seite zu sein, wurde diesen Frauen eine Chemotherapie empfohlen. Tatsächlich hat von diesen 60 Prozent nur etwa ein Drittel von der Chemo profitiert, bei den anderen hätte eine Antihormontherapie ausgereicht. Heute ergänzen wir die klassischen Prognosefaktoren durch die Auswer- tung der Genanalyse, so dass wir diese 60 Prozent, die bisher ein „mittleres“ Rückfallrisiko hatten, nun in „niedriges“ und „hohes“ Risiko aufteilen können. Die genetische Testung als zusätzlichen Faktor bei der Therapieentscheidung heranzuziehen, ist keine neue Idee. Es gibt bereits zwei sehr gute Testverfahren auf dem Markt. Neu ist, dass die Leistung dieses Tests in Deutschland erbracht wird und somit über die Krankenkassen abgerechnet werden kann. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Untersuchung an Gewebe durchgeführt werden kann, das in Paraffin eingebettet ist. Bei anderen Testverfahren ist der logistische Aufwand schwieriger zu realisieren. Mamma Mia!: Heißt das, dass dieser Gentest nun bei allen Brustkrebspatientinnen durchgeführt wird? Prof. Dr. Marion Kiechle: Nein, der Test macht nicht bei allen Frauen Sinn. Wir bieten den Test seit Anfang November allen Frauen an, deren Tumor hormonabhängig sowie HER/2-neu negativ ist und bei denen kein Lymphknotenbefall vorliegt. Der Grund liegt auf der Hand: Ist ein Tumor HER/2-neu positiv oder liegt bereits ein Lymphknotenbefall vor, haben wir es per se mit einem aggressiven Tumor, sprich einer „high-risk“-Situation, zu tun. Bei hormonrezeptornegativen Tumoren gibt es zur Chemotherapie ohnehin keine Therapiealternative. Mamma Mia!: Könnte man zusammenfassend sagen, dass bei 60 Prozent der Brustkrebspatientinnen künftig auf eine Chemotherapie verzichtet werden könnte? Prof. Dr. Marion Kiechle: Ja, wenn alle Frauen vor ihrer Therapie eine Genanalyse durchführen lassen, könnte das sein. Bei uns ist nun eine Studie angelaufen, in der die Ersparnisse für die Solidargemeinschaft berechnet werden sollen. Denn durch die Vermeidung unnötiger Chemotherapien wird nicht nur den betroffenen Frauen viel Leid erspart, es können auch enorme Kosten eingespart werden. Mamma Mia!: Können denn auch Frauen, deren Erkrankung länger her ist, ihren Tumor interessehalber testen lassen, um mehr über ihre Prognose zu erfahren? Prof. Dr. Marion Kiechle: Theoretisch ist das natürlich möglich. Sie müssen nur veranlassen, dass ihr Pathologe, bei dem das Gewebe eingelagert ist, eine Probe in eine Pathologie schickt, die den Test durchführt. Allerdings müssten diese Frauen die Kosten selbst tragen, denn es wäre moralisch nicht vertretbar, eine Genanalyse aus der Solidarkasse zu zahlen, wenn sie nicht therapieentscheidend ist. Davon abgesehen können Frauen, die schon seit einigen Jahren keinen Rückfall haben, ohnehin davon ausgehen, dass sie zu den „low-risk“Patientinnen gehören. es KoNTAKT Prof. Dr. Marion Kiechle Frauenklinik und Poliklinik der Technischen Universität München Ismaninger Straße 22 81675 München Telefon 089 4140 2420 www.mammamia-online.de Januar bis März 2012 27