Erwachsen? Dann nimm was dagegen!

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Rems Murr RUNDSCHAU
Nummer 139 – RMR4
Mittwoch, 19. Juni 2013
C5
Leserfahrt „Mamma Mia“
Erwachsen? Dann nimm was dagegen!
AboPlus-Reise zum Musical „Mamma Mia!“ – 800 unserer Leserinnen und Leser waren dabei
Von unserer Mitarbeiterin
Sabine Reichle
Waiblingen/Stuttgart.
Es war schön und aufregend, lustig
auch, wobei man die Tränen nicht immer unterscheiden konnte: Fließen
sie vor Rührung über die eigentlich bekannte, aber immer wieder doch auf
seltsame Art das Herz berührende Geschichte von „Mamma Mia!“? Oder
fließen sie, weil es einfach so sauglatt
ist, wie in die besten Jahre gekommene Frauen junge Bürschchen springen
lassen. Und ebenfalls ins Alter des
leicht ergrauten Haupthaares gekommene Männer unverhofft Vater einer
20-jährigen Tochter werden?
Wie auch immer: Selten war ein Abend im
Musical für die Zeitungsleserinnen und Leser so erfrischend und unterhaltsam wie
dieser.
Doch weil es eine Geschichte gibt, die sicherlich all jene, die mitfahren konnten,
brennend interessiert, hier gleich zu Beginn
der Geschichte die Aufklärung darüber,
warum die Darstellerin der Donna, Sabine
Mayer, im letzten Drittel des Musicals nach
kurzer Pause ersetzt wurde durch die ebenso furios auftretende Claudia Agar. Das war
ein Moment, in dem das Theater in die
Wirklichkeit blinzelte und dabei zeigten
alle Akteure, dass der Spruch: „The show
must go on“ keine leere Floskel ist. Sang
noch Sabine Mayer in einer Szene, mit
durchaus überzeugender Stimme und spielte ihre Rolle mit Begeisterung, kam dann
eine Szene ohne sie und hernach fiel plötzlich der Vorhang. Die Ansage kam sofort:
Man bitte um einen Moment Geduld. Und
dann, kaum fünf Minuten später: Sabine
Mayer werde ersetzt durch Claudia Agar.
Die kam auf die Bühne, tat so, als hätte sie
den ganzen Abend noch nichts anderes getan und führte das Stück zu Ende und alle
ins Happy End.
Das Schminken
geht ratz fatz
Grandios diese Leistung, die so erfuhr man
durch Nachfrage beim Presssprecher, abgerufen werden musste, weil Sabine Mayer im
letzten Drittel ein Schwinden ihrer Stimme
bemerkte. Man wolle aber, so Pressechef
Gibt uns Money, Mamma Mia.
Jürgen Langerfeld, den Gästen bis zum
Schluss Höchstleistung bieten. Die sogenannte Zweitbesetzung ist während der
Vorstellung im Haus immer anwesend. Das
Schminken „geht dann ratz fatz“ und wie
auf Knopfdruck machte Claudia Agar ihren
Job. Chapeau für diese Leistung und die
besten Wünsche für Sabine Mayer und ihre
Stimme.
Eine der nettesten
Mutter-Tochter-Geschichten
Zurück zum Anfang des Abends: Es war so
ein Sommerabend, der wenn man so möchte, nach Prickelndem schmeckte. Nicht nur
deshalb genossen die Gäste ihren Sekt,
wahlweise auch ein frisches Pils oder einfach nur Selters vor dem Palladium Theater
in Stuttgart. Helga und Tochter Caroline
Winter aus Schorndorf sitzen unter den
Gästen im Freien und lesen scheinbar gelassen in ihren mitgebrachten Büchern. Dabei,
so darf man annehmen, tut das vor allem
Caroline, um die elf Jahre alt, um ihre Auf-
Bilder: Privat/Reichle
regung zu verbergen. Denn Caroline, so verrät es Mama Helga, ist ein echter „Mamma
Mia!“-Fan. Zigmal hat sie den Film schon
gesehen, kennt alle Lieder und hat diese
schon Karaoke gesungen.
Überhaupt sieht man einige Mütter mit
ihren Töchtern, was nur naheliegend ist,
denn „Mamma Mia!“ ist sicherlich eine der
nettesten Mutter-Tochter-Geschichten, die
man sich denken kann. Im Theater dann
stieg spürbar die Vorfreude auf das sommerliche Musical, angesiedelt auf einer fernen griechischen Insel, auf der Mutter Donna irgendwann einmal strandete und dort
hängen blieb. Nun Besitzerin einer Pension
mit Taverne ist und eine reizende Tochter
namens Sophie (Eva Serrarens) hat. Nur
eins fehlt: Geld und ein Vater zur Tochter.
Vor den noch gesenkten wellenblauen
Vorhang trat dann zunächst einer, den zumindest die Leserinnen und Leser vom Zeitungsverlag kennen dürften: Ullrich Villinger, der im Namen seiner Verlegerkollegen
die Gäste begrüßte. Und siehe da: Der Mann
macht den Samstagabend-Moderatoren
charmant Konkurrenz.
Kinder, erst mal alles anders machen als die
Eltern. Und dann hat sie sich auch noch einen Jungen mit dem himmlischen Namen
Sky (Dirk Johnston) ausgesucht. Und wenn
Sky sein T-Shirt auszieht, um mit seinen
Kumpels auf Tauchkurs zu gehen, dann
kann Frau verstehen, dass man den an der
Angel behalten will.
Einmal Dancing Queen,
immer Dancing Queen
Sophie nun denkt sich eine Hochzeit im alten Stil und dafür braucht es ihrer Meinung
nach eben auch einen Brautvater. Also recherchiert sie, eher heimlich im Tagebuch
der Mutter, in dem sie auf viele …. stößt und
auf die Namen dreier Männer: Sam (Jerry
Marwig), Harry (Ramin Dustdar) und Bill
(Jörg Zuch). Beide könnten der Vater von
Sophie sein. Denn die Zeiten war damals
doch etwas ungezwungener und Donna keine Kostverächterin. Und sexy. Wie, das zeigen die Damen, wenn sie zum Aufwärmen
für die Hochzeitsparty in die alten Kostüme
steigen.
Sie waren einmal jung und wild und
Rock’n Roll und hatten eine Band. „Super
Trouper“ heißt so ein Lied, das jeder kennt.
„Super Trouper“ der Songtitel leitet sich
nebenbei aus der Typenbezeichnung für einen Scheinwerfer ab, der die Künstler aus
der Blickrichtung des Publikums beleuchtet. Und in diesem Licht und mit den unglaublichen Kostümen von damals sehen
die Mädels wirklich klasse aus. „In alter
Pracht, wenn auch leicht verwelkt“.
Sophie lädt also alle potenziellen Väter
auf die Insel ein und „Mamma Mia, es geht
wieder los“: Donna ist zwar älter geworden,
aber, was will man machen, das Flattern
beim Anblick eines gewissen Mannes, lässt
nie nach. Man ahnt schnell, dass der smarte
Sam der Traumprinz ist, der Donna einst
schändlich sitzen ließ. Und so dreht sich alles bald immer mehr um diese alte Liebe,
die unter der Sonne Griechenlands wieder
an Hitze gewinnt. Donna meint zwar, der
Alltag, der nicht immer einfach war, habe
sie erwachsen werden lassen, aber die
Freundinnen meinen nur lapidar: „Erwachsen? Dann nimm’ was dagegen.“ Einmal
Dancing Queen, immer Dancing Queen.
Der Charme des Musicals ist diese Mischung aus Melancholie, Liebeswirren, erotischen Anspielungen, die voller augenzwinkerndem Witz sind und eben diesen
Songs, mit denen, so meinte es eine Mitreisende im allerbesten Alter „wir halt aufgewachsen sind“. Und die so gut sind, dass
auch die jugendlicheren Mitfahrerinnen
voll auf Seiten ihrer Mütter stehen. Was
sonst selten genug vorkommt.
Dass am Ende Sophie, die Tochter, die
Heirat noch mal verschiebt, weil sie ahnt,
dass es vielleicht schlau ist, erst was von der
Welt zu sehen, Mutter Donna aber dafür
endlich unter die Haube kommt, rettet die
Party und führt zu einem Happy End, das
alle glücklich macht.
Und so schließt man sich am Ende dem
Mann aus der ersten Reihe an, der von seinem Stuhl aufspringt, mittanzt, applaudiert und richtig Spaß hat.
Info
Ein himmlischer
Anblick: Sky
Dancing Queen, das Finale
Erst mal etwas für den Kreislauf.
Dann endlich hob sich der Vorhang und von
nun an hätte eine Kamera, so sie denn das
Publikum beobachtet hätte, gute zwei
Stunden lang vor allem eins gesehen: lachende, lächelnde Gesichter, Köpfe, die im
Takt mit wippen, Augen, die mal selig geschlossen mal tränenfeucht sind. Dazu
Hände, die immer wieder sich nicht brav in
den Schößen halten können, sondern mit
klatschen und applaudieren.
Es ist eine dem Schauplatz angemessene
Mischung aus bacchantischer Ausgelassenheit, erotischem Geplänkel und tragischen
Verwicklungen. Es stehen im Mittelpunkt:
drei ältere Damen, die jede für sich umwerfend sind. Barbara Raunegger als Rosie, die
zusammen mit Freundin Tanja (großartig:
Betty Vermeulen) Donna zur Seite steht.
Denn Entscheidendes steht an: Tochter Sophie will heiraten. Das können die drei Älteren zwar nicht verstehen, denn zu ihrer
Zeit galt der Spruch: „Willst du zum Altar
mich schleppen, such’ dir einen anderen
Deppen“, aber Sophie will eben, wie alle
„Mamma Mia!“, das Musical von
Benny Andersson und Björn Ulvaeus,
verbindet Abbas Hits mit der bekannten Liebesgeschichte. Die Produzentin Judy Cramer hatte in den
achtziger Jahren die Idee zum Musical,
für das Catherine Johnston das Buch
schrieb. Am 6. April 1999 hatte das Musical am Londoner West End seine Uraufführung. 2008 kam der Film mit
Meryl Streep als Donna und Pierce
Brosnan als Sam in die Kinos. „Mamma
Mia!“ haben 50 Millionen Menschen
weltweit gesehen und machten es zum
erfolgreichsten Musical der Welt.
Noch Zeit für einen Schwatz draußen.
Bequemer geht’s auch nimmer: Leserfahrt zum Ereignis.
„Mamma Mia!“ wird seit 13 Jahren
ununterbrochen am Londoner West
End gespielt. Die erste nichtenglische
Premiere wurde 2002 in Deutschland
gefeiert.
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