Interdisziplinäres Schmerzboard Vorarlberg LKH Hohenems Department für Psychosomatische Medizin Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med SCHMERZ Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird. Die emotionale Komponente ist mit der sensorischen gleichberechtigt. IASP (Int. Ges. zum Studium von Schmerz) Merskey H. Bugduk N, eds. Report by the IASP Task Force on Taxonomy. 2nd ed. Seattle, WA. IASP Press, 1994; Jacobsen L, Mariano A. In: Loeser JD, Butler SH, Chapman CR, et al, eds. Bonica's Management of Pain. 3rd ed. Baltimore, MD: Lippincott Williams & Wilkins, 2001: 241-254; Schaible H-G, Richter F. Langenbecks Arch Surg 2004; 389: 237-243 Landeskrankenhaus Hohenems GW© Dept. für Psychosomatische Medizin IASP (Int. Ges. zum Studium von Schmerz) • Die kausale Verknüpfung von Gewebsschädigung und Schmerzreaktion wird aufgegeben. Sie ist weder eine notwendige noch, wenn nachweisbar, eine hinreichende Bedingung für Schmerz. • Die emotionale Komponente ist mit der sensorischen gleichberechtigt. • Schmerz ist eine subjektive Empfindung, der objektivierbare periphere Läsionen im Sinne einer Reizauslösung fehlen können. Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. GW© Gesundheitspolitische Betrachtung chronifizierter Schmerzen • • • • • • Rund 20% der erwachsenen Bevölkerung der EU leiden an chronischen Schmerzen Direkte und indirekte Kosten machen 1,5%-3,0% des gesamten Europäischen BIP aus. Häufigste Grund für die Konsultation von ÄrztInnen. European Pain Federation (EFIC) 500 Mio Krankheitstage / Jahr Die Qualität der Schmerztherapie kann als Indikator für die Qualität des Gesundheitssytems in Betracht gezogen werden. 97% des Gesundheitsbudgets fließen in die kurative Medizin! Prävention? „Social Impact of Pain“- Symposium Mai 2016 Brüssel • • • Etwa € 5 Mrd. werden in Österreich alleine für die Behandlung schmerzhafter Erkrankungen des Bewegungsapparates ausgegeben. Ca. 350.00 Pat mit „Schmerzkrankheit“ und etwa 1,5 Mio mit Schmerzen. Ca. 30 % der Betroffenen leiden an Somatoformen Schmerzstörungen!!! Somatoforme Beschwerden • • „Medizinisch unerklärte Symptome und Syndrome“; „funktionelle Symptome und Syndrome“ Seelische Zustände führen zu physiologischen/körperlichen Konsequenzen!!! • Notwendig ist eine Behandlung, die eine Berücksichtigung bio-psychosozialer Variablen vorsieht. • Häufigste unerklärte Symptome: SCHMERZ !! • Rate von somatoformen Störungen innerhalb der EU-Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren: 12,7% bis 21,2 % (95% CI) (Creed 2011) • In der Allgemeinmedizin liegt die Rate der Konsultationen mit medizinisch unerklärbaren Symptomen bei 15%-19% (Creed 2011) Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med AUSLÖSER SCHMERZ SCHONUNG SCHMERZTHERAPIE (SCHON)FEHLHALTUNG KRANKENGYMNASTIK SCHMERZSCHWELLE NIEDRIGER ENTSPANNUNG SCHMERZBEWÄLTIGUNGSTRAINING STRESS DEPRESSION, ANGST, VERMEIDUNG SOZIALER RÜCKZUG Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. PSYCHOTHERAPIE INAKTIVITÄT VERLUST VON KRAFT, AUSDAUER, MUSKELMASSE AKTIVIERUNG ERMÜDUNG, VERMINDERTE LEISTUNGSFÄHIGKEIT SELBSTWERT-ERNIEDRIGUNG nach v. Wachter Schmerzklinik Aalen Was hilft bei somatoformen Störungen? (therapeutische Ansätze) Auslösendes Ereignis emotionale Erregung, Stress, körperliche Erkrankung Entspannungsverfahren Physiologische Körperreaktion Anspannung, Erregung, vegetative Symptome KRANKHEITSVERHALTEN Körper untersuchen, Beschäftigung mit Krankheitstheorien Schonung, Rückzug, Arztbesuche Lebensqualität vermindert Abbau von „Checking“-Verhalten, Regulation der Arztbesuche Stressbewältigung, Konfliktlösung, Bewusstwerden von Gefühlen Körperliche Symptome Wahrnehmung Ablenkung Bewertung Bedrohliche Erkrankung, Verlust der Kontrolle Gegengedanken Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. nach M.v.Wachter, Psychosomatik Aalen Biopsychosozial „Im Konzept des biopsychosozialen Schmerzmodells spielt die psychologische Therapie eine immer größere Rolle je höher der Chronifizierungsgrad der Patienten ist.“ …„Dieses Konzept geht davon aus, dass bei chronischen Schmerzpatienten immer eine Verknüpfung und gegenseitige Beeinflussung von Schmerzwahrnehmung, psychologischen Faktoren und sozialer Situation besteht. Diese dynamischen Wechselbeziehungen sind kausal für die Entstehung und den Verlauf (..und die Folgen“; Anm. GW) von Schmerzerkrankungen verantwortlich.“ 05.Nov.2015 Bindungsverhalten und Schmerz Anhaltende und oder wiederholte Erhöhung von Cortisol stören: • Kurzzeitgedächtnis • dynamisch-assoziative Verknüpfung von Erlebnisinhalten Fehlende Glukocorticoidsteuerung bewirkt: • Anstieg des Blutzuckerspiegel • verminderten Kalziumeinbau in Knochen (Osteoporose) • Proteinabbau im Muskel (Myopathie), • Suppression des Immunsystems, • erhöhte Schmerzempfindlichkeit und veränderte affektive Bewertung von Schmerz. Reduktion des Hippocampusvolumens um 5-12% bei sexuell missbrauchten Kindern. Folgen sind Dissoziation, retrograde Amnesie und Einschränkung der Kontrolle der Cortisolfreisetzung.→ SCHMERZ (Bremner et al.1997; Stein et al. 1997) Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. GW© Neurobiologie „STRESS“ • HYPOTHALAMUS Wichtiger Botenstoff: • CRH (Corticotropes Releasing Hormon) • CORTISOL („STRESS“, ängstliche Bewertung von Schmerz, bei anhaltend hohen Werten: schmerzverstärkend) Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. GW© K I N D H E I T J U G E N D E W A C H S E N Eltern emotional nicht erreichbar. Rigider, legalistischer Erziehungsstil, ev. misshandelnd. Beide beruflich stark engagiert. Familienbetrieb, konfliktreiche Ehe (Trennung, Scheidung) Suchtproblem, chronische Krankheit, chronischer Schmerz. Landeskrankenhaus Rankweil Dept. für Psychosomatik Frühe emotionale Deprivation Unsicheres Bindungsverhalten Schmerz als Kommunikationsform (Bauchschmerz, Wachstumsschmerz) Lieblingsspielzeug als Ersatzobjekt Stiefvater Verwandter Bekannter Überaktivität und Leistungsorientierung Sexueller Missbrauch Ängstlich-selbstunsichere Grundpersönlichkeit (Abgewehrte Abhängigkeitswünsche, agressionsgehemmt, überangepasst, leistungsorientiert) Neurotische u. unreife Konfliktabwehrmechanismen Körperl. Krankheit, Unfalltrauma Psychosoziale Belastung (Verlust, Beruf) Innere Konflikte: Eltern, Partner, Chef Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. SOMATOFORME SCHMERZSTÖRUNG ICD-10 Codierungen von Schmerzstörungen • • • • • R52 R52.0 R52.1 R52.2 R52.9 • F62.80 • F45.4• F45.41 Schmerz, anderenorts nicht klassifiziert Akuter Schmerz Chronischer unbeeinflussbarer Schmerz Sonstiger chronischer Schmerz Schmerz, nicht näher bezeichnet Inkl.: Diffuser Schmerz o.n.A. Andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom Anhaltende Schmerzstörung Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren Schmerzmodell des Arztes trifft auf Schmerzmodell des Patienten Der Arzt bleibt dem Patienten eine differenzierte Sicht und Erklärung schuldig. Folgen sind: Noch mehr Untersuchungen Noch mehr Medikamente Noch mehr Operationen Noch mehr Frustration auf beiden Seiten Schnell kommt es dabei zum allmählichen Vertrauensverlust des Patienten, zur Abnahme der Compliance, zur Gefährdung des Therapiebündnisses, der tragfähigen Arzt-Patienten-Beziehung und zum Verlust wertvoller Zeit!! Interdisziplinäre Wechselwirkungen von Körper Psyche SCHMERZ Sozial Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med. Verteilung der Diagnosen PSOM Essstörungen 10% 11% 2% 17% Somatoforme Schmerzstörung Somatoforme Funktionsstörung 9% PTSD, Anpassungsstörung 20% 31% Depressive Störung Angst,Panik CED Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med Hamburger Module (H-49) – Modul A n=530 Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med Julia Reiner; Peggy Marquart; Georg Weinländer Jänner 2015 Zeitraum seit Beginn der somatoformen Störung(en), die zur Aufnahme führten Häufigkeit Prozent Prozent (2014) 6 0,9 1,2 21 3,1 2,5 72 10,5 13,0 > 1 Jahr 587 !!! 85,6!!! 83,4 Gesamt 686 100,1 100,1 > 4 Wochen bis 3 Monate > 3 Monate bis 6 Monate > 6 Monate bis 1 Jahr Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med Julia Reiner; Peggy Marquart; Georg Weinländer Jänner 2015 2016 Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med Landeskrankenhaus Hohenems Dept. für Psychosomatische Med