Studienseminar Koblenz Allgemeines Seminar Textbearbeitungsstrategien Die folgenden 15 Strategien werden kurz beschrieben und jeweils an Hand eines Beispiels erläutert. 1. Texte bildlich und grafisch veranschaulichen (Darstellungsformen wechseln) 2. Textteile zu anderen Darstellungsformen in Beziehung setzen 3. Vorwissen und Weltwissen einbinden 4. Fachbegriffe, Objekte, Personen, Orte, Zeiten, farborientiert markieren 5. Zusammenfassen, Kernaussagen und Schlüsselwörter suchen 6. Anreicherung (Extraktion) des Textes durch Beispiele, Erläuterungen, Ergänzungen 7. Begriffsnetz herstellen 8. Komplexe Prozesse zerlegen und neu zusammensetzen 9. Textteile kategorisieren 10. Texte vergleichen 11. Entschlüsselungsstrategien nutzen 12. Paraphrasieren 13. Formulieren von W-Fragen an den Text und zum Text 14. Vorhersagen zum Inhalt nachfolgender Abschnitte 15. Fünf-Phasen-Schema 8. Komplexe Prozesse zerlegen und neu zusammensetzen Zeitlich organisierte Vorgänge sind um eine Dimension schwieriger zu erfassen als Inhalte, die in der Zeit unverändert fort existieren. Dies gilt insbesondere für Unterrichtsgegenstände, mit denen die Schüler noch nicht vertraut sind. Es fehlt sozusagen die Zeit, um sich mit einem Gegenstand „in aller Ruhe“ auseinanderzusetzen, da dieser sich ja schon im nächsten Satz verändert. Die Dynamik prozessualer Abläufe fordert damit ein Denken und Lernen auf gleichzeitig zwei Ebenen. An dieser Stelle ist der Lehrer gefordert, die Schüler anzuleiten, die Komplexität dieser Lernsituation zu bewältigen. Es ist sinnvoll, die Elemente eines Ablaufs zu isolieren, um sich mit ihnen vertraut zu machen (z.B. Baumerkmale, Funktionen listen). In einem nächsten Schritt versucht man die Vielzahl der Elemente zu kategorisieren (z.B. Zelltypen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede, …). Dann erst werden die Einzelelemente zueinander in Beziehung gesetzt (z.B. Interaktionen und Abhängigkeiten aufgezeigt). Oftmals erweist es sich als notwendig, den zeitlichen Ablauf eines Geschehens in Ausschnitten zu rekonstruieren (vgl. Beispiel „Immunantwort“: arbeitsteilige Gruppenarbeit). Am Ende dieser vorbereitenden Schritte steht dann die Aufgabe, die Dynamik des gesamten Gefüges mit allen Interaktionen zu verfolgen und nachzuvollziehen. Das kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Im vorliegenden Beispiel geschieht dies in der Aufführung des Rollenspiels „Achtung, Viren!“ vor der Klasse/dem Kurs. Die sich anschließende Kritik dient dazu, Fragen zu klären und sich mit dem Geschehen aus unterschiedlicher Perspektive auseinanderzusetzen; es werden Lernschleifen gedreht. Beispiel: Komplexe Prozesse zerlegen und zusammensetzen Abwehr von Krankheiten: das Immunsystem Der menschliche Körper besteht aus Milliarden von spezialisierten Zellen. Ein Teil dieser Zellen ist auf die Abwehr von eindringenden Fremdkörpern spezialisiert: die Zellen des Immunsystems. Die Abwehr von eindringenden Fremdkörpern ist ein höchst kompliziertes Geschehen, das hier am Beispiel einer Vireninfektion nur in den Grundzügen dargestellt ist: Bei der Immunabwehr spielen drei Sorten von weißen Blutkörperchen eine wesentliche Rolle. Jede Sorte hat ihre besondere Aufgabe: Makrophagen, B-Lymphozyten und T-Lymphozyten. B-Lymphozyten sind in der Lage, gegen eindringende Fremdkörper (z. B. Viren) so genannte Antikörper zu entwickeln. Antikörper sind Eiweiße, die sich gezielt mit den Fremdkörpern verbinden und diese damit unschädlich machen. Die Makrophagen fressen die eindringenden Viren auf, indem sie sie umfließen und in ihr Zellinneres aufnehmen. Dort bauen sie die Viren ab und «melden» das Eindringen eines Fremdstoffs in den Organismus, indem sie Teile des Virus auf ihrer Oberfläche präsentieren. Die B-Lymphozyten treten in Kontakt mit den Virus-Bruchstücken, die die Makrophagen auf ihren Oberflächen präsentieren. Dadurch erhalten B-Lymphozyten die Information, dass sie bald Antikörper produzieren müssen. Sie sind dann „Antikörper-Fabriken“ im Wartestand: aktivierte B-Lymphozyten. Sie könnten nun Antikörper produzieren, tun es aber noch nicht. Dritter im Bunde sind die T-Lymphozyten. Sie registrieren ebenfalls an der Oberfläche des Makrophagen die Teile des abgebauten Fremdkörpers. Dadurch werden sie angeregt, sich zu vermehren und zu differenzieren: zu Gedächtniszellen und zu THelferzellen. Die T-Helferzellen stimulieren die aktivierten B-Lymphozyten, sich mehrfach zu teilen. Dadurch entstehen etliche „Antikörper-Fabriken“. Jede dieser Zellen bildet bald über Tausend Antikörper pro Sekunde, die sich mit den Fremdkörpern verbinden und sie so außer Gefecht setzen. Bis es soweit ist, vergehen einige Tage, aber dann ist das Immunsystem abwehrbereit und beispielsweise ein durch Viren ausgelöster Schnupfen bald vorbei. Aufgaben: 1. Lies zunächst den Text durch, erkenne das Thema und die grobe Gliederung. 2. Markiere die dargestellten Vorgänge und Begriff e mit verschiedenen Farben, ebenso die dir unbekannten Wörter, die sich nicht aus dem Text heraus erklären. 3. Schneide die unten stehenden Schemazeichnungen mit den dazugehörigen Bezeichnungen aus. 4. Lege nun die Schemazeichnungen mithilfe des Textes so, dass sich ein sinnvoller Zusammenhang in Form eines Funktionsdiagramms ergibt. Füge Bezugspfeile ein. 5. Ergänze das Schema durch eigene Zeichnungen. 6. Benenne die Bezugspfeile mit Teilsätzen, die du dem Text entnommen hast. 7. Beschreibe das fertige Schema mit eigenen Worten. Lösung: