SERIE Zähne • Augen • Ohren Durch blick VON HILKE WIEGERS 86 In der zweiten Folge unserer dreiteiligen Gesundheitsserie lesen Sie, wie Sie für klare Sicht sorgen – heute und morgen „Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe“, sagt Maurizio Gaudino, früher Fußballnationalspieler und heute Berater beim Marketingunternehmen fair-sport. Vor zwei Jahren war der damals 39-Jährige Brille und Kontaktlinsen endgültig leid. Professor Michael Knorz am FreeVis LASIK Zentrum des Universitätsklinikums Mannheim befreite ihn dauerhaft von seiner Weitsichtigkeit – ein Eingriff von wenigen Minuten. Dabei schliff Knorz mit einem speziellen Laser Teile von Gaudinos Augenhornhaut ab – und schon war der frühere Mittelfeldspieler seine Brille los. „Für mich bedeutet das im Alltag eine deutliche Verbesserung meiner Lebensqualität“, erklärt er. Wie Gaudino wurden – seit der Mannheimer Spezialist Knorz die Laseroperation 1993 in Deutschland eingeführt hat – bereits meh- 87 Wie wichtig gutes Sehen ist, wird vielen Menschen erst klar, wenn ihr Sehvermögen nachlässt. Manche Augenprobleme sind an sich harmlos, andere erfordern sofortiges Handeln. Eine Fehlsichtigkeit wie die Gaudinos beispielsweise ist störend, aber nicht gefährlich. In jungen Jahren ist meist die angeborene „fehlerhafte“ Bauweise des Auges die Ursache. Ein – je nach Art der Fehlsichtigkeit – zu langer oder zu kurzer Augapfel verhindert, dass die Lichtstrahlen genau auf der Netzhaut zusammentreffen. Das so erzeugte Bild ist unscharf und muss mit einer Brille, mit Kontaktlinsen oder eben durch eine LaserOperation korrigiert werden. Ab etwa 40 Jahren lässt dann aber auch bei Menschen, die vorher scharf gesehen haben, die Sehkraft nach. Die Linse wird unflexibler, das Auge kann sich nur noch schwer an unterschiedliche Blickdistanzen anpassen, das Sehvermögen in der Nähe lässt nach: Die Alterssichtigkeit setzt ein. Auch dann helfen Brille, Kontaktlinsen oder der Austausch der unflexibel gewordenen Linse durch eine Kunststofflinse. 88 Ihre Augen jucken, sind immer wieder rot, entzündet? In beheizten Räumen ist es besonders schlimm? Klingt nach einem typischen Fall von „trockenem Auge“. Ausgelöst werden diese Beschwerden meist durch eine gestörte Zusammensetzung des Tränenfilms, der die Hornhaut benetzt und Ihre Augen vor Krankheitserregern schützt. Auch chronische Krankheiten wie Diabetes oder Rheuma oder Medikamente wie Betablocker, Antiallergika oder Schlafmittel können schuld sein. Probieren Sie als Sofortmaßnahmen folgende Tipps. Bei hartnäckigen Beschwerden suchen Sie den Augenarzt auf. > Mit „künstlichen Tränen“ aus der Apotheke können Sie die Hornhaut befeuchten. Achten Sie darauf, dass das Präparat keine Konservierungsmittel enthält. > Trinken Sie ausreichend, mindestens 1,5 Liter am Tag – am besten Wasser. > Meiden Sie Zugluft und Tabakrauch. > Gestalten Sie Ihren Arbeitsplatz augenfreundlich: Stellen Sie Ihren Computer nicht gegen das Fenster, denn Gegenlicht strengt die Augen an. Die Taktfrequenz des Monitors sollte auf der höchsten Stufe stehen. Machen Sie regelmäßig HW Pause, und blinzeln Sie bewusst. Grauer Star: Künstliche Linsen vollbringen Wunder F O T O : © YA M A D A TA R O / G E T T Y I M A G E S Hilfe bei Fehlsichtigkeit: Brille, Kontaktlinsen oder auch eine Operation Schlicht zum Weinen: das trockene Auge FOTOS: (IRIS) GANDEE VASAN / GET TY IMAGES; (LINKS) © GET TY IMAGES/ BLEND IMAGES rere Hunderttausend Patienten mit dieser Operationsmethode von Kurzoder Weitsichtigkeit geheilt. Es könnten noch viel mehr werden, denn in Deutschland tragen nach Angaben des Kuratoriums Gutes Sehen mehr als 40 Millionen Menschen eine Brille! Um eine künstliche Linse kommt nicht herum, wer unter grauem Star leidet. Diese Trübung der Augenlinse betrifft beileibe nicht nur Senioren: Kathrin Raach* war gerade mal 48 Jahre alt, als sie beim Autofahren bemerkte, dass mit ihren Augen etwas nicht stimmte: „Ich konnte die Bremslichter der Autos vor mir nicht mehr richtig erkennen. Die wirkten auf einmal gesprenkelt. Überzeugt davon, dass eine stärkere Brille fällig war, ging ich zum Augenarzt und konnte es erst gar nicht glauben, als der mir die Diagnose ‚Grauer Star‘ mitteilte.“ Zum Glück lässt sich der graue Star mit einer unkomplizierten Operation beheben. Dabei werden die geschädigten Linsen gegen klare aus KunstREADER’S DIGEST Oktober 2008 stoff ausgetauscht. „Innerhalb von 15 Minuten war alles erledigt“, erinnert sich Kathrin Raach an ihre Staroperation in einer Stuttgarter Augenklinik. „In die Ferne sehe ich jetzt wieder optimal, nur zum Lesen brauche ich noch eine Brille.“ Nicht nur fortgeschrittenes Alter, auch Krankheiten wie Masern oder Diabetes können die Linsen milchig weiß werden lassen. Genauso wie bestimmte Medikamente, vor allem Kortison, und Augenverletzungen. „Sonnenanbeter“ sind ebenfalls gefährdet. Wer seine Augen ungeschützt dem heute immer intensiveren UV-Licht aussetzt, riskiert die Eintrübung der Augenlinse. Die Folgen: Scharfsehen in die Ferne fällt schwer, Farben und Kontraste verblassen. Dringender Hinweis an alle Sonnenhungrigen und 89 *Name von der Redaktion geändert. Alarmstufe Rot! Flecken im Gesichtsfeld zunächst keine Bedeutung bei, erst als dieser am nächsten Tag noch nicht verschwunden war, ging er zum Augenarzt. „Der schickte mich sofort in die Klinik“, erinnert sich Dostert. „In meinem rechten Auge hatte sich die Netzhaut abgelöst.“ Dostert wurde sofort operiert, die Netzhaut wieder an der Rückwand des Augapfels fixiert. Je früher eine Netzhautablösung erkannt und behandelt wird, desto besser sind Wintersportler: Tragen Sie eine geeignete Sonnenbrille – Ihren Augen zuliebe! Grüner Star: Frühe Diagnose rettet das Augenlicht Bedrohlicher noch als der graue ist der grüne Star, medizinisch korrekt Glaukom genannt. Einmal durch ihn verlorene Sehkraft lässt sich nicht wiederherstellen. Das Tückische: „Bis sich das Glaukom bemerkbar macht, ist das Auge bereits geschädigt“, erklärt Professor Norbert Pfeiffer, Direktor der Universitäts-Augenklinik Mainz. „Regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt sind deshalb der beste Schutz vor dieser Erkrankung, die zur Erblindung führen kann. Durch eine regelmäßige Gabe von Augentropfen lässt sich das Fortschreiten der Krankheit nämlich in den meisten Fällen verhindern.“ Verändert sich Ihr Gesichtsfeld, gehen Sie sofort zum Arzt! 90 Ihre Heilungschancen. Wenn sich dichte Schleier in Ihr Blickfeld schieben oder dunkle Punkte vor Ihren Augen fliegen, sollten Sie umgehend Ihren Augenarzt oder eine Klinik aufsuchen. Besonders gefährdet sind kurzsichtige Menschen und Personen, in deren Familie bereits Netzhautablösungen aufgetreten sind. Für alle gilt: Lassen Sie Ihre Augen regelmäßig untersuchen! Mindestens einmal alle zwei Jahre. HW Sonnenbrillen sind kein modischer Schnickschnack, sondern notwendiger Schutz: Denn aggressive UV-Strahlung und der gefährliche Blauanteil im Sonnenlicht bedrohen insbesondere beim Sonnenbaden und beim Wintersport Ihr Augenlicht. Am CE-Zeichen auf der Innenseite des Brillenbügels erkennen Sie, dass Ihre Neuerwerbung der EU-Norm beim UV-Schutz entspricht. Denken Sie dran: Die beste Brille taugt nichts, wenn Sie sie nicht aufsetzen. Nicht nur Krankheiten bedrohen unsere Augen. Unfälle am Arbeitsplatz und im Haushalt können Sie ebenfalls Ihr Sehvermögen kosten. Dabei ist die Vorbeugung so einfach: Tragen Sie eine Schutzbrille, wenn Sie mit ätzenden Substanzen arbeiten, bohren, sägen oder flexen. Dasselbe gilt für Gartenarbeiten wie Häckseln oder Heckenschneiden. Wenn Sie kleinere Kinder im Haus haben, sollten Sie zudem auf dornenreiche Pflanzen in Wohnung und Garten verzichten. HW Etwa drei Millionen Menschen in Deutschland haben einen zu hohen Augeninnendruck, die Vorstufe des Glaukoms, rund 800 000 sind am grünen Star erkrankt. Ein erhöhtes Risiko zu erkranken haben vor allem Verwandte von Glaukompatienten, stark kurzsichtige Menschen, aber auch solche mit schlechter Durchblutung. Im Alter nimmt die Gefahr zu: Haben Sie die 40 überschritten, sollten Sie alle ein bis zwei Jahre zur Kontrolle zum Augenarzt gehen. Makula-Degeneration: Mit Vitaminen vorbeugen „Ich tapezierte gerade ein Zimmer in unserer Wohnung, und weil die Tapete so wellig aussah, fuhr ich mit der Hand noch einmal darüber, aber da waren gar keine Wellen“, erinnert sich Felicita Poßmann aus Bingen. Die damals knapp 60-Jährige ging zum Augenarzt. Was dieser ihr mitteilte, war READER’S DIGEST Oktober 2008 F O T O : © M A S T E R F I L E R O Y A LT Y F R E E Z u einem dramatischen Wettlauf mit der Zeit wurde für Klaus Dostert aus Mainz der Kampf um sein Augenlicht. „Ich war schon immer stark kurzsichtig und habe eine Brille getragen. Einmal im Jahr war ich auch zur Kontrolle beim Augenarzt“, erzählt der Volkswirt aus Mainz. „Eines Morgens wachte ich auf und hatte so eine Art schwarzen Schleier vor einem Teil des rechten Auges“. Der damals 48-Jährige maß dem dunklen Unverzichtbar: Sonnen- und Schutzbrillen ein Schock: Die Diagnose lautete Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) – ein Leiden, das in Deutschland für die Hälfte aller schweren Sehbehinderungen verantwortlich ist. Auf der nur stecknadelkopfgroßen Stelle des schärfsten Sehens, der sogenannten Makula, befinden sich Millionen von Sinneszellen. Diese empfindlichen Photorezeptoren werden laufend verbraucht und wieder neu aufgebaut. Je älter das Auge wird, desto schlechter wird aber der anfallende „Zellmüll“ abtransportiert. Dadurch kann es zu Ablagerungen im Auge kommen, die das Sehen behindern. Bei der sogenannten „trockenen“ AMD schreitet dieser Prozess nur langsam voran. Weit aggressiver ist die „feuchte“ Form, bei der wuchernde Blutgefäße die Makula in kürzester Zeit zerstören. Bis vor wenigen Jahren hatte die Medizin AMD-Patienten so gut wie nichts anzubieten – mittlerweile gibt es zumindest Hoffnung. Zwei Studien lassen darauf schließen, dass hoch dosierte Vitaminpräparate, bestehend aus den Vitaminen C und E, Betakarotin, Zink und Lutein, die Netzhaut schützen und den Übergang von trockener zu feuchter AMD zumindest verzögern. Inzwischen sind erste Medikamente auf dem Markt, die bei der 91 feuchten AMD das Wuchern der Blutgefäße und damit die Zerstörung der Makula gezielt blockieren können. Übrigens: Das Nervengift Nikotin gilt als zusätzlicher Risikofaktor – nicht nur für die Makula-Degeneration, sondern auch für den grauen und grünen Star. Ein Grund mehr, das Rauchen aufzugeben! Licht im Dunkel: Mikrochips und Stammzellen Wir werden immer älter, und so wird auch die Zahl der altersbedingten Augenkrankheiten weiter wachsen. Für das Jahr 2030 prognostiziert Professor Pfeiffer aus Mainz eine Zunahme hochgradig sehbehinderter und blinder Menschen um rund 40 Prozent. Aber es gibt auch gute Nachrichten: „In vielen Bereichen“, so Pfeiffer, „sind heute Untersuchungs-, Heil- und Behandlungsmethoden sichtbar, die vor 20 Jahren noch nicht denkbar waren.“ So wird beispielsweise unter seiner Leitung im Moment an einem Glaukom-Bluttest gearbeitet. Mit ihm ließe sich die häufig unbemerkt fortschreitende Krankheit viel früher als bisher diagnostizieren. Große Hoffnung setzen Augenärzte und Biologen auch darin, absterbende Sinneszellen der Netzhaut durch transplantierte Zellen zu ersetzen. Einer Forschergruppe um Dr. Udo Bartsch vom Transplantationslabor der Universitäts-Augenklinik Hamburg gelang es bereits vor zwei Jahren, Netzhautzellen neugeborener Mäuse in die Netzhaut erwachsener Tiere zu integrieren. Bis die Wissenschaftler allerdings mithilfe von in die Retina eingeschleusten gentherapeutisch behandelten Stammzellen die Netzhauterkrankungen beim Menschen stoppen können, wird vermutlich noch viel Zeit vergehen. Auch an der Entwicklung künstlicher Netzhäute arbeiten Forschergruppen auf der ganzen Welt. In Tübingen beispielsweise implantierte 2005 ein Operationsteam zwei blinden Patienten einen Mikrochip. Mit diesen Netzhautprothesen konnten die beiden Sehbehinderten Lichteindrücke und Muster wahrnehmen: ein Schritt hin zur Verwirklichung eines uralten Menschheitstraums – Blinde wieder sehend zu machen! Im nächsten Monat lesen Sie, was Ihre Ohren gesund hält. WICHTIGER HINWEIS Mein Mann und ich unternahmen eine Wanderung in den Bergen. Etwa nach der Hälfte der Strecke blieben wir einige Minuten stehen, um ein Schild zu lesen, das sehr weit oben angebracht war. Darauf stand unter anderem: „Bitte bleiben Sie hier nicht stehen. Steinschlaggefahr!“ M o n i k a E b n e r, Neufahrn 92 READER’S DIGEST Oktober 2008