Medien Institut Werbepsychologie WDM2006A Dr. Andreas Vlašić Medien Institut (0621) 52 67 44 [email protected] Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Einführung Warum Werbepsychologie? Tageszeitungen TV Direktwerbung Anzeigenblätter Publikumszeitschriften Hörfunk Online-Angebote 1) Verzeichnis-Medien, Außen-, Fachzeitschriftenund Filmtheaterwerbung. 2) Bei Zeitungssupplements werden ab 2002 Vertriebs- und Anzeigenerlöse miteinander verrechnet und nur als Gesamtergebnis dargestellt. Quelle: BDZV/ZAW 2 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung der Vorlesung - Themenkomplexe 1. Psychologische Grundlagen der Werbung 2. Methoden der Werbeforschung 3. Wirkung I: Eigenschaften des Stimulus 4. Wirkung II: Eigenschaften der Rezipienten 4 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Themenkomplex 1: Psychologische Grundlagen der Werbung 5 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 6 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Theoretische und angewandte Fächer der Psychologie Allgemeine Psychologie (Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis, Denken und Problemlösen, Motivation/Emotion) Differentielle Psychologie (Persönlichkeitsmodelle, Diagnostik) Biologische Psychologie (biologische Grundlagen, Neuropsychologie, Grundlagen der Psychopharmakologie, Methoden der physiologischen Psychologie) Entwicklungspsychologie (Entwicklung und Veränderung von Wahrnehmung, kognitive Kompetenzen, Persönlichkeit) Sozialpsychologie (interpersonale Beziehungen, Sozialverhalten, Kommunikation und Interaktion, Sozialisation, Soziale Urteilsbildung und Einstellungen) Klinische Psychologie Pädagogische Psychologie Arbeits- und Organisationspsychologie Forensische Psychologie Verkehrspsychologie ... Markt- und Werbepsychologie 7 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Definitionen Werbung: Psychologie: Sämtliche Formen der Kommunikation, die auf Absatzförderung von Produkten/Dienstleistungen von Unternehmen und Organisationen gegenüber Endverbrauchern oder Vertriebsunternehmen abzielen. Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen. Werbepsychologie: Untersucht Erleben und das Verhalten von Menschen im Markt, d.h. in ihrer Rolle als Anbieter und Nachfrager (Teil der Marktpsychologie) erforscht die Bedingungen und Konsequenzen von Kommunikationsstrategien sowie deren Elemente und Kombinationen auf das Verhalten und Erleben von Menschen übernimmt die Aufgabe, die damit verbundenen Gesetzmäßigkeiten zu untersuchen, um die Vorhersage von Erleben und Verhalten zu ermöglichen ist ein grundsätzlich und vorwiegend experimentell bzw. empirisch ausgerichtetes Teilgebiet der Psychologie 8 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Historische Entwicklung der Werbepsychologie Entstehung der Werbepsychologie in Deutschland durch Münsterberg (1912): „Psychologie und Wirtschaftsleben“ Weiterentwicklung zunächst unter dem Namen „Psychotechnik“, in deren Rahmen vor allem formale Aspekte untersucht wurden Größe von Anzeigen Platzierung von Anzeigen Gestaltung von Schaufenstern etc. Integration weiterer Ansätze der Psychologie Gestaltpsychologie, Behaviorismus, Einstellungsforschung, Kommunikationsforschung etc. Entwicklung von behavioristischen Modellen über kognitive Ansätze hin zu komplexen Modellen (ELM) 9 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 10 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Positionierungsmodelle in der Werbung Ausgangspunkt: Industrialisierung und Massenproduktion Gütern müssen diese sich von den anderen absetzen, auch wenn objektive Produktunterschiede minimal sind klassische Annahme von der Homogenität der Güter ist nicht (mehr) gegeben Menschenbild des „homo oeconomicus“: Handelt völlig zweckrational, strebt Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung an, ist mit „Markttransparenz” und völliger Voraussicht in wirtschaftlichen Dingen begabt und reagiert sofort, völlig, normal auf Datenänderungen. Wert-Erwartungstheorie: Mensch als Nutzenmaximierer unter Knappheit der Ressourcen handelt unter Unsicherheit hinsichtlich seiner Erwartungen berücksichtigt (teilweise) Opportunitätskosten der Informationssuche 11 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Positionierungsmodelle in der Werbung /2 Vershofen (1940): Grundnutzen von Gütern vs. vielfältige Zusatznutzen Reeves (1961): Unique selling proposition natürlicher vs. konstruierter USP Problem: Alleinstellung in dicht besetzten Märkten (Relevanz!) Gutenberg (1970): Vier Hauptinstrumente für Absatzpolitik Angebot (Gestaltung des Produkts, Markenname, Angabe des Herkunftslandes) Preispolitik (Preishöhe, -änderung, -darbietung) Absatzmethode (Wahl des Absatzweges) Produktdifferenzierung durch Werbung (inhaltliche und formale Gestaltung von Werbung, Leitbilder, Zeigen des Verwendungszusammenhangs) Fazit Differenzierung: Objektiver vs. subjektiver Produktnutzen Positionierung: Verankerung eines Angebots im Erlebnisraum der Nachfrager 12 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 13 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Wahrnehmung Wahrnehmung ist ein notwendige, aber i.d.R. keine hinreichende Bedingung der angestrebten Wirkung verbreitungspolitischer Maßnahmen Drei Stufen-Modell der Wahrnehmung 1. sensorische Empfindung (neurale Aktivität) 2. Wahrnehmung im engen Sinn (Bildung von Perzepten) 3. Klassifikation (Interpretation) Konsistenzannahme der Psychophysik: feste, berechenbare Beziehung zwischen (objektivem) Reiz und (subjektiver) Empfindung Irradiation: Objektiv gleichbleibendes Merkmal erscheint durch eine Veränderung im Umfeld als verändert (Spiegel 1970) • „angeborene“ Gesetzmäßigkeiten (vgl. Gestaltpsychologie), gelernte Konditionierungen (guter Wein mit Plastikverschluss), Umweltfaktoren (Bsp. Hunger) Effekt ist umso stärker, je diffuser die unveränderte Eigenschaft ist • Bsp.: Gestaltung von Verpackungen, Stärke der Rückholfeder des Gaspedals, Aussehen von Dozenten 14 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Exkurs: „Klassische“ Wahrnehmungstäuschungen a) Welche der horizontalen Linien ist länger? b) Ist die diagonale Linien unterbrochen? c) Welcher der eingekreisten Kreise ist größer? 15 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Quelle: http://www.michaelbach.de/ ot/index-de.html 16 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Steuerung der Wahrnehmung: Aktivierung Unspezifische Aktivierung ist eine grundlegende Dimension aller Antriebsprozesse des Menschen Erregung des retikulären Aktivierungssystems (RAS) im Stammhirn durch Außenreize höhere Gehirnregionen werden Aktionsbereitschaft versetzt Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung wird erleichtert Psychische Funktionsleistungen und die allgemeine Aktivierung stehen in einer umgekehrten U-Beziehung zueinander (Yerkes-Dodson-Gesetz) Werbung löst i.d.R. keine so hohe Aktivierung aus, dass die psychophysische Leistungsfähigkeit des Individuums beeinträchtigt Vampir-Effekt: Erinnerung an eine Werbung wird in hohem Maße gefördert, das eigentliche Werbeziel aber verfehlt Spezifische Aktivierung: psychische Energie kommt bestimmten (erwünschten) Verhaltensweisen zugute 17 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Steuerung der Wahrnehmung: Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit: vorübergehende Erhöhung der Aktivierung, die zur Sensibilisierung des Individuums gegenüber bestimmten Reizen führt (Kroeber-Riel) Aufmerksamkeit steigert Verarbeitungsfähigkeit und Gedächtnisleistung Aufmerksamkeit kann durch aktivierende Gestaltung von Werbemitteln ausgelöst werden Erotik Zuneigung soziale Akzeptanz oder Ablehnung Neuartigkeit, Überraschung Farbigkeit Bewegung etc. Probleme: Habituation, Ablenkung (Vampir-Effekt), Reaktanz („most advanced yet acceptable“) 18 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Steuerung der Wahrnehmung: Unterschwellige Wahrnehmung Paradox: Kann man etwas „unterschwellig“ wahrnehmen? Person sagt, sie hätte einen Reiz nicht erkannt (Ebene der Aussage), aber auf anderen Ebenen (z.B. physiologischen) sind Reaktionen feststellbar, die ohne Wahrnehmung des Reizes nicht zu erklären wären Auf einem vorbewussten, „unterschwelligen” Niveau wird entschieden, welche Reize perzipiert werden (Cocktailparty-Phänomen, Moray 1959) Funktioniert unterschwellige Werbung? Vicary-Studie (1957): kurze Einblendung (1/3000 Sek.) von Werbeappellen führte zu Anstieg des Konsums von Popcorn und Coca-Cola Aber: Zweifel, ob die Studie überhaupt stattgefunden hat; wenn ja, weist sie in jedem Fall erhebliche methodische Mängel auf Hawkins (1970): einfache unterschwellige Reize können Grundbedürfnisse aktivieren, sind spezifisch aber nicht wirkungsvoller als oberschwellige Kommunikation 19 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Steuerung der Wahrnehmung: Erwartungen Bedürfnisse, Einstellungen und Motive der Rezipienten beeinflussen die Wahrnehmung Fokus auf Selektionsprozesse („selective perception“), vor allem auch in Fällen von kognitiver Dissonanz Wahrnehmung als aktiver Prozess, der Gesetzen des Lernens unterliegt, in Handlungszusammenhänge eingebettet ist und funktionalen Charakter hat Zwei Verarbeitungswege (heuristisch) top-down: Reiz-induziert bottom-up: Konzept-gesteuert 20 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 21 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lernen Kontakt mit Werbung und Kaufhandlung sind meist zeitlich getrennt, daher muss die wahrgenommene Information gespeichert werden Lernen: Prozess, der zu einem relativ stabilen Verhalten bzw. Verhaltenspotential führt (Zimbardo 1995) In der Gedächtnispsychologie erlangte das “Drei-Speicher-Modell” von Atkinson & Shiffrin (1968) große Bedeutung 1. sensorischer Speicher bzw. Ultrakurzzeitspeicher: Verarbeitung der Sinneseindrücke auf sehr elementaren Niveau (große Speicherkapazität, sehr kurze Speicherdauer) UKZG 2. Kurzzeitspeicher: Weiterverarbeitung der Information (ebenfalls flüchtig: entweder Verlust oder Übergang in Langzeitspeicher) KZG 3. Langzeitspeicher: Dauerhafte Speicherung der Information LZG 22 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gedächtnis Erste systematische Untersuchung von Gedächtnisleistungen durch Hermann Ebbinghaus (1885) Lernen und Reproduktion sinnloser Silben unter verschiedenen Bedingungen Unterscheidung von vier Prozessen 1. Lernen/Enkodierung: Neues Einspeichern von Informationen in das Langzeitgedächtnis 2. Behalten: Bewahren von wichtigen Informationen durch regelmäßigen Abruf 3. Erinnern/Abruf: Reproduktion oder Rekonstruktion von Gedächtnisinhalten 4. Vergessen: Zerfall von Gedächtnisspuren oder Abruf-Interferenzen durch konkurrierende Informationen 23 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gedächtnis /2 Positionseffekte: Bessere Erinnerung von ersten Elementen einer Reihe (Primacy) letzten Elemente einer Reihe (Recency) Priming: Aktivierung von Erinnerungen, welche in die gleiche Bedeutungskategorie fallen wie der auslösende Reiz oder Hinweis Bsp.: Blatt - Baum Aktivierung entsprechender Schemata In der kognitiven Psychologie werden verschiedene Wissensarten unterschieden (nach Tulving 1972) Episodisches Wissen: Erinnerung an Objekte, die räumlich und zeitlich eingeordnet sind (Begebenheiten, z.B. letzter Fahrradausflug) Semantisches Wissen: Erinnerung an Daten und Fakten ohne räumliche und zeitliche Festlegung (Bsp.: Zweck eines Fahrrads) Prozedurales Wissen: Erlernte Bewegungsabläufe, die man weitgehend unbewusst abrufen kann (Bsp.: Fahrradfahren) 24 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien Unterscheidung von vier Arten des Lernens (aufsteigende Komplexität): Komplexes Lernen: Lernen, das über das Bilden von Assoziationen hinausgeht, z.B. die Anwendung einer Strategie zur Problemlösung oder die Ausbildung einer geistigen Landkarte einer Umgebung (Modellernen, sozial kognitive Lerntheorien) Operante Konditionierung: Lernen, dass einer Aktion eine Konsequenz folgt, z.B. dem Aufdrehen des Wasserhahns folgt das Fließen des Wassers Basis gezielter, nicht-instinktiver Handlungen Klassische Konditionierung: Lernen, dass einem Reiz ein anderer folgen wird, z.B. dem Piepen des Rechners folgt eine Fehlermeldung frühzeitige Vorbereitung auf den zweiten Reiz Habituation (Gewöhnung): Lernen, einen Reiz zu ignorieren, der keine nützliche Information enthält, z.B. das Ticken einer Uhr Vermeidung von Reizüberflutung 25 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Klassische Konditionierung Konditionierung: Herstellen einer bedingten Reaktion (CR) Geht zurück auf ein Experiment des Physiologen Pawlow zur Speichelabsonderung bei Hunden Modell der klassischen Konditionierung: Reflex Futter (US) Glocke (US bzw. CS) t0 Speichelfluss (UR bzw. CR) Orientierungsreaktion (UR) t1 t2 Übertragung konditionierter Reaktionen Reizgeneralisierung: ähnlicher Reiz löst bedingte Reaktion aus Reizdiskriminierung: ähnlicher Reiz löst bedingte Reaktion nicht aus 26 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Klassische Konditionierung /2 Klassisches Konditionieren von emotionalen Reaktionen: Furchtkonditionierung nach Watson & Rayners („Little Albert“) elf Monate alter Albert hatte sich mit weißer Ratte angefreundet jedesmal, wenn er sich ihr zuwendete, ließ man hinter ihm ein lautes Geräusch ertönen bereits nach wenigen Expositionen löste die Ratte Furchtreaktionen aus später lösten auch anderen Reize (Hunde, Kaninchen, Pelzmantel) diese Reaktion aus (Reizgeneralisierung) Konditionierte Reaktionen können wieder gelöscht werden (aber: schwierig bei Furchtreaktionen) Konditionierung von Emotionen und Reizen ist nicht beliebig möglich (Bsp. Konditionierung von Angst an Blumen) 27 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Operante Konditionierung Operante Konditionierung: Lernen erfolgt durch das Bewerten von Konsequenzen bestimmter Handlungen („Lernen am Erfolg“) Geht zurück auf Thorndikes „Law of effect“: Wenn auf ein Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine positive Konsequenz erfolgt, so wird dieses verstärkt, andernfalls abgeschwächt oder es bleibt aus Prinzip der Verstärkung funktioniert nach Skinner positiv und negativ Darbietung Entzug angenehmer Reiz positive Verstärkung Bestrafung II unangenehmer Reiz Bestrafung I negative Verstärkung Verhalten wird bei kontinuierlicher Verstärkung am schnellsten gelernt Verhalten ist löschungsresistenter, wenn es nur nur ab und zu (intermittierend) verstärkt wird Kontingenz: Enger Zusammenhang zwischen Verhalten und Konsequenz 28 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Sozial-kognitive Lerntheorie Grundgedanke: Menschen können stellvertretend durch Beobachtung lernen und müssen nicht selbst handeln Albert Bandura: „Lernen durch Beobachtung ist effizienter als Eigenerfahrung” Verschiedene Begriffe: Lernen am Modell, Beobachtungslernen, ModellLernen, Nachahmungs- und Imitationslernen, Vorbildlernen Paradigmatische Grundlagen der sozial-kognitiven Lerntheorie: Lernen ist ein aktiver, kognitiv gesteuerter Prozess Entscheidend für das Handeln eines Individuums sind Motivationen, emotionale Empfindungen und komplexe Denkprozesse (vgl. Gegenposition der Behavioristen) Menschen werden nicht allein durch innere Kräfte oder von Umweltstimuli vorangetrieben, sondern durch die ständige Wechselwirkung zwischen Umwelt und Mensch 29 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Sozial-kognitive Lerntheorie /2 Determinanten des sozial-kognitiven Lernprozesses: a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter (Identifizierung): Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, das er selbst realisieren möchte b) Emotionale Bindung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung c) Enge Verbindung von Verhalten und Konsequenz: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer und umgekehrt d) Sozialer Status des Modells: Personen mit höherem sozialen Status als der Beobachter werden eher nachgeahmt als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status e) Soziale Macht des Modells: Bestrafungs- bzw. Belohnungsmacht des Modells auf den Beobachter fördert Nachahmung 30 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Sozial-kognitive Lerntheorie /3 1. Aufmerksamkeitsphase Grad der Aufmerksamkeit ist abhängig von • Attraktivität des Modells (erfolgreich, kompetent, mächtig etc.) • regelmäßiger Kontakt und Beziehung zwischen Beobachter und Modell • auffällige und überschaubare Handlungen • ausreichende Kapazität des Beobachters • emotionale Bindung und ähnliche Einstellungen • Nutzen für den Beobachter • Neugier, frühere eigene bzw. fremde Erfahrungen etc. 2. Behaltensphase Speicherung und symbolische Repräsentation Visuelle und/oder verbale Repräsentation Lern- oder Gedächtnisstrategien erleichtern das Einprägen (z.B. Wiederholung 31 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Lerntheorien: Sozial-kognitive Lerntheorie /4 3. Reproduktionsphase Lernender erprobt das gespeicherte Verhalten praktisch Integration in eigenes Verhalten und Entwicklung neuer Verhaltensmuster Beobachter kontrolliert Handlungen selbststeuernd (Bewertung) 4. Motivationsphase Gelerntes wird in konkrete Handlungen umgesetzt Voraussetzung: Verstärkung und Motivation Drei Arten von Motivationsstrategien: • externe Verstärkung: Belohnung und Bestrafung • stellvertretende Verstärkung: Konsequenz muss nicht selbst erfahren werden, sondern kann auch an einem Modell beobachtet werden • Selbstverstärkung: selbst-induzierte Motivation (Problem der Abgrenzung!) 32 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 33 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Motivation Ausgangspunkt: Frage nach den Ursachen des Verhaltens bzw. spezifischer Handlungen von Personen Definitionen für Motivation: „Ingangsetzen, Steuern und Aufrechterhalten von körperlichen und psychischen Aktivitäten“ (Zimbardo 1995) „Motivation ist die aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand.“ (Rheinberg, 1995, S. 14) Aber: Keine Bewertung der Nützlichkeit einer Aktivität! In der Pädagogik Unterscheidung zwischen hoch intrinsische Primärmotivation (Bsp. Flow-Erleben, vgl. Csikszentmihalyi (1991) extrinsische Sekundärmotivation Angst Anforderungen (Bsp. Anerkennung) niedrig Flow Apathie/ Entspannung Langeweile Fähigkeiten hoch 34 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Motivation /2 Vier Merkmale kennzeichnen das Phänomen Motivation: Aktivierung: Motivation bedeutet immer einen Prozeß, in welchem Verhalten in Bewegung gesetzt wird. Richtung: Die Aktivität wird auf ein bestimmtes Ziel hin gesteuert und bleibt in der Regel so lange bestehen, bis dieses Ziel erreicht ist oder bis ein anderes Motiv vorrangig ist. Intensität: Die Aktivität kann mehr oder weniger stark, kräftig oder gründlich ausgeführt werden. Ausdauer: Zielstrebiges Verhalten kann mehr oder weniger Beständigkeit aufweisen, daher wird die Aktivität meist auch dann aufrechterhalten, wenn sich Schwierigkeiten ergeben. 35 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Klassifikation von Motiven Zentrale Unterscheidung handlungsverursachender Faktoren in 1. Trieb: Handlungsmotivation mit primär biologischen Voraussetzungen („ primäre Motive“, Bsp. Hunger) 2. Motiv: Handlungsmotivation mit primär psychologischen und sozial bedingtem Hintergrund („ sekundäre Motive“, Bsp. Leistungsmotiv) Verschiedene Ansätze zur Klassifikation von Motiven Freud: Reduktion aller Motive auf Sexualtrieb Maslow: Hierarchische Gliederung von 5 zentralen Motiven in „Bedürfnispyramide“ Reiss: Identifikation von 16 (nicht-hierarchisch gegliederten) Grundmotiven Psychologisch gut erforschte Motive: Anschlussmotiv, Leistungsmotiv, Machtmotiv 36 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Beispiel: Bedürfnispyramide nach Maslow (1954, 1968) 1968: Hinzufügung der 6. Stufe 1954: FünfStufen-Modell Bedürfnis nach Transzendenz Wachstumsbedürfnisse Selbstverwirklichungsbedürfnisse Geltungsbedürfnisse soziale Bedürfnisse Sicherheitsbedürfnisse Defizitbedürfnisse physiologische Bedürfnisse 37 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Beispiel: Basale Motive nach Steven Reiss (2000) Empirische Forschung: 16 nicht hierarchisch gegliederte Motive Macht (Streben nach Erfolg, Leistung, Führung) Unabhängigkeit (Streben nach Freiheit, Autarkie) Neugier (Streben nach Wissen und Wahrheit) Anerkennung (Streben nach sozialer Akzeptanz, Zugehörigkeit und positiven Selbstwert) Ordnung (Streben nach Stabilität, guter Organisation) Sparen (Streben nach dem Anhäufen materieller Güter) Ehre (Streben nach Loyalität und charakterlicher Integrität) Idealismus (Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Fairness) Beziehungen (Streben nach Freundschaft, Kameradschaft, Humor) Familie (Streben nach eigenen Kindern, Familie) Stand (Streben nach Reichtum, social standing) Rache (Streben nach Konkurrenz, Kampf, Vergeltung) Romantik (Streben nach erotischem Leben, Sexualität und Schönheit) Ernährung (Streben nach Essen und Nahrung) Körperliche Aktivität (Streben nach Fitness und Bewegung) Ruhe (Streben nach Entspannung und emotionaler Sicherheit) 38 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Wert-Erwartungs-Modelle „Kognitive Wende“ der Motivationspsychologie: Kognitionen beeinflussen über wahrgenommene Realisierungschancen das Verhalten WertErwartungs-Modelle Risikowahl-Modell (nach Atkinson 1957): Tendenz einer Motivation ergibt sich aus der Differenz zwischen Erfolgstendenz und Misserfolgstendenz. Dabei jeweils „Verrechnung“ von 1. Erfolgsaussichten und 2. subjektivem Wert eines Ziels (Gewinn bei Erfolg bzw. Verlust bei Scheitern) Kern: Identifikation/Vorhersage subjektiver Präferenzen und Bewertung von Wahrscheinlichkeiten 39 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Motivation und Attribution Attributionstheorie (nach Heckhausen) : Die Zuschreibung von Gründen für Erfahrungen/Ereignisse beeinflusst das Handeln Zwei Dimensionen; Kontrollüberzeugung: internal vs. external Stabilität der verursachenden Faktoren: stabil vs. variabel Kontrolle internal stabil Fähigkeit external Schwierigkeitsgrad der Aufgabe Stabilität variabel Anstrengung Glück 40 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Emotion Emotionen spielen bei Motivation eine wichtige Rolle: Lebewesen wiederholen oftmals Handlungen, bei denen sie Lust empfunden haben, und vermeiden solche, bei denen Unlust auftrat Kleinginna & Kleinginna (1981) geben einen Überblick der Definitionen von 100 verschiedenen Autoren, die sie in folgender Arbeitsdefinition zusammenfassen: „Emotion ist ein komplexes Interaktionsgefüge subjektiver und objektiver Faktoren, das von neuronal/humoralen Systemen vermittelt wird, die • affektive Erfahrungen, wie Gefühle der Erregung oder Lust/Unlust, bewirken können; • kognitive Prozesse, wie emotional relevante Wahrnehmungseffekte, Bewertungen, Klassifikationsprozesse, hervorrufen können; • ausgedehnte physiologische Anpassungen an die erregungs-auslösenden Bedingungen in Gang setzen können; • zu Verhalten führen können, welches oft expressiv, zielgerichtet und adaptiv ist.“ 41 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Emotion /2 Oatley & Jenkins (1996), Frijda (1986): Emotion entstehen dadurch, dass eine Person - bewusst oder unbewusst - ein Ereignis als bedeutsam für ein wichtiges Anliegen (ein Ziel) bewertet Der Kern einer Emotion sind Handlungsbereitschaften (readiness to act) und das Nahelegen (prompting) von Handlungsplänen; eine Emotion gibt einer oder wenigen Handlungen Vorrang, denen sie Dringlichkeit verleiht, und unterbindet andere, konkurrierende mentale Prozesse oder Handlungen Eine Emotion wird gewöhnlicherweise als ein bestimmter mentaler Zustand erlebt, der manchmal von körperlichen Veränderungen, Ausdruckserscheinungen und Handlungen begleitet wird. Damasio (1992): Bei Entscheidungen sind „kognitive“ und „affektive“ Hirnregionen aktiviert Emotionen als schnelle Adaption an Umwelteinflüsse sowie Entscheidungs- und Handlungshilfe! 42 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 43 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Einstellungen Vielzahl von Begriffen für ähnliche Konzepte: Stereotyp, Vorurteil, Meinung oder (besonders in Werbepsychologie verbreitet) Image Vorbedingung (und damit Prädiktor) für Verhalten In der werbepsychologischen Forschung dominiert das Einstellungskonzept Arbeitsdefinition Einstellung: Einstellung ist eine aus der Erfahrung stammende Bereitschaft, in relativ konsistenter Weise auf einen Gegenstand wertend zu reagieren, die sich im kognitiven, affektiven und motivationalen (konativen) Bereich niederschlagen kann. Problem: Oftmals kein enger bzw. erkennbarer Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten 44 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 46 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Soziale Einwilligung und Autorität Compliance (Einwilligung): Handeln entsprechend den Vorschlägen, Bitten oder Forderungen anderer Faktoren zur Erzeugung von compliance Konsistenz mit vorhergehendem Handeln Glaubwürdigkeit/ Autorität des Fordernden Verpflichtung auf Gegenseitigkeit Konkurrenz bei Knappheit Orientierung an Anderen in unsicheren Situationen Soziale Ähnlichkeit des Fordernden Soziale Situationen erzeugen Autorität und Gehorsam (vgl. Experimente von Asch 1951, Milgram 1965,) 48 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gruppenprozesse Definition Gruppe: Interaktion von zwei oder mehr Personen Verteilung von Macht innerhalb einer Gruppe erfolgt über Rollen (Goffman 1959) Psychologisch untersuchte Gruppenphänomene: Soziales Bummeln: Mit steigender Größe einer Gruppe nimmt die individuelle Leistung der Mitglieder ab Konformität: Individuum nimmt Verhalten und Meinung anderer Gruppenmitglieder an Verantwortungsdiffusion: Je mehr Personen anwesend sind, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Einzelne Hilfe leistet 49 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Einordnung der Werbepsychologie in die Psychologie 2. Positionierungsmodelle in der Werbepsychologie 3. Allgemeine psychologische Grundlagen 3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit 3.2 Lernen und Gedächtnis 3.3 Emotion und Motivation 3.4 Einstellungen und Verhalten 3.5 Macht und Gruppe 4. Key Learnings 50 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Key Learnings Welche Grundrichtungen der Psychologie gibt es, wie lassen sie sich voneinander abgrenzen? Was sind Gegenstand und Ziel der Werbepsychologie? Welche drei Stufen der Wahrnehmung lassen sich heuristisch abgrenzen? Was besagte die Konsistenzannahme der Psychophysik? Wie stellt sich der Forschungsstand heute dar? Was ist Aktivierung, welche Formen gibt es? Durch welche Faktoren kann Aktivierung bzw. Aufmerksamkeit erregt werden? Wie effektiv ist unterschwellige Werbung? Was ist Irradiation, wodurch wird sie ausgelöst? Was ist das „Drei-Speicher-Modell“? 51 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Key Learnings /2 Wie beeinflussen Priming-, Primacy- oder Recency-Effekte das Lernen? Wie verläuft das Lernen durch klassische Konditionierung, operante Konditionierung und sozial-kognitives Lernen? Wie werden die Handlungsmotivationen von Menschen grundsätzlich unterschieden? Was besagt die Attributionstheorie? Welche Funktion haben Emotionen für Menschen? Was sind Einstellungen? Warum sind sie ein zentrales Konzept für die Werbepsychologie? Wie entsteht kognitive Dissonanz, und welche Strategien zur Reduktion solcher Dissonanzen gibt es? Was versteht man unter Compliance, wie wird dieses Verhalten erzeugt? Welche Phänomene lassen sich in Gruppen beobachten? 52 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Themenkomplex 2: Methoden der Werbeforschung 53 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Wiederholung: Marketingforschung I 2. Werbetests in der Praxis 2.1 Vor der Werbung 2.2 Während der Werbung 2.3 Nach der Werbung 3. Key Learnings 54 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Wiederholung: Marketingforschung I 2. Werbetests in der Praxis 2.1 Vor der Werbung 2.2 Während der Werbung 2.3 Nach der Werbung 3. Key Learnings 55 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Wiederholung: Marketingforschung I 2. Werbetests in der Praxis 2.1 Vor der Werbung 2.2 Während der Werbung 2.3 Nach der Werbung 3. Key Learnings 56 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Werbeforschung 1: „Vor der Werbung“ Pretest (Motivtest): Gruppendiskussion: Testpersonen diskutieren in Gruppe über Werbemittel. Die angesprochenen Ansichten, Ideen und Einstellungen werden anschließend analysiert, so dass auf Kaufmotive und Meinungen zu dem Produkt geschlossen werden kann. Vorteile: • Im Gegensatz zum Einzelinterview werden mehr Argumente genannt und die Teilnehmer regen sich gegenseitig an • Die Auswahl der Teilnehmer ist relativ einfach und spontan möglich Nachteile: • Die Diskussionsgruppen sind meistens nicht repräsentativ • Innerhalb der Gruppe entsteht häufig ein Gruppenzwang, so dass nicht alle ihre Meinungen frei äußern 57 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Werbeforschung 1: „Vor der Werbung“ /2 Pretest (Motivtest) (Forts.): Experimentelle Anordnungen: Werbemittel wird Testpersonen in einem möglichst authentischen Umfeld präsentiert (reales Fernsehprogramm, Zeitschrift etc.). Nach der Darbietung des Stimulus wird die Wirkung der Werbung (Erinnerung, Bewertung) bzw. die Realisierung der Kommunikationsziele erfasst. Vorteile: • Testen von Werbung unter kontrollierten aber realitätsnahen Bedingungen (optimal) • Direkte Vergleichsmöglichkeit von verschiedenen Werbemitteln Nachteile: • Externe Validität von Ergebnissen aus Experimenten z.T. fragwürdig • Durchführung von Experimenten ist oftmals aufwendig 58 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Werbeforschung 2: „Während der Werbung“ Tracking: Durch das mehrmalige Befragen einer Gruppe (Panel) lassen sich Rückschlüsse auf Medienauswahl, Durchsetzungsfähigkeit der Kampagne und evtl. nötige Veränderungen ziehen. Vorteile: • Die Repräsentativität der Gruppen ist hoch, so dass eine gute Generalisierbarkeit der gewonnenen Ergebnisse gegeben ist • Veränderungen der Einstellungen zu einem Produkt werden erfasst und können unmittelbar im Werbekonzept umgesetzt werden Nachteile: • Die Durchführung ist aufwendig und kostspielig • Testpersonen fallen oft aus, so dass sich das Panel verändert 59 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Werbeforschung 3: „Nach der Werbung“ Posttest: Im Posttest werden „Gedächtnisspuren“ erfasst, um die Wirksamkeit der Kommunikation einer Werbung messbar zu machen. Wiedererkennung (recognition): Testpersonen identifizieren anhand einer Vorlage, welche Produkte bzw. Werbung sie gesehen haben • Beim Starch-Test z.B. sehen sich Probanden eine Zeitschrift an. Anschließend gehen sie diese zusammen mit dem Versuchsleiter erneut durch und unterteilen die Werbeanzeigen in "bemerkt", "Produkt aus der Werbung wiedererkannt" und "mehr als die Hälfte davon gelesen“ (Copytest) Gestützte Erinnerung (aided recall): Messung von Erinnerung an Werbespot bspw. durch Titelkarten Freie Erinnerung (free recall): Die Probanden müssen Wissen zu einem Produkt ohne Erinnerungshilfe aus dem Gedächtnis abrufen (nur tief im Gedächtnis gespeicherte Informationen werden so erfasst) 60 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Wiederholung: Marketingforschung I 2. Werbetests in der Praxis 2.1 Vor der Werbung 2.2 Während der Werbung 2.3 Nach der Werbung 3. Key Learnings 61 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Key Learnings Welche grundsätzlichen Forschungsmethoden gibt es, und wie werden sie in der Werbeforschung eingesetzt? Nach welchen Gesichtspunkten werden Testpersonen in der Werbforschung ausgewählt? Was versteht man unter externer Validität, wie kann man sie sicher stellen? Wodurch ist ein vollständiges („echtes“) Experiment gekennzeichnet? Welche Tests lassen sich vor, während und nach einer Werbekampagne durchführen, wie sehen diese typischerweise aus? 62 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Themenkomplex 3: Wirkung I: Eigenschaften des Stimulus 63 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Werbeträger und Reizmodalität 2. Formale Faktoren der Werbewirkung 2.1 Steigerung von Aktivierung und Beachtung 2.2 Experimentelle Befunde zu Größe/Dauer und Platzierung 2.3 Bilder in der Werbung 3. Inhaltliche Faktoren der Werbewirkung 3.1 Verständlichkeit von Werbebotschaften 3.2 Wiederholung von Werbebotschaften 3.3 Sprachliche und argumentative Techniken 4. Key Learnings 64 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Werbeträger und Reizmodalität 2. Formale Faktoren der Werbewirkung 2.1 Steigerung von Aktivierung und Beachtung 2.2 Experimentelle Befunde zu Größe/Dauer und Platzierung 2.3 Bilder in der Werbung 3. Inhaltliche Faktoren der Werbewirkung 3.1 Verständlichkeit von Werbebotschaften 3.2 Wiederholung von Werbebotschaften 3.3 Sprachliche und argumentative Techniken 4. Key Learnings 65 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Werbeträger und ihre Reizmodalität Werbeträger dienen zur Übertragung von Werbebotschaften, mit deren Hilfe Werbemittel an die Werbesubjekte herangeführt werden können In der Praxis wird die Vielfalt von Werbeträgern grob gegliedert nach Printmedien: Zeitungen (täglich, wöchentlich etc.), Zeitschriften (Publikumszeitschriften, Fachzeitschriften etc.), Anzeigenblätter etc. Elektronische Medien: Fernsehen, Hörfunk, Internet, Filme etc. Medien der Außenwerbung: Anschlagstellen, Schaufenster, City-Lights etc. Andere Medien: Adress- und Telefonbücher etc. Sinne und Reizmodalitäten 1. visuell 2. auditiv 3. haptisch 4. gustatorisch 5. olfaktorisch 66 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Werbeträger und Reizmodalität 2. Formale Faktoren der Werbewirkung 2.1 Steigerung von Aktivierung und Beachtung 2.2 Experimentelle Befunde zu Größe/Dauer und Platzierung 2.3 Bilder in der Werbung 3. Inhaltliche Faktoren der Werbewirkung 3.1 Verständlichkeit von Werbebotschaften 3.2 Wiederholung von Werbebotschaften 3.3 Sprachliche und argumentative Techniken 4. Key Learnings 67 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Wie kann die Beachtung für eine Werbung gesteigert werden? Zwei Faktoren sind für die Beachtung von Reizen bzw. Werbebotschaften entscheidend: 1. formale Prägnanz • Bsp.: Logos, Schriften 2. inhaltliche Bedeutung • Bsp.: Nationalflaggen, Kleinanzeigen Aktivierungstechniken: physische Reize (z. B. Lautstärke, Farbe) emotionale Reize (z. B. Kindchenschema, Erotik) kognitive Reize (z. B. unerwartete Wahrnehmung, Humor) Achtung: Wirkung aktivierender Reize ist zielgruppenabhängig! Untersuchung von Eibl-Eibesfeldt (1984) über die aktivierende Wirkung der Darstellung eines Säuglings nach Geschlecht und Familienstand 68 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Beispiele für Aktivierung in der Werbung 74 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gibt es einen „besten Platz“ bzw. eine „optimale Länge“ für Werbemittel? Experimentelle Befunde zur Größe und Platzierung von Anzeigen in Printmedien Bilder „springen“ unabhängig von ihrer Platzierung ins Auge Positionierung auf der rechten Seite hat leichte Vorteile Text unterhalb bzw. rechts von Bildern wird häufiger fixiert Blickverlauf verläuft „kulturell gelernt“ von links oben über herausstechende Merkmale nach rechts unten Experimentelle Befunde zur Länge und Platzierung von Werbespots im Fernsehen Kürzere Spots werden aufmerksamer wahrgenommen Erste und letzte Spots eines Werbeblocks werden besser erinnert Spots für ähnliche Produkte haben Ausstrahlungseffekte Aber: Die Ergebnisse sind - neben der Zielgruppe - abhängig von Kontext und Kreation! 75 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Sagt ein Bild mehr als 1000 Worte? Empirische Befunde zu Bildern: Bilder werden schneller verarbeitet als Texte bildhafte Wörter werden besser erinnert als abstrakte Wörter Bildhaftigkeit von Lernmaterial beeinflusst Lernleistung Paivios (1971) dual-coding-theory postuliert 3 Stufen der Verarbeitung: 1. Bilder werden im nonverbalen Code, linguistische Reize im verbalen Code verarbeitet; die beiden Code-Systeme sind relativ unabhängig voneinander 2. Bilder werden verbal benannt, Verbalisierungen führen zu bildhaften Vorstellungen 3. Bilder und Verbalisierungen werden zu einer assoziativen Einheit zusammengefasst Imagery-Forschung: Entstehung, Verarbeitung und Speicherung innerer Bilder (z. B. Wort-Bild-Marken) 76 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Werbeträger und Reizmodalität 2. Formale Faktoren der Werbewirkung 2.1 Steigerung von Aktivierung und Beachtung 2.2 Experimentelle Befunde zu Größe/Dauer und Platzierung 2.3 Bilder in der Werbung 3. Inhaltliche Faktoren der Werbewirkung 3.1 Verständlichkeit von Werbebotschaften 3.2 Wiederholung von Werbebotschaften 3.3 Sprachliche und argumentative Techniken 4. Key Learnings 77 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Wie kann die Verarbeitung von Werbebotschaften unterstützt werden? Verständlichkeit der Werbebotschaft (wiederum: zielgruppenabhängig!) ist eine wesentliche Voraussetzung für ihre Verarbeitung Vier Faktoren der Verständlichkeit nach Langer et al. (1981): 1. Einfachheit 2. Gliederung, Ordnung 3. Kürze, Prägnanz 4. Zusätzliche Stimulanz Faustregeln für verständliche Werbebotschaften: kurze, einfache Sätze kurze, positiv besetzte Wörter verwenden (Fremdwörter vermeiden) klare formale und inhaltliche Gliederung Verwendung stimulierender Elemente (Bilder, Visualisierung etc.) 78 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Welche Wirkung hat die Wiederholung von Werbebotschaften? Studie von Zielske (1959) zur Wirkung von wiederholter Exposition Schaltung von Anzeigen nach Werbeziel kurzfristig Bekanntheit erreichen: Massierung der Werbewiederholungen hohe durchschnittliche Erinnerung: Gleichverteilung der Wiederholungen 79 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Welche Wirkung hat die Wiederholung von Werbebotschaften? /2 Wear-out-Effekt: Wirksamkeit der Werbung nimmt durch Wiederholung ab Wear-In-Effekt: Wirksamkeit der Werbung steigt durch Wiederholung Henderson & Blair (1988): Wiederholung von Werbung führt zu besseren Erinnerungsleistungen Aber: Überzeugungswirkung nimmt mit Wiederholung nicht zu, bleibt bestenfalls konstant 80 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Sprachliche Techniken Sprachrealismus: Schluß von der Existenz eines Wortes auf die Existenz des Wortinhaltes „Nährcreme“ Substantivtechnik: höhere Glaubwürdigkeit und Prägnanz von Substantiven „Rundumhitze“ Zielgruppen-Jargon: Einrede parasozialer Beziehungen „Du“-Anrede, Modewörter Automatische Assoziationen: Reizworte bewirken bestimmte Vorstellungen Informative Sprachformeln (Auslösung sachbezogener Vorstellungen, z. B. „Zewa“, „Tempo“) Emotionale Sprachformeln (Auslösung gefühlsmäßiger Vorstellungen, z. B. „Freiheit und Abenteuer“) 81 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Sprachliche Techniken /2 Bewertungsautomatik: Darstellung von Wertungen als Sachverhalten „Kaffee X ist vollaromatisch“ Eigenschaftstechnik: Nutzung der sachlichen und wertenden Bedeutung von Eigenschaftsworten Einfärbtechnik: euphemistische (z.B. „vollschlank“) oder semantische (z.B. „Super-Vorteil“) Aufwertung Doppelspeicherung (Verwendung konkreter bildhafter Worte, keine abstrakten Begriffe) 82 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Argumentative Techniken Differenziertheit der Argumentation einseitige vs. zweiseitige Argumentation Explizitheit der Argumentation Darstellung einer expliziten Folgerung/Verhaltensanweisung aus der Argumentation) Reihenfolge der Argumentation Anordnung starker und schwacher Argumente Einwandstechniken Bekräftigung der eigenen Argumentation durch antizipierte Einwände) Preisargumentationen durch optische oder semantische Preisverkleinerungen) 83 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Soziale Appelle Sozialer Kontakt „Slice-of-Life“-Technik: Darstellung zufriedener Konsumenten in alltäglichen Situationen „Life Style“-Technik: Produkt wird als Teil des Lebensstils einer bestimmten Gruppe dargestellt Soziale Akzeptanz Sozialer Beweis: Hinweis auf die Mehrheit oder eine Vielzahl von Produktverwendern Testimonial-Technik: Personen aus Bezugsgruppen verbürgen sich für die Produktqualität, v.a. Leitbilder (Prominente, Experten) oder Bezugspersonen als zufriedene Konsumenten Soziale Normen Appell an Übernahme von Verhaltensregeln • „Es ist nun mal modern, Wein X zu trinken“; „It's cool, man“ 84 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Soziale Appelle Status und Prestige Darstellung von Produktverwendung als Möglichkeit, sich von anderen abzugrenzen Angstappelle Darstellung von negativen Konsequenzen, die durch Produktverwendung vermieden werden können bzw. ohne Produktverwendung drohen Verpflichtungsgefühle Appell an Prinzip der Reziprozität (Geschenke etc.) 85 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Werbeträger und Reizmodalität 2. Formale Faktoren der Werbewirkung 2.1 Steigerung von Aktivierung und Beachtung 2.2 Experimentelle Befunde zu Größe/Dauer und Platzierung 2.3 Bilder in der Werbung 3. Inhaltliche Faktoren der Werbewirkung 3.1 Verständlichkeit von Werbebotschaften 3.2 Wiederholung von Werbebotschaften 3.3 Sprachliche und argumentative Techniken 4. Key Learnings 86 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Key Learnings Welche Werbeträger gibt es, und welche Reizmodalitäten sprechen sie an? Wovon hängt die Beachtung von Werbebotschaften ab? Wie kann die Aktivierung gesteigert werden? Was nimmt die „dual-coding-theory“ an? Welche Wirkung hat die Wiederholung von Werbebotschaften? Durch welche sprachlichen bzw. argumentativen Techniken versucht die Werbung zu überzeugen 87 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Themenkomplex 4: Wirkung II: Eigenschaften der Rezipienten 88 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 89 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 90 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Persönlichkeit und Werbewirkung Ausgangspunkt: Welche Persönlichkeitsmerkmale determinieren die Wahrnehmung und Rezeption von Werbung? Bsp.: Suggestibilität, Selbstvertrauen Eine Reihe von Merkmalen / Variablen wurde in der Werbepsychologie auf ihren Einfluss hin untersucht Soziodemographische Merkmale • Bsp.: Alter, Geschlecht Psychographische Merkmale • Bsp.: Einstellungen, Verhalten Segmentierungen, Typologien • Bsp.: SINUS-Milieus Aber: Wahrnehmung bzw. Handeln von Individuen als Ergebnis von Person und Situation! 91 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 92 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Einstellung und Verhalten Kognitive Dissonanz (Festinger 1957): Konflikthafter Widerspruch zwischen vorhergehenden Meinungen, Gefühlen, Wertungen und neuen Informationen oder Handlungen Strategien zur Reduktion kognitiver Dissonanzen 1. Einstellung ändern („Rauchen schadet nicht“) 2. Verhalten neu einschätzen („bin kein starker Raucher“) 3. neue, konsonante Informationen suchen („meine Zigarettenmarke hat niedrigere Teerwerte“) 4. Verhalten ändern (nicht mehr rauchen) Verstärkung der Dissonanz durch minimale Rechtfertigung „Illusion der Wahlfreiheit“ Prinzip der kognitiven Dissonanz ist entscheidend für Nachkauf-Phase! 93 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie „Jetzt erst recht...!“ - Reaktanz Definition: „Reaktanz ist die Bereitschaft, sich subjektiv erlebten Einschränkungen des eigenen Handlungs- und Entscheidungsspielraums zu widersetzen.“ (Neumann 1993) Experimentelle Befunde zu Reaktanz: bedrohte Freiheit muss wichtig sein Freiheitseinschränkung muss neu sein Bedrohung der Freiheit muss stark genug sein (z. B. Produkt definitiv nicht mehr verfügbar) wenn keine Wahlfreiheit erwartet wird, erfolgt Abwertung der bedrohten Alternative Einschränkung der Freiheit durch eine andere Person (soziale Quelle der Bedrohung) muss plump und durchschaubar sein -> „Bumerang-Effekt“ Wenn die gewünschte Freiheit auf Dauer nicht wieder hergestellt werden kann, schwächt sich das reaktante Verhalten immer mehr ab 94 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 95 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Entscheidungen - Heuristiken und Anomalien Versunkene Kosten („sunk costs“) Menschen berücksichtigen vergangene Aufwendungen bei ihren Entscheidungen, obwohl sie sich nur nach ihren zukünftigen erwartete Kosten (und Nutzen) richten sollten Besitzeffekt („endowment effect“) Menschen bewerten Dinge, die in ihrem Besitz sind, höher als die gleichen Objekte, die sie nicht besitzen Opportunitätskosteneffekt Bei Entscheidungen werden Opportunitätskosten systematisch tiefer bewertet als direkte Geldkosten gleicher Größe Präferenzumkehr Bei der Wahl zwischen Alternativen, beispielsweise zwei Lotterien, wählen Individuen einmal die eine und einmal die andere Alternative, wenn die Entscheidungssituation anders dargestellt, logisch jedoch absolut identisch ist 96 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Entscheidungen - Heuristiken und Anomalien /2 Repräsentativität Erfahrungen oder Ansichten werden unabhängig von ihrer tatsächlichen Relevanz als repräsentativ angesehen -> systematische Verzerrungen Selbstüberschätzung/Kontrollillusion Individuen tendieren dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen bzw. für über dem Durchschnitt zu befinden -> Informationen werden zur Bestätigung einer Meinung herangezogen Dispositionseffekt Verlustaversion führt dazu, dass Gewinne häufig zu früh realisiert werden, während man versucht, Verluste auszusitzen (keine Verlustrealisation) Regret Avoidance Tendenz, im Zweifelsfall eher untätig zu bleiben, da die Enttäuschung über eine aktiv getroffene Fehlentscheidung stärker ist als über durch Passivität verursachte Konsequenzen mit dem gleichen ökonomischen Ausmaß 97 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Psychologische Effekte in der Preispolitik „Bandwagon“-Effekt: Nachfrage nach Produkt steigt, wenn andere Konsumenten das gleiche Produkt erwerben „Snob“-Effekt: individuelle Nachfrage nach einem Produkt sinkt, wenn sie allgemein stärker zunimmt und dadurch der Preis sinkt man kann sich nicht mehr von der Mehrheit abheben „Veblen“-Effekt: Produkt wird gekauft, weil es teuer ist 98 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 99 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Verkaufstechniken „Foot-in-the-door“-Technik: Verkäufer bittet einen Kunden zuerst um einen kleinen Gefallen, danach um einen großen Gefallen (der mit höherer Wahrscheinlichkeit erfüllt wird) Freedman & Fraser (1966): Hausbewohner waren eher bereit, ein großes Schild in ihrem Garten aufzustellen, wenn sie vorher ein kleines Schild am Fenster aufgestellt hatten (Bsp.: Teilnahme an Umfragen, Spenden) „Door-in-the-face“-Technik: Verkäufer bittet zuerst um einen großen Gefallen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt wird, danach um eine kleinere Gefälligkeit, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit erfüllt wird Wichtig: Wahrnehmung einer tatsächlichen Konzession des Verkäufers 100 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Verkaufstechniken /2 „That's-not-all“-Technik: Verkäufer nennt Preis, und gibt - noch bevor der Kunde antwortet - ein zusätzliches Produkt hinzu oder senkt Preis Kunde fühlt sich zu Gegenleistung verpflichtet Wichtig: Zusatz muss vor dem Einwand des Kunden kommen, damit es nicht als Ergebnis seines Handelns interpretiert werden kann Prompting: unmittelbar nach Bestellung/Kauf wird der Kunde gefragt, ob er an einem verwandten Produkt Interesse hat Kunde signalisiert durch ersten Kauf Vertrauen und kommt in Begründungszwang, wenn er das folgende Angebot ausschlägt Labeling: Kunden wird Eigenschaft zugesprochen, die einen Kauf des Produkts unterstütz (Bsp. „moderner Geschmack“, „Qualitätsbewusstsein“) 101 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Gliederung 1. Persönlichkeit und Werbewirkung 1.1 Persönlichkeitsmerkmale 1.2 Einstellungen, kognitive Dissonanz und Reaktanz 2. Entscheidungen: Heuristiken und Anomalien 3. Verkaufstechniken 4. Key Learnings 102 I 103 Dr. Andreas Vlašić: Werbepsychologie Key Learnings Welche Rezipientenmerkmale wurden in der Werbepsychologie untersucht? Mit welchem Zweck geschah dies? Welche Entscheidungsheuristiken gibt es, und wie beeinflussen sie das Handeln von Menschen? Welche - scheinbar irrationalen - Effekte kann man in der Preispolitik beobachten? Was verbirgt sich hinter der „Foot-in-the-door“- bzw. der „Door-in-theface“-Technik? 103 I 103