Strategisches Controlling in Organisationen der politischen

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Strategisches Controlling in Organisationen der politischen
Jugendarbeit
Gerhard Wagner
April 2010
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung .................................................................................................................. 2
2 Eingrenzung des Handlungsfeldes „Politische Jugendarbeit“ ............................ 2
3 Strategisches Controlling im Handlungsfeld ......................................................... 2
3.1 Organisationsanalyse:........................................................................................ 2
3.1.1 Kurze Verweildauer der Akteure „Was interessiert uns das Geschwätz von
gestern“.................................................................................................................... 2
3.1.2 Knappe Ressourcen „Kein Geld für die Zukunft“............................................. 2
3.2 Umweltbezug ..................................................................................................... 2
3.2.1 Knappe Ressourcen II „Geld nur für bestimmte Themen“ ............................... 2
3.2.2 Sinusmileustudie vs. externer Auftrag ............................................................. 2
3.2.3 Produktlebenszyklus ....................................................................................... 2
3.3 Strategische Planung ......................................................................................... 2
3.3.1 Spontanität und Planung ................................................................................. 2
3.3.2 Variabilität bei der Projektplanung ................................................................... 2
3.3.3 Finanzierung strategischer Planung................................................................ 2
3.3.3 Projektförderungsfrühwarnsysteme - Matchmaking ........................................ 2
4 Ausblick..................................................................................................................... 2
1 Einleitung
Im politischen Geschäft ist es nicht falsch, vorne mit dabei zu sein. Der Organisation im
politischen System, der es zu erst gelingt, ein Thema zum richtigen Zeitpunkt zu besetzten
und die Deutungshoheit über das Thema zu erhalten, steht politischer Einfluss zu.
Dadurch steigert diese Organisation ihre Attraktivität für neue Mitglieder und hat gute
Chancen, Finanzmittel für ihre Aktivitäten zu erhalten. Als bekannte und erfolgreiche
Beispiele gelten hier bundesweit Greenpeace oder der Kinderschutzbund, in München
Greencity oder die Urbanauten.
In der Vergangenheit verfügten die Organisationen der politischen Jugendarbeit über
ausreichend Ressourcen um sich in diesem „Spiel“ behaupten zu können. Doch die Zeiten
ändern sich auch hier! Die Förderpraxis der öffentlichen Hand verändert sich zunehmend
weg von der institutionellen Förderung hin zur Projektförderung. Die Themen der
Projektförderung können nur noch von sehr wenigen Organisationen im Sinne des
Agendasettings definiert werden, vielmehr bestimmt nun oftmals der Zuschussgeber, wo
hin die Reise für die jugendpolitischen Organisationen geht.
Um sich auch in Zukunft die notwendige politische Handlungsfreiheit zu erhalten, müssen
die jugendpolitischen Organisationen neue strategische Wege beschreiten.
In dieser Arbeit sollen die dazu notwendigen Planungen unter der Sichtweise des
strategischen Controllings betrachtet werden. Dabei werden die Einsatzmöglichkeit
einzelner klassischer Instrumente des strategischen Controllings in diesem Arbeitsbereich
beleuchtet.
2 Eingrenzung des Handlungsfeldes „Politische Jugendarbeit“
Im Wesentlichen werden unter dem Begriff der politischen Jugendarbeit erstens die
Jugendorganisationen der politischen Parteien und zweitens die Jugendverbände
verstanden.
Die Jugendorganisationen der politischen Parteien sind im Ring der politischen Jugend
(RPJ) zusammengefasst. Dort sind nicht alle parteipolitischen Jugendorganisationen
vertreten, da einzelne Mitgliedsorganisationen Neuaufnahmen verhindern können. So
aktuell bei der Jugendorganisation der Linken „solid“, deren Aufnahme durch die „Junge
Union“ verhindert wird. Die Mitgliedschaft im RPJ ist insoweit von Bedeutung, da sie eine
wesentliche Zugangshürde zu öffentlichen Fördermitteln darstellt. Der RPJ hat
Gliederungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene und orientiert sich damit an
3
den politischen Strukturen.
Gesetzlich geregelt ist die Förderung der Jugendverbände in den § 11 und 12 KJHG.
Jugendverbände sind geprägt durch die demokratische Selbstorganisation und das
ehrenamtliche Engagement junger Menschen. Die jungen Menschen engagieren sich in
den Gruppen vor Ort. Die Jugendleiter/innen übernehmen Verantwortung für Kinder und
Jugendliche, sie begleiten sie und setzen sich für die Belange junger Menschen ein. Die
einzelnen Jugendverbände verfügen über eine unterschiedlich ausgeprägte
jugendpolitische Ausrichtung. Dies reicht von den hauptsächlich politisch angelegten
Verbänden wie der Gewerkschaftsjugend oder der SJD- DieFalken bis hin zu den fast rein
freizeitorientierten Verbänden wie der Sportjugend. Allen gemein ist jedoch ein eigener
jugendpolitischer Auftrag, der durch Satzungen und durch Grundlagenbeschlüsse
festgelegt ist. Die Jugendverbände haben sich in den Jugendringen auf Bundes-, Landesund kommunaler Ebene zu Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen.
Die Förderung der Jugendverbände erfolgt als Teil der Jugendarbeit im Rahmen des
KJHG. Jugendarbeit ist eine öffentliche Aufgabe, zu der Staat und Kommunen gesetzlich
verpflichtet sind. Die vielfachen Leistungen, die Jugendarbeit für Kinder und Jugendliche
erbringt, stehen nicht im individuellen Belieben, sondern besitzen gesellschaftliche
Bedeutung. Jugendarbeit ist nach ihren Aufgaben und nach Maßgabe der bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen eine öffentliche Angelegenheit, die zwar überwiegend von
freien Trägern wahrgenommen wird, aufgrund ihres öffentlichen Charakters jedoch
grundsätzlich Anspruch auf angemessene Förderung aus öffentlichen Kassen hat. Die
Förderung hat bei den Jugendverbände unter „unter Wahrung ihres satzungsgemäßen
Eigenlebens“1 zu erfolgen und das Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Das KJHG (§74)
sieht hierbei die Wahrung der Selbständigkeit und ein eigenes Profil der freien Träger vor.
Bedingt durch die gesetzlich gesicherte Selbstbestimmung und die Selbstorganisation der
Jugendorganisationen darf staatliche Förderung nicht über die Ausrichtung der
Jugendarbeit bestimmen. Sie sollte vielmehr die Bedingungen für ein plurales und
differenziertes Angebot der Jugendarbeit schaffen. Die Förderung der Jugendarbeit muss
also immer auf die Sicherung der Eigenständigkeit achten und die Selbstbestimmung der
Jugendverbände im Fokus haben.
3 Strategisches Controlling im Handlungsfeld
Analog zur Situation im gesamten dritten Sektor sind auch für die Organisationen der
politischen Jugendarbeit die Zeiten einer unproblematischen Finanzierung durch die
1
KJHG § 12 Nr. 1
4
öffentliche Hand trotz der oben angeführten rechtlichen Rahmenbedingungen vorbei.
Immer seltener erhalten die Organisationen eine ausreichende institutionelle Förderung.
Die Regel ist nun vielmehr, dass auf inhaltlich determinierte und zeitlich begrenzte
Förderprogramme (z.B. „Come in Contract“, „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie
- gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“) zur Sicherung der
Verbandsarbeit zugegriffen werden muss. Oftmals bleiben dabei langfristige strategische
Überlegungen zur Weiterentwicklung der Verbände auf der Strecke. Zusätzlich verfügen
die Organisationen der politischen Jugendarbeit über keine oder nur sehr mangelhaft
ausgeprägte strategische Steuerungsinstrumente. Aber auch die Organisationen der
politischen Jugendarbeit müssen sich diesen Herausforderungen stellen um Krisen nicht
planlos gegenüber zu stehen.
In dieser Arbeit wird dabei von einem Controllingverständnis großer Reichweite im Sinne
von A. Pracht ausgegangen, welches sich nicht nur auf das eigene Unternehmen sondern
auch „auf die Umfeld- und Umweltbedingungen des Unternehmens“2 konzentriert. Eine
klare Abgrenzung zur strategischen Unternehmensführung, wie z.B. von Hans H.
Hinterhuber 3 beschrieben ist hier nicht möglich und wohl auch nicht sinnvoll.
Daher folge ich den, von A. Pracht festgelegten, prozesshaften Verständnis des
strategischen Controllings, bei dem auf Organisations- und Umweltanalyse, strategische
Planung und Strategieumsetzung sowie abschließend die Kontrolle der Strategie folgt.4
In dieser Arbeit werden die besonderen Elemente der Organisations- und Umweltanalyse,
der strategischen Planung und der Strategieumsetzung beleuchtet.
3.1 Organisationsanalyse:
Eine klare Vorstellung vom aktuellen Zustand der Organisation ist absolut notwendig,
wenn im Lauf eines strategischen Prozesses Neuorientierungen und alternative Strategien
entwickelt und bewertet werden sollen. Geeignete Instrumente für Organisationen der
politischen Jugendarbeit sind ähnlich wie im sozialen Sektor die gängigen Methoden der
Organisationsanalyse, wie z.B. Stärken- und Schwächenanalyse oder die PortfolioAnalyse (ausführlich beschrieben durch Ludger Kohlhoff) 5. Folgend wird nicht auf die
einzelnen Methoden, sondern auf die Besonderheiten der politischen Jugendarbeit
hingewiesen, die aufgrund ihres strukturellen Charakters unabhängig von der jeweiligen
2
3
4
5
Pracht, Arnold: Strategisches Controlling. Weinheim und München 2005, Seite 16
Hinterhuber, Hans H.: Strategische Unternehmensführung. Band 1 und 2, 6. Auflage. Berlin 1996
Pracht, Arnold: ebenda, Seite 20 ff
Kolhoff, Ludger: Analyse und Entwicklung von Organisationen im sozialen Sektor, München 2003
5
Organisation für die Durchführung einer Organisationsanalyse in diesem Feld zu beachten
sind.
3.1.1 Kurze Verweildauer der Akteure „Was interessiert uns das Geschwätz von gestern“
Ein wesentliches Strukturmerkmal von Jugendorganisationen ist die Beschränkung des
Mitgliedsalters. In den Jugendverbänden in der Regel auf maximal 27 Jahre, bei den
parteipolitischen Jugendorganisationen auf maximal 35 Jahre. Die Verweildauer auf
strategisch wirksamen Vorstands- und Funktionsposten ist leider nicht erfasst, sollte aber
aufgrund der Altersstruktur selten 3 Jahre überschreiten. Strategische Planungen die
einen Zukunftshorizont von 2 bis 5 Jahren abdecken, erscheinen anhand dieser
Ausgangslage für den einzelnen Entscheidungsträger wenig attraktiv. Schließlich sollen
und wollen die Aktöre die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auch noch selbst erleben.
Planungen erfolgen daher in Jugendverbänden in der Regel auf einen kurzen Zeitraum
von einem maximal zwei Jahren begrenzt.
Wesentlich ist hierbei eine demokratietheoretische Problematik die eng mit der
gesetzlichen Aufgabenstellung der Jugendverbände verbunden ist. Jugendverbände
verfügen zwar über durch ihre Satzungen über determinierte, repräsentative
Aufbaustrukturen werden aber durch ihren Auftrag und ihre Kultur sehr partizipativ
demokratisch gelebt. So haben die Wahlperioden oft nur eine Dauer von ein bis maximal
drei Jahren, die Wiederwahlmöglichkeiten sind beschränkt (sogar die Amtsdauer des
höchsten hauptamtlichen Wahlamtes der Jugendarbeit in Bayern, das des/der
Präsidenten/in ist auf zehn Jahre, entspricht fünf Wahlperioden, begrenzt6 ). Ein
wesentliches Ziel der Jugendverbände ist der stete personelle Wechsel in den
demokratischen Strukturen. Nur diese hohe Dynamik ermöglicht die Teilhabe und das
demokratische Lernen für sehr viele Beteiligte. Daraus ergibt sich die Problematik, dass
bindende strategische Entscheidungen, die demokratischen Teilhabemöglichkeiten
späterer Akteure sehr einschränken.
Ähnlich wirkt sich dies auf die Organisationsanalyse aus. Analyseergebnisse haben nur
einen sehr kurze Haltwertszeit. Dies liegt vor allem daran, dass Stärken und Schwächen
der Organisationen wesentlich durch die aktuelle Akteure personalifiziert werden und
aufgrund der hohen Fluktuation auf entscheidenden Positionen einem schnellen Wandel
unterliegen. Das wesentliche Kapital der Organisationen sind die engagierten und
qualifizierten Ehrenamtlichen sowie an einzelnen, aber sehr zentralen Stellen
ausgewähltes hauptamtliches Personal. So sind Aufgaben und Themen, die bei den
6
Satzung des Bayerischen Jugendringes § 31 Nr. 3
6
aktuelle Tätigen auf Begeisterung stoßen unter Umständen für die nächste Generation von
Entscheidungsträgern unattraktiv.
3.1.2 Knappe Ressourcen „Kein Geld für die Zukunft“
Die Finanzierung der politischen Jugendorganisationen unterliegt wie das gesamte soziale
System einem grundsätzlichen Wandel. Die Veränderung verläuft weg von einer
konstanten institutionellen Förderung hin zu einer sehr projekt- und inhaltsorientierten
Maßnahmenfinanzierung. Dies zu beklagen und die dauerhaften negativen Folgen für
unser demokratisches Gemeinwesen aufzuzeigen, ist nicht Intention dieser Arbeit.
Ohne eine ausreichende Grundfinanzierung durch die öffentliche Hand ist ein aufwendiger
strategischer Entwicklungsprozess für Organisationen der politischen Jugendarbeit jedoch
nicht finanzierbar.
Am Beispiel der Finanzierung eines einfachen Zukunftsworkshops wird dies deutlich. Das
Bayerische Jugendprogramm, verwaltet vom Bayerischen Jugendring, sieht nur
Maßnahmen der „Mitarbeiterbildung“ und der „Außerschulischen Jugendbildung“ vor. In
beiden Förderungstiteln ist ein verbandlicher Zukunftsworkshop nicht abrechenbar.
Möglich wären hierfür nur die äußerst knappen Mittel der institutionellen Förderung auf
Landes-, Bezirks- und sehr selten auf kommunaler Ebene, Mitgliedsbeiträge oder
Drittmittel. Der Großteil der ansonsten zur Verfügung stehenden Fördermittel konzentriert
sich auf die Finanzierung von Ferienmaßnahmen und die Durchführung von Maßnahmen
des internationalen Jugendaustausches. Die inhalts- und projektorientierten
Förderprogramme lassen die Finanzierung von innerverbandlichen Maßnahmen ohne
unmittelbaren Förderbezug nicht zu. Ein spezifisches Förderprogramm zu
Zukunftsentwicklung der verbandlichen Jugendarbeit ist dem Autor nicht bekannt.
Bisher gelang es nur den großen Jugendverbänden (Sportjugend, Evangelische Jugend,
katholischen Jugend, Jugend des deutschen Alpenvereins, Gewerkschaftsjugend, der
Jungen Union und der Jusos) Ressourcen für strategische
Organisationsentwicklungsprozesse ausreichend zu mobilisieren. Am bekanntesten ist hier
die „Zoff - Die Zukunftsoffensive für Jugendverbandsarbeit des BDKJ“ die sehr gut in der
Schriftenreihe QS Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe7
dokumentiert ist.
7
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg): Qs23 Qualitätsprofile
verbandlicher Jugendarbeit, Bonn, 1999
7
3.2 Umweltbezug
Im Arbeitsfeld sind die gängigen Instrumente der Umweltanalyse anwendbar. Wie im
Bereich der Organisationsanalyse sollen auch hier wieder die Besonderheiten des
Arbeitsfeldes herausgearbeitet werden:
3.2.1 Knappe Ressourcen II „Geld nur für bestimmte Themen“
Die in 3.1.2 beschriebene Problematik der zunehmenden Veränderung der
Finanzierungssituation der Organisationen der politischen Jugendarbeit hat neben den
Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der Organisationen auch eine wesentliche
Veränderung im Umweltsystem bewirkt.
Eine Verschiebung der Förderungsschwerpunkte weg von der institutionellen Förderung
und hin zur Projektförderung führte in der Vergangenheit zu immer differenzierteren
Definitionen von Problemlagen Jugendlicher. Diese oftmals an Randgruppen und Defiziten
orientierte Förderung bindet finanzielle Mittel und weitere verbandliche Ressourcen in eine
vom öffentlichen Träger gewollte politische Richtung. So hat im Feld der
Jugendverbandsarbeit in den letzten Jahren eine verstärkte Förderung von Projekten zur
Integration bildungsferner Kinder und Jugendlicher stattgefunden. Exemplarisch sei hier
das „Fachprogramm Integration“ des Landesjugendplanes oder das Förderprogramm
„Sport für alle Kinder“ der Landeshauptstadt München genannt.
Zusätzlich problematisch wird diese Veränderung der Förderpraxis für die Verbände
dadurch, dass die Antragssteller immer neue Modellprojekte erfinden bzw.
konzeptionierten müssen, um weiterhin öffentliche Förderung zu erhalten. Die dabei aus
bisherigen Projekten gewonnenen Erkenntnisse können dann jedoch nur noch schwer in
der Breitenarbeit der Organisationen umgesetzt werden.
Weiter wesentlich ist das im KJHG festgelegte Ebenenfinanzierungsprinzip. Es legt fest,
dass Bund, Länder und Gemeinden jeweils auf ihrer Ebene die notwendigen
Förderungsmittel bereitstellen. Zwischen diesen unterschiedlichen Förderungsebenen fehlt
jegliche Abstimmung der Projektförderangebote. Dies ist im Wesentlichen dadurch
bedingt, dass die Projektförderung als politisches Steuerungsinstrument genutzt wird und
dadurch eine sehr unterschiedliche, oftmals sich widersprechende Ausrichtung auf den
verschiedenen Ebenen erzeugt.
8
3.2.2 Sinusmileustudie vs. externer Auftrag
Die Mitgliedszahlen der Jugendverbände in München sind seit über 20 Jahren im
Verhältnis zur Wohnbevölkerung stabil. Ähnliches gilt zumindest in München für die
parteipolitischen Jugendorganisationen. Eine wesentliche Änderung erfolgte jedoch bei
der Mitgliederstruktur. So konnten die Organisationen der politischen Jugendarbeit in der
Vergangenheit in ihrer Mitgliedschaft wohl ein breiteres gesellschaftliches Spektrum
abdecken als aktuell. Deutlich wird dies durch das aktuell sehr populäre Instrument der
Sinus Milieusstudie, mit dessen Hilfe die Verbänden die Sichtweise auf ihre Zielgruppen
schärfen können.
Die Sinus-Milieus sortieren junge Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und
Lebensweise ähnlich sind. Grundlegende Wertorientierungen und die soziale Lage sind
ebenso Bestandteil der Analyse wie die Einstellungen zu Familie, Medien, Konsum, sowie
das Freizeitverhalten der jungen Menschen. Bei Jugendlichen unter 18 Jahren ist die
Eingrenzung auf klare Milieus jedoch schwierig, da die Entwicklung der Jugendlichen noch
nicht abgeschlossen ist und es schnell zu einem Wechsel innerhalb bestehender
Definitionsklaster kommen kann. Daher wird in der Altersklasse der 14 bis 18 jährigen in
der Regel nur von Milieuorientierung gesprochen.
Hohe Aussagekraft für die Organisationen der politischen Jugendarbeit hat die Studie „Wie
ticken Jugendliche?“, eine Sinus-Milieustudie U27 des BDKJ Bundesverbandes8. Das
wesentliches Ergebnis der Studie ist, dass der Großteil der aktiven Mitglieder des
katholischen Jugendverbandes aus dem Sinus B2 Milieu, dem bürgerlich konservativen
Bereich stammt. Dieser Bereich verliert jedoch zukünftig quantitativ an Bedeutung. Die für
die verbandliche Jugendarbeit attraktiven und zukünftig zusätzlich au quantitativ eher
zunehmenden Personengruppen der Postmateriellen, Preformer und Experimentalisten
sind im Verband wenig oder gar nicht repräsentiert. Diese Erkenntnisse können auf fast
alle jugendpolitischen Organisationen ausgeweitet werden und sind als wesentlich in die
strategische Überlegungen aufzunehmen. Der Bezug auf die unter 3.2.1 angeführte
Förderungspraxis zeigt deutlich, in welcher Problemlage sich die Verbände aktuell
befinden. Die auf Defizite und Randgruppen orientierte Projektförderung zwingt die
Verbände Angebot für Jugendliche aus Milieus anzubieten, zu denen sie aufgrund ihrer
bisherigen Mitgliederstruktur kaum Zugang haben. Es ist daher kaum zu erwarten, dass
die Zielgruppen der Projektförderung dauerhaft tragfähige Verbindungen zum
Mitgliederstamm aufbauen können und diese Einbindung von den Stammmitgliedern
überhaupt gewünscht sind. Darüber hinaus haben die Jugendlichen aus Randgruppen
8
Wippermann, Dr. Carsten: Wie ticken Jugendliche? Düsseldorf 2007
9
wenig Perspektive im Sinne einer attraktiven und zukunftsgewandten Mitgliederstruktur.
Hier wäre eine Orientierung auf die Gruppen der Preformer und Experimentalisten
attraktiver.
3.2.3 Produktlebenszyklus
Die zunehmende Umstellung der Förderung weg von der institutionellen Förderung hin zu
einer als politisches Steuerungsinstrument genutzten temporären Projektförderung bewirkt
einen steten Wandel der Förderschwerpunkte bzw. der Förderthemen. Dieser Wandel
erfolgt nicht rein zufällig, sondern unterliegt eigenen Produktlebenszyklen. Exemplarisch
hier aufgezeigt am Förderprogramm „Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt und Demokratie“.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat im Januar 2007 das
Förderprogramm "VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie"
gestartet. Junge Menschen sollen durch Aktionspläne und präventive Modellprojekte
gegen den Einfluss der rechtsextremistischen Szene gestärkt werden. Darüber hinaus soll
ihnen die Bedeutung von Toleranz und Demokratie bewusst gemacht werden. Das
Aktionsprogramm wurde von der schwarzroten Bundesregierung als Reaktion auf die
zunehmenden rechtsextremen Gewaltdelikte, der zum Teil erheblichen Erosion der
demokratischen Strukturen in den neuen Bundesländern sowie den „guten“
Wahlergebnissen der rechtsextremen Parteien in den Kommunal- und Landtagswahlen
der Jahre 2004 bis 2006 begründet. Als wesentlicher Auslöser kann hier der Wahlerfolg
2004 der NPD mit 9,2% in Sachsen und das darauf folgende skandalöse Verhalten der
NPD Landtagsfraktion gesehen werden. Ein flächendeckende Ausbreitung der NPD als
bedeutsame politische Kraft, vor allem in den neuen Bundesländern, wurde allgemein
befürchtet. Für das Bundesprogramm werden bis einschließlich 2010 jährlich 19 Mio Euro
zur Verfügung gestellt. Die Koalitionsvereinbarung der aktuellen Bundesregierung sieht
vor, das ausschließlich auf den Rechtsextremismus orientierte Förderprogramm zu
beenden oder neu auszurichten, um auch den Linksextremismus sowie den religiösen
Extremismus in den Fokus nehmen zu können. Zum heutigen Zeitpunkt, neun Monate vor
Programmende, ist über die Weiterführung des Programms noch nichts bekannt.
Die Politik reagierte mit diesem Förderprogramm auf gesellschaftliche Missstände, die
zum damaligen Zeitpunkt nicht neu waren und heutigen Zeitpunkt nicht bereinigt sind.
Im Rahmen dieses Förderprogramms führt der Bayerische Jugendring (BJR) die
Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus durch. Der BJR kann dabei
auf eine breite und langjährige Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit dem
Rechtsextremismus und der Demokratieförderung zurückgreifen. Der Widerstand gegen
10
Militarismus, Nationalismus und Rassismus ist darüber hinaus auch Satzungsaufgabe des
BJR9. In diesem Rahmen war es daher für den Landesvorstand des BJR 2006
konsequent, sich um die Durchführung der Landeskoordinierungsstelle zu bemühen.
Problematisiert wurde bereits zu diesem Zeitpunkt, dass dies nur mit zusätzlichen
Landesmitteln und der damit verbundenen Steuerungsmöglichkeit der Landesverwaltung
möglich sein würde.
Aktuell lehnt der Landesvorstand des BJR aus verschiedenen, hier nicht näher zu
erläuternden Gründen eine Ausweitung der Koordinierungstätigkeit auf den Bereich des
Linksextremismus, sowie des religiösen Extremismus ab. Aufgrund der zu erwartenden
Neuregelung auf Bundesebene und durch die eindeutig Positionierung der bayerischen
Landesregierung hin zu einer Veränderung des Förderprogramms, ist mit einer
grundlegenden Änderung zu rechnen. In diesem strategischen Dilemma befindet sich der
BJR nun bereits seit Beginn der Legislaturperiode der Bundesregierung. Aufgespannt
zwischen der eigenen politischen Identität, der Verantwortung für die dort angestellten
Mitarbeiter und dem Interesse für den Erhalt mühsam aufgebauter Angebote und
Vernetzungs- sowie Arbeitsstrukturen, reagieren die Entscheidungsgremien des BJR erst
mal gar nicht. Eine im Sommer zu erwartende Entscheidung zum Förderprogramm wird
die demokratischen Strukturen massiv überfordern. Die notwendige grundsätzliche
inhaltliche Debatte wird nicht mehr erfolgen können. Die Entscheidung über das weitere
Vorgehensweise wird so zu erheblichen Problemen innerhalb der Organisation führen
müssen.
Unter allgemeinen Gesichtspunkten betrachtet kann man zusammenfassen: Politische
Problemstellungen existieren oftmals über viele Jahrzehnte. Viele bürgerschaftliche
Organisationen wie auch die jugendpolitischen Verbände thematisieren diese auch ohne
spezielle Förderung im Rahmen ihrer Ausrichtung und Möglichkeiten. Aufgrund politischer
Schlüsselereignisse kommt es zur Realisierung von staatlichen Aktionsprogrammen.
Diese setzen bei einer begrenzten Laufzeit zeitverzögert zum Schlüsselereignis ein und
finden bei veränderten politischen Konstellationen oder durch politischen
Gestaltungswillen oftmals ein schnelles Ende. Diese politische Terminsetzung läuft nicht
automatisch parallel mit dem Bedeutungsgrad des Themas für die Zielgruppe der
politischen Jugendarbeit. So wurde in München das Thema Rechtsextremimus nach ein
paar Jahren der Ruhe erst wieder durch die Aktivitäten der Rechten zur Kommunalwahl
2008 und den 2008 erstmals durchgeführten „Heldengedenkmarsch“ der freien
Kameradschaften Süd für einen breiteren Personenkreis wieder aktuell. Mittel für ein
9
Satzung BJR § 3 f
11
Modellprojekt oder einen lokalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus waren aus dem
Programm „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie" zu diesem
Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Träger die auf Mittel solcher Aktionsprogramme zugreifen wollen, müssen sich auf diese
Zyklus einstellen oder auf alternative Finanzierungsformen zugreifen.
3.3 Strategische Planung
Auf der Basis der oben beschriebenen Organisations- und Umweltanalyse erscheint eine
weit in die Zukunft gerichtete strategische Planung für Jugendorganisationen kaum
denkbar. Der hohe Wechsel bei den Akteuren, die geringe Bedeutung des Hauptamtes,
die extrem knappen nicht zweckgebundenen finanziellen Ressourcen sowie der schnelle
Wechsel bei den für die Zielgruppe bedeutsamen Themen stellen eine große, aber nicht
unüberwindbare Hürde dar. Langfristige strategische Planungen werden aber durch die
grundsätzlich demokratiefördernde Aufgabe der jugendpolitischen Organisationen als
Lernfeld eingeschränkt. Aufgrund der erheblichen Veränderungen in der Umwelt dieser
Organisationen erscheinen strategische Maßnahmen jedoch absolut notwendig. In der
Folge werde ich daher versuchen, einzelne Elemente einer strategischen Planung
aufzuzeigen, die auch in diesem Feld möglich erscheinen.
3.3.1 Spontanität und Planung
Mit Hilfe strategischer Planungsmethoden können in der politischen Jugendarbeit von den
Akteuren zukünftige Herausforderungen und spannende Aufgaben herausgearbeitet
werden. In der politischen Jugendarbeit üblich und durchaus verbreitet ist hierbei die
Methode der Zukunftswerkstatt. In die Jugendarbeit eingeführt wurde die
Zukunftswerkstatt im Wesentlichen durch den Zukunftsforscher und Friedensaktivist
Robert Jungk 10. Die Methode geht in drei Phasen von Kritik der Ausgangslage über
Fantasie und Utopie hin zur Verwirklichung. Dabei werden jedoch über lange Zeit hinweg
bewusst die gesellschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen ausgeblendet um die
notwendige Kreativität und Utopiefähigkeit der Teilnehmer/innen nicht zu beeinträchtigen.
Im Rahmen des Prozesses stehen aber nur die Kompetenz und die Utopiefähigkeit der
unmittelbaren Seminarteilnehmer (in der Regel identisch mit einer Leitungsebene der
Verbände) zur Verfügung und sind damit naturgemäß begrenzt. Dies kann durch die
Einbindung von Ergebnissen einer Expertenbefragungen ergänzt werden. Reizvoll wäre
10
Jungk, Robert; Müllert, Norbert R.: Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen Routine und
Resignation. München 1989
12
hier jedoch gleich eine mehrstufige systematische Expertenbefragung im Sinne der
Delphi-Methode, um zukünftige Herausforderungen für die Organisationen herausarbeiten
zu können. Als Ergebnis eines solchen Prozesses kann ein Mix an Themen und
Aktionsformen stehen, welcher die Zukunftsfähigkeit der Organisation sichert, alte und
neue Mitglieder bindet und die Teilnahme an verschiedenen Projektprogrammen
ermöglicht.
Zu beachten bleibt bei den Ergebnissen eines solchen strategischen
Überlegungsprozesses, dass deren dauerhafte demokratische Legitimation aufgrund des
steten personellen Wechsels innerhalb der Organisationen nicht gegeben ist. Daher wäre
es notwendig, den strategischen Planungsprozess nicht nur gelegentlich wiederkehrend,
wie dies in den meisten sozialen Organisationen üblich ist, sondern als sich ständig
erneuernden Prozess zu führen. Eine mindestens einmal pro Jahr stattfindenden
Zukunftskonferenz, die auf der Basis der vorherigen steht, ist zur dauerhaften Festigung
des Prozesses minimal notwendig. Nur dadurch können neue Mitglieder auf dem
strategischen Weg mitgenommen werden und ihre eigenen Akzente setzten.
3.3.2 Variabilität bei der Projektplanung
Wenn sich Organisationen der politischen Jugendarbeit für die Durchführung von
projektgeförderten Maßnahmen entscheiden und den Zuschlag erhalten, sollten sie zur
dauerhaften Sicherung der Selbstbestimmtheit und Zweckerfüllung ihrer Organisation
einige Punkte bereits in der Planungsphase berücksichtigen. Das Projekt muss zu den
Interessen und Zielen der Mehrheit der Mitglieder im Verband passen, um anschlußfähig
in die bestehende Mitgliederstruktur zu sein. Viele auf soziale Problemlagen und
Randgruppen focusierte Förderprogramme der Jugendarbeit sind daher für die Verbände
der politischen Jugendarbeit ungeeignet. So sind Kurse zur Sprachförderung junger
Migranten, so wichtig sie zweifelsfrei sind, für die Jugendorganisation des Bund
Naturschutz z.B. einfach das falsche Angebot. Aber auch die aktuell so stark geförderten
Schulkooperationen (im Bereich der Grund- und Hauptschulen) sind für einen Verband der
sich im Wesentlichen aus Schülern und jungen Arbeitnehmern zusammensetzt (Münchner
Schülerbüro, SJD Die Falken) für die eigenen Mitgliedern im seltensten Fall zeitlich
leistbar oder attraktiv.
Die goldene Regel des Buchhalters gilt auch hier: langfristige Ziele und Kosten müssen
auch langfristig finanziert sein. Die Organisation, die sich nur über eine Projektfinanzierung
grundsätzliche Ausgaben leisten kann wie z.B. Büro- und Versammlungsräume oder
13
Mitarbeiterbildungsmaßnahmen, macht sich zum Spielball wechselnder Programme da sie
kaum in der Lage ist, auf solche wesentlichen Elemente zu verzichten. Um diesen Verzicht
grundsätzlich möglich zu machen, muss im Umgang mit den Projektressourcen, sowie mit
dem dort angestellten hauptamtlichen Personals ständig dessen Vergänglichkeit im
Bewusstsein der Organisation bleiben. Projektfinanzierung sind nicht geeignet, strukturelle
Probleme der Jugendorganisationen, wie den Mitgliederrückgang, zu lösen.
3.3.3 Finanzierung strategischer Planung
Wie unter 3.3.2 ausgeführt, sind die strukturellen Probleme und Zukunftsaufgaben der
politischen Jugendorganisationen mit der zunehmenden Projektfinanzierung nicht zu
lösen. Die institutionelle Förderung befindet sich im Gegenzug in einem deutlichen
Schrumpfungsprozess. Mit diesen immer knapper werdenden Fördermitteln müssen
weiterhin die unverzichtbaren Grundlagen der verbandlichen Arbeit finanziert werden. Es
ist hier kaum zu erwarten, dass diese Mittel für in ferner Zukunft gerichtete strategische
Prozesse eingesetzt werden. Wenn es dennoch gelingen soll für in der Zukunft liegende
Schwerpunktsetzungen Rücklagen zu bilden, müssen diese immer gegenüber den
staatlichen Zuschussgebern begründet bzw, unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten
gemeinnützlichkeitsunschädlich gebildet werden. Es ist daher wesentlich für die
Organisation der politischen Jugendarbeit unabhängig von öffentlichen Zuschussgebern
Mittel für strategische Prozesse und für die damit verbundenen Maßnahmen und Aktionen
zu aquirieren.
Kaum einer Organisationen ist es bisher gelungen, professionelles Fundraising
aufzubauen. In der Regel scheitert dies bereits an der notwendigen Anschubfinanzierung.
Die Organisationen verfügen jedoch über einen sehr potenten Kreis von positiv
gewogenen ehemaligen Mitgliedern. Diese dauerhaft in Fördervereinen, Almunigruppen
oder als Stifter und Unterstützer zu binden, ist eine große Zukunftsaufgabe der
organisierten Jugendarbeit.
Erst wenigen Verbände haben entsprechend zukunftsfähig reagiert. So gründete die
Evangelische Jugend in Bayern im Herbst 2009 die Stiftung evangelischer Jugendarbeit
(angepeiltes Stammkapital 1 Mio Euro), um unabhängig von staatlichen
Förderprogrammen wünschenswerte Maßnahmen der Jugendarbeit finanzieren zu
können. Einzelne Verbände, wie z.B. der BDKJ in der Region München, versuchen durch
die Gründung von Fördervereinen diese Aufgabenstellung zu lösen. Hierbei stellt sich
jedoch die Verzahnung zwischen Jugendorganisation und Förderverein als problematisch
heraus wie Markus Schön als Fördervereinsvorstand in seinem Beitrag „Fördern heißt
14
auch fordern dürfen“ 11 herausstellt.
Nichts desto trotz könnte es dadurch gelingen, wichtige Zukunfts- und
Gestaltungsaufgaben finanzierbar zu machen. Damit werden Themenbereiche und
Aktionsformen möglich, die nicht staatlich gefördert werden aber im Umfeld der
Organisation hohe Beachtung finden. Als exemplarisches Beispiel ist hier die
Bildungsstreikaktionen 2009 in München aufgeführt, die vom der Schülerinitiative
München organisiert und im Wesentlichen von politisch engagierten „Erwachsenen“ aus
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft selbstlos finanziert wurden. Die dazu
notwendige Netzwerkarbeit wurde im Vorfeld der Aktion geleistet.
3.3.3 Projektförderungsfrühwarnsysteme - Matchmaking
Eine weitere interessante Herausforderung ist der Themenbereich der passgenauen
Zusammenführung von Projektfinanzierungsmöglichkeiten und projektdurchführenden
Organisationen. Es existiert eine Fülle von staatlichen und nichtstaatlichen
Förderungsmöglichkeiten, die bei guter Zusammenführung für viele Verbände attraktiv und
hilfreich wären. Leider finden nur selten die Richtigen zusammen. Diese
Ortierungsaufgabe ist von den einzelnen Organisationen kaum zu leisten. Hier sind die
übergeordneten Arbeitsgemeinschaften (z.B. der Bayerische Jugendring, der RPJ auf
Bundesebe) gefragt. Für einzelne Themenbereiche liegen bereits entsprechende
Informationsportale vor. So im Bereich der internationalen Jugendarbeit und
Jugendaustausch (www.ijab.de), Demokratiebildung und Rechtsextremismus (www.lksbayern.de) sowie interkulturellen Öffnung der Jugendarbeit
(www.bjr.de/schwerpunkte/schwerpunkte/Interkulturelle_Oeffnung_der_Jugendarbeit_in_B
ayern.php). In allen drei Fällen sind diese Beratungs- und Projektbörsen Teile von
bestehenden staatlichen Förderprogrammen, die mit deren Auslaufen auch enden werden.
Notwendig erscheint jedoch eine zentrale Beratungsagentur, die die wesentlichen
staatlichen und nichtstaatlichen Förderprogramme und Unterstützungsmöglichkeiten
qualifiziert bewerten und zuordnen kann, und die Verbände bei der Antragstellung und
Projektdurchführung fachlich begleitet. Dazu sollten sich die Organisationen der
politischen Jugendarbeit nicht auf den freien Markt verlassen, der ein solches Angebot bei
entsprechender Nachfrage selbst gebiert, sondern selbst aktiv an der Einführung arbeiten.
Einen interessanten Weg beschreitet der Schweizer Verein „Infoklick.ch“, der in seinen
jährlich stattfindenden Sommerakademien unter einer zentralen Themenstellung
potentielle Geldgeber mit motivierten jungen Menschen zusammenbringt. Ziel ist es hier
11
Schön, Markus: Fördern heißt auch fordern dürfen!“, in (ÖHA)BDKJ 04/09, Seite 5
15
durch gezieltes Matchmaking passgenaue Projekte und Aktionen für beide Seite zu
entwickeln. Im schweizerischen Engelberg wird es 2010 unter dem Motto „Gipfelstürmer“
um Ziele und Visionen von jungen Menschen gehen.
4 Ausblick
Die hier nur sehr oberflächlich ausgeführten Überlegungen ließen sich auf den gesamten
Bereich der bürgerschaftlichen Selbstorganisationen ausweiten. Egal ob
Selbsthilfegruppen, Parteien oder soziale Bewegungen wie z.B. attac alle haben ähnliche
strategische Problemstellungen. Hier und heute handeln - Wirkung zeigen - für neue und
alte Mitglieder attraktiv bleiben - strategisch in die Zukunft planen und immer wieder das
liebe Geld für all diese Aufgaben beschaffen.
16
5 Literaturverzeichnis
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg): Qs23 Qualitätsprofile
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