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Medizin für
Heilpraktiker
Herausgegeben
Eric Hebgenvon
Isabelle Guillou
Arne Schäffler
Markus Escher
4., unveränderte Auflage
Leseprobe
Medizin für Heilpraktiker (kennen-) lernen!
Das schulmedizinische Wissen ist die Basis für Ihren Erfolg als
Heilpraktiker. Dieses umfassende Lehrbuch begleitet Sie zuverlässig durch die Ausbildung – damit Sie erfolgreich behandeln lernen.
Didaktisch brillant und prüfungsrelevant
> die gesamte Bandbreite des amtsärztlichen
Prüfungsstoffes in 32 Kapiteln
> die farbige Struktur führt Sie sicher und schnell durch die Inhalte
Ab 19.09.2012
im Handel
> alle prüfungsrelevanten Inhalte sind farbig hervorgehoben
> mit Hilfestellungen zu Differenzialdiagnosen
Mit hohem Praxisbezug
> mit Tipps zur Patientenberatung
> typische schulmedizinische Untersuchungen und
Medikationen für wichtige Indikationen werden vorgestellt
> mit Kapiteln zu den wichtigsten Laborwerten
> Einführung in die Arzneimittelkunde
I. Guillou, A. Schäffler, M. Escher (Hrsg.)
Medizin für Heilpraktiker
2012, 1504 S., ca. 1200 Abb., geb.
ISBN 978-3-8304-7428-9
eISBN (PDF) 978-3-8304-7429-6
89,99 € [D|
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> Einleitung
> Anatomie und Physiologie
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Medizinische
Fachgebiete
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Gliederung der medizinischen Fachkapitel
www.haug-verlag.de/
medizin-fuer-heilpraktiker
Vorwort
V
Die Herausgeber – das ganze Spektrum der Kompetenz
Isabelle Guillou
ist seit 1994 niedergelassene Heilpraktikerin und leitet mit ihrem
Geschäftspartner die Heilpraktikerschule Arche Medica – Akademie
für Heilpraktiker – in Berlin-Friedenau. Seit nunmehr 12 Jahren weiß
sie die gegenseitigen Vorzüge von Didaktik und Praxis zu schätzen.
Wenn sie nicht behandelt oder unterrichtet, spielt sie Klavier, joggt um
einen Berliner See oder trainiert mit ihrem Lieblingslabrador Emile.
Arne Schäffler
ist Arzt und arbeitet als Autor für medizinische Fachverlage.
Als Herausgeber hat er marktführende Lehrwerke für die Krankenpflege und Ausbildung anderer Gesundheitsberufe entwickelt,
wie z. B. das grundständige Lehrbuch „Mensch, Körper, Krankheit“.
Er lebt in Augsburg und hat sechs Kinder im Alter zwischen 5 und
20 Jahren.
Markus Escher
ist Internist und arbeitet als Funktionsoberarzt in einer renommierten Stuttgarter Klinik. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die
Gastroenterologie, Hepatologie, Sonographie und die Notfall- bzw.
Intensivmedizin. Er lebt in Remseck am Neckar und hat drei Töchter
im Alter zwischen 3 und 8 Jahren.
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser!
Der schulmedizinische Stoff, den es für die amtsärztlichenHeilpraktiker-Überprüfung zu beherrschen gilt, ist breit
gefächert und zugleich anspruchsvoll in der Wissenstiefe.
Sie ganz gezielt darauf vorzubereiten, diese Herausforderung
zu meistern, ist das erste Anliegen von „Medizin für Heilpraktiker“. Nicht nur behandeln die 32 Kapitel die gesamte
Bandbreite des Prüfungsstoffes, sondern wir haben auch
sämtliche schriftlichen Prüfungsfragen der letzten 12 Jahre in den Lehrbuchtext eingearbeitet. Damit Sie diese Texte
sofort erkennen, sind deren Inhalte farbig unterlegt. So sehen
Sie auf einem Blick, was besonders prüfungsrelevant ist!
Trotzdem ist „Medizin für Heilpraktiker“ kein Repitorium.
Denn auch wenn Fakten beim Thema Prüfungserfolg zählen,
Fakten sind nicht alles. Davon sind wir überzeugt.
Warum das so sein muss, und warum ein Heilpraktiker mehr
tun muss, als Prüfungswissen in sein Gehirn zu stopfen, ist
nicht ganz leicht zu erklären. Überhaupt fragen viele Heilpraktikeranwärter uns, warum sie so viel von der ungeliebten „Schulmedizin“ verstehen sollen. Der Fokus liegt
doch darauf, Patienten „alternativ“ und „ganzheitlich“ zu
behandeln – oder?
Die Antwort ist eine zweifache:
Wichtig ist, was den Patienten vertrauen lässt
Mit Fachbeiträgen von
Kaymani Agarwal (Schmerzen)
Stefan Amberg (Pädiatrie)
Monika Beck-Weigand (Arzneimitteltherapie)
Michael Bedall (Orthopädie; Traumatologie)
Helmut Deinzer (Infektionen)
Markus Escher (Notfälle; Herz; Kreislauf und
Gefäße; Magen und Darm; Leber, Gallenwege
und Pankreas, Niere, Harnleiter, Harnblase)
Siegfried Kämper (Hygiene)
Siegfried Locher (Orthopädie; Traumatologie)
Nicole Menche (Immunologie und Allergien; Allgemeine Onkologie; Blut; Stoffwechsel; Neurologie)
Katharina Munk (Augen)
Herbert Renz-Polster (Augen)
Katrin Ruf (Allgemeine Krankheitslehre und diagnostische Methoden)
Arne Schäffler (Endokrinologie; Niere, Harnleiter; Harnblase; Andrologie; Gynäkologie; Schwangerschaft,
Geburt und Stillzeit; Geriatrie; Laborwerte A–Z)
Dieter Simon (Herz; Kreislauf und Gefäße)
Erstens: Auch wenn wir als Heilpraktiker alternative Heilmethoden anwenden, eine Krankheit als ein Syndrom der
Chinesischen Medizin, oder als Konstitutionsmittel aus dem
Arzneischatz der Homöopathie deuten und behandeln: Es
gibt unter den verschiedensten Heilkundigen dieser Welt
immer ein gemeinsames Grundverständnis, was eine Krankheit ausmacht und wie sie beschrieben werden kann. Dazu
schöpfen wir aus den (Er-)Kenntnissen der Medizin über
Pathoanatomie, Pathophysiologie und klinisches Erscheinungsbild eines jeden Leidens.
Die Forderung Samuel Hahnemanns, dem Begründer der
Homöopathie, ist nach 200 Jahren immer noch gültig: „Sieht
der Arzt deutlich ein, (...) was an jedem einzelnen Krankheitsfalle insbesondere zu heilen ist, (...) so versteht er zweckmäßig
und gründlich zu handeln und ist ein ächter Heilkünstler“
(„Organon der Heilkunst“, 6. Auflage, § 3).
medizinischen Zusammenhänge von Gesundheit und Krankheit nie außer Acht zu lassen.
Für den Patienten zählt, dass er sich hierauf verlassen kann.
Und dass diese Verantwortung auf echtem Wissen gründet,
ist zugleich die Basis des Vertrauens in unsere Profession.
Und dieses zu vermitteln ist das zweite Anliegen dieses neuen Lehrbuchs: Es will Sie führen auf dem Weg zum echten
Heilkünstler.
Heilpraktiker sein, heißt entscheiden können
Der doppelte Nutzen dieses neuartigen Lehrbuchs ...
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den aktuellen Prüfungsstoffs wiederzugeben zum
Lernen auf die amtsärztliche Überprüfung sowie
a
die notwendigen Wissensbasis für den Berufserfolg
als Heilpraktiker zu vermitteln, dem Patienten Leib
und Wohlergehen anvertrauen, ...
... macht „Medizin für Heilpraktiker“ vielleicht nicht zum
bequemsten aller Lehrbücher. Aber glauben Sie uns: Auch
wenn der Weg zur erfolgreichen Naturheilpraxis manchmal aus nichts anderem als aus Anstrengung zu bestehen
scheint: Es ist eine erfüllende Profession, die Sie erwartet,
und ein großartiges Gefühl, Menschen von Krankheit und
Leid verantwortungsvoll befreien zu können.
Unser Wunsch: Ihre Kritik
Für dieses Lehrbuch hat der Verlag das Experiment gewagt,
in den Personen von uns drei Herausgebern das ganze Spektrum der notwendigen Kompetenzen zu verbinden: die
Ausbildungserfahrung aus einer überregional bekannten
Heilpraktikerschule, die didaktische Qualitäten eines der
erfolgreichsten medizinischen Lehrbuchautoren Deutschlands und die schulmedizinische State-of-the-Art Kompetenz
im Bereich innerer und chronischer Krankheiten .
Ob das Ergebnis dieses Zusammenwirkens verschiedener
Kompetenzen Ihre Erwartungen erfüllt, möchten wir gerne erfahren. Ganz herzlich bitten deshalb Verlag und Herausheber im Ihre Kritik, am besten an die E-Mail-Adresse
[email protected].
Berlin, Augsburg und Stuttgart im Sommer 2012
Zweitens: Unsere Patienten trauen uns ihr Leben und ihre
Gesundheit an. Und dies verlangt von uns Heilpraktikern
ein hohes Maß an Verantwortung und die Bereitschaft, die
Isabelle Guillou
Arne Schäffler
Markus Escher
Bedienungsanleitung
VI
VII
Bedienungsanleitung
1
Die Buchteile
Grundlagen
Dieser erste Buchteil befasst sich mit dem HeilpraktikerBeruf und den relevanten Gesetzen (Kap. 1). Er gibt Einblick in die allgemeine Krankheitslehre (Kap. 2) und in
die diagnostischen Möglichkeiten der Medizin – inklusiver
alternativer Diagnosemethoden (Kap. 2). Den Abschluss
bilden Übersichten zur Arzneimitteltherapie und zu gängigen Arzneimitteln (Kap. 3) sowie zu den therapeutischen
Methoden in der Medizin (Kap. 4).
Anschließend werden die Diagnoseverfahren des jeweiligen Fachgebiets beschrieben, bevor dann die Abschnitte
mit den Erkrankungen folgen.
Bei einigen Fachgebieten bietet sich eine andere Aufteilung an, so wird z. B. im Magen-Darm-Kapitel die Anatomie
und Physiologie sowie die Diagnoseverfahren je Organ erklärt.
3
Die Textelemente
Der Anhang
Der erste Teil des Anhangs führt kurz in die Labordiagnostik ein und erklärt wichtige Laborwerte und die Bedeutung
von Abweichungen von der Norm (Kap. 32). Das Quellenverzeichnis der Abbildungen, das Abkürzungsverzeichnis und
das Sachregister schließen den Anhang ab.
2
Die Gliederung der Kapitel
V. a. die medizinischen Fachkapitel folgen einem einheitlichen Aufbau.
In einer Einleitung wird in das Gebiet eingeführt und
die medizinischen Fachberufe aufgeführt.
Im Kapitel Anatomie und Physiologie wird das Wichtigste der anatomischen und physiologischen Grundlagen
wiederholt.
Im Abschnitt Leitsymptome und Differenzialdiagnose
weisen differenzialdiagnostische Tabellen und entsprechende Einführungstexte den Weg von der Beschwerde hin zur
richtigen Diagnose und zu den Seiten, auf dem die jeweilige
Erkrankung beschrieben wird.
Am Balken können Sie erkennen, wie häufig eine Krankheit
statistisch gesehen auftritt.
Häufigkeit 5: sehr verbreitet
im Auge haben sollte.
In jedem Mehrfamilienhaus findet sich statistisch gesehen
immer wieder ein Fall. Bei Krankheiten im Erwachsenenalter auch in jedem Betrieb, selbst wenn er nur klein ist. Der
zuständige Arzt sieht fast jeden Tag einen Fall.
Dem entspricht bei angeborenen Erkrankungen und
chronischen Erkrankungen eine Betroffenheit von mindestens 10 % der Bevölkerung und bei akuten Erkrankungen
und bösartigen Tumoren, dass mind. 25 % der typischerweise betroffenen Altersgruppe mindestens einmal im Leben
den Tumor bekommt.
Befällt eine Krankheit überwiegend nur ein Geschlecht
oder eine bestimmte Personengruppe, z. B. Schwangere,
bezieht sich diese Häufigkeit darauf. Beispiele:
• Fehlgeburten: 30 % aller Schwangerschaften enden mit
einer Fehlgeburt, oft unbemerkt
• Prostatakrebs: 25 % der Männer erkranken daran
• Windpocken: über 80 % der Kinder erkranken daran.
Praxistipp: Hinweise aus der Praxis erfahrener Heil-
Häufigkeit 4: häufig
praktiker, die den Umgang mit dem Patienten, die
Diagnose oder die Therapie erleichtern.
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Damit Sie sich schnell im Buch zurechtfinden:
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Definition: Hier finden Sie in wenigen Sätzen die
Kurzerklärung jeder Krankheit. Da in der Praxis
oft sowohl der Fachbegriff wie die üblichen Abkürzungen oder die deutsche Bezeichnung verwendet werden, finden Sie alle alternativen Begriffe im
Definitionstext.
Warnhinweis: Alles, was der Heilpraktiker bei der
Behandlung unbedingt tun oder unbedingt vermeiden sollte, weil besondere Risiken oder Komplikationen drohen.
2
Die medizinischen Fachgebiete
Aufgeteilt in die unterschiedlichen medizinischen Fachgebiete geht es im Hauptteil von „Medizin für Heilpraktiker“
um Organe und Organsysteme sowie ihre spezifischen
Krankheiten (Kap. 11–27), um Erkranken der Psyche (Kap. 28)
sowie im letzten Part um den Kreislauf des Lebens: Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit (Kap. 29), die Pädiatrie
(Kap. 30) und Geriatrie (Kap. 31).
Die Häufigkeitsangabe
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Querschnittsthemen
Bei den Querschnittsthemen widmet sich das Buch jenen
Schlüsselthemen, die sich in allen Fachgebieten wiederfinden. Wie muss der Heilpraktiker mit Notfällen umgehen
(Kap. 5)? Welche Hygiene-Vorschriften muss er beachten
(Kap. 6)? Auch das Immunsystem (Kap. 7), die Infektionen
(Kap. 8), die allgemeine Onkologie (Kap. 9) und Schmerzen
(Kap. 10) werden betrachtet.
4
)
"
Merke: Fakten, die der Heilpraktiker bei einer Krankheit
Information: Literaturhinweise und Links auf
Webseiten.
Prüfungswissen
Alle Fakten, die in den letzten Jahren gefragt wurden, sind in
dem Buch eingearbeitet und hell-orange hinterlegt.
Die Ampeln
Das Ampelsymbol zeigt ihnen, welche Krankheiten der Heilpraktiker behandeln darf und welche nicht:
Rot: absolutes Behandlungsverbot. Entweder wegen lebensdrohlichen Zuständen, bei dem sofort ein Notarzt gerufen
oder eine stationäre Aufnahme erfolgen muss oder weil
aus juristischen Gründen ein Behandlungsverbot besteht.
Rot-gelb: Der Heilpraktiker darf behandeln, aber nur
wenn absehbar gefährliche Verläufe im Auge behalten
werden, insbesondere im Hinblick auf die amtsärztliche
Überprüfung.
Gelb: Hier darf der Heilpraktiker behandeln, wegen
besonderer Haftung ist es aber sinnvoll, einen Facharzt
hinzuzuziehen.
In der Nachbarschaft, in jeder mittelgroßen Firma, bei Älteren in jedem Altenheim und bei Kindern in der Kindergartengruppe oder Schulklasse findet sich immer wieder ein
Fall. Der zuständige Arzt sieht sehr häufig die Erkrankten.
Dem entspricht bei chronischen Erkrankungen eine
Betroffenheit von mind. 2 %, und bei akuten Erkrankungen
eine Erkrankungshäufigkeit von mind. 5 % mindestens einmal im Leben. Beispiele:
• Rheumatoide Arthritis: 3 % der Erwachsenen erkranken daran
• akute Blinddarmentzündung (Appendizitis): 5 % haben
irgendeinmal im Leben eine.
Häufigkeit 3: mäßig häufig
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In jedem größerem Betrieb, bei Kindern in größeren Schulen findet sich gelegentlich ein Fall. Der zuständige Facharzt
sieht mindestens einmal in der Woche einen Erkrankten.
Dem entspricht bei chronischen Erkrankungen eine
Betroffenheit von mindestens 0,4 % (1 : 250). Das sind in
Deutschland, wenn die Gesamtbevölkerung als Basis dient,
mindestens 400 000 Erkrankte.
Bei akuten Erkrankungen bedeutet das eine Erkrankungshäufigkeit von mindestens 1 % (1 : 100) mindestens
einmal im Leben. Das entspricht pro Jahr – wie es Statistiker
lieber ausdrücken – in Deutschland, wenn die Gesamtbevölkerung als Basis dient, mindestens 800 000 Erkrankungsfällen jährlich. Beispiele:
• Herzfehler: 1 % der Kinder werden damit geboren
• Gonorrhoe (Tripper): 2 % infizieren sich irgendwann einmal im sexuell aktiven Leben damit.
Häufigkeit 2: ziemlich selten
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Der zuständige Arzt oder die entsprechend spezialisierte
Therapieeinrichtung behandelt im Durchschnitt regelmäßig
mindestens einmal im Monat einen Erkrankten.
Dem entspricht bei chronischen Erkrankungen eine
Betroffenheit von mindestens 0,1 % (1 : 1000), bzw. mindestens 80 000 Erkrankte. Bei akuten Erkrankungen ist eine
Häufigkeit mindestens 0,2 % (1 : 500) einmal im Leben bzw.
mindestens 16 000 Erkrankungsfällen jährlich. Beispiel: rund
12 000 vollendete Selbstmorde in Deutschland pro Jahr.
Häufigkeit 1: Rarität
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Der Facharzt oder die entsprechend spezialisierte Therapieeinrichtung behandelt, wenn keine besondere Spezialisierung auf
die entsprechenden Erkrankungen besteht, im Durchschnitt
einmal im Jahr einen Erkrankten. Wenn der Patient eine solch
seltene Erkrankung neu bekommt, wird sie leider vom Hausarzt, Internist, Frauen- oder Kinderarzt häufig erstmal nicht
bedacht, was den Weg bis zur Diagnose verzögern kann.
Dem entspricht bei chronischen Erkrankungen eine
Betroffenheit von mindestens 0,02 % (1 : 5 000) oder mindestens 16 000 Betroffenen. Bei akuten Erkrankungen beträgt
eine Häufigkeit mindestens 0,04 % (1 : 2 500 oder 40 pro
100 000) bzw. mindestens 3 200 Erkrankungsfällen jährlich.
Noch seltenere Erkrankungen werden nicht behandelt,
es sei denn sie sind von größerem Interesse, z. B. die Malaria,
die mit 1 500 Erkrankungsfällen in Deutschland behandelten Fällen zwar selten ist, aber für Fernreisende trotzdem
eine große Gefahr.
5
Die Fachsprache
Fachbegriffe werden meistens an Ort und Stelle erklärt und
Synonyme in Klammern hinter das Fachwort gestellt, z. B.
„Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)“. In dem
Buch wurde für Begriffe mit „C“ durchgängig die K- und
Z-Schreibweise genommen, soweit der Duden dies vorsieht,
z. B. „Kalzium“ statt „Calcium“. Bei nicht deutschen Begriffen, z. B. lateinischen, bleibt das „C“ bestehen, z. B. „Staphylococcus aureus“, aber „Staphylokokkken“. Finden Sie im
Index ein Begriff nicht unter „C“ , schauen Sie bitte unter
„K“ oder „Z“ nach.
Zur besseren Lesbarkeit erscheint im Text die männliche
Form, also der Heilpraktiker, der Patient, usw. Selbstverstänlich sind Frauen – Heilpraktikerinnen und Patientinnen –
gleichermaßen angesprochen.
Inhaltsverzeichnis
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kostenlos testen!
Inspiriert natürlich.
Wissen. Heilen. Leben.
IX
Inhaltsverzeichnis
4 .3 .5
Orthomolekulare Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .3 .6
Enzymtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4
Phytotherapie
Vorwort
V
4 .4 .1
Phytotherapie .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .4 .2
Aromatherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5
Manuelle
Zum
Buch
VI Medizin
4 .5 .1
Chiropraktik, Chirotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .5 .2
Kraniosakraltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .5 .3
Massagetherapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .5 .4
Osteopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.5
WirbelsäulentherapienachDorn .
. . . . . . . . . . . .3
.
1 Berufskunde
für Heilpraktiker
4.5.6
Fußreflexzonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6
Hydro- und physikalische Therapien
2
Allgemeine
Krankheitslehre
4 .6 .1
Hydrotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .6 .2undBalneodiagnostische
und KlimatherapieMethoden
. . . . . . . . . . . . . . . . 29
. . .
4 .6 .3
Bewegungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Elektrotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
. . .
34 .6 .4
Arzneimittellehre
4.6.5
Sauerstoff-undOzontherapie . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .6 .6
Thermotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44 .6 .
7Therapeutische
Ultraschalltherapie .Methoden
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .127
. . . .
4 .6 .8
Soft-Laser-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Magnetfeldtherapie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .193
. . . .
54 .6 .
7Notfälle
4.7
Traditionell europäische Verfahren
4 .7 .1
Humoralpathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64 .7 .2Hygiene
Paracelsusmedizin
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .273
. . . .
4 .7 .3
Spagyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hildegardmedizinund
. . . . . .Allergien
. . . . . . . . . . . . . . . .295
. . . .
74 .7 .4 Immunologie
4.8
Anthroposophische Medizin
4.9
Homöopathie, Biochemie
8 Infektionen
317
nach Schüßler
4 .9 .1
Homöopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Biochemie nach
Schüßler . . . . . . . . . . . . . . . .395
. . . .
94 .9 .2
Allgemeine
Onkologie
4.8
Anthroposophische Medizin
4.10
Traditionelle Chinesische Medizin
10
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .417
4 .10 .1Schmerzen
Grundprinzipien
. . . .
4 .10 .2
Akupunktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .10 .3
Akupunktur-Mikrosysteme
. . . . . . . . . . . . . .441
. . . .
11
Herz
4 .10 .4
NPSO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .10 .5
Ohrakupunktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Kreislauf
und Gefäße
4 .10 .6
Schädelakupunktur
nach Yamamoto
. . . . . .483
. . . .
4.10.7 Moxibustion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .10 .8
. . . .
13
BlutShiatsu
und Tuina-Massage . . . . . . . . . . . . . .519
4.11
Ayurveda
4.12
Immunstimulierende Verfahren
14
Atemwege
und . . Lunge
4.12.1
Eigenbluttherapie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .545
. . . .
4 .12 .2
Eigenharntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 .12 .3
Mikroimmuntherapie
. . . .
15
Magen
und Darm . . . . . . . . . . . . . . . . . . .597
4 .12 .4
Thymustherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.13
Hypnose, übende und
16 Leber,
Galle und
Pankreas 661
Entspannungs
verfahren
4.14
Bach-Blütentherapie
4.15Stoffwechsel
Bioresonanztherapie
17
689
4.16
Edelsteintherapie
4.17
Neuraltherapie
144
146
147
147
151
152
152
154
154
157
158
161
163
163
164
166
166
167
167
168
169
169
169
169
170
170
170
171
172
172
174
175
176
176
178
179
180
181
182
183
183
184
185
185
185
185
186
186
189
189
190
190
5
Notfälle
193
5.1
Organisation des Rettungsdienstes
194
5.2
Notfall, Rettungskette, Notruf
194
5.3
Rechtliche Aspekte
195
5.4
Retten, bergen, lagern
197
5.5
Kardiopulmonale Reanimation
200
5 .5 .1
Vitalfunktionen prüfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
5 .5 .2
Basismaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
5.5.3
BesonderheitenbeiSäuglingenundKleinkindern 204
5.5.4
BesonderheitenbeiSchwangeren . . . . . . . . . . . . . 205
18 Endokrinologie
729
5.5.5
Defibrillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
5.6
Atemnot
206
5 .6 .1
Asthmaanfall
. . . . . . . . . . . . .Harnblase
. . . . . . . . . . . . . . . . .751
206
19 Niere,
Harnleiter,
5 .6 .2
Lungenödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
5.6.3
Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
20 Andrologie
789
5 .6 .4
Pneumothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
5 .6 .5
Aspiration und Bolusgeschehen . . . . . . . . . . . . . . 209
5 .6 .6
Hyperventilationssyndrom .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .821
210
21 Gynäkologie
5 .6 .7
Insektenstich im Mund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
5 .6 .8
Zentrale Atemstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
22 Rheumatologie
883
5.7
Brustschmerz
212
5 .7 .1
Akutes Koronarsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
5 .7 .223 Orthopädie
Aortenaneurysmaruptur .
und . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
5 .7 .3
Ösophaguserkrankungen
214
Traumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .915
5.8
Kreislaufstörung
214
5 .8 .1
Kreislaufkollaps, Synkope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
24 Haut
5 .8 .2
Herzrhythmusstörungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . .1009
. . 214
5 .8 .3
Hypertensive Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
5 .8 .4
Akuter peripherer
Arterienverschluss .
. . . . . . .1075
. . 215
25 Hals,
Nase, Ohren
5.8.5
Arm-undBeinvenenthrombose . . . . . . . . . . . . . . 215
5.9
Schock
216
26 Augen
Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1129
5 .9 .2
Kardiogener
. . 217
5 .9 .3
Anaphylaktischer Schock,
Quincke-Ödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1161
. . 217
27 Neurologie
5 .9 .4
Septischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
5.10
Akutes Abdomen
220
28 Psychiatrie
5.10.1
AkutesAbdomen .und
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
5 .10 .2
Gastrointestinale Blutung .
. . 221
Psychosomatik
. . . . . . . . . . . . . . . . .1229
5.11
Bewusstseinsstörung
223
5 .11 .1
Hypoglykämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
29 Schwangerschaft,
Geburt
5.11.2
DiabetischesKoma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
und
Stillzeit
5 .11 .3
Thyreotoxische Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1305
. . 225
5 .11 .4
Hepatisches Koma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
5 .11 .5
Urämisches Koma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
30 Pädiatrie
5 .11 .6
Addison-Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
5.12
Augen
226
Fremdkörper . . . . . . . . . . . .1401
5 .12 .31
1 Geriatrie
Augenverletzung,
. . 226
5 .12 .2
Augenverätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
5 .12 .3
Glaukomanfall
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1427
. . 227
32 Laborwerte
5.12.4
Netzhautablösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
5 .12 .5
Zentralarterienverschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
5.12.6
Orbitaphlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
5.12.7
HornhauterosionundVerblitzung . . . . . . . . . . . . . 228
5.13
Ohren
229
5 .13 .1
Trommelfellverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
5 .13 .2
Knall- und Barotrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Medizinische Fachgebiete
18
Lycopus europaeus – der Wolfstrapp. Seine Blätter sollen einem Wolfsfuß ähneln, daher sein Name. Früher
setzten die Menschen den Wolfstrapp als fiebersenkendes Mittel ein. Heute kommt er vor allem bei Schilddrüsenerkrankungen zum Einsatz. Seine Blätter, Blüten und Stängel enthalten Flavonoide, Gerbstoffe und
Lithosphermsäure. Die Lithospermsäure hemmt die Produktion des Schilddrüsenhormons Thyreotropin und
den Transport von Jod. Aus diesem Grund setzen es Nuklearmediziner als pflanzliches Präparat gegen Schilddrüsenüberfunktion ein. Inzwischen findet sich Wolfstrapp in Fertigarzneimitteln und homöopathischen
Zubereitungen. Doch das Kraut ist nicht frei von Nebenwirkungen. Es greift auch in den übrigen Hormonhaushalt ein und senkt beispielsweise die Hormone Gonadotropin und Prolaktin. Wolfstrapp ist so wirksam,
dass es nur ein- und ausschleichend verwendet werden sollte. [SKO]
18.1
Einführung
754
18.2
Anatomie und Physiologie
754
18.3
Diagnoseverfahren
755
18.4
18.4.1
18.4.2
18.4.3
Hormondrüsen
Hypophysenvorderlappen-Unterfunktion. . . . . . .
Hypophysenadenome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Diabetes insipidus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
756
756
757
757
18.5
18.5.1
18.5.2
18.5.3
18.5.4
18.5.5
Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Anatomie und Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spezielle Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Struma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hyperthyreose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hypothyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
758
758
758
759
760
762
18.5.6 Hashimoto-Thyreoiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.7 Subakute Thyreoiditis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.8 Riedel-Struma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.9 Schilddrüsenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.10 Hyperparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.11 Hypoparathyreoidismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.5.12 Multiple endokrine Neoplasie . . . . . . . . . . . . . . . .
762
763
763
764
764
765
765
18.6
18.6.1
18.6.2
18.6.3
18.6.4
766
766
766
769
770
Nebenniere
Anatomie und Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Cushing-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nebennierenrindeninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . .
Hyperaldosteronismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.7 Seltene endokrine Tumoren
770
18.7.1 Neuroendokrine Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770
18.7.2 Phäochromozytom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771
Endokrinologie
18 Endokrinologie
18.1
Einführung
Hormone sind die Gas- und Bremspedale in unserem Körper.
Sie lassen uns abends müde und am frühen Morgen wieder munter werden, sie halten den Blutdruck, den Salz- und
Wasserhaushalt in engsten Grenzen konstant – und zwar
gleichermaßen bei einer langen Wanderung in großer Hitze wie auch bei einem Zechgelage im Biergarten. Steuernde,
stimulierende und supprimierende Hormone greifen dabei
genauso unbemerkt wie perfekt ineinander.
Aber auch Hormondrüsen können tumorös entarten und
dann viel zu viel oder gar kein Hormon mehr produzieren,
sich entzünden oder sich einfach „nur“ ihrer Regulierung
durch Steuerhormone entziehen. Die Folge ist ein Zuviel oder
Zuwenig von einem oder mehreren Hormonen, was vielfache,
oft schwer zu diagnostizierende Beschwerden verursacht.
Manches wird dann auch erst einmal als psychische Störung
missgedeutet – oder über Monate ignoriert.
Da die Beschwerden bei Hormonstörungen so vielfältig und diffus sind, gibt es auch keine „typisch“ endokrinologischen Leitbeschwerden, weshalb der entsprechende
Abschnitt über die Leitbeschwerden des Fachgebiets in diesem Kapitel auch entfällt.
Medizinische Berufe
Das medizinische Fachgebiet, das sich mit Störungen der hormonproduzierenden Organe und Drüsen beschäftigt, ist die
Endokrinologie. Sie ist ein Teilgebiet der Inneren Medizin.
Hormonstörungen, die die Geschlechtsorgane betreffen,
werden von anderen Disziplinen behandelt: die häufig hormonell mitbedingte ungewollte Kinderlosigkeit beispielsweise von der gynäkologischen Endokrinologie, einem Teilgebiet
der Frauenheilkunde.
18.2
Anatomie und Physiologie
Hormone sind lebenswichtige Signal- und Botenstoffe, im
Gegensatz zu den Nervensignalen aber für die „langsamen“
Regulationsvorgänge im Körper zuständig. Die Hormone
werden von spezialisierten endokrinen Drüsen oder Drüsenzellen gebildet, von denen sie durch Diffussion in den interstitiellen Raum wandern. Endokrine Drüsen benötigen also
im Gegensatz zu exokrinen Drüsen, die ihre Sekrete nach
außen – z. B. Schweißdrüsen – oder in den Gastrointestinaltrakt – z. B. Speicheldrüsen – abgeben, keine Ausführungsgänge, um ihre Produkte abzugeben. Aus dem Interstitium
gelangen die Botenstoffe in die Kapillaren und werden vom
Blutstrom im ganzen Körper verteilt, bis sie an ihre Zielzellen andocken und dort ihre Wirkung entfalten. Beispiele für
endokrine Drüsen sind Hypothalamus, Hypophyse, Schilddrüse, Pankreas, Ovarien, Hoden und Nebennieren.
Da schon kleinste Änderungen der Hormonkonzentration große Schwankungen in Stimmung, Stoffwechsel, Appetit
und sexuellem Interesse nach sich ziehen, muss diese exakt
gesteuert werden. Dazu gibt es die übergeordneten Steuerungszentren (g Abb. aa119), und ganz oben in dieser Hierarchie sitzt das Gehirn mit dem Hypothalamus. Der Hypo-
thalamus setzt Releasinghormone frei, die die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) als Zentralstelle der hormonellen
Steuerungveranlassen, aus dem Vorderlappen (Hypophysenvorderlappen, HVL) Steuerhormone für die jeweiligen
Organe auszuschütten. Im Hypothalamus werden aber auch
die Hormone Oxytocin und Adiuretin (ADH) gebildet, die im
Hypophysenhinterlappen (HHL) gespeichert werden.
Die Steuerhormone gelangen über das Blut zu den Hormondrüsen und stimulieren diese, damit sie das organspezifische Hormon produzieren, das Endhormon, z. B.
Schilddrüsenhormon. Haben die Hormondrüsen genügend
spezifische Hormone gebildet, informieren diese den Hypothalamus wiederum darüber: Damit der Hypothalamus keine weiteren stimulierenden Releasinghormone ausschüttet,
hemmen die Endhormone ihn. Daraufhin setzt die Hypophyse weniger Steuerhormone frei, und als Folge reduzieren die
Drüsen die Hormonherstellung.
Das Hormonsystem ist also ein System von Regelkreisen
mit negativer Rückkopplung. D. h. dass es die spezifischen
Hormone sind, die über ihre Ausschüttung den Regelkreis
selbst regulieren. Negative Rückkopplung bedeutet dabei,
dass sie selbst die übergeordnete Steuerzentrale hemmen
(g Abb. aa120). In der Technik werden solche Regelkreise an
vielen Stellen eingesetzt, z. B. bei der Steuerung einer Zentralheizung mit einem Thermostat.
Der Hypophysenvorderlappen bildet allerdings nicht nur
Steuerhormone, sondern auch solche, die die Zielzellen direkt
beeinflussen. Er produziert
• glandotrope (Drüsen beeinflussende) Hormone wie TSH,
ACTH, FSH und LH
• effektorische (Endorgane beeinflussende) Hormone wie
das Wachstumshormon (STH, Growth Hormone, GH),
Melanotropin (MSH) und Prolaktin.
Der Hypothalamus arbeitet nicht nur innerhalb der geschilderten Regelkreise. Er empfängt auch übergeordnete Steuerimpulse des Gehirns. Deshalb haben z. B. äußere Ereignisse
755
Gn-RH
Hypothalamus
Hypophyse
Hormondrüse
FSH
LH
Frau
Frau
Eierstöcke
Eierstöcke
Östrogen
Mann
CRH
GH-RH
TRH
ACTH
Wachstumshormone
TSH
Hoden
Progesteron Testosteron
T3 , T4
Cortisol
Zielzellen in den verschiedenen Organen
Schilddrüse
Herzfrequenz
und -schlagkraft
steigt
anabole Wirkung
auf Skelettmuskulatur 5 0
Körpertemperatur und
Grundumsatz steigen
4
3
2
1
0
0
0
0
0
ZNS-Wachstum
und -Reifung
werden gefördert
E Abb. 18.02 Das Hormonsystem basiert auf Regelkreisen mit negativer Rückkopplung („je mehr vom einen, umso weniger vom anderen“
und umgekehrt). Bei Verdacht auf eine Hormonstörung wird die regelrechte Funktion dieser Regelkreise mit einem hormonellen Funktionstest überprüft. Bei der Schilddrüse funktioniert dieser z. B. so: Man spritzt dem Patienten TRH (Thyreotropin Releasing-Hormon) direkt ins
Blut, was die Hypophyse dazu auffordert, TSH (thyreoideastimulierendes Hormon) auszuschütten, wobei diese Mehrausschüttung im Blut
nachweisbar ist. Bleibt sie aus, muss die Hypophyse geschädigt sein. [ASM]
wie eine Prüfungssituation und seelische Erkrankungen, z. B.
Depressionen, erhebliche und messbare Wirkungen auf das
Hormonsystem.
2 Die meisten Hormonerkrankungen lassen sich darauf
zurückführen, dass Hormondrüsen oder übergeordnete Steuerungszentren entweder versagen – und damit
kein organspezifisches Hormon bzw. Steuerhormon
mehr ausgeschüttet wird – oder aber sich nicht mehr
regulieren lassen, da z. B. das Hormongewebe entartet.
18.3
Diagnoseverfahren
Die endokrinologische Diagnostik beginnt schon beim Eintreten in das Untersuchungszimmer: Gangbild, Körperhaltung und die äußere Erscheinung geben manchmal schon
erste Hinweise auf eine hormonelle Störung. Im Gespräch
zwischen Therapeut und Patient erhärten die geschilderten
Beschwerden und gezielte Fragen den Verdacht einer Erkrankung der Hormondrüsen oder des Stoffwechsels.
Labordiagnostik
E Abb. 18.01 Schematische Darstellung der hormonellen Regulation beim Menschen. Hormondrüsen sind über Boten- und Steuerhormone hierarchisch hintereinander geschaltet, lösen dadurch
unterschiedliche Stoffwechselfunktionen aus und steuern so verschiedene Körper funktionen. [ASM]‚
Diagnoseverfahren
Hormonelle Störungen werden in aller Regel mit Blutuntersuchungen bewiesen, die den Hormonspiegel messen.
Gelegentlich sind auch Antikörpertests, z. B. zum Nachweis
oder Ausschluss einer Schilddrüsenerkrankung und Funktionstests notwendig. Letztere zeigen, ob sich die Hormonausschüttung steigern oder senken lässt, wenn man dem
Patienten Steuerhormone injiziert. So wird überprüft, ob der
jeweilige hormonelle Regelkreis intakt ist.
Es gibt 2 Arten endokrinologischer Funktionstests: Stimulations- und Suppressionstests. Ein wichtiger Stimulationstest ist beispielsweise der ACTH-Test. ACTH ist ein in
der Hypophyse produziertes Hormon, das die Nebenniere anregt, andere Hormone, insbesondere Glukokortikoide, auszuschütten. Der Test misst, wie sich eine Gabe von
0,25 mg ACTH auf das Serumkortisol innerhalb von einer
Stunde auswirkt. Steigt das Serumkortisol nicht an, lässt
dies auf eine Insuffizienz der normalerweise durch das ACTH
anregbaren Nebenniere – einen Morbus Addison (g xa423) –
schließen.
Bei den Suppressionstests wird ein Hormon verabreicht,
das z. B. die Produktion körpereigenen Kortisols hemmt,
nämlich das synthetische Glukokortikoid Dexamethason.
Der Dexamethason-Kurztest misst das morgendliche Kortisol im Blutplasma, nachdem 2 mg Dexamethason am Abend
zuvor oral eingnommen wurden. Sinkt der Kortisolwert
nicht wie erwartet, ist der Hormonhaushalt z. B. aufgrund
von Stress, endogener Depression, Medikamenteneinnahme
oder – sehr selten – Alkoholismus gestört. Der höher dosierte
und 2-tägige Dexamethason-Suppressionstest hilft, differenzialdiagnostisch ein Cushing-Syndroms (g xa421) bei
Kortisol-Überproduktion auszuschließen.
Mithilfe des TRH-Tests wird die TSH- und ggf. ProlaktinKonzentration vor und nach intravenöser Gabe von Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) bestimmt. Als ReleasingHormon des Hypothalamus, das im Hypophysenvorderlappen zur Ausschüttung des schilddrüsenstimulierenden
TSH führt, regt es indirekt die Bildung von T3 und T4 an. Vor
der TRH-Gabe wird der Wert des TSH im Serum bestimmt.
Unter physiologischen Bedingungen muss TRH die TSHKonzentration stark erhöhen. Steigt es hingegen nicht oder
nur gering, so spricht das für eine Hyperthyreose oder eine
Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. Ist es dagegen schon
basal erhöht oder steigt übermäßig an, so handelt es sich
um eine Hypothyreose.
✔
Bildgebende Diagnostik
Stehen Hormondrüsen unter konkretem Krankheitsverdacht, wird mit Untersuchungsverfahren wie Ultraschall, CT,
Kernspin oder Biopsie die Organstruktur untersucht.
Ganzheitliche Diagnostik
Nicht nur für den Heilpraktiker, auch für den Mediziner ist
die Frage nach der Diagnostik psychischer Anteile bei Hormonstörungen wichtig. Leider bietet die Schulmedizin hier
wenig Möglichkeiten – obwohl die Forschung immer besser
nachweist, dass viele hormonell bedingten Störungen, wie
z. B. die Unfruchtbarkeit, sehr oft psychisch verursacht sind.
Medizinische Fachgebiete
Medizinische Fachgebiete
754
18.3
18 Endokrinologie
E Tab. 18.01 Wichtige Hormone des Hypothalamus und der Hypophyse
Abkürzung
Name
bewirkt z. B.
Hypothalamus
Gn-RH
Gonadotropin-Releasing-Hormon (Gonadoliberin)
Freisetzung von FSH und LH aus der Hypophyse
Hypophyse
FSH
follikelstimulierendes Hormon
Freisetzung von Östrogenen aus dem Eierstock
zyyyy
LH
luteinisierendes Hormon
Freisetzung von Progesteron aus dem Eierstock
bzw. von Testoren aus dem Hoden
a Hypophysenadenome: gutartige Tumoren, die zur ver-
Hypothalamus
CRH
Kortikotropin-Releasing-Hormon (Corticotropin Releasing Factor, CRF, Corticoliberin)
Freisetzung von ACTH aus der Hypophyse
Hypophyse
ACTH
adrenokortikotropes Hormon (Adrenocorticotropin)
Bildung von Glukokortikoiden, Mineralokortikoiden und Sexualhormonen in der Nebennierenrinde
Bildungsort
Medizinische Fachgebiete
Wenn möglich, wird die Ursache beseitigt, z. B. indem ein
Tumor operativ entfernt wird. Die ausgefallenen Hormone
werden in einer Hormonersatztherapie lebenslang ersetzt.
Hypothalamus
Hypophyse
GH-RH
Growth Hormone Releasing Hormon (Somatoliberin)
Freisetzung von Wachstumshormon aus der
Hypophyse
GHIH
Growth Hormone Inhibiting Hormon (Somatostatin)
Hemmung der Ausschüttung von Wachstumshormonen aus der Hypophyse
STH
Somatotropes Hormon (Wachstumshormon, Somatropin, Human Growth Hormone, hGH)
• v. a. an Muskel, Leber, Knochen erhöhte
Aminosäureaufnahme und -verwertung
• erhöht Blutzuckerspiegel, fördert Fettabbau
Hypothalamus
TRH
Thyreotropin-Releasing-Hormon (Thyreoliberin)
Freisetzung von TSH aus der Hypophyse
Hypophyse
TSH
thyroideastimulierendes Hormon (Thyreotropin)
Freisetzung von T3 und T4 aus der Schilddrüse
Hormondrüsen
18.4
HypophysenvorderlappenUnterfunktion
18.4.1
zyyyy
a Hypophysenvorderlappenunterfunktion (HVLInsuffizienz, Hypopituitarismus): teilweises oder völliges Versagen der Ausschüttung der Steuerhormone
des Hypophysenvorderlappens infolge eines Tumors des
Hypophysenvorderlappens oder als Folge von SchädelHirn-Verletzungen (g xa785).
Der Ausfall sämtlicher Hypophysenvorderlappenhormone wird als Panhypopituitarismus (Morbus Simmonds)
bezeichnet.
Die Erkrankung ist durch die Gabe von Hormonen gut
behandelbar, unbehandelt aber lebensgefährlich.
Ganz zuletzt fallen die Hormone der Nebennierenrinde aus
(g za117).
Stellt die Hypophyse die Hormonfreisetzung vollständig
ein, kommt es zu einem hypophysären Koma mit Atemund Kreislaufstörungen, Unterkühlung, Hypoglykämie und
Bewusstlosigkeit.
Die Prognose ist in der Regel gut, wenn frühzeitig sämtliche fehlenden Hormone ersetzt werden und die Therapie
regelmäßig überwacht wird.
Diagnostik und Therapie
Die Diagnose einer Hypophysenvorderlappenunterfunktion
wird durch hormonelle Stimulationstests gestellt. Im nächsten Schritt wird nach den Ursachen, z. B. einem Tumor, mit
CT, Kernspin und augenärztlicher Untersuchung gesucht.
Besteht der Verdacht auf eine Unterfunktion des Hypophysenvorderlappens, muss der Patienten zur weiteren
Abklärung zu einem Endokrinologen.
Hypophysenadenome
mehrten Ausschüttung eines oder mehrerer Hormone
des Hypophysenvorderlappens führen. Die Beschwerden
hängen davon ab, welche Hormone übermäßig gebildet
werden.
Die Prognose ist günstig. Ist der Tumor abgegrenzt und kann
vollständig entfernt werden, ist die Erkrankung sogar heilbar.
Pathogenese und Verlauf
Häufigstes Hypophysenadenom ist das Prolaktinom, das
vermehrt Prolaktin ausschüttet, was bei Frauen zu Zyklusstörungen, Sterilität, Brustwachstum und Milchfluss führt.
Männer sind häufig sexuell desinteressiert (g ka543), selten
kommt es zur Brustvergrößerung oder zu Brustschmerzen.
Drückt der Tumor durch zunehmendes Wachstum auf den
benachbarten Sehnerv, entwickeln sich Sehstörungen etwa
in Form von Gesichtsfeldausfällen.
Überproduziertes Wachstumshormon (Somatotropin, somatotropes Hormon, STH) bewirkt bei Kindern vor
Abschluss des Skelettwachstums Gigantismus, bei Erwachsenen vergrößerte Hände, Füße, Nase, Kinn, Lippen oder Zunge. Diese Erkrankung wird als Akromegalie bezeichnet, bei
der manchmal auch innere Organe vergrößert sind. Häufig
kommen Beschwerden hinzu wie Ausbleiben der Menstruation bei betroffenen Frauen, Diabetes mellitus – GH ist ein
Insulinantagonist –, arterielle Hypertonie, Müdigkeit, Gliederschmerzen, Kniegelenksarthorse, Karpaltunnelsyndrom
und Hyperhidrosis.
Drückt der Tumor auf gesundes Hypophysengewebe,
kommt es manchmal neben der Überfunktion einzelner Hormone auch zur Unterfunktion der Hypophyse (g xa399). Aufgrund der topografischen Lage der Hypophyse in der Nähe
vom Chiasma opticum, in dem sich die Sehnerven kreuzen,
kann ein Hypophysentumor u. U. eine Sehstörung, oft eine
bilaterale Hemianopsie, und Kopfschmerzen hervorrufen,
die dann auch Begleiterscheinungen einer Agromegalie sind.
Diagnostik
Pathogenese und Verlauf
Zuerst bemerkt der Betroffene die Effekte fehlender Sexualhormonfunktionen beispielsweise am Rückgang der Schambehaarung, Kleinerwerden der Brüste bei Frauen oder Hoden
bei Männern. Dann kommt es zu Allgemeinbeschwerden wie
Blässe (g Abb. aa122), Müdigkeit und Leistungsminderung
sowie bei Kindern zu einem Stopp des Körperwachstums.
18.4.2
E Abb. 18.03 Frau
mit Hypophysenvorderlappen-Unterfunktion. Typisch
sind die fahle Gesichtsfarbe und die
ausgefallenen Augenbrauen. [GTV]
Die im Verdacht stehenden Hormone werden im Blut
bestimmt und die Tumoren mit CT oder Kernspin gesucht.
Neben der Hormonbestimmung im Blut müssen bei Verdacht
auf Wachstumshormon produzierende Tumoren auch Provokationstests wie der Glukosebelastungstest durchgeführt
werden: Nach der Gabe von Glukose fällt der Blutspiegel des
Wachstumshormons. Dieser messbare Abfall bleibt bei einer
Überproduktion von Wachstumshormon, z. B. durch einen
Tumor, aus.
E Abb. 18.04
Patientin mit ungleichen Pupillen
(Anisokorie) und
Sehstörungen.
Nach einigen Untersuchungen wurde
ein Hypophysenadenom diagnostiziert. [GTV]
Therapie
Ziel ist es, den gutartigen Tumor zu entfernen. Ist der Tumor
für eine komplette Entfernung zu groß oder nur schwer vom
benachbarten Gewebe abgrenzbar, wird versucht, Wachstumshormon produzierende Tumoren vor der Operation
medikamentös mit Octreotid zu verkleinern. Ist eine Operation nicht durchführbar, wird dieses Medikament zur Behandlung der Akromegalie eingesetzt. Falls auch Octreotid nicht
wirksam ist, ist als neues Medikament der Wachstumsrezeptorantagonist Pegvisomant verfügbar, der die Ausschüttung
des Wachstumshormons hemmt.
Ähnlich verhält es sich beim Prolaktinom. Hier kommen
Bromocriptin, Lisurid, Quinagolid oder Cabergolin zum Einsatz.
Bei nicht durchführbarer Operation und erfolgloser
medikamentöser Therapie kommt eine Strahlentherapie
zur Tumorverkleinerung in Betracht.
18.4.3
Diabetes insipidus
zyyyy
a Diabetes insipidus (wörtlich „geschmackloser Durchfluss“, was ihn abgrenzt vom „honigsüßen Durchfluss“,
dem Diabetes mellitus g ka456): Störung des WasserElektrolyt-Haushalts durch übermäßige Urinausscheidung von bis zu 20 l Urin pro Tag bei Unfähigkeit der
Nieren, den Urin zu konzentrieren und Wasser zurückzuhalten.
Folgen sind übermäßiger Harndrang, quälendes Durstgefühl
und Trockenheit von Haut und Schleimhäuten.
Der Patient muss sofort ins Krankenhaus, er droht
ansonsten zu dehydrieren.
Ursache ist entweder ein Mangel des Hormons ADH (antidiuretisches Hormon), das im Hypothalamus gebildet und
über den Hypophysenhinterlappen ausgeschieden wird, oder
eine fehlende Wirkung von ausreichend gebildetem ADH
auf die Niere.
Zur Behandlung des Diabetes insipidus steht als Medikament das synthetische Hormon Desmopressin zur Verfügung, das als Tablette oder Nasenspray gegeben wird, um die
Urinausscheidung zu normalisieren. Mit dieser Therapie ist
es den Patienten möglich, ein ganz normales Leben zu führen.
Desmopressin wird auch beim kindlichen Bettnässen
zur Unterdrückung des nächtlichen Harndrangs eingesetzt.
757
Medizinische Fachgebiete
756
18 Endokrinologie
18.5
Medizinische Fachgebiete
18.5.1
Schilddrüse und
Nebenschilddrüsen
Anatomie und Physiologie
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) ähnelt in ihrer Form
einem Schmetterling. Dicht unterhalb des Kehlkopfs (Larynx)
umfasst sie vorn und seitlich die Luftröhre (g Abb. aa123), ist
normalerweise von außen weder sicht- noch tastbar und hat
bei Frauen ein Volumen von 18 ml, bei Männern sind es 25 ml.
Die Schilddrüse bildet und speichert in speziellen Zellverbänden, den Follikeln, die Hormone Thyroxin (T4 mit
4 Jodatomen) und Trijodthyronin (T3 mit 3 Jodatomen). Je
nach Bedarf des Körpers gibt sie ihre Hormone an die Blutbahn ab, was durch das TSH (thyreoideastimulierendes Hormon) der Hypophyse reguliert wird. Eines der ReleasingHormone, die vom Hypothalamus ausgeschüttet werden,
ist das TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon), das die Ausschüttung von TSH anregt, sobald die Schilddrüsenhormone
im Blut sinken.
Die lebenswichtigen Schilddrüsenhormone greifen in
viele Stoffwechselvorgänge ein. Sie erhöhen den Grundumsatz, d. h. führen, z. B. durch Anregung der Lipolyse, zu einer
erhöhten Energiebereitstellung für Stoffwechselaktivitäten,
sie beschleunigen die Herzfrequenz, erhöhen den Blutdruck
und die Körpertemperatur. Auch für Wachstumsvorgänge
sind sie unentbehrlich.
Zwischen den Follikeln liegen die C-Zellen, die das Hormon Kalzitonin produzieren und bei erhöhtem Blut-Kalziumspiegel vermehrt ausschütten. Dieses Hormon reguliert
zusammen mit dem Parathormon (PTH) der Nebenschilddrüsen den Kalziumhaushalt.
Das Parathormon wird bei erniedrigtem Kalziumspiegel
im Blut ausgeschüttet. Es regt die Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) an, Kalzium aus den Knochen zu lösen und
ins Blut abzugeben. Außerdem steigert es zusammen mit
Kalzitriol, das die Absorbtion von Kalzium und Phosphat im
Dünndarm ermöglicht, die Resorption von Kalzium aus dem
Darm und die Rückresorption in der Niere.
Kalzitonin hingegen senkt den Kalziumspiegel im Blut,
indem es den Knochenabbau hemmt, den Kalziumeinbau in
den Knochen fördert und die Kalziumausscheidung über die
Nieren erhöht. Die Regulation des Kalzium-Phosphat-Haushalts ist Hauptaufgabe der Nebenschilddrüsen.
Vitamin-D-Stoffwechsel. Mit der Nahrung aufgenommenes
Cholecalciferol und in der Haut durch UV-Licht in Cholecalciferol umgewandeltes 7,8-Dehydrocholesterin werden in der
Leber zu 25-(OH)-Cholecalciferol und dieses in der Niere zur
wirksamen Form 1,25-(OH)2-Cholecalciferol (D3) umgewandelt. Zu wenig UV-Licht, schwere Leber- oder Nierenschäden
führen also zu einem Vitamin-D-Mangel.
D3 fördert die Resorption von Kalzium aus der Nahrung
und den Einbau in den Knochen und hemmt die Kalziumausscheidung über die Niere.
18.5.2
Spezielle Diagnostik
Die Laborbasisuntersuchungen bei Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörung konzentriert sich auf die Bestimmung
von TSH, fT4 und gelegentlich einen TRH-Test. Bei kontretem Verdacht auf bestimmte Erkrankungen werden weitere
Laborwerte bestimmt:
• Morbus Basedow: MAK (mikrosomale Antikörper), TRAK
(Thyrotropin-Rezeptor-Antikörper), großes Blutbild
• chronische Thyroiditis (Hashimoto):MAK, TRAK
• akute Thyroiditis: großes Blutbild, BSG
• Schilddrüsentumor: Kalzitonin, CEA.
a Schilddrüsenultraschall: erlaubt eine präzise Größenbestimmung der Schilddrüse, aber auch Knoten und
Tumoren lassen sich gut erkennen.
Die Ultraschalluntersuchung ist aus der Schilddrüsendiagnostik nicht mehr wegzudenken und wird teilweise auch
bereits in der Hausarztpraxis durchgeführt.
a Schilddrüsen-Feinnadelbiopsie: Diagnoseverfahren
zur Klärung nicht eindeutiger Befunde.
Unter Ultraschallkontrolle wird aus der verdächtigen Region mit einer dünnen Hohlnadel eine Probe entnommen und
feingeweblich untersucht.
a Schilddrüsenszintigrafie: misst die Aufnahme eines
Radionuklids und deren Verteilung in einer Schilddrüse.
E Abb. 18.05 Anatomie der vorderen Halsregion (ohne die Halsmuskeln) mit Schilddrüse, Nebenschilddrüsen, Kehlkopf und Luftröhre. [GTV Prometheus]
In einer nuklearmedizinischen Abteilung erhält der Patient
intravenös eine geringe Dosis einer radioaktiv markierten
Substanz – Radionuklid: 99mTechnetium oder 131Iod –, die
von der Schilddrüse wie Jod in die Zellen aufgenommen wird.
Aufnahmen der Schilddrüse mit einer speziellen Kamera
(Scanner oder Gammakamera) zeigen Gebiete mit erhöhter
Radionuklidspeicherung – warme oder heiße Knoten – oder
fehlender Speicherung – kalte Knoten.
Heiße Knoten bilden deutlich mehr Schilddrüsenhormone als das restliche Gewebe und sind manchmal für eine
Hyperthyreose verantwortlich (g xa407). Jeder nicht speichernde, kalte Knoten ist krebsverdächtig und muss mit
einer Gewebeentnahme durch Feinnadelbiopsie weiter abgeklärt werden, da er ein hohes Risiko birgt, bösartig zu sein.
Bei der Schilddrüsenszintigrafie werden nur geringe
Mengen an radioaktiven Substanzen verwendet, so dass die
Strahlenbelastung in der Regel sogar geringer ist als bei einer
herkömmlichen Röntgenuntersuchung.
Eine Suppressionsszintigrafie wird eingesetzt, um
den hormonellen Regelkreis der Hypophyse zu prüfen, und
schließt sich gegebenenfalls an eine Schilddrüsenszintigrafie
an. Durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen über einige
Tage wird eine kurzfristige künstliche Überfunktion erzeugt.
Dies führt über eine verringerte TSH-Ausschüttung zu einer
verminderten Radionuklidaufnahme des normalen Schilddrüsengewebes im Szintigramm. Dagegen speichern autonome Bezirke, die sich der Kontrolle durch das übergeordnete TSH entziehen, das Radionuklid ebenso stark wie im
Ausgangsszintigramm.
18.5.3
Struma
zzzzz
a Struma (Kropf): sichtbare, tastbare oder messbare Vergrößerung der Schilddrüse, unabhängig von ihrer Funktionsstörung.
Die häufigste Ursache einer Struma ist bei normaler Funktion der Schilddrüse ein Jodmangel infolge einer zu geringen
Zufuhr durch Trinkwasser und Nahrung (Jodmangelstruma).
Je nach Untersuchungsmethode und Definition wird
angenommen, dass in Deutschland mindestens 15 % der
Bevölkerung betroffen sind. Neueren Studien zufolge ist eine
ungleiche Verteilung zwischen Nord- und Süddeutschland
sowie zwischen Frauen und Männern nicht nachweisbar.
Mit ca. 90 % ist die euthyreote Struma die häufigste Form,
sie ist mit einer normalen Schildddrüsenfunktion verbunden und hat ihre Ursache in der Unterversorgung mit Jod.
Weitere, seltenere Formen sind die hyperthyreote Struma bei Hyperthyreose und die hypothyreote Struma bei
Hypothyreose.
Die Struma selbst verursacht meist erst ab einer stärkeren Vergrößerung Beschwerden, doch die Gefahr einer
behandlungspflichtigen Hyperthyreose steigt. Zudem ist
das Risiko, an einem Schilddrüsenkrebs zu erkranken, etwa
7-fach erhöht.
Leitbeschwerden
Eine mäßig ausgeprägte Struma wird kaum wahrgenommen,
eine stark vergrößerte Struma führt zu folgenden Beschwerden:
• Druck- und Engegefühl im Halsbereich
E Abb. 18.06
Große, asymmetrische Struma
Grad III. Aufgrund
der Größe sind Beschwerden durch
Verdrängung z. B.
der Luftröhre zu
erwarten. [CKC]
• Missempfinden beim Tragen hoch schließender Kleidung
• sichtbare Schwellung des Halses
• bei sehr großem Kropf: Einengung der Luftröhre
(g Abb. aa124) oder des Ösophagus mit Heiserkeit, Atemund Schluckbeschwerden, evtl. obere Einflussstauung
durch Kompression der Venen, die zum rechten Herz
führen.
Pathogenese und Verlauf der
Jodmangelstruma
Das Ackerland Mitteleuropas ist, abgesehen von den Küstenregionen, sehr jodarm, weil in der letzten Eiszeit viel
Jodaus den Böden gewaschen wurde. Daher reichert es sich
nur gering in Nahrung und Trinkwasser an. Anorganisches
Jodid ist für die Bildung der Schilddrüsenhormone aber unerlässlich.
Bei einem Jodmangel vermehrt und vergrößert die
Schilddrüse ihre hormonbildenden Zellen, die Follikel, um
möglichst das gesamte von der Nahrung angebotene Jod aufnehmen und verwerten zu können: Die Schilddrüse wird
größer, ein Kropf entsteht.
Jodmangel führt neben der gleichmäßigen („diffusen“)
Vergrößerung des Schilddrüsengewebes aber auch zu knotigen Veränderungen.
Neben dem Wachstum besteht die Gefahr der so genannten Schilddrüsenautonomie. Normalerweise produziert
jede Schilddrüsenzelle nur eine kleine Menge an Schilddrüsenhormonen, genau so viel, wie der Körper braucht. Dieser Bedarf wird durch die Steuerhormone von Hypothalamus und Hypophyse reguliert (g Abb. aa120). Eine gesunde
Schilddrüse hat aber auch kleine Zellbezirke, die sich dieser
Steuerung entziehen und ungehemmt („autonom“) Schilddrüsenhormone produzieren, was aber durch eine Unterdrückung der übrigen Schilddrüsenbezirke wieder ausgeglichen
Ab
wird. Bei Jodmangel vermehren sich die autonomen Schild19.09.2012
drüsenzellbezirke und geben
so viel Schilddrüsenhormon in
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die Blutbahn ab, dass eine Hyperthyreose
entsteht (g xa407).
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