Gute Pillen – Schlechte Pillen 2/09 Ohrenschmalz entfernen Was ist Ohrenschmalz? Mode oder Notwendigkeit? Die Bezeichnung Ohrenschmalz oder Ohrwachs täuscht, da es sich um ein wasserlösliches Sekret des äußeren Gehörgangs handelt. Es überzieht den Gehörgang mit einem Schutzfilm, hat antibakterielle Eigenschaften und trägt dazu bei, dass sich im Gehörgang weniger Bakterien ansiedeln. Das Ohrsekret nimmt abgestorbene Hautzellen und Staubpartikel auf und wirkt praktisch wie ein „Putzmittel“. Es wird automatisch nach außen befördert, beispielsweise durch Bewegungen des Kiefers beim Kauen.1,2 Körperhygiene unterliegt Moden, die vor allem durch das Angebot von Produkten und durch Werbung geprägt werden. Dies gilt auch für die Reinigung der Gehörgänge. Ohrentropfen, Spüllösungen und Wattestäbchen – braucht man diese wirklich, oder schaden sie eher? Das Ohrenschmalz ist ein Sekret, das von Drüsen im äußeren Gehörgang ausgeschieden wird und gesundheitliche Schutzfunktionen hat (siehe Kasten). Die Werbung für Ohrreinigungsmittel fördert die Annahme, unsere Ohrgänge müssten regelmäßig gesäubert werden. Das ist jedoch meist nicht sinnvoll. Auch von den so genannten Ohrkerzen, die den Gehörgang säubern sollen, raten wir ab (GPSP 5/2007, S. 11). Ein reinigender Effekt ist nicht nachgewiesen. Bei einigen Ohrkerzen kann sogar Wachs in den Gehörgang tropfen. Kinder sind bei Reinigungsversuchen mit Wattestäbchen und sonstigen Gerätschaften besonders gefährdet, da ihr Gehörgang kürzer ist als die meisten glauben. Foto: Stefan Wartini Wattestäbchen eignen sich nicht, das Sekret aus dem Gehörgang zu entfernen. Mit ihnen schiebt man das Ohrschmalz oft tiefer hinein. Durch solche Reinigungsversuche kann ein Sekretpfropf entstehen, der das Hörvermögen mindert – bis hin zur Schwerhörigkeit. Ohrenschmerzen, Ohrenklingeln und ein unangenehmer Geruch aus dem Ohr sind mögliche Folgen. Auf jeden Fall tabu sind Manipulationen mit Haarnadeln, Streichhölzern und ähnlichen „Werkzeugen“, die den Gehörgang verletzen und das Trommelfell durchbohren können. 12 Neuerdings wird viel Reklame gemacht für Ohrentropfen und Spüllösungen, die Ohrenschmalz im Gehörgang auflösen sollen. Werbesprüche wie „natürliches Reinigungsmittel“ (Otosan® Ohrentropfen) führen aber in die Irre und suggerieren Harmlosigkeit. Was ist „Natürliches“ daran, wenn Geranienöl, Wacholderöl oder Kamillenextrakt in den Gehörgang eingebracht werden? Allergische Reaktionen sind nicht auszuschließen. Mandelöl und Maisöl werden als „fettlösend“ angepriesen – obwohl Ohrenschmalz wasserlöslich ist.1,2 Die zur „Sauberhaltung des Gehörganges“ angebotene Otowaxol® Lösung enthält Alkohol und Glyzerin. Beides kann dazu beitragen, dass die Haut des Gehörgangs austrocknet. Für die „ganze Familie ab 3 Jahren“ wird Audispray® angeboten, das täglich ins Ohr gesprüht werden soll. Es enthält Meerwasser und ist weniger reizend. Das www.gutepillen-schlechtepillen.de