Technik und Know-how für alle Die Antikörper-Plattform Service auf höchstem Niveau Monoklonale Antikörper nach Maß Vom Immunsystem seit Jahrmillionen etabliert, sind Antikörper schon seit langem nicht mehr aus Forschung und Therapie wegzudenken. Gute Antikörper herzustellen ist aber eine Sache für Spezialisten – und nicht jede Einrichtung hat dafür so hervorragende Möglichkeiten wie die GSF. Mit ihrer Forschungsplattform Monoklonale Antikörper stellt sie eine wichtige Schnittstelle im Netzwerk der Gesundheits- und Umweltforschung dar. ereits Anfang der 80er Jahre gründete Dr. Manfred Eulitz, damals als Wissenschaftler am GSF-Institut für Immunologie tätig, eine Lehrgruppe, die monoklonale Antikörper produzierte. Grundidee der Lehrgruppe war, dass sich jeder daran interessierte GSF-Wissenschaftler das nötige Wissen aneignen konnte, um die von ihm gewünschten monoklonalen Antikörper B 32 selbst entwickeln zu können. Bald stellte sich jedoch heraus, dass die hierbei zu bewältigenden logistischen Anforderungen für die meisten Labore zu hoch waren. Daher wurde die Lehrgruppe in eine Serviceeinrichtung umgewandelt. Heute leitet Dr. Elisabeth Kremmer die Forschungsplattform Monoklonale Antikörper am GSF-Institut für Molekulare Immunologie. Technik und Know-how für alle Die Antikörper-Plattform Produktion im großen Maßstab „Unsere Arbeitsgruppe ist heute in der Lage, kontinuierlich die Antikörper herzustellen, die genau auf die Bedürfnisse der anfragenden Wissenschaftler abgestimmt sind“, erklärt Kremmer. „Mit dem neuen Servicekonzept produzieren wir seit 1995 in kurzer Zeit maßgeschneiderte monoklonale Antikörper in hoher Qualität, pro Jahr gegen 300 verschiedene Antigene, Tendenz steigend.“ Dabei ist die Gruppe um Kremmer äußerst flexibel: Gemeinsam mit dem Auftraggeber besprechen sie, welches Antigen sich für die Produktion der gewünschten Antikörper am besten eignet. „Manche Proteine lösen keine oder nur eine sehr schwache Immunantwort aus, sie sind nicht immunogen“, erläutert Kremmer. „Gegen sie kann man keine Antikörper herstellen. Mit den Partnern zusammen suchen wir dann nach geeigneteren Antigenen.“ Hat man eine immunogene Substanz gefunden, wird gegen diese im Tiermodell eine Immunantwort erzeugt. Die dabei aktivierten und gegen das Antigen gerichteten B-Zellen der Körperabwehr werden entnommen und mit einer Tumorzelllinie, einer so genannten Myelomzelllinie, verschmolzen. „Dabei geht die gewünschte Eigenschaft der B-Zelle, einen spezifischen Antikörper zu produzieren, auf die Myelomzelle über und es entsteht ein so genanntes Hybridom“, erläutert Kremmer. Dieses wird nun in der Zellkultur vermehrt, die ins Medium abgesonderten Antikörper entnommen und zu dem Antigen gegeben. „Bindet der Antikörper spezifisch und stark an das eingesetzte Antigen, so hat es die gewünschte hohe Affinität und Spezifität. Für die weitere Charakterisierung werden die Antikörper an die Partner verschickt“, so Kremmer. Gute Antikörper herzustellen ist eine Sache für Spezialisten – und über die verfügt die Serviceeinheit der GSF: Mit erfahrenem Blick erkennen ihre Mitarbeiter, welche Zellen so gut gewachsen sind, dass es sich lohnt, sie zu testen. „Alle Wachstumsmedien und Reagenzien werden von uns auf ihre Eignung für die Hybridomherstellung überprüft“, sagt Kremmer. „Dadurch sparen wir Zeit.“ Weniger die Laborausstattung als dieses Können, Sorgfalt und langjährige Erfahrung verbunden mit einem feinen Gespür dafür, ob etwa eine Kultur noch einen zusätzlichen Mediumwechsel braucht, gewährleisten den hohen Qualitätsstandard der Serviceeinheit. Wissenschaftler aus aller Welt lassen bei der GSF-Antikörperplattform ihre Antikörper anfertigen. Mit nur vier Mitarbeitern stellt Dr. Elisabeth Kremmer, Leiterin der Plattform, jährlich etwa 300 hochspezifische Antikörper her. Neben den hohen Qualitätsstandards schätzen die Auftraggeber an der Service-Plattform besonders die intensive Betreuung noch lange nach der Produktion. Hohe Effizienz auch ohne Hightech „Besonders effektiv sind wir, obwohl oder gerade weil wir ohne spezielle Geräte wie Pipettierroboter, Einfriermaschinen und Bioreaktoren arbeiten“, sagt Kremmer. „Mit nur vier Mitarbeitern stellen wir etwa 30 unterschiedliche Hybridome pro Woche her, die wir in Kulturflaschen vermehren.“ Viel zu aufwändig wäre es, einen Bioreaktor für die geringen Antikörpermengen, die angefordert werden, zu bestücken. Außerdem kann, falls versehentlich mal eine Kulturflasche mit Bakterien verunreinigt wurde, diese eine Kultur schnell entsorgt werden, während alle anderen weiter wachsen können. „Ein Bioreaktor müsste in diesem Fall komplett gereinigt werden und alle zu dieser Zeit darin befindlichen Zellen wären auf einen Schlag unbrauchbar“, so Kremmer. Für die besonders hohe Qualität der Antikörper hat die Medizinerin bereits zusammen mit ihren Kollegen Dr. Martin Lipp und Dr. Reinhold Forster vom Max-Delbrück-Zentrum Mit erfahrenem Blick erkennen die Spezialisten der Antikörperplattform, welche Zelllinien so gut gewachsen sind, dass es sich lohnt, sie für die Antikörperherstellung zu testen. Langjährige Erfahrung zählt dabei mehr als jede hochtechnische Laborausstattung. 33 Technik und Know-how für alle Die Antikörper-Plattform Detektive für die Forschung Antikörper sind komplizierte Proteinstrukturen, die durch die Variation von Aminosäuren in bestimmten Bereichen der Proteinketten mit chemischen Strukturen verschiedenster Art reagieren können. Die Fähigkeit des Organismus, auf eingedrungene Noxen mit Antikörperbildung zu reagieren, hat sich im Laufe vieler Millionen Jahre entwickelt. Vorläuferstrukturen der Antikörper haben schon Knorpelfische. Dass sie viele verschiedene chemische Strukturen sehr spezifisch binden können, macht die Antikörper zusammen mit immunologischen Nachweisverfahren wie Radio- und Enzymimmunoassays „RIA“ und „ELISA“ zu einmaligen Detektiven in der Forschung. Die normale Antikörperantwort des Körpers nach Antigen- Die Fähigkeit des Organismus, auf eingekontakt hat jedoch einen Nachteil: Sie ist inhomogen, weil drungene Fremdstoffe mit der Bildung von Antikörpern zu reagieren, hat sich im Laufe sie aus einem Gemisch spezifisch und weniger spezifisch von Jahrmillionen entwickelt. Vorläufer der bindender Antikörper besteht. Hieraus hochreine Moleküle klassischen Y-Struktur von Antikörpern, die zu isolieren ist mühsam, zeitaufwändig und nicht selten sehr viele chemische Strukturen an sich erfolglos. Dank der Arbeiten von Georges Köhler und Cesar binden können, finden sich schon in KnorMilstein können heute aus der Vielzahl möglicher Antikör- pelfischen wie dem Ammenhai. per diejenigen ausgewählt werden, die das gewünschte Antigen mit hoher Spezifität binden. Für diese 1975 veröffentlichte Hybridom-Technologie erhielten beide Forscher 1984 den Nobelpreis für Medizin. Als Endprodukt dieses Verfahrens werden Zellen ausgewählt, die nur noch einen einzigen Antikörper der geforderten Spezifität produzieren. Kontakt Dr. Elisabeth Kremmer GSF-Institut für Molekulare Immunologie Tel.: 0 89/70 99-3 21 [email protected] 34 für Molekulare Medizin sowie Dr. Eckhard Wolf vom Genzentrum der Universität München den Erwin-Schrödinger-Preis 2000 erhalten. Dass neben GSF-Forschern auch Wissenschaftler verschiedenster Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit ihre Antikörper von der GSF-Plattform anfertigen lassen, liegt auch an der speziellen Betreuung nach dem Versand: Noch viele Jahre später kann die Arbeitsgruppe einmal in Auftrag gegebene Antikörper nachliefern, weil sie alle bisher hergestellten Hybridome, eindeutig gekennzeichnet, in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Außerdem unterstützen die GSFMitarbeiter ihre Partner bei der nachfolgenden eingehenden Charakterisierung der Antikörper, etwa indem sie so genannte Sekundärantikörper zum Markieren der ursprünglich eingesetzten Proteine liefern. Diese und weitere Hilfestellungen lassen letztlich so hochwertige Produkte entstehen. „Monoklonale Antikörper erkennen die gewünschten Proteine so zielsicher, weil das System Antigen-Antikörper sehr alt ist und von der Natur mit der Zeit immer mehr perfektioniert wurde“, resümiert Kremmer. „Deshalb funktionieren die mit ihnen entwi- ckelten Methoden auch so gut und gelangen vermehrt von der Forschung in die klinische Anwendung.“ Zielsicher in die klinische Anwendung So vielleicht auch bald jener Antikörper, der eine Deletionsmutante des Proteins E-Cadherin erkennt. E-Cadherin ist ein Protein, das mitverantwortlich ist, dass die Zellen in Kontakt bleiben. Das deletierte E-Cadherin, das ausschließlich auf Krebszellen vorkommt, besonders häufig beim diffusen Magenkrebs, wird durch einen monoklonalen Antikörper erkannt. Werden an den Antikörper -Strahler gekoppelt, so sterben nur die Krebszellen ab, weil der Antikörper ausschließlich an sie bindet. Was im Labor bereits gelingt, heilt hoffentlich auch bald Krebspatienten in den Kliniken.