6. Elektrik Autoren: Axel Schier und Peter Feulner Version: 22.10.1997 21.11.1997(AK) Dieser Versuch soll Ihre Kenntnisse der Elektrizitatslehre aurischen bzw. erweitern. Er gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil experimentieren Sie mit einfachen elektrotechnischen Geraten aus Ihrer alltaglichen Umgebung und frischen dabei Kenntnisse auf, die Sie in der Vorlesung "Technische Elektrizitatslehre" erworben haben. Im zweiten Teil fuhren Sie dann Messungen an einem Drehstrommotor durch. 6.1 Vorbemerkung Alle Experimente dieses Versuches werden mit Ein- bzw. Dreiphasenwechselstrom (=Drehstrom) durchgefuhrt. Wir haben uns gedacht, da Ihnen Gleichstrom-Messungen von Experimenten der Schulphysik her vertraut seien und wir sie deshalb hier nicht unbedingt wiederholen muten. Wechselstromphanomene werden dagegen in Praktika und Demos meist eher stiefmutterlich behandelt, obwohl sie sowohl fur die elektrische Energie- als auch fur die Informations-, Me- und Steuerungstechnik sehr wichtig sind. Wir haben in diesem Versuch allerdings ausschlielich Beispiele aus der Energietechnik gewahlt, einerseits wegen der U bersichtlichkeit, andererseits aber auch, weil Sie im Alltag am haugsten damit konfrontiert werden. Die Ergebnisse sind naturlich auf andere Gebiete des Elektrizitatswesens ubertragbar. Um die Versuche zugig durchfuhren zu konnen, mussen Sie die Anleitung vor dem Versuchstermin grundlich studiert haben. Wir haben uns an Ihr TE-Skript angelehnt und verweisen auf dortige Formeln und Abbildungen. Sollten Ihnen bei der Vorbereitung einige Gerate-Details unklar bleiben, braucht Sie das nicht zu storen. Ihr Betreuer wird Ihnen helfen. 6.2 Teil 1: Experimente mit Wechselstrom 6.2.1 Gerate Sie experimentieren mit "Starkstrom" aus der Steckdose (230 bzw. 400 Volt). Das Beruhren spannungsfuhrender Teile kann lebensgefahrlich sein. Um Sie nicht zu gefahrden, muten wir in diesem Praktikum jede Moglichkeit des direkten Kontaktes mit spannungsfuhrenden Teilen ausschlieen. Deshalb fuhren Sie alle Messungen mittels sogenannter Trennverstarker durch. Das sind Gerate, bei denen durch optische oder 77 78 6. Elektrik induktive/kapazitive Signalubertragung Ein- und Ausgang galvanisch entkoppelt sind. Sie werden z.B. in medizinischen Geraten wie EKG oder EEG benutzt, um die Patienten vor Stromschlagen bei Geratedefekten zu schutzen. Im Versuch Elektrik verwenden wir zwei Typen von Trennverstarkern, die als Strom- bzw. als Spannungswandler geschaltet sind (Details s. unten). Die einzelnen Objekte, an denen Sie Messungen durchfuhren, werden mit Hilfe sog. SHV-Kabel verbunden. SHV-Stecker und -Buchsen sind ein Stecksystem, das bis 5000 Volt zugelassen ist. Wir haben es gewahlt, weil im Gegensatz zu Bananensteckern sowohl Buchsen als auch Stecker vollstandig beruhrsicher sind. Insgesamt benotigen Sie fur diesen ersten Teil des Versuchs die folgenden Gerate: Stelltransformator Eingang: Leitung mit Schuko-Stecker; Ausgang: Schuko-Steckdose an der Gehauseruckseite. Mit dem groen schwarzen Drehknopf an der Frontseite stellen Sie die Ausgangsspannung im Bereich von 0 bis 100% der Eingangsspannung ein. Die rote Lampe im oberen rechten Eck der Frontplatte leuchtet umso heller, je groer die Ausgangsspannung ist. Sollte sie bei 100% dunkel bleiben, haben Sie die Sicherung durchgebrannt. Rufen Sie den Betreuer. Stromwandler Eingang: Leitung mit Schuko-Stecker; Ausgang: die beiden Pole des Netzkabels (N und L) sind mit jeweils zwei SHV-Steckern verbunden. Der Stromwandler ist vor einen der Stecker geschaltet (s. Abb. auf dem Gerat). Der Ausgang des Stromwandlers ist mit den Bananenbuchsen auf der Gerateoberseite verbunden. Ein Volt am Ausgang entspricht einem Strom von einem Ampere. Die Kurvenform, d.h.der Stromverlauf als Funktion der Zeit, bleibt voll erhalten. Sie konnen am Ausgang das Oszilloskop, das DMM (s.u.) oder auch den Multiplizierer anschlieen (oder, wenn Sie wollen, auch alle diese Gerate zusammen). Vergessen Sie nicht, ein 12VoltSteckernetzteil anzuschlieen, das den Stromwandler versorgt (diese Steckernetzteile werden auch fur alle anderen Wandler und fur den Multiplizierer benotigt, s.u.). Die Erde (= der Schutzkontakt) ist mit dem Metallkorper der SHV-Stecker verbunden. SHV-Kabel insgesamt drei 60cm lange Kabel mit SHV-Buchsen dienen zum Verbinden der Gerate. Stromwandler er ermoglicht es Ihnen, die Spannung zwischen zwei integrierten SHVKabeln zu messen. Versorgung: Steckernetzteil; Ausgang: 1 Volt pro 100 Volt am Eingang = zwischen den beiden SHV-Leitungen; anzuschlieende Gerate: siehe oben. Oszilloskop Ohne Oszilloskop ist man bei Wechselstrommessungen hilos. Mittels ublicher Strom- oder Spannungsmesser erhalt man nur sehr eingeschrankte Information uber die Vorgange in solchen Schaltungen. Das werden Sie im weiteren Verlauf des Versuchs sehr deutlich merken. Da allerdings das Oszilloskop in diesem Versuch nur ein Hilfsgerat ist und ein weiterer Versuch speziell fur die Arbeit mit dem Oszilloskop bereitsteht, haben wir hier ein einfaches Gerat ausgewahlt, das sehr leicht zu bedienen ist. Naheres beim ersten Versuch, bei dem das Oszilloskop auftaucht. 6.2 Teil 1: Experimente mit Wechselstrom 79 Digital-Multimeter (DMM) Sie benotigen nur die 2 Volt-Mebereiche (Gleich- und Wechselspannung: DCV und ACV). Da Sie das DMM immer am Ausgang der Mewandler anschlieen, mussen Sie auch fur Strommessungen den Spannungsbereich verwenden!!!!! Multiplizierer mit sechs Eingangen und einem Ausgang. Jeweils zwei Eingange werden miteinander multipliziert. Alle Produkte werden summiert und durch '10' geteilt. Nichtbenutzte Eingange lassen Sie frei. Sie werden intern auf 'null' gesetzt. Wenn Sie z.B. an allen Eingangen jeweils ein Volt anlegen, sollten Sie am Ausgang 0.3 Volt messen. Spezialfall: Wenn Sie die beiden Eingange eines Multiplizierteils mit je einem Spannungs- und einem Stromverstarker verbinden, entspricht die Ausgangsspannung der Leistung: P (t) = U (t)I (t); Mit dem U bersetzungs-Verhaltnis unserer Trennverstarker entsprechen dabei 0.1 Volt 100 Watt bzw. 1 Volt einem Kilowatt. Der Multiplizierer benotigt eine gewisse Aufwarmzeit. Stecken Sie sein Steckernetzteil (alle + 12 Volt) sofort zu Beginn des Versuches ein. Meobjekte In diesem Praktikumsteil messen Sie an verschiedenen Objekten, die in zwei getrennten Kasten eingebaut sind. Jeweils ein Exemplar der vier Versuchsaufbauten hat einen transparenten Deckel, der Ihnen das Innenleben oenbart. Schauen Sie gegebenenfalls bei ihren Kollegen. Die Frontseiten dieser Kasten tragen ein Schaltschema, Schalter und SHV-Stecker. Zwei davon sind mit einem roten Stern gekennzeichnet. Diese sind mit Sicherungen und Widerstanden geschutzt, und Sie durfen sie ausschlielich zur Spannungsmessung verwenden. Im Klartext: U ber diese Kontakte darf kein groer Strom ieen. Wenn Sie ein Kabel des Spannungsmessers daran anschlieen, mu das andere Ende dieses Kabels freibleiben. Wenn Sie sich nicht daran halten, brennt die Sicherung durch und Sie mussen den Betreuer rufen. Diese Schutzmanahme ist notig, um Vorfalle wie explodierende Quecksilberdampampen (gefahrlich!) oder platzende Kondensatoren (ubelriechend!) sicher zu vermeiden. Die beiden Kasten enthalten im Detail: 200 Watt Gluhlampe und Kondensator. Schalter nach oben: Serienschal- tung von Gluhlampe und Kondensator. Am Meanschlu (roter Stern!) konnen Sie die jeweiligen Teilspannungen an der Gluhlampe bzw. am Kondensator messen. Schalter nach unten: Gluhlampe ohne Serienkondensator. 125 Watt Quecksilberdampf-Hochdrucklampe, Induktivitat und Kondensator. Quecksilberdampampen dieser Art sind in ca 70% der Straenlaternen eingebaut. Sie sind ein Beispiel fur Gasentladungslampen, die in der gewerblichen Lichttechnik wegen ihres groen Wirkungsgrades die Gluhlampen langst verdrangt haben. Alle solche Gasentladungslampen mussen mit Vorschaltgeraten betrieben werden, z.B. mit einer Induktivitat oder Drossel, wie sie in diesem Kasten eingebaut ist. Diese Lampe darf niemals ohne ein solches Vorschaltgerat angeschlossen werden, da sie sonst explodieren und Sie ernsthaft verletzen konnte. Es ist daher absolut verboten, die Hg-Lampe aus diesem Kasten zu entfernen und in eine andere Fassung zu schrauben!!!!! An der Mebuchse (roter Stern) konnen 80 6. Elektrik Sie die Spannung an der Hg-Lampe messen. Sie konnen auerdem mit dem eingebauten Schalter die Hg-Lampe uberbrucken (Knebel nach unten). Zwischen den Anschlusteckern sind dann nur die Induktivitat bzw. der Kondensator wirksam. 6.2.2 Versuchsdurchfuhrung Die Gluhlampe: Ein (fast) ohmscher Widerstand Verbinden Sie den Stelltrafo mit einer 230 Volt-Steckdose und stecken Sie an ihm den Stromwandler ein. Verbinden Sie den Spannungswandler derart mit dem Stromwandler, da Sie 1. Strom und Spannung messen konnen und 2. keinen Kurzschlu verursachen. Halten Sie die Schaltung in einer Handskizze in Ihrem Protokollheft fest. Schalten Sie das Oszilloskop ein (Netzschalter unten rechts; die grune Lampe daruber sollte leuchten). Stellen Sie alle Knopfe der oberen Reihe so ein, da ihre Nasen nach oben zeigen. Stellen Sie auch die Nase von 'FOCUS' nach oben. Stellen Sie auerdem ein: x1/x5: x1 NORM/INV: NORM SLOPE: + x1/x10: x1 CAL/VAR: CAL MODE: 'DUAL' und 'AUTO' (es gibt zwei Einsteller "Mode"!) TRIGGER SOURCE: LINE AC/GND/DC: DC (bei beiden Kanalen) VOLTS/DIV: 1 (bei beiden Kanalen) TIME/DIV: 5 ms Achten Sie auerdem darauf, da die kleinen Knopfe auf den beiden 'VOLTS/DIV'Einstellern in die Position 'CAL' gedreht sind, also bis zum Anschlag im Uhrzeigersinn. Sie sollten nun auf dem Schirm zwei grune Linien sehen, die Sie mit Hilfe der 'POSITION'-Knopfe (deren Nasen Sie am Anfang nach oben gedreht haben) genau in Schirmmitte positionieren. Verbinden Sie als nachstes mit den bereitliegenden BNC (so heit dieser Steckertyp am Oszilloskop: Berkeley Nuclear Physics Adapter)-Bananensteckerkabel den Ausgang des Spannungswandlers mit Kanal 1 und den des Stromwandlers mit Kanal 2 des Oszilloskops. Drehen Sie den Stelltrafo auf 100%. Strom kann noch keiner ieen (der Strom durch den Spannungswandler ist vernachlassigbar), deshalb zeigt der Stromkanal immer noch die Nullinie. Der Spannungskanal sollte allerdings etwas zeigen, was mit einer Sinuskurve A hnlichkeit hat. Wie Sie wissen, liefert das Elektrizitatswerk sinusformige Wechselspannung der Frequenz f von 50 Hertz und 230 Volt. Die allgemeine Form fur eine solche Spannung lautet ('U bedeutet dabei die Phase bei t = 0): U (t) = U0 sin(2 50t + 'U ); fur die Kreisfrequenz 2f schreibt man auch oft !: 6.2 Teil 1: Experimente mit Wechselstrom 81 Die Amplitude U0, die Sie am Schirm beobachten konnen, ist allerdings groer als 230 V, sogar groer als 300. Die 230 Volt beziehen sich auf den Eektivwert der Spannung Ue. Man erhalt ihn, indem man den Wert einer Gleichspannung ermittelt, die den gleichen mittleren Energieu/Zeit in einen ohmschen Widerstand (die Leistung) bewirkt wie obige Wechselspannung. Wie Sie wissen, bedeutet ohmscher Widerstand, da das Ohmsche Gesetz gilt, namlich: I (t)R(t) = U (t) und daraus: U 2 (t) P (t) = I 2 (t)R = : R Wie man leicht an der Formel und Sie spater auch auf dem Oszilloskop sehen werden, ist P nicht zeitunabhangig. Fur den Vergleich mu gemittelt werden, sinnvollerweise uber eine Periode T = 1=f . Wir weisen darauf hin, da 'U frei wahlbar ist, solange der Nullpunkt von t nicht festgelegt ist. Insbesondere kann mit p 'U = ,=2 der Sinus 0 durch einenh Kosinus ersetzt werden. Man kann dann U ( t ) = U e 2 cos(!t + 'U ) oder p i!ti U (t) = Re U 2e mit U = Ueei' schreiben, was fur die Rechnung mit komplexen Groen angenehm ist (TE II-Skript, Kapitel 6). 0 U Aufgabe 1: Fuhren Sie wahrend der Versuchsvorbereitung diese Mittelung fur die Sinusspannung p durch und leiten Sie eine Beziehung zwischen U0 und Ue ab. (Ergebnis: U0 = 2Ue). Pat das U0, das Sie vom Schirm ablesen, zu Ihrem Ergebnis? Messen Sie auch das erwartete T ? Messen Sie am Spannungswandler mit dem DMM (ACV!). Das DMM ist auf Eektivspannung geeicht. Messen Sie die erwarteten 2.3 Volt? Drehen Sie nun den Stelltrafo auf 0 und schlieen Sie die Gluhlampe in den Stromkreis (Kondensator ausgeschaltet = Schalter nach unten). Drehen Sie den Stelltrafo auf 100%. Die Lampe sollte hell leuchten. Auf dem Oszilloskop sollte nun auch ein Stromsignal zu sehen sein. Wenn Sie an der Ablenkempndlichkeit (VOLTS/DIV, nun auch nicht-kalibiriert!) des Stromkanals spielen, werden Sie nden, da Sie Strom- und Spannungskurve perfekt zur Deckung bringen konnen. Oensichtlich ist die Gluhlampe ein ohmscher Widerstand: Strom und Spannung sind proportional, die Phasen 'U und 'I sind identisch (die Phasenverschiebung 'U , 'I zwischen Spannung und Strom ist null; zur Vereinfachung werden wir im weiteren Text dieses Abschnitts 'U = 0 setzen). Doch wie kann man dann das folgende erklaren: Aufgabe 2: Drehen Sie am Stelltrafo! Bleiben U (t) und I (t) deckungsgleich? Falls nicht, warum? Bestimmen Sie den 'Widerstand' der Gluhlampe fur drei verschiedene Eektivspannungen und tragen Sie ihn als Funktion der Spannung in einem Diagramm auf. Wie kann man erklaren, da der Widerstand der Gluhlampe a) einerseits oensichtlich von der Spannung abhangt, b) andererseits aber fur jedes Ue perfekte Deckung der Strom- und Spanungsgraphen erzielbar ist? Verbinden Sie nun Strom- und Spannungswandler mit dem Multiplizierer. Messen Sie am Ausgang Pe mit dem DMM im Gleichspannungsbereich. Welche mittlere Leistung messen Sie (+0.1 Volt Gleichspannung entspricht 100 Watt)? Pat Ihr Ergebnis zum Aufdruck auf der Gluhlampe? 82 6. Elektrik Aufgabe 3: Messen Sie P (t) am Ausgang des Multiplizierers mit dem Oszilloskop. Beschreiben Sie die Funktion mathematisch und zerlegen Sie P (t) in einen zeitabhangigen und in einen zeitunabhangigen Teil. Gilt Pe = IeUe ? Mit welcher Frequenz oszilliert der zeitabhangige Teil? Entspricht das Meergebnis dem Resultat von Aufgabe 1? Experimente mit Induktivitat und Kondensator Drehen Sie den Stelltrafo auf 0 und ersetzten Sie die Gluhlampe durch die Induktivitat (Anordnung mit Hg-Lampe!). Verbinden Sie Strom- und Spannungswandler mit dem Oszilloskop. Die Hg-Lampe uberbrucken Sie (Schalter nach unten). Erhohen Sie die Spannung (Stelltrafo) und beobachten Sie den relativen Verlauf von Strom und Spannung. Oensichtlich konnen Sie nun Strom- und Spannungskurve nicht mehr zu Deckung bringen. Sie beobachten eine Phasenverschiebung von ' = 2 ; Aufgabe 4: Die Strom-/Spannungsbeziehung fur eine Induktivitat lautet: dIdt = U ; Die Einheit der Induktivitat ist das Henry (oder V oltsekunden = V s ). Berechnen Sie L Ampere A wahrend der Versuchsvorbereitung I (t) als Funktion von U (t) und L fur eine Sinusspannung der Frequenz f . Erklaren Sie das Ergebnis physikalisch. Bestimmen Sie die Induktivitat der Spule des Versuchs aus Ihrem Strom-Meergebnis fur zwei verschiedene Spannungen, die eine davon 230 Ve. Was ist das Vorzeichen der Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom? Sie sehen, da sich die Kurvenform als Funktion der Spannung andert. Bei einer idealen Induktivitat ware das nicht der Fall. Es liegt daran, da die Spule im Versuch einen Eisenkern hat (ohne ware sie riesengro) und da der Eisenkern zwecks Materialeinsparung so bemessen ist, da er bei Nennspannung knapp unterhalb der magnetischen Sattigung betrieben wird (TE II, 5.4). Am Strommaximum kommt er der Sattigung nahe und die Kurvenform weicht stark vom Sinus ab. Das und andere Eekte sind Grunde dafur, da die Sinusspannung des Stromnetzes verbeult aussieht, wie Sie sicher schon bemerkt haben werden. Aufgabe 5: Fuhren Sie gleichen Rechnungen und Messungen fur/mit dem Kondensator desselben Gerates durch. Die Strom-/Spannungsbeziehung lautet nun: dU = I ; Die Einheit der Kapazitat ist das Farad ( Amperesekunden = As ); Was hat sich dt C V olt V gegenuber der Induktivitat geandert? Fur die Experten: Warum sieht der Strom, den sie jetzt messen, ganz besonders verbeult aus? (Hinweis: Die Existenz von Harmonischen mit n-facher Frequenz fuhrt zur Abweichung der Netzspannung von der Sinusform. U berlegen Sie, warum man in diesem Versuch die Oberwellen besonders betont sieht.) Aufgabe 6: Messen Sie mit dem Multiplizierer fur Kondensator und Induktivitat die Leistung bei festem Ue. Gilt noch Pe = UeIe? Warum nicht? Siehe dazu TE II 6.1.2 und 6.1.3. Man nennt Kapazitat und Induktivitat auch Blindwiderstande im Gegensatz zu ohmschen oder Wirkwiderstanden. Naturlich sind Blindwiderstande niemals ideal, was man daran merkt, da sie Wirkleistung aufnehmen. Ist der Gutefak- 6.2 Teil 1: Experimente mit Wechselstrom 83 tor Q, das Verhaltnis von Blind- und Wirkleistung beim Kondensator oder beim der Spule groer? Hangt er bei der Spule von der Spannungsamplitude ab? Warum? Aufgabe 7: Untersuchen Sie Serienschaltungen von Gluhlampe und Kondensator und Gluhlampe und Induktivitat. Benutzen Sie dazu den Kondensator aus dem Hg-Lampenkasten und lassen Sie den Kondensator der Gluhlampen-Anordnung noch ausgeschaltet (Schalter nach unten). Messen Sie die Spannung an der Gluhlampe fur die verschiedenen Kombinationen (am Mestecker! Stelltrafo immer auf Maximum).Was geschieht, wenn Sie a) parallel zur Serie-Induktivitat noch die Kapazitat schalten (Sie brauchen nur die beiden freien Buchsen auf der linken Seite des Hg-Lampe/L/CKastens zu verbinden), bzw. b) eine Serienschaltung L-C-Gluhlampe herstellen (Schalter im Gluhlampenkasten nach oben)? Erklaren Sie Ihre Beobachtung quantitativ! Beachten Sie, da Sie bei Parallelschaltung Strome (gleiche Spannung an beiden Objekten) und bei Serienschaltung Spannungen addieren mussen (gleicher Strom durch die Objekte). Durch geeignetes Anstopseln von Strom/Spannungswandler konnen Sie naturlich alle Teilstrome und -Spannungen messen. Gasentladungslampe Verbinden Sie die Hg-Lampe mit Induktivitat mit dem Stelltrafo (auf null). Schalten Sie den Spannungswandler so, da Sie die Spannung an der Hg-Lampe messen konnen. Beobachten Sie Strom und Spannung mit dem Oszilloskop. Drehen Sie nun den Stelltrafo auf ca. 150 Volt. Die Lampe sollte zunden und rot leuchten. Der Quecksilberdampfdruck in dem Quarzbrenner in der Mitte der Lampe ist noch niedrig. Das Hg-Plasma emittiert vor allem UV-Licht, das von dem Leuchsto an der Kolbenwand in rotes Licht umgewandelt wird. Wenn die Lampe heier wird, steigt der Hg-Druck und emittiert mehr Licht im Sichtbaren (allerdings nicht im Roten! daher die Farbe des Leuchtstos zur Erganzung des Spektrums!). Drehen Sie die Spannung nicht zuruck! Die Lampe wurde ausgehen und sich im heien Zustand nicht mehr zunden lassen! Aufgabe 8: Vergleichen Sie Strom- und Spannungsverlauf. Sie nden ein absolut nichtlineares Verhalten.Versuchen Sie, den zeitlichen Verlauf des Quotienten aus Spannung und Strom (bei Gleichstrom ware das der Widerstand) zu skizzieren. An welcher Stelle der Stromkurve wird dieser Quotient minimal? Erklarung: Hoher Strom bedeutet groe Ladungstragerdichte des Plasmas und damit kleinen Spannungsabfall. Drehen Sie nun, wahrend Sie die Amplitude der Lampenspannung am Oszilloskop beobachten, den Trafo schnell auf Maximum (nicht zuruck!). Was geschieht? Bestatigen Ihre Beobachtungen unsere obigen Warnungen, Entladungslampen nie ohne strombegrenzendes Vorschaltgerat zu betreiben? Wie verandert sich der maximale Strom, wenn Sie zur Anordnung Lampe/Drossel den eingebauten Kondensator parallel schalten? Warum bestehen die Elektrizitatswerke auf solchen Kondensatoren? 84 6. Elektrik 6.3 Teil 2: Experimente mit Drehstrom 6.3.1 Vorbemerkung Schukostecker haben drei Pole; Drehstromstecker hingegen funf. Einer davon ist jeweils die Schutzerde, uber die bei intakten Geraten kein Strom iet, und einer der neutrale Leiter N, der keine oder nur eine sehr kleine Spannung gegen die Schutzerde fuhrt. Die drei restlichen Leiter L1, L2 und L3 fuhren Spannung gegeneinander und naturlich auch gegen gegenuber N. Wenn Sie zwischen Lx und N messen (was Sie spater tun werden), sehen Sie auf dem Oszilloskop die gleich Kurve wie bei Ihren Messungen am Lichtnetz. Die Spannung an der Schukodose ist namlich genau eine der drei Drehstromspannungen (Details: TE-II-Skriptum, Kapitel 7). Es gilt also fur die Spannungen zwischen N und Lx: : UL1;L2;L3 = U0 sin(250s,1 t + 'U 1 2 3 ). Die drei Spannungen unterscheiden sich also nur hinsichtlich der Phase. Die Phasendierenz betragt jeweils 120 Grad oder 2 . Frage: Was gilt dann f ur die Spannungen zwischen den Lx und warum heit es 3 einmal 230 und das andere Mal 400 (bzw fruher 220 und 380) Volt? Drehstromgerate haben 3 (oder n mal 3) Widerstande, Wicklungen etc. Es gibt zwei Grundschaltungen; Stern- und Dreieckschaltung. Bei der Dreieckschaltung sind beide Pole der drei Objekte mit je einem Lx verbunden. Bei der Sternschaltung sind alle Objekte an einem Pole miteinander verbunden und mit dem anderen mit je einem Lx. Der Sternpunkt kann freibleiben (ublich bei Motoren) oder auch mit N verbunden werden. Entscheidend dafur ist, ob die Objekte identisch = symmetrisch oder asymmetrisch sind (Beispiel siehe unten). L ;L ;L 6.3.2 Gerate Drei Gerate kommen neu hinzu: Ein Anschlugerat mit je drei Strom/Spannungswandlern fur alle Phasen. Funktion wie oben. Zum U ben ein Kasten mit drei Gluhlampen in Sternschaltung. Ein Schalter onet die Verbindung vom Sternpunkt zum neutralen Leiter. Ein Elektromotor mit Bremse und Sicherungseinrichtung (Motorschutzschalter und Temperaturfuhler in der Wicklung), Drehmoment- und Drehzahlmesser. Das Steuerkastchen wird durch ein Steckernetzteil mit Strom versorgt. Sie starten/stoppen den Motor mit dem roten/grunen Knopf. Bei kurzfristiger U berlast spricht nach einigen Sekunden der Motorschutzschalter an, den Sie am Drehknopf zurucksetzen konnen. Wenn Sie den Motor langere Zeit uberlasten, wirkt der Thermoschutz. Sie konnen den Motor dann so lange nicht mehr einschalten, bis die Wicklung wieder abgekuhlt ist. Die Bremse (Audi-Scheibenbremse) wird mit Druckluft betatigt. Mit einem Druckminderer konnen Sie deniert die Bremskraft andern. Das Bremsmoment messen Sie am Ausschlag des Pendels (die Masse des Pendelgewichts ist angegeben; Erdbeschleunigung g: 9.81 m/s2; die Lange des Pendelarms sollen Sie geeignet wahlen). Die Drehzahl des Motors messen Sie mit einem 6.3 Teil 2: Experimente mit Drehstrom 85 Reexionsdrehzahlmesser (richten Sie ihn auf die Marke auf der Flanschscheibe zwischen Motor und Bremsscheibe). Der Drehzahlmesser zeigt in Umdr./min an. Aus Drehzahl und Drehmoment ermittlen Sie die mechanische Leistung. 6.3.3 Versuche Aufgabe 9: Messen Sie die relativen Phasenlagen der Teilspannungen L1, L2, L3. Handelt es sich um eine links- oder rechtsdrehende 'Drehspannung'? Was andert sich, wenn Sie am Polwenderstecker zwei Phasen vertauschen? Aufgabe 10: Schlieen Sie die drei Gluhlampen an. Betatigen Sie den SternpunktSchalter. Drehen Sie mit dem Handschuh nacheinander ein bzw. zwei Lampen locker und wiederholen Sie das Experiment. Erklarung? U berlegen Sie, welche Spannungen jeweils an den Lampen anliegen. Wiederholen Sie das Experiment noch einmal und messen Sie den Strom im neutralen Leiter (wie tun Sie das? Bedenken Sie, da bei jedem Sternpunkt in einer Schaltung die Summe uber alle Strome null sein mu!). Messen Sie die von den Lampen aufgenommene elektrische Wirkleistung mit dem Multiplizierer. Welche Form hat P (t) fur 3 (2,1) Lampen? Konnen Sie Gl. 7.3.2 aus TE-II bestatigen? Aufgabe 11: Schlieen Sie nun anstelle der Lampen den Motor an und messen Sie die folgenden Groen: a) den Wirkungsgrad als Funktion des Drehmoments. b) den Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung als Funktion des Drehmoments. Was andert sich? Wie verhalt sich der Motor bei Leerlauf, bei Vollast, und wenn Sie ihn abwurgen? Letzteres sollte nur ganz wenige Sekunden dauern. Wir meinen zwar, den Motor gut geschutzt zu haben. Wenn allerdings der Thermoschutz anspricht, konnen Sie langere Zeit nicht mehr experimentieren. Beschranken Sie daher das Bremsen auf Stillstand auf ganz kurze Zeit. Was bedeutet wohl die cos '-Angabe auf dem Typenschild? Auch bei Motoren schreibt das E-Werk Kondensatoren vor (zumindest im gewerblichen Bereich). Wie groe Kondensatoren mute man wie schalten, um den Strom im Leerlauf zu minimieren? c) Fur Sie als Maschinenbauer besonders interessant: Wie verlauft das Drehmoment als Funktion der Drehzahl? Was bedeutet 'Kippmoment' und wie gro ist es bei diesem Motor? (Siehe dazu auch TE-II Abb.93.) Was mussen Sie demzufolge beim Design von drehstrommotorgetriebenen Maschinen beachten? Damit sind Sie am Ende dieses Versuchs angelangt. Wir hoen, da es Ihnen Spa gemacht hat.